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Amts- und Intelligenz-Blatt flir den Oberamts -Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3,»al: Dienstag, Donners­tag and Samstag, nnd kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 Psg., in dem Bezirk I Alk., ausserhalb des Bezirks 1 Alk. 20 Psg. ÄlonatS-Abounement nach Berhültnis.

Dienstag 7. Aov.

Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 0 Psg., bei mehrmaliger je 6 Psg.

1893.

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Bestellungen

auf den

Gesellschafter"

mit dein Unterhaltungsblatt

Daö Plan-erstübchen"

und dein landwirtschaftlichen Beiblatt

Schwäbischer Landwirt"

auf die Monate

nimmt jede Postanstalt und die Postboten entgegen.

Amtliches.

Bekannt m a ch n n g.

Oberamtsarzt Jrion in Nagold ist von dem Amtsversammlungsausschuß als Stellvertreter für den -h Oberamtswundarzt Gmelin in seiner Eigen­schaft als Oberamtswundarzt und Distriktsarzt aus­gestellt worden.

Ebenso ist Oberamtsarzt Jrion vom Verwaltungs­ausschuß der Bezirkskrankenpslegeversicherung als Kassenarzt der letzteren bis zum 1. Januar 1894 ausgestellt worden.

Nagold, den 6. Nov. 18d3.

K. Oberamt. Vollmar, Amtm., g. Stv.

Die zweite höhere Justizdienstprüfung hat u. a. be­standen und ist zum Justizreseränüer l. Klasse bestellt wor­den: Paul Schaller von Herrenberg.

Zn den Zollverhandlnttgen.

Bis jetzt scheinen nach den spärlichen Nach­richten, die darüber in die Oesfentlichkeit dringen, die in Berlin geführten deutsch-russischen Zollverhand­lungen nicht viel Erfolg gehabt zu haben, wenig­stens nicht in der Richtung, daß eine Verständigung in naher Aussicht stände. Daß die Verantwortung hierfür lediglich aus russischer Seite liegt, das wird selbst von den aufrichtigsten Förderern und Freun­den eines Handelsvertrags mit Rußland anerkannt, erklärt doch selbst dasBerliner Tageblatt," daß, -wenn auch an dem festen Wunsch der Reichsregie­rung nicht zu zweifeln sei, die schwebenden Ver­handlungen einem gedeihlichen Ende zuzusühren, dennoch von Seiten Rußlands ein weit größeres Maß von Entgegenkommen, namentlich in Tarif­sragen, gezeigt werden müßte, als dies bis zur Stunde der Fall gewesen sei, um einen raschen Abschluß der Verhandlungen erwarten zu dürfen. Gering­fügige Zugeständnisse, wie sie bereits für die Textil­brauche gemacht worden sein sollen, könnten um so weniger als ein vollwertiges Aequivalent für die von Deutschland geforderten Zugeständnisse erachtet werden, als gewisse deutsche Industrien, wie z. B. die Eisenindstrie, bis jetzt bei diesen Zugeständnissen ganz leer ausgegangen zu sein schienen. Wenn die ! deutsche Regierung die Verantwortung für den von I den Agrariern so stark angefochtenen Handelsvertrag dem Zand und Parlament gegenüber auf sich neh- men solle, so müsse sie sich notgedrungen von der

> Zustimmung der deutschen Interessenten getragen fühlen. Wie die Dinge zur Zeit aber lägen, seren die im Zollbeirat vertretenen Interessenten der An-

> sicht, daß es besser sei, alles beim alten zu lassen,

! als auf einen Handelsvertrag einzugehen, dessen Ta- I rise für die große Mehrzahl der deutschen Jndu- . strien nach ivie vor nahezu prohibitiv wirken wür­

den. Es scheinen demnach allmählich auch die frei­händlerischen Blätter mit der Möglichkeit eines Ver­trages zu rechnen, der die Landwirtschaft schädigen, der Industrie ivenig nützen, zweifellos aber der Reichskasse viele Millionen an Zöllen entziehen würde, und doch liest man tagtäglich in freihändlerischen Organen Entrüstungsartikel über die Landwirte, die endlich einmal mit aller Energie und vollem Recht die Interessen ihres Standes und damit ihrer Exi­stenz zn wghren suchen!

tzages-Wemglieiteri.

Deutsches Reich.

tVld. Nagold, 3 Nov. Ratschläge für den Streu-Not st a n d. Daß die meisten Land­wirte unsres Bezirks ihr Stroh Heuer verfüttern müssen, also nicht zur Stall-Streu verwenden können, wollen wir ihnen gerne glauben. Wir finden auch ihre Klage gerechtfertigt, daß die Torfstren, die wegen ihrer Aufsaugnngsfähigkeit alle andern Streu­mittel überträse, ferner das Sägmehl und die an sich gleichfalls empfehlenswerte Erdstreu (wegen der schwierigen und umständlichen Beischaffung) immer noch empfindlich teuer seien. Um so mehr sollten also die Oekonomen, zumal ja im Winter von einer Moos- und Laub-Abgabe nicht die Rede sein kann, dankbar dafür sein, wenn ihnen jetzt in Staats- und Gemeindeipaldungen wieder Nadelreisstreu um verhältnismäßig billigen Preis «»geboten wird. Während solche allerdings von im Saft gehauenen Holze weniger Wert hat, weil zu dieser Zeit das Reis zu rasch die öladeln fallen läßt, verliert es von jetzt pn bei richtiger Behandlung Monate lang seine Nadeln nicht. Erfahrungsgemäß hat auch solche zu richtiger Zeit gehauene Reisstren für die Aecker mehr Dungwert, als Moos und Laub, und wird deshalb auch in allen andern Nadelholz-Gegenden des Landes und auch in unserer Nähe (Altnuifra und in und hinter Altensteig) schon seit vielen Jah­ren mit bestem Erfolg verwendet. Nachdem auch in hiesiger Stadt die Bürger, welche Oekonomie treiben, Heuer mit Nücksickit auf wirkliche Streu-Not seither reichlicher als irgendsonstwo und um äußerst billigen Preis (gegen Ersatz der Ausbereitungskosten, die sie meist selbst gbverdienen konnten) mit Moos­streu unterstützt wurden, wird hier jetzt, und auf Verlangen im Februar oder März noch einmal, solche frisch aufbereitete öladelreisstreu (nach vor­heriger Ausscheidung der dicken Prügel zu Brenn­holz) pro Haufen 2,5 in lang, 2 m tief, 1,5 m hoch, (gleich 30 gebundene Wellen) um den sehr billigen Preis von 2 . //! 50 st unter den sich Meldenden verlost, während ein solcher Haufen bei öffentlichem Aufstreich 3 bis 4 -//, kosten würde. Ist es ange­sichts solcher handgreiflichen Unterstützung der Land­wirte auf Kosten der Gemeindekasse nicht eine ge­rechte Forderung, daß die Empfänger solche Reisstreu, wie längst sonst im Lande, auch wirklich hacken und im Stalle streuen, also nicht, wie cs mehrfach sernd vorkam, als wohlfeiles Brennmate­rial verwenden oder gar veräußern? Auch sollte jeder Oekonom, der, obgleich Heuer auf Waldstreu angewiesen, blos aus eigensinniger Abneigung gegen dieses hier neue Streumittel von diesem Anbot kei­nen Gebrauch macht, im nächsten Jahre auch von einer etwaigen Moosstreu-Abgabe ausgeschlossen sein. Sehr wichtig ist aber, daß diese Reisstreu von den Holzmachern nur trocken in Hansen gesetzt, und daß sie zu Hause in einein möglichst Nstigen, aber gegen öläffe geschützten Platze (Schuppen) und mög­

