Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners-- tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80-1, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 -6 20 4. Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Samstag 9. Septbr.

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1893

A m . l i H r ». !

Bekanntmachung,

betr. die Gewährung von Schußgeldern für die Erle­gung von Raubvögeln.

Die Amtsversammlung hat beschlossen, für die Erlegung von Raubvögel Schußgelder zu gewähren unter der Voraussetzung, daß die Gemeinde^. welche solche von der Ämlskm pocalion in Anspruch nehmen, den gleichen Betrag des Schußgeldes sür die betr. Vögel gewähren müssen.

Vom Oberamt sind die Schußgelder wie folgt festgesetzt worden:

1) Für Uhu und Hühnerhabicht je l Mark.

2) Für alle übrigen Tagraubvögel mit Ausnahme .des Turmfalken je 60 Pf.

3) Für Würger (Neuntodter). Kolkraben, Raben­krähen, Elstern je 20 Pf.,

4) Für Nestjunge der gen. Vogelarten je die Hälste. Die Schultheißenämter werden beauftragt, die

Gememdejagdpächter und etwaige sonstige Jagdbk- rechligie hieraus hinzuweisen.

Nagold, den 7. S,pt. 1893.

K. Oberamt. Vollmar, A.-V.

An die Ortsvorsteher.

Das Oderamt hat schon wiederholt, insbesondere bei Behandlung von Gesuchen um Alters- und In­validenrenten, die Wahrnehmung machen müssen, daß die Ortsbehöcden mit den wichtigsten Bestimmungen des Gesetzes über die Jnvalidttäts- und Altersver­sicherung gar nicht oder nur wenig bekannt sind, wodurch Schädiaunaen der Interessenten und vor allem unnötige Vielschreibern unausbleiblich sind.

Da die regelmäßige Benützung einer geeigneten Lllteratur zur reilweoen Abhilfe dieses Uebelstandes zweifellos viel beitragen würde, sieht sich das Oberamt veranlaßt, den Gemeinderäleu die Bestellung der Zeitschrift:Mitteilungