s:j Ebershardt, 2. Okt. Am gestrigen Sonn­tag hielt der Schwarzwaldbsenenzüchter-Nerein des hintern Bezirks seine Herbsthauptversammlung hier ab. Der langersehnte Regen, der gestern in wirklich ausgiebiger Weise sich ergoß, hat zwar manches Bereinsmitglied veranlaßt, zu Hause zu bleiben; trotzdem war aber eine stattliche Zahl von Imkern im Gasthaus zum Lamm hier beisammen, um ihre Ersahrungen in der Bienenzucht in: verflossenen Sommer auszutauschen. Zunächst wurde von der Mehrzahl der Erschienenen der große, praktisch ein­gerichtete und günstig gelegen?,, mit über 100 Völ­kern ausgestattete Bieuenßano des Vereinsvorstands H. Schullehrer Kümmel besichtigt. Praktische Ein­richtungen, schöne volk- und honigreiche Bienenvölker fanden die Besucher des stattlichen Bienenstandes vor. Bei der eigentlichen Versammlung hielt H. Kümmel einen längeren/sehr belehrenden Vortrag über die diesjährige Ausstellung des Landesbienen­züchtervereins in Horb. Da H. Schullehrer Den- kinger aus Enzthal wegen allzugroßer Entfernung und ungünstiger Witterung nicht erscheinen konnte, um seinen angekündigten Vortrag über Kunstschwärme zu halten, so wurden in freier Weise von sachkundi­gen Imkern die Erfahrungen über diese Art der Vermehrung der Bienenvölker ausgetauscht.

Oberjettingen. Der neu gewählte Gemeinde­pfleger Simon Rinderknecht ist gestern (1. Okt.) in fein Amt eingesetzt und beeidigt worden. Mögen seine Bemühungen uin das Gemeindewohl gute Früchte zeitigen.

Tübingen, 26. Sept. (Schwurgericht.) In der Nacht vom 16. auf 17. Juli brannte in Kuppingen die Pfarr- scheuer, und ist der Brandstiftung beschuldigt der verhei­ratete Schreiner Johannes Brenner von dort. Derselbe ist geständig und lautete das Urteil auf 8 Monate Ge­fängnis, wovon 1 Monat Untersuchungshaft abgeht.

Stuttgart, 26. Sept. Die feierliche Eröffnung der Landesobstausstellung hat heute vorm., 11 Uhr vor einer geladenen Festversammlung stattgefunden, unter der sich als Vertreter S. M. des Königs Minister des Innern v. Schund, ferner die Präs. Frhr. v. Ow und v. Rüdinger, Oberregierungsrat Stadtdir. Klaiber, Oberbürgermeister Rümelin u. a. Herren befanden. Der Erstgenannte, Minister v. Schund betrat die Rednertribüne und überbrachte die freundlichen Grüße S. M. des Königs mit der allerhöchsten Verficherllstg des warmen Interesses, welches Se. Majestät für die Bestrebungen des württ. Obstbauvereins, sowie für die Geschicke der gegen­wärtigen Ausstellung habe. Württemberg zählt 7 140000 Stück Obstbäume, aber doch ist das Ziel, das erreicht werden muß, noch höher zu stecken; die Bodenverhältnisse des Landes gestatten die höchste Entwickelung, und der Bedarf im Lande erfordert sie gebieterisch, denn noch gehen alljährlich Millionen ins Ausland, um das hier Fehlende zu holen. Der württ. Obstbauverein geht auf dieses Ziel ernstlich los und so könne Redner nur wünschen, daß er die schönsten Früchte zeitige, und seine Mühen im höchsten Maße belohnt werden, wozu der Himmel seinen Segen geben möge. Der Vorstand des Obstbauoereins,

( Km.-Rat Fischer, dankt dem Minister für die König!. Grüße und das hohe Interesse, welches der König und die K. Regierung der Ausstellung entgegenbringe, und konstatiert, daß das ganze Land an derselben! beteiligt sei. 64 landw. Vereine und Bezirksvereine aus 50 Oberämtern sind vertreten. Hierauf wurde der erste Rundgang durch die Ausstellung angetreten, voran der Minister mit Gem.-Rat Fischer als Führer.

Preise erhielten u. a.: für Obst: 1. Klasse, der landw. Verein von Neuenbürg, der Verein von Obst­bauzüchtern Freudenstadt. 2. Klasse, der landwirt­schaftliche Verein von Calw, die Obstbauvereine Herrenberg, Nagold.

Cannstatt, 28. Sept. Der Feier der Brücken­einweihung am Mittwoch folgte heute das Landwirt­schaftliche Hauptsest, welches Heuer zum erstenmal untcr der Negierung S. M. des Königs Wilhelm II. gefeiert wurde und einen glänzenden Verlaus nahm. Die Zahl der Festteilnehmer aus Stadt und Land war so groß wie noch nie. Die landwirtschaftliche Festtcibüne mit der Festsäule war geschmackvoll wie immer ausgebaut und dank dem reichen Obstjahr in auserlesener Weise ausgestattet. Neben der Festsäule waren Tribünen für die Mitglieder der landwirt- schc ftlichen Vereine aus dem ganzen Lande errichtet, welche mit ihren Fahnen gegenüber dem K. Zelte Ausstellung nahmen. Viele Vereine hatten junge Paare in den schönen bäuerlichen Trachten bei sich.

wie sie sich glücklicherweise auch in unserem Lande noch erhalten haben. Kurz vor 11 Uhr erschienen die Mitglieder des K. Hauses. Punkt 11 Uhr fuhr der vierspännige Königliche Wagen, mit prächtigen Trakehner-Rappen bespannt, in den Festplatz ein. Voraus ritt die Stadtgarde. Schon draußen wur­den Ihre Majestäten, denen I. K. Hoh. Prinzessin Paüline gegenüber saß, mit lebhaften Hochrufen be­grüßt, und als sie in den Kreis Anfuhren, brauste der Jubel der Tausende dem Königspaare voraus und folgte ihm nach, bis der Wagen bei den land­wirtschaftlichen Vereinen hielt. Hier hielt Frhr. v. Wöllwarth eine zündende Anrede. Begeistert wur­den die Hochrufe ausgebracht, woraus Seine Maj. der König gnädigst dankte und mit der Königin und der Prinzessin Pauline in Begleitung des Herrn Mi­nisters des Innern v. Schmid, des Präsidenten der Zentralstelle für Landwirtschaft Frhr. v. Ow und mit dem allerhöchsten Gefolge die lange Reihe der Vereine abschnitt, wobei er an alle Vorstände das Wort richtete und die Männer und Frauen, die Burschen und Mädchen in Volkstrachten huldvoll ansprach; ebenso interessierte sich auch die Königin lebhaft für diese Trachten. Die Majestäten sprachen den Wunsch aus, diese Volkstrachten erhalten und gepflegt zu sehen. Die Pflege dieser Trachten wäre nicht bloß im ästhetischen Interesse gelegen, sie wäre gewiß ein nicht zu unterschätzendes Moment für die Erhaltung der guten alten bäuerlichen Sitten, welche unter dem Ansturm der modernen Zeit mit allen ihren Errungenschaften die leider nicht alle von guten Folgen für das Volk begleitet sind zu ver­schwinden drohen, zum großen Nachteil deutschen Volkstums. Die Vereine hatten selbstverständlich ihre Fahnen bei sich. Bemerkenswert war eine von Bur­schen getragene Kalebstraube von 120 Pfd. Nach­dem der Rundgang bei den Vereinen beendet war, besichtigte der König zu Wagen die landwirtschaftl. Ausstellung und das im Kreise aufgestellte Vieh, worauf die höchsten Herrschaften unter abermaligen Hochrufen des -Volkes am K. Zelte ausstiegen. So­fort begann die Vorführung der preisgekrönten Tiere und die Preisverteilung, welche Seine Majestät der König selbst vornahm. Den Schluß des Festes bil­deten die beiden Rennen. Die Abfahrt der König­lichen Majestäten erfolgte unter dem wiederholten Hochrufen des Volkes wieder unter Vorritt der Stadtgarde. Auf dem Volksfestplatze draußen hatte inzwischen das fröhliche Leben und Treiben einen hohen Grad erreicht; der Andrang war so gewal­tig, daß schon in den ersten Stunden in vielen Wirt­schaften das Hauptgericht, neues Sauerkraut, aus­gegangen war! Die Zahl der Vergnügungs-, Schau- und Wirtschaftsgelegenheiten war bedeutend größer, als je in einem der früheren Jahre, selbst im Ju­biläumsjahre 1889. Im Laufe des Nachmittags nahm das Volksfest, vom Wetter sehr begünstigt, immer mehr seinen Charakter ungetrübter Heiter­keit an, ein Fest, wie das Volk es liebt, geräusch­voll und mit derbem Witz und Behagen, aber doch ohne Verletzung der Sitte und des Anstands. Um 4 Uhr füllte sich der Kursaal und die anstoßende Glashalle zu Cannstatt mit den Angehörigen der landwirtschaftlichen Vereine , welche der Einladung Seiner Majestät des Königs zum Festbankett folgten. Etwa 1000 Personen, dabei die Burschen und Mäd­chen in den Volkstrachten, wurden mit Wein und Speisen aufs reichlichste bewirtet. Gegen 5 Uhr er­schienen Seine Majestät der König, mit begeistertem Hochrufen von der Versammlung empfangen. Der König nahm zwischen dem Staatsminister des In­nern und dem Frhrn. v. Ow Platz, worauf Oeko- nomierat Stockmayer Begrüßungsworte an den Kö­nig richtete, welche einen beispiellosen Beifall und Jubel Hervorriesen. Seine Majestät erwiderte hier­auf mit einer bedeutsamen und tief zu Herzen ge­henden Ansprache. Ein Beweis der allgemeinen Erhebung mag das Vorgehen zweier junger Mäd­chen aus Villingendors bei Rottweil sein; Wallburga Flaig und Margarethe Nestle gingen an den Platz des Königs, um ihn zu sehen und ihm die Hand zu geben, worüber der König sichtlich erfreut war. Und wieder fand das Herz des Volkes das Richtige heraus, als im Anblick der Huld des Königs das Lied »angestimmt wurde:Preisend mit viel schönen Reden!" Bei der StelleIch mein Haupt kann kühnlich legen, jedem Unterthan in Schoß", erhob sich alles wie auf einen Schlag; inniger hat das Herz des Königs und des Volkes noch nie zusammen­

geschlagen, wie in dieser, für Jeden unvergeßlichen Stunde! Nach halbstündiger Anwesenheit erhob sich der König, um den in der Glashalle Befindlichen einen Besuch abzustatten. Hier saßen in getrennten Gruppen die Schwarzwälder und Mergentheimer, die Steinlacher und Betzinger u. s. w. Alles erhob sich und sofort begannen die Schwenninger Mäd­chen zweistimmigGrüß Gott lieber König", wel­chem die Betzinger Burschen und MädchenKennt ihr das Land in deutschen Gauen?" dreistimmig folgen ließen, worauf die Laichinger die Königs­hymne anstimmten. Der Könitz war von diesen Huldigungen sichtlich erfreut, spendete huldreichen Beifall und dankte herzlich für die Gesänge. Un­ter brausenden Hochrufen des begeisterten Volkes verließ der König das Fest und nun spann sich hie Unterhaltung in gemütlichster Weise fort. Die Sän­gerinnen von draußen mußten im Saale singen, während draußen bei den Klängen der Ulanenmusik am Wilhelmsbrunnen tüchtig getanzt wurde. Dasselbe geschah auch auf dem Volksfestplatze, wo das lebhafte Treiben bis in die Nacht hinein fort­gesetzt wurde; das war der erste Tag des- großen Volksfestes von 1893.

Stuttgart, 29. Sept. Leider sollte das so glänzend verlaufene Fest nicht ohne Unfall endigen. Nachdem Lieut. Landbeck, der Sieger beim zweiten Rennen, das Ziel passiert hatte und sein Pferd aus- laufen ließ, wurde er auf bis jetzt unaufgeklärte Weise vom Pferde aus den Boden geschleudert und blieb einen Augenblick bewußtlos liegen; er erholte sich jedoch bald wieder, ohne weiteren Schaden zu nehmen. Im selben Augenblick, als es den Reiter zu Boden schleuderte, stürzte auch das Pferd, das einen Vorderfuß über der Fessel zweimal brach. Das Pferd mußte gestochen werden. (Als Ursache des Unfalls wird angegeben, das Pferd des Siegers sei mit einem unmittelbar nachfolgenden Reiter zusammen­gestoßen.) Dem unglücklichen Reiter sprang, von der Tribüne Sekr. Schmid von Heidenheim zu Hilfe, nicht beachtend, daß noch mehrere Reiter hinter Land­beck dahersprengten. Zwei Pferde gingen über Schmid hinweg und verletzten ihn so schwer, daß er besin­nungslos liegen blieb. Er wurde in das Bezirks­krankenhaus Cannstatt verbracht und dort der Bruch des rechten Unterschenkels und des linken Oberarms, die Verletzung des Schulterblatts und Gehirnerschüt­terung konstatiert. Der Zustand des Verunglückten ist befriedigend.

Mannheim, 29. Sept. Die Regierung ord­nete die Untersuchung des hiesigen Rhein- und Neckar­wassers an. Es wurden nirgends Cholerabazillen nachgewiesen.

München, 27. Sept. DasBayerische Vater­land" will vonzuverlässiger" undvollkommen eingeweihter" Seite erfahren haben, daß die bayerische Infanterie vom 1. April k. I. an die hellblaue Uniform verlieren und dafür die dunkelblaue erhalten werde. Das Blatt begleitet diese Nachricht natürlich mit einigen liebenswürdigen Ausfällen gegen Preußen.

Kissing en, 29. Sept. Nach dem Eintreffen des Telegramms des Kaisers an den Füisten Bis­marck fand zwischen dem Professor Schweninger und dem als stellvertretenden Leibarzt beim Kaiser in Güns weilenden Oberstabsarzt Dr. Ernesti ein lebhafter Depeschenwechsel statt. Dr. Ernesti machte im Auf­träge des Kaisers dem Professor Schweninger über die von ihm unterlassene Berichterstattung telegra­phisch scharfe Vorhaltungen, die Professor Schwe­ninger ebenso bestimmt auf dem Drahtwege zurück­wies.

Die Einnahmen der preußischen Staatsbah­nen haben in den ersten 5 Monaten des laufenden Jahres 402,4 Millionen Mk. betragen oder 16,1 Mill. mehr, als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs. An dem Plus sind der Personenverkehr mit 2,3 und der Güterverkehr mit 13,3 Millionen Mk. betheiligt. Aus den sonstigen Quellen war eine Mehreinnahme von 0,5 Millionen Mk. zu verzeichnen.

Seine Majestät der Kaiser und König von Preu­ßen hat den Roten Adlerorden 1. Klasse mit Eichen­laub und Schwertern am Ringe dem General der Kavallerie, Grasen y. Alten, Gouverneur von Ulm verliehen.

Berlin, 27. Sept. Der Kaiser ernannte den Erzherzog Albrecht von Oesterreich zum General- Feldmarschall der preußischen Armee.

Die Beratungen über die Tabaksteuer haben ! nun gleichfalls ihren Abschluß gefunden. Der Ver-