Amts- und Intelligenz-MM für den Obersmts-Begrk Nagold.

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Donnerstag 16. Wovember

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Amtliches.

Bekanntmachung.

Nach Mitteilung der Steinbruchs-Berufsgenossen- schaft Sektion II in Karlsruhe ist als ihr Vertrau­ensmann für den Oberamtsbezirk Nagold während der Wahlperiode 1893.95 bestellt:

Goßger, Gottlieb, Steinbruchsbesitzer in Rennin­gen, OA. Leonberg, und zu dessen Stellvertreter: Ecker, Friedrich,^SteinNuchsbesitzer in Herrenalb, OA. Neuenbürg.

Nagold, den 14. Nov. 1893.

K. Oberamt. Vollmar, Amtmann.

Die neuerrichtete evangelische Pfarrei Tein ach wurde dem Pfarrer Scholl in Zwerenberg übertragen.

Das erledigte Revieramt Leutkirch, Forsts Wein­garten , wurde dein F-orftamtsafsistenten Metz ger in Reuenbürg übertragen.

Auf das erledigte Umgeldskommissariat Ulm wurde der Umgeldskommissär Staiger in Calw seinem Ansuchen entsprechend versetzt.

Gestorben in Amerika, den 12. Okt. Dölker, Georg, Professor der Musik, 72 I., zu Albany (Newyork), Nagold.

Der Anarchismus.

Wiederum hat eine anarchistische Frevelthat, vielleicht die teuflischste, die je verübt worden ist, . die zivilisierte Welt aus ihrem Gleichmut aufgerüt­telt und ihr die von der internationalen Propaganda der That drohenden Gefahren in einem herzerschüt­ternden Schreckensbild vor Augen geführt. Das Bomben-Attentat im Liceo-Theater zu Barcelona hat ebenso wie die vorangegangenen anarchistischen Mordanschläge in Spanien, Frankreich, Belgien, Italien, England und Oesterreich die längst gehegte Vermutung bestätigt, daß die ganze Bewegung in einem internationalen Zusammenhang steht. Durch fortgesetzte Beunruhigung sollen Behörden und Ar­beitgeber, wie die Mehrheit der Bevölkerung in Furcht und Schrecken versetzt und fortwährend in Atem gehalten werden. Schließlich, so rechnen die Leiter des geheimen Unwesens, würden dann die abgehetzten und gelähmten Schutzkräfte des Staates und der Gemeinden die Hände verzweifelt in den Schoß legen, während die um Hab und Gut be- ! sorgten Staatsbürger mit den Anarchisten gemeinsame Sache machen oder deren Treiben übersehen würden. So könnte allmählich der von dem Anarchismus erstrebte Zeitpunkt eintreten, wo sich alle Bande staatlicher Ordnung und familiärer Zucht in ein vollkommenes Chaos auslösen.

In Deutschland, wo dank einer starken, wach­samen öffentlichen Gewalt die Erscheinungen des Anarchismus bisher nur in verhältnismäßig ver­hüllten und milden Formen aufgetreten sind, schenkt man im allgemeinen den darin lauernden Gefahren noch wenig Beachtung. Diesen Gefahren gegenüber i wäre aber jedenfalls etwas mehr Vorsicht geboten, zumal von dem herkömmlichen sozialistischen Grund- , thema der Verkehrtheit der heutigen Produktions­weise bis zu dem anarchistischen Glaubenssatz:Alles muß ruiniert werden," kein allzu großer Schritt ist. Zweifellos ist der Anarchismus nur eine Spielart des Sozialismus, beide haben gemeinschaftliche Ziele, nur in der Wahl der Nüttel zur Erreichung ihrer . Ziele sind sie heute noch verschieden. Die Absicht ? der Anarchisten, die sozialistischen Genossen in die revolutionäre Bahn hineinzudrängen, ist offenbar und mehrfach, in Belgien, Spanien, Italien, Frankreich, ist schon der Beginn einer Umstimmung der Arbei­terbevölkerung zu entschiedenem Anarchismus wahr­

nehmbar. Für den Bestand der Staaten und der Gesellschaft ist diese sich vollziehende Wandlung von tiefgreifender Bedeutung, denn bei allen anarchisti­schen Verschwörern und Attentätern findet sich, selbstverständlich mit kleinen charakteristischen Unter­schieden je nach der Nationalität, der gemeinsame Grundzug des Fanatismus gegen die jetzige Staats­und Gesellschaftsordnung. Wilder Zerstörungstrieb ist die oberste Regel dieser modernen Korsaren des Landes, ihm weicht selbst die Begier nach Besitz und Macht. Ihre Luft ist es, den Schrecken um des Schreckens, die Furcht um der Furcht willen zu ver­breiten. Mit satanischem Behagen schwelgen die Dynamitbolde in dem Gedanken, dem vermeintlichen Feind, der Gesellschaft, möglichst viel Schaden zu­fügen zu können. Angesichts dieser drohenden Stürme ist die bisherige Praxis des Abwartens und Ge­schehenlassens, wie sie nach dem Beispiel Englands auch in den Festlandstaaten zur Regel geworden ist, nicht länger am Platz. Die Fanatiker des Dyna­mits, der blutigen Katastrophen können nur durch äußerste Strenge bekämpft und bezwungen werden.

Es ist keine Frage, daß schließlich nur durch ein solidarisches Zusammengehen aller gesitteten Nationen die der Zivilisation drohende gemeinsame Gefahr ab­gewandt werden kann. Leider wird aber durch die von Frankreich und auch von Rußland künstlich her­vorgerufene Spannung zwischen einzelnen Großstaa­ten die so dringend notwendige gemeinsame Aktion ungemein erschwert, wenn nicht ganz unmöglich ge­macht. Die Nation, die an der Spitze der Zivili­sation zu marschieren glaubt, hat sich In der elsaß­lothringischen Frage so verrannt, daß selbst die Er­kenntnis, daß die inneren Feinde, Anarchisten und Genossen, unter Umständen weit gefährlicher für das Staatswohl werden können, als es jemals äußere Gegner sein würden, sie nicht aus der einmal gegen Deutschland angenommenen Haltung zu bringen vermag.

tzages-Wemgiiettm.

Deutsches Reich.

-sich Nagold, 14. Nov. Oberlehrer Gräsle's Abschied. Schon am letzten Samstag waren die Seminarlehrer mit Frauen und die Seminaristen im Gasthaus zum Rößle um den als Abteilungs­ingenieur nach Stuttgart abziehenden Oberlehrer und Regierungsbaumeister Gräsle und dessen Frau versammelt, und der Scheidende durfte aus dem Munde des Seminarvorstands, der Kollegen und der Zöglinge (welche ein schönes Abschiedsgeschenk spendeten) herzliche Worte der Anerkennung, der Freundschaft und Liebe vernehmen, so daß sich, zumal unter Gesängen der Zöglinge und der Lehrer, dieser Abschiedsabend recht gemütlich gestaltete und derselbe gewiß allen Beteiligten in angenehmer Erinnerung bleiben wird. Aus Montag sodann war in das Gasthaus zum Hirsch von den Vorständen des Seminars, der Fortbildungsschule, der Stadt und des Museums ein allgemeiner Abschied ausge­schrieben, der recht zahlreich besucht war und auch Gäste von auswärts aufwies. Nachdem Kommer­zienrat Sannwald die Gesellschaft begrüßt und den Abend eröffnet hatte, nahm Rektor Dr. Brügel das Wort, um dem nach IN-jähriger treuer, hin­gebender, pünktlicher, gewissenhafter Thätigkeit ab­ziehenden Lehrer auch öffentlich seine Anerkennung und seine Wertschätzung auszudrücken. Stadtpfarrer Dieterle dankt im Namen des Gewerbeschulrats und als Vorstand der Fortbildungsschule, an welcher der Ge­

