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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Dienstag 24. Mt.
Jnsertionsgebähr für die Ispaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger'Einrückung 1893 9 Pfg., bei mehrmaliger je 6 Pfg.
; Amtliches.
Die Wüterbuchsbeamten des Bezirks
werden» nachdem dis Grundsteueränderungsverzeich- nisse Seitens des K. Kameralamts Altensteig an die Einzelnen Gemeinden nun hinausgegangett sind, be- Wrftragt, längstens bis zum 15. November d. Is. über den Abschluß des Güterbuchsänderuugs- geschäfts Bericht hieher zu erstatten und den Tag des Abschlusses zu bezeichnen.
-i Den 20. Oktober 1893.
Oberamtsrichter Sigel.
Die erledigte Seminar-Oberlehrerstelle in N agold wurde dem Lehrer Schirmer am K. Katharinenstift in Stuttgart übertragen.
HagesT-Weuigkeiten.
Deutsches tteich.
N In der Nacht vom letzten Donnerstag auf Freitag wurde im Gasthaus z. Bären in Oberjettin gen ein ungemein frecher Einbruch verübt. Mittelst einer aus ' einem Nachbarhause herbeigeholten Leiter gelang es dem Dieb, in das Wirtschaftslokal einzustergen, von wo aus er sich in das anliegende Nebenzimmer begab und aus einer Kommode über 500 ^ entwendete. Diesen Einbruch verübt zu haben, ist dringend verdächtig ein ca. 20jährjger, ordentlich gekleideter Mensch, der sich abends zuvor zweimal in der Wirtschaft einstellte und bei dieser Gelegenheit unbemerkt die Reiber an den Fenstern beiseite schob. Wie man hört, soll der Dieb ein aus Grömbäch gebürtiger, in Freudenstadt entsprungener Sträfling sein.
In Heilbronn fand am 18. Okt. die feierliche Enthüllung des Kaiser Friedrich-Denkmals auf dem gleichnamigen Platz an der Frankfurterstraße statt.
Mergentheim, 17. Okt. Einen schrecklichen Tod fand gestern abend ein älterer Herr aus Köln, (Fabrikant P.), der seit einigen Tagen bei einer Familie hier zu Besuch weilte. Er geriet, spazieren gehend, bei eintretender Dunkelheit auf dem Rückweg auf die Eisenbahntauberbrücke. Dort überraschte ihn der von Crailsheim kommende Güterzug, dessen Maschine ihn in grauenhafter Weise zermalmte. Beim Abendessen vermißt, wurde er überall ängstlich gesucht; aber erst nach 8 Uhr fand der Bahnwärter die Stücke der Leiche, nachdem auch noch der Crails- heimer Personenzug über ihn hinweggefahren war.
Saul'gau, 19. Okt. Gestern fiel in Bolstern im dortigen Bräuhause ein Brauknecht in die siedende Bierpfanne. Trotz seiner furchtbaren Brandwunden hyfft man ihn am Leben erhalten zu können.
München, 20. Okt. In der Kammerdebatte über die Futternot teilte der Minister mit, daß der Prinzregent das Einbringen einer Notstandsvorlage genehmigt habe.
In Würzburg erhielt ein Student ein Strafmandat mit der Anweisung auf 4 Tage Haft, weil derselbe unlängst kleirje bedruckte Aufklebezettel mit der Bezeichnung „Kauft nicht bei Juden" öffentlich verteilt hatte.
Die Vermehrung der Militärärzte, die infolge der Heeresvermehrung notwendig wird, beträgt in Preußen: 16 Oberstabsärzte, 8 Stabsärzte, 156 Assistenzärzte; in Sachsen: 1 Oberstabsarzt, 13 Assistenzärzte; in Württemberg: 9 Assistenzärzte.
Berlin, 19. Oft. lieber den Gesundheit^ü- stand des Fürsten Bismarck soll, wie der „Hamb. Korr." Meldet, Prof. Schweninger geäußert haben: Er. sei mit seinem Patienten in jeder Beziehung zu
frieden. Eine Konstitution, dre solche Stöße ausgehalten und sie so spurlos überstanden, habe begründete Anwartschaft auf noch gut 10 Jahre kräftigster Dauer.
