Italiener und Tyroler Weintrauben dieses Jahr bis jetzt eine sehr geringe. Dies ist außerdem auch dem Umstand zuzuschreiben, daß in Italien Heuer bedeutend weniger Wein als im Vohrjahr gewachsen ist und mithin dort für den Doppelzentner Trauben durchschnittlich 20 Lire Hegen 7—8 Lire in 1892 anzulegen sind. Die vorjährige Krescenz brachte es mit sich, daß aus Italien die Einfuhr an eingestampften Trauben diejenige an Wein überholte. Es wurden deren im ganzen 60,000 Doppelzentner, darunter 4000 aus Tyrol in Württemberg eingeführt, woraus etwa ein Vierteist des im eigenen Lande gewonnenen Weines gekeltert wurde. Unter allen württ. Weingegenden hat so ziemlich das Stuttgarter Thal am meisten durch Fröste gelitten. Auf der ganzen Markung, die etwa 480 Hektar umfaßt, stnd^nur etwa 2400 Hektoliter gewachsen.
Stuttgart, 6. Okt. Heute vormittag wollte, wie die Blätter melden, ein achtzehnjähriger Lehrling in einem Hause der Karlsstraße seine Pflegmutter erdrosseln, wie es scheint, in räuberischer Absicht. Er hatte ihr bereits einen Strick um den Hals gelegt und ihr den Mund zugestopft. Die Frau konnte aber noch Luft bekommen und schrie um Hilfe. Als Leute herbeikamen und der junge Verbrecher keinen Ausweg mehr fand, sprang er vom dritten Stock des Hauses aus dem Fenster auf die Straße hinab, wo er schwer verletzt liegen blieb; er wurde nach dem Katharinenhospital verbracht. Die Verletzungen sind so schwer, daß an seinem Aufkommen gezwei- selt wird.
Der erste Gewinn der Cannstatter Volksfestlotterie siel zwei armen Bürgern von Widdern (Neckarsulm) zu.
Brandfall: In Kemnath die Scheuern von David Maier, Joh. Pfeifer, Joh. Gehrung und Witwe Beck.
Kissingen, 7. Okt. Fürst Bismarck durchfuhr heute vormittag in offener Equipage die beflaggten Straßen. Sein Aussehen ist gut, er schien tief bewegt. Die Menschenmassen begrüßten ihn lebhaft. Um 11 Uhr 40 Minuten ist der Fürst mit seiner Familie und Gefolge über Hanau-Kassel mittels Sonderzugs nach Friedrichsruh abgereist.
Die Ausführung der Idee, in Straßburg im Jahre 1895 eine große südwestdeutsche Gewerbeausstellung zu veranstalten, kann, wie die „Karlsr. Ztg." benchtet, als gesichert gelten.
Metz, 2. Okt. Durch Verfügung des kommandierenden Generals des 16. Armeekorps, Grafen Häseler, ist der Branntweinausschank in den Kantinen untersagt worden. Die Kantiniers werden angemessen entschädigt werden. Branntwein darf nicht mehr in die Kasernen hinein. Der Soldat, welcher Branntwein mit sich führt, wird mit Arrest bestraft. Den letzten Anstoß zu der Maßnahme des kommandierenden Generals soll die Beobachtung gegeben haben, daß während der letzten Manöver die Soldaten vielfach unterließen, sich den Morgenkaffee zu machen, und dafür den leicht zugänglichen Schnaps tranken. Gerade die Schnapstrmker aber stellten das nicht geringe Kontingent derer, die während der Manöver marode wurden.
Hamburg, 4. Okt. Die Cholera ist anscheinend erloschen; auch heute ist eine neue Erkrankung weder in Hamburg noch in Altona vorgekommen.
Nach einer Mitteilung der „Süddeutschen Tabaksztg." sollen die Sätze der neuen Tabakfabrikatsteuer, wie folgt, festgesetzt sein: Auf Zigarren und Zigarretten 33' -> auf Rauchtabak 66^/z»/», auf Kau- und Schnupftabak 50»/». Der Zoll auf Tabakfabrikate wird erhöht: auf ^ 400 die 100 Kilo für Zigarren, seither ,/s 270; auf 250 die 100 Kilo für andere Fabrikate, seither ./<< 180. Es wird abzuwarten sein, ob diese Zahlen zutreffen. Andererseits wird behauptet, die Kommission habe die Steuersätze noch gar nicht festgesetzt.
In Betreff der Frage, wann und wie Professor Schweninger vom Kaiser den Auftrag erhal- tm habe, ihm über das Befinden des Fürsten Bismarck Bericht zu erstatten, ist die „Kreuzz.-Zeitung" in der Lage, folgendes mitzuteilen: Am 21. April 1890, also bald nach dem Scheiden des Fürsten Bismarck aus seinem Amt, erging an den Professor Schweninger nachstehende Katinetsordre S. M. des Kaisers: „Nicht nur das deutsche Volk, sondern alle Nationen der kultivierten Welt nehmen lebendigen Anteil an der Gesundheit und dem Wohlergehen des Fürsten v, Bismarck, Herzogs von Lauenburg. Mir
persönlich liegt es besonders am Herzen, den Mann mit Gottes Hilfe möglichst lange erhalten zu sehen, der sich so unermeßliche Verdienste um das Vaterland und mein Haus erworben hat. Ich weiß, daß Sie mit eben so viel Hingebung und Treue als Geschick und Erfolg seit einer Reihe von Jahren den Fürsten ärztlich behandelt und auch in kritischen Momenten den Gesundheitszustand desselben zu erhalten und zu befestigen gewußt haben. Es ist daher mein Wunsch, daß Sie. auch fernerhin ärztliche Behandlung des Fürsten leiten und soweit erforderlich, selbst ausüben. .'Indem ich Sie mit diesem Auftrag betraue, will ich von Zeit zu Zeit Ihrem Bericht über das Befinden des Fürsten entgegensehen."
Berlin, 5. Okt. Das Weinsteuerprojekt wird in der Presse besser ausgenommen als das Tabaksteuerprojekt. Der Wein müsse in einem Lande, in welchem Bier- und Branntweinsteuer eingeführt sei, ebenfalls besteuert werden. Statt der Tabaksteuer solle man doch lieber gleich das Tabakmonopol einführen.
Schweiz.
Zürich. Die eidgenössische Expertenkommission für den Entwurf eines Kranken- und Unsallver- sicherungsgesetzes empfiehlt dem Bundesrat die obligatorische Einbeziehung der Landwirtschaft in die Krankenversicherung. Ein finanzieller Zuschuß des Bundes an Prämien wird nur für die Unfallversicherung vorgesehen, indessen soll zu Gunsten der Landwirtschaft bei der Krankenversicherung besondere Berücksichtigung durch den Bund eintreten.
Oesterreich-Ungarn.
Der ungarische Ministerpräsident ist, wie es scheint, unverrichteter Sache von Wien nach Pest zurückgekehrt. Es wird versichert, daß es ihm noch nicht gelungen sei, die Zustimmung des Kaisers zur Einbrmgung des Zivilehegesetzes zu erlangen. Das Ministerium ist, wie Dr. Wekerle dieser Tage im Abgeordnetenhaus angedeutet hat, entschlossen, sich zurückzuziehen, falls die kaiserliche Einwilligung nicht binnen Kurzem erfolgt, und ein Artikel des offiziösen „Pester Lloyd" giebt auch Aufschluß über den Termin, bis zu welchem die Entscheidung fallen soll. In dem betreffenden Artikel heißt es, die Regierung werde in die Verhandlung des nächstjährigen Budgets nicht eher eintreten, als bis sie die Vorlage über die Zivilehe auf dem Tisch des Hauses niederlegen könne. Das heißt, falls Ende Oktober die Entscheidung noch aussteht, will das Ministerium abdanken. Man hofft jedoch in den liberalen Kreisen Ungarns noch immer, daß die Krone vor Ablauf dieser Frist dem Entwurf ihre Zustimmung erteilen, werde. .
Frankreich.
Paris. In der patriotischen Begeisterung über den Besuch der russischen Flotte beginnt sich nunmehr eine Hetze gegen alle Ausländer, besonders aber gegen die Italiener abzuheben. Kein Tag vergeht, ohne daß die Blätter die Dreibundmächte oder England und deren Staatsangehörige in der gröbsten Weise beschimpfen. Dazu hat jetzt die Verdächtigung einiger Pariser Blätter neuen Anlaß gegeben, daß der deutsche Reichskanzler während der russischen Feste Frankreich mit einem Schwarm von Spionen überschwemmt habe , die ihn nicht nur über alle Vorfälle rasch unterrichteten, sondern besonders auch den unruhigen Elementen im Staate nachhelfen sollen, möglichst unzeitige Zwischenfälle zu veranlassen, und der „herzlichen brüderlichen Begegnung zweier hochgesinnter Völker Eintrag zU thun."
Die französische Regierung hat beschlossen, der Stadt Toulon zu den Kosten der Russenfeste einen Beitrag von 140 000 Franken zu leisten. Damit wird man in Toulon schwerlich zufrieden gestellt sein, da die Gesamtausgaben vom Gemeinderat auf 550 000 Franken veranschlagt sind und Toulon beim Empfang der Russen gewissermaßen die Repräsentation von ganz Frankreich übernimmt.
Paris, 6. Okt. Die „Liberte" behauptet, seit dem 1. Okt. kämen täglich 10 bis 15 Elsäßer an, um in die Fremdenlegion einzutreten, da sie nicht im deutschen Heere dienen wollten.
Charleroi, 7. Okt. Die Zahl der streikenden Bergleute ist auf 17 000 gestiegen. Die Ausständigen durchziehen die Ortschaften bei den Kohlengruben und bedrohen die Weiterarbeitenden. Zwei Schwadronen Kavallerie wurden nach Chatelineau abgeschickt.
Spanien.
Madrid, 6. Oktober. Die Begnadigung des
Bombenwerfers Pallas wurde abgelehnt, derselbe wird morgen früh erschossen.
Madrid, 6. Oktbr. Der Correspondencia zufolge hätten die Kabylen den heiligen Krieg gegen Spanien proklamiert.
Barzelona, 6, Okt. Der Attentäter Pallas, welcher gegen den Marschall Martine; Campos eine Dynamitbombe warf, wurde heute früh erschossen.
Asien.
Das Christentum in Japan. Die Stimmung in Japan, die noch vor einigen Jahren sich dem Christentum so günstig zeigte, daß eine baldige vollständige Christianisierung des japanischen Volkes im Bereich der Möglichkeit zu liegen schien, hat seit einiger Zeit sich allmählich verändert, eine von hervorragenden Führern geleitete nationalistische Partei hat sich gebildet und die Regierung scheint den Bestrebungen dieser Partei nahe zu stehen. Vorerst wird das Christentum mit litteratischen Waffen bekämpft, und es ist interessant, die Gründe zu hören, mit denen seinem weiteren Umsichgreifen begegnet werden soll. Hören wir zunächst einen japanischen Philosophen. „Die Moral", sagt derselbe, „entwickelt sich langsam im Lauf der Zeit und trägt alsdann den Stempel des Volksgeistes. Sie muß sich dem Volksgeiste anpassen, soll sie wohlthätig auf das Volk wirken und die Auflösung seiner gesellschaftlichen Ordnung verhindern. Die Moral des Westens, speziell die christliche Moral paßt nicht für Japan. Der Westen kennt das Prinzip des Gehorsams und der Loyalität nicht in dem Maße, wie es die japanische Moral verlangt. Daher ist unmöglich, die Moral des Westens und des Ostens zu einem harmonischen Ganzen zu vereinigen, da das Christentum den bedenklichen Grundsatz der Gleichheit aller Menschen aufgestellt hat." Aus einer schärferen Tonart redet ein etwas rauherer Geist, der sofort die praktischen Folgerungen zieht: „Der christliche Golf ist ein Phantom, eitel Dunst und Rauch, der Glaube an ihn stupider Aberglaube. Die chrifirche Sittenkehre erniedrigt den Menschen unter das Vieh. Sie will uns die Zierden unseres Volkes, den kindlichen Gehorsam und die Ehrfurcht vor dem Herrscher nehmen; der Christ stellt seinen eingebildeten Goft über den Kaiser und untergräbt den kindlichen Gehorsam, da die christlichen Söhne ihre den vaterländischen Sitten treu bleibenden Eltern verlassen. Dqs Christentum ist eine nationale Gefahr für Japan, die bekämpft werden muß. Die eigentliche Absicht der Christen ist, Japan politisch zu vernichten und zu annektieren, nachdem sie es religiös korrumpiert haben. Sie müssen daher zu Feinden des Vaterlands erklärt werden. Das Christentum muß ausgerottet und darf nie wieder in Japan geduldet werden." Noch ist es bis jetzt zu keinen thätlichen Ausschreitungen gegen die Christen gekommen. Wir werden uns aber nach derartigen Auslässen einflußreicher Männer nicht wundern dürfen, wenn eines Tages die Nachricht vom Beginn einer Verfolgung eintrifft. Eine fühlbare Stockung im Missionserfolg ist bereits vorhanden.
Kleinere Mitteilungen.
Aichelberg, 5. Okt. ) Als verdächtig, den am 24. auf 25. v. Mts. in ReH mühle ausgebrochenen Brand verursacht zu haben,, wurde dem Schultheißenamt der 17 Jahre alte Joh. Gauß, Müllerin Ebhausen, OA- Nagold, vorgeführt. Gauß wurde an das K. Amtsgericht Calw! eingeliefert.
Stuttgart, 4. Okt. Der' Gasthof zum goldenen Bären hier ist um 235000 , /ti an den Sohn des früheren Besitzers Gallmann verkauft worden.
Handel und Venkehr.
Weinpreise. Waiblingen, 3. Okt. In Neustadt wurden schon einige Käufe abgeschlossen zu 110 und 126 Mk. per 3 Hl. — Großheppach, 5. Okt. Heute die ersten Käufe Bergwein zu 145 Mk. Käufer erwünscht. — ^
Schnaith, 5. Okt. Verkauf heute lebhuft. Preis 140 bis 145 Mk. per 9 Hl. Noch viel Vorrat. —, Asperg, 5. Okt.
145, 150 Mk., Vergwein 165 Mk. per 3'Hl. — Bietigheim, 5. Okt. Am gestrigen und heutigen Tage ging der Weinkaus sehr lebhaft zu Preisen von 125, 090 und 140 Mk. per 3 Hl. Es sind nur noch wenige gu.te Reste seil. — Heilbronn, 5. Okt. Weißwein 125—13 2 Mk., Rotwein 160—170 Mk. per 3 Hl. — Löwensteiin mit Reisach und Rittelhof, 5. Okt. Lese noch nicht ^ beendigt. Verkauf sehr lebhaft mit steigenden Preisen, vo^n 110—125 Mk. pro 3 Hl. (
Redaktion, Drpck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.