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Amts- und Intelligenz-Blatt flir den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, nnd kostet vierteljährlich

Samstag 14. HK1.

Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus

1893.

hier (ohne Trägerlohn) 80 Pfg., in dem Bezirk

1 Mk., außerhalb des Bezirks 1 Mk. 20 Pfg.

gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 Pfg., bei mehrmaliger je 6 Pfg.

Monats-Abonnement nach Verhältnis.

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Amtliches.

Nagold.

An die gemeinschaftlichen Aemter, Abhal­tung von landwirtschaftlichen Winterabend­schulen betreffend.

Die gemeinschaftlichen Aemter werden hiemit ver­anlaßt, binnen 8 Tagen zuverlässig hieher zu berich­ten, was bezüglich der Abhaltung von Winterabend­schulen für das Jahr 1893/94 in ihren Gemeinden beschlossen und angeordnet worden ist, auch zugleich den Namen derjenigen Persönlichkeit, an welche das Württembergische Wochenblatt für Landwirtschaft gesendet werden soll, zu benennen. Das gemeinschaftliche Oberamt vertraut zu der Einsicht der Gemeindebehörden, daß nicht nur die im vorigen Jahr bestandenen Abendschulen fort- bestehen, sondern daß auch diese gemeinnützige Ein­richtung, wo immer die Verhältnisse es zulassen, neu emgeführt wird, da bei dem gegenwärtigen Stand des Erwerbslebens eine bessere Ausbildung der Einzelnen und eine gesteigerte Einsicht in allen Beziehungen auch für die ländliche Bevölkerung als unumgängliches Bedürfnis erscheint.

Diese Ausbildung herbeizuführen, ist der Zweck der ländlichen Fortknldungsanstalten, die Errichtung bezw. Fortführung solcher ist daher im wesentlichen Interesse der ländlichen Bevölkerung gelegen.

Zugleich wird darauf aufmerksam gemacht, daß die K. Zentralstelle für Landwirtschaft auch Heuer gerne bereit ist, die Gründung oder weitere Aus­stattung von Ortsbibliotheken durch unentgeltliche Ueberlaffung von Schriften zu fördern.

Den 11. Oktober 1893.

K. gem. Oberamt in Schulsachen:

Vogt. Dieterle.

Tages-Nenigkeiten.

Deutsches Reich.

Herrenberg, 9. Okt. Die Remonte-Ankaufs- kommission hat hier von 66 zu Markte gebrachten Pferden 9 vortreffliche Tiere zum Durchschnittspreis von 980 ^ angekaust. Weitere 810 noch nicht volljährige Tiere wurden für den Ankauf des nächsten Jahres vorgemerkt.

Horb, 9. Okt. DerSchwarzw. Bote" berichtet: /Ein Ereignis, das wir Hozber blos etwa alle 10 , Jahre zu feiern das Glück haben, brachte der dies- ! jährige warme Sommer mit sich. Wir durften ein- i mal wieder eigenenNeuen" zu billigem Preise ! kosten. In früheren Zeiten wuchs in Horb ein nach j damaligem Geschmacks guter Wein. In vergilbten s Blättern lesen wir noch, daß man einstens nach Horb 'in den Wein fuhr".

Stuttgart, 9. Okt. Unter den neueintretenden Studierenden des hiesigen Politechnikums macht sich ein äußerst starkes Anwachsen der Studierenden der Zukunftswissenschaft", nämlich der Elektrizitätstechnik bemerkbar.

Stuttgart, 9. Okt. Die Passanten der Königs­straße hatten am Samstag mittag Gelegenheit, ein interessantes Schaustück zu bewundern in Gestalt einer in großen Dimensionen gehaltenen kupfernen Dampfbraupfanne, welche für die Aktienbrauerei Rettenmayer-Heslach bestimmt ist. Der Kessel wurde in der Maschinenfabrik und Kupferschmiede von A. Ziemann in Feuerbach-Stuttgart ganz aus Kupfer gebaut, hat einen Durchmesser von ca. 9 Meter, eine Höhe von ca. 3 Meter, ein Gewicht von ca. 140 Zentner und waren zur Beförderung dieses Kolosses von Feuerbach nach Heslach 6 Pferde nötig. Da die Aktienbrauerei Rettenmayer vor 2 Jahren

7 große Lagerkeller baute und das Geschäft sich in den letzten 5 Jahren um das Doppelte vergrößerte, so war es notwendig, das Sudwerk dementsprechend zu erweitern.