Berlin, 19. Okt. Der Rücktritt des Kriegsministers, General der Infanterie v. Kaltenborn- Stachau, ist jetzt vollzogen. Die Genehmigung des Abschiedsgesuches ist bereits Allerhöchst erfolgt. General Bronsart v. Schelleudorf ist zum Kriegsminister ernannt worden.
Berlin, 19. Okt. Das „Berl. Tagebl." meldet aus Hamburg, ein bekannter hiesiger Architekt sei nach Unterschlagung von 80 000 ,//^. flüchtig geworden. Ueber das Vermögen ist der Konkurs eröffnet.
Berlin, 20. Okt. Der Kaiser verlieh dem bisherigen Kriegsminister v. Kaltenborn-Stachau das Großkreuz des Roten Adlerordens mit Eichenlaub und Krone.
Der Vorstand der „Deutschen Friedensgesellschaft" in Berlin fordert alle „Mitbürger und Mitbürgerinnen", welcher Partei sie auch angehören mögen, auf, „durch ihren Beitritt zur Deutschen Friedensgesellschaft die friedliche Gesinnung auch öffentlich zu bekunden, von der sie innerlich längst beseelt sind, und dadurch mitzuhelfen zur Verwirklichung einer Idee, von deren Durchführung das Wohl und Wehe unseres deutschen Vaterlands und der ganzen Menschheit abhängt."
Die „Südd. Tabakztg." teilt bezüglich der geplanten Fabrikatsteuer auf Tabak mit, daß in dem ersten Negierungsentwurf, ausweislich der Regierungsvorlagen, vom August d. Is. ein Rückgang des Consums um 20", o, in dem zweiten späteren sogar ein Rückgang von 30"/.. angenommen ist. Diese Annahme erscheint entschieden nicht zu hoch gegriffen, wenn inan bedenkt, daß in Zukunft bei Cigarren die Fabrikatsteuer 33' » pCt., bei Rauchtabak sogar 66'-/» pCt. betragen soll. Dadurch wird also auf das Tausend Cigarren im Werte von 36 ein Zuschlag von 12 ^ und auf den Doppelzentner- Rauchtabak im Werte von 40 ^ ein Zuschlag von 26-/» ^ gelegt. Daß diese sehr beträchtliche Verteuerung auch den Konsum ganz wesentlich vermindern wird, liegt auf der Hand. Man muß dann aber fragen, was aus den 15000 Fabriken mit den 136000 Arbeitern werden soll, die augenblicklich in der Tabakindustrie thätig sind. Mit allgemeinen Vertröstungen, daß der Rückgang des Konsums übertrieben werde, ist wenig gethan, um so weniger, wenn auch die Regierung von einem Rückgänge von 30",» ausgeht. Denn in diesem Falle würden mehr als 40000 Tabakarbeiter brotlos.
Neuerdings werden wieder Mitteilungen über weitere Steuerpläne in Umlauf gesetzt, und auch eine Reform der Branntweinsteuer wird in Aussicht gestellt. Dazu bemerkt die „Frankfurter Ztg." : In unterrichteten Kreisen weiß man nur, daß zur Zeit die Steuerpläne der Neichsregierung sich auf Tabak, Wein und Stempel beschränken. Alles Andere ist, vorläufig wenigstens, in das Gebiet der Kombinationspolitik zu verweisen.
In Obernburg (Waldeck) hat eine Feuersbrust in wenigen Stunden 30 Gebäude, darunter 8 Wohnhäuser eingeäschert.
Frankreich.
Paris, 19. Okt. Die Gemahlin Mac Ma- hons erhielt vom Grafen von Paris, Kardinal Ram- polla, namens der französischen Armee, sowie aus vielen Ländern zahlreiche Beileidstelegramme.
Paris, 19. Okt. Gestern abend demonstrierten Studenten und einige Bürger mit dem Rufe:
„Nach Berlin" vor dem Militärkasino, dessen Balkon mit russischen^Offizieren angefüllt war. Die Polizei verhaftete sofort die^Manifestanten. Die russischen Offiziere^kritisieren unmutig die kalte Reserve der offiziellen Welt, besonders CarnotsD'und sämtlicher Minister und Würdenträger gegenüber dem begeisterten Enthusiasmus der Volksmenge. Die Wappen der Patriotenliga wurden an der Straßburg-Statue und am Gambetta-Monument auf ministeriellen Befehl entfernt, um Manifestationen vorzubeugen.
Paris, 19. Okt. Den russischen Offizieren wurde gestern im Marineministernm ein Mahl veranstaltet, an dem sämtliche Minister und eine große Anzahl Admirale teilnahmen. Der Marineminister Rieunier trank auf das Wohl des Kaisers und der Kaiserin von Rußland. Admiral Avellan brachte einen Trinkspruch auf den Präsidenten Carnot, die französische Armee und Marine und auf deren hervorragenden Führer aus. Die Menge vor dem Offiziersklub war den ganzen Nachmittag dicht gedrängt. Der Opernplatz und die angrenzenden Straßen waren gefüllt; zeitweilig schreit man im Takt: „Admiral! Admiral!" Die Offiziere treten auf den Balkon heraus und grüßen, die Menge stimmte die Zarenhymue an. Frauen werden ohnmächtig, Estraden und Leitern brechen zusammen, ungeheurer Tumult. Doch Alles ist kreuzfidel. Die Polizei hatte die yrößte Mühe, den Russen, die zur Tafel des Marineministers fuhren, bahnzubrechen. Die Landauer sind geschlossen. Die Menge fordert ihre Oeffnung. Die Grooms steigen ab und schlagen das Verdeck zurück. Tosender Jubel und Ruse „es leben die Russen" und die Zarenhymne erschallen. Aehnliche Szenen wiederholen sich vor dem Marine-Ministerium und auf dem Konkordiaplatz. Schiffslieutenant Scheltzky, der aus dem Wagen steigt, wird von der Menge umringt, stolpert, stürzt und bricht den Arm. Abends zogen 500 Personen allerlei Gesindls über die Boulevards und brüllten: „Amnestie!" Die Manifestation fand vor Rocheforts „Jntransigeant" statt. Die Polizei verjagte die Bande.
Paris, 20. Okt. Gestern abend fand im Hotel de ville eine Festtafel zu 564 Gedecken statt. Carnot toastete auf den Kaiser und die Kaiserin von Rußland und die kaiserliche Familie, worauf der Botschafter Baron Mohrenheim auf Carnot und Frankreich toastete. Der Präsident des Muni- zipialrats hieß die russischen Gäste willkommen und trank auf das russische Volk und das russische Vaterland, die Schwester des französischen Vaterlandes. Avellan antwortete mit einem Toast auf Paris. Die Umgebung des Hotel de ville war glänzend geschmückt und beleuchtet. Die russischen Offiziere und Präsident Carnot wurden bei der Auffahrt von der Volksmenge begeistert begrüßt. Die Sänger sangen die Marseillaise und die russische Nationalhymne.
Paris, 20. Okt. Der Umzug der Russen durch Paris heute vormittag von 9 Uhr an gab der ganzen Bevölkerung Gelegenheit, sie zu sehen. Sie fuhren in 25 Wagen unter der Eskorte der Republikanischen Garde. Oftmals stockte der Zug wegen des großen Gedränges. So gleich am Anfang an der Rue des Pyramides, wo das Volk das Spalier sprengte, sich auf die Wagen stürzte und den Russen die Hände entgegenstreckte; die Frauen boten den Offizieren die Wange dar und diese küßten sie, indem sie ihre Hände ergriffen. Der Weg führte zu den Zentralhallen, wo die Damen der Halle mit ihren schönen Töchtern im festlichen Putz standen und den Russen Blumengewinde boten. Auch eine