feierte 7 Jahre lang mit gewissenhafter Hingebung einen nachdem Urteil-des Visitators geradezu mustergültigen Unterricht im Fachzeichnen gegeben hat,so daß auch seine Schüler seinen Weggang sehr bedauern. Kommer­zienrat Sannwald sprach zuerst im Namen des durch Unwohlsein verhinderten Stadtvorstands vom ruhigen, friedlichen, gemeinnützigen Sinn des Schei­denden und überreichte ihm einen Auszug aus dem Gemeinderatsprotokoll, worin die Anerkennung für seine ersprießliche Thätigkeit niedergelegt ist; sodann im Namen des Gewerbevereins und des Museums, von welchen beiden Vereinen G. ein eifriges Mit-, glied gewesen war. Auf diese anerkennenden Worte der Vorredner, an die sich später noch solche von Oberlehrer Schwarzmeyer über den patriotischen Sinn, und humoristische Ausführungen von den Oberlehrern Hegele und Köbele über die musika­lische Begabung (Architektur sei gefrorene Musik und G. sei vermöge seiner harmonischen Veranlagung ein geborener Musiker) anreihten, erwiderte der.also Gefeierte, er sei in der langen Zeit recht mit Na­gold verwachsen, er habe gern hier gearbeitet, ge­tragen von dem Vertrauen des Vorstands von Se­minar und Fortbildungsschule und der Freundschaft der Kollegen; auch in weitere Kreise haben sich, besonders auch durch das Museum vermittelt, Freünd- schaften gesponnen, und er hoffe, daß dieselben sich erhalten, und. die Nagolder Freunde bei gelegentli­chen Besuchen in Stuttgart sich erinnern, daß er Silberburgstraße 80 wohne. Er dankt für alle Worte der Anerkennung und Freundschaft und trinkt auf das Wohlergehen von Stadt und Seminar und das Fortbestehen freundschaftlicher Beziehungen zwi­schen beiden. Zwischen diese Reden und Gegen­reden hinein war für angenehme musikalische Unterhaltung gesorgt: Die Seminarunterlehrer Glück und Häußler spielten eine Ouvertüre zu 4 Händen von Cherubim, Fabrikant Finckh und Real­lehrer Müller einige Violinduette, begleitet von Oberlehrer Hegele, aus einem Lachner'schen Trio, Reallehrer Müller gab einige feiner schönsten Lie­der zum besten: Der letzte Gruß, Es liegt eine Krone, Die beiden Grenadiere, Mein Sohn, was ist so müd dein Gang; vereinigte städtische und Seminarkräfte sangen einige Männerchöre: Ade, du lieber Tannen­wald, Nun leb wohl, du kleine Gasse. Sämtliche musikalischen Vorträge wurden mit dankbarem Bei­fall ausgenommen und trugen wesentlich zur Erhö­hung der Stimmung bei, die sich zuletzt in einigen allgemeinen Gesängen Luft machte. Wir schließen diesen Bericht über den wohlgelungenen und denk­würdigen Abschiedsabend mit dem Wunsche, den auch verschiedene Redner laut werden ließen: Möge der scheidende Freund uns in gutem Andenken be­halten, wie er dessen auch von uns versichert fein darf, und möge sich sein künftiger Lebensweg freund­lich und harmonisch für ihn und seine Familie ge­stalten !

* Die in der vorigen Nummer d. Bl. aus dem Schwarzw. Boten" entnommene Notiz über eine oberamtliche Bekanntmachung, betr. das Feilhalten der Bäcker, Metzger und Konditoren an Sonn- und Festtagen, läßt der Auffassung Raum, daß solche eine allgemeine, was aber nicht der Fall, sondern dieselbe hat nur für das Oberamt Oberndorf Gültigkeit.

Stuttgart, 11. Nov. Drei von dem türkischen Oberst Mehemed Faik Bey im Aufträge des Sul­tans hieher gebrachte hervorragend schöne arabische Pferde, zwei braune Hengste und > Stute, find ein Geschenk des Sultans an Se. Maj. den König, als