lichst auseinandergezogen aufbewahrt werde, damit sic nicht warm wird, weil sonst die Nadeln rasch abfallen. Auch reicht man begreiflich um so weiter mit ihr, je seiner man sie zusammenhackt. Unsre Gemeindebehörden würden gewiß in wenigen Jahren von allen verständigen Landwirten nur Dank ernten, wenn sie gerade den jetzigen Streu-Notstand benützen würden, um ihre Mitbürger an Verwen­dung dieser wertvollen öladelreisstreu über Winter zu gewöhnen. Der Wald aber, dessen Schätze die Forstbeamten den nachfolgenden Generationen soweit möglich vermehrt statt geschmälert überliefern sollen und wollen, würde dann von der je nach Lage, Boden, Bestockung und Wiederholungs-Zeitsrist nachteiligen Boden-Entblößung verschont bleiben.

Unterjesingen, 3. Nov. Im Weinberg des Gottl. Theurer, Schmiedmeister von hier, wurden an einem blauen Sylvanerstock, an ein und dersel­ben Rebe, blaue und einige weiße Trauben ange­troffen. Nicht allein die blauen, sondern auch die weißen Sylvanertrauben an derselben Rebe waren vollständig ansgereist.

Stuttgart, 2. Nov. Der Kaiser von Oester­reich hat dem König für nächstes Frühjahr seinen Besuch angekündigt.

Stuttgart, 3. Nov. Daß nicht alles Gold ist, was glänzt, beweist Cafe Bechtel, welches sich mit seinen Gläubigern vergleichen will und, wie man hört, 22 pCt. bietet.

Stuttgart, 3. Nov. Von S. M. dem König find kürzlich zwei wertvolle etwa 10jährige Araber- pserde aus dem Kgl. Privatgestüt als Geschenk für den Sultan nach Konstantinopel abgesandt worden und dort gut eingetroffen.

Stuttgart, 3. Nov. Aus Befehl des Kaisers wurden gestern und heute den Mannschaften, welche die Kaiserparade mitmachten, 50 H, den Unteroffi­zieren 1 , //, ausbezahlt.

Stuttgare, 3. Nov. In den hiesigen Wirts­kreisen beginnt es bedenklich zu krachen. Außer einem Restaurant 1. Ranges (wie man hört, Bechtel) hat nun auch eine andere bekannte Restauration sich ge­nötigt gesehen, ihren Gläubigern ein Arrangement zu 36 Prozent anzubieten und wenn nicht alle An­zeichen trügen, werden diese Erscheinungen kaum vereinzelt bleiben. Der schlechte Geschäftsgang und die Errichtung der sogenannten Bierpaläste machen den kleineren Restauratwnen hier das Leben sehr sauer.

Der Sekretär der Handelskammer in Pforzheim, Dr. Nolte, ist seit einigen Tagen verschwunden. Die Sache erregt großes Aufsehen.

Straßburg i. E., 2. Nov. Staatsanwalt und Gericht stellten fest, daß der Förster Reiß bei der Tötung zweier französischer Wilderer im Fall der Notwehr gehandelt hat.

Der Wucher- und Spieler-Prozeß in Hannover hat zur Verurteilung der Hauptbetrüger geführt. Im Durchschnitt wurde auf 4 Jahre Zuchthaus erkannt. DieGerupften" haben das Nachsehen und werden jedenfalls für ihren Leichtsinn auf dem Diszipliuarweg ebenfalls zur Verantwortung gezogen. Es wäre Unrecht, wenn man glauben wollte, daß die Offiziere aller Waffengattungen und zahlreicher Regimenter solcheSpielratzen" in ihrer Mitte haben. Trotzdem ist die Sache für das gesamte deutsche Ofsizierkorps sehr unangenehm. Wenn diegeniale Liederlichkeit" durch den Prozeß einen tüchtigen Stoß erhält, so ist die Blamage nicht umsonst gewesen. Xolde^e obli^s! (Vornehmsein legt Pflichten aus!) das muß immer mehr zur Geltung kommen! So mancher Offizier und höhere Beamte überlegt gar