Stuttgart, 10. Okt. Die deutsche Kaiserin ließ gestern denjenigen Festdamen, welche ihr an­läßlich ihrer Anwesenheit in Stuttgart und Umge­bung Bouquets überreichten, kostbare Broschen aus Berlin zugehen. Auf denselben befinden sich unter einer Krone die Namenszeichen der hohen Spende­rin V. A. (Viktoria Augusta).

Stuttgart, 11. Okt. (Lehrerversammlung.) Gestern hielt derVerein evangelischer Lehrer in Württemberg" seine 23. Jahresversammlung im Saale der Evangelischen Gesellschaft unter dem Vorsitz des Herrn Rektor Benzinger ab. Erschienen waren ge­gen 300 Mitglieder; auch zwei Neger aus dem To­gogebiet in Westafrika, die sich zur Zeit in Würt­temberg aufhalten, um sich zu Lehrern auszubilden, hatten sich eingefunden. Nach einem von Herrn Mittelschullehrer Lang vorgetragenen Orgelpräludium trat die Versammlung in die erbauliche Besprechung ein. Die Absendung eines Huldigungstelegramms an die beiden Königlichen Majestäten fand allgemei­nen Beifall. Nach einigen geschäftlichen Mitteilungen des Vorstandes über den Stand des Vereins erfolgte die Besprechung über das Thema:Das Ehrbefühl, seine Bedeutung und Berücksichtigung in Erziehung und Unterricht." Alle Redner, die sich an der Be­sprechung dieses pädagogischen Themas beteiligten, mußten zugeben, daß die Weckung, die richtige Pflege und Leitung des Ehrgefühls bei den Schülern eine gar ernste Aufgabe sei, die hier an den Lehrer ge­stellt werde; gar zu leicht gerate man auf Irrwege, wodurch das Ehrgefühl gemindert und statt dessen Ehrgeiz erzeugt werde. Bei dem gemeinschaftlichen Mittagessen imHerzog Christof" referierte Herr Seminaroberlehrer Schwarzmayer von Nagold über den Evangelischen Schulkongreß in Dresden, der sich die Aufgabe gestellt hat, mit aller Kraft daran zu arbeiten, daß unserem deutschen Volke die Konfessionsschule erhalten bleibe. Gewiß hat je­der Teilnehmer von den stattgehabten Besprechungen reichen Segen und neue Lust und Freudigkeit zur Arbeit mit nach Hause genommen, und dazu sollen solche Lehrerversammlungen auch dienen.

Aus Württemberg wird geschrieben: Man er­innert sich vielleicht noch des Falles Andreas Pfau. Der Bäckergeselle dieses Namens war vor einigen Jahren von der Rottweiler Strafkammer zu mehr­jähriger Zuchthausstrafe verurteilt worden und hatte hereits einen Teil abgebüßt, als seine Unschuld zu Tage kam, worauf er freigesprochen ward. Dem schwer geschädigten Manne wurde eine Entschädigung von 1500 zugesprochen. Jetzt ist er gestorben; ob die erlittene Haft an feinem frühzeitigen Tode Schuld ist, wie ein Blatt wissen will, mag dahin gestellt sein.

Biberach, 9. Okt. Ungeheures Aufsehen erregt hier und in der Umgegend die Entdeckung eines Betrügers von ungewöhnlicher Art. In dem benach­barten Jordanbade weilte seit einigen Wochen ein Bischof von Adou-Ninive, Mesopotamien, dessen Erscheinen besonders bei unserem Landvolke um so mehr Beachtung fand, als er auch kirchliche Hand­lungen ausübte. Selbst eine hohe Adelsfamilie, wo er als Gast weilte, wurde durch sein Auftreten ge­täuscht. Ein hiesiger katholischer Geistlicher, welcher zum Handkuß zugelassen, schöpfte Verdacht, weil der Bischof sich bei diesem Akte einen Verstoß gegen seine kirchlichen Vorschriften zu Schulden kommen

ließ. Es scheint nun, daß der Pseudo-Bischof dem Wetter nicht traute, denn plötzlich war derselbe ver­schwunden.

Fürth, 9. Okt. In vergangener Nacht hat der Bankmetzger Guthlein seine Frau wegen auf der That ertappter Untreue ermordet, dann den ihn ver­hafteten Polizisten schwer verletzt und sich hierauf den Hals abgeschnitten. Er war sofort tot.

Mannheim, 5. Okt. Dieser Tage hatte sich der Restaurateur des ersten hiesigen .Kaffeehauses, des Cafe Metropole, S. Klinger, vor dem Schöffen­gericht wegen Betrugs zu verantworten, weil er zwischenhinein" Ludwigshafener Bier für echtes Mün­chener verzapft hatte. Er erhielt eine Gefängnis­strafe von 14 Tagen und eine Geldstrafe von 200

Mannheim, 11. Okt. Im Neckar ertränkten sich zwei Dienstmädchen aus Liebeskummer.

Weimar, 10. Okt. Der Großherzog wird sich von Schlesien nach Dresden begeben zur Feier des fünfzigjährigen Militärdienstjubiläums des Königs von Sachsen.

Ueber das Verhältnis des Fürsten Bis­marck zu Kaiser Wilhelm II. macht ein Mitar­beiter derMünch. Allg. Ztg.," der Beziehungen zur Umgebung des Fürsten hat, folgende Mit­teilungen: Im Februar und Anfang März 1890 fanden zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bis­marck Beratungen über den allmählich zu vollziehen­den Rücktritt des letzteren von den Geschäften statt, hervorgerufen durch die Ueberzeugung, daß die po­litischen Wege des Kaisers und seines alten Kanz­lers doch vielfach auseinandergingen. Der Kaiser und der Fürst gelangten in gutem Einvernehmen zu einer Verständigung dahin, daß der Rücktritt des Kanzlers sich in einem Uebergangsstadium, zunächst unter Aufgeben des Ministerpräfidiums, vollziehen sollte. Der Fürst hatte dabei betont, daß es sich aus in der Situation liegenden Gründen empfehlen würde, diesen Posten mit einem entschlossenen Gene­ral zu besetzen, als welchen erz. B. den General Caprivi" bezeichnte. Gegen Mitte März erhielten die persönlichen Beziehungen plötzlich eine schroffere, bisher ungewohnte Form, die endlich in der bekann­ten Unterredung vom 15. März auch äußerlich zu dem Bruch führten, der innerlich bereits vollzogen war. Die weiteren Einzelheiten bis zu dem Schrei­ben des Fürsten vom 18. März an den Kaiser, worin er darlegte, weshalb er das ihm wiederholt abgeforderte Entlassungsgesuch nicht einreichen könne, sind weiten Kreisen bekannt und gehören der Ge­schichte an. Die Entlassung erfolgte mithin in vollster kaiserlicher Ungnade. Ueber die Gründe der so plötzlich über ihn hereingebrochenen kaiserlichen Ungnade ist, soviel bekannt, Fürst Bismarck heute noch genau so im Unklaren, wie im März 1890. Er hatte höchstens die Fortdauer oder die Verschär­fung dieser Ungnade zu konstatieren, als er im vori­gen Jahre nicht auf seinen Wunsch nach Wien kam und erfuhr, daß nicht nur der deutschen Botschaft der Verkehr mit ihm und die Befolgung der Hochzeitseinladung untersagt, sondern daß von Berlin aus auch auf jede Weise der bereits huld- vollst zugesagte Empfang durch .Kaiser Franz Joseph Hintertrieben worden sei. Um jeden Zweifel auszu­schließen, erfolgte dann noch die amtliche Veröffent­lichung der betr. Aktenstücke. Worin sollte nach dem allen dieVersöhnung" bestehen? Der Kaiser kann die Ungnade modifizieren oder ganz aufhebeu. Dies würde vielleicht die Herstellung der Höflich­keitsformen, wie sie sonst allen verdienten Staats­männern gegenüber üblich sind, zur Folge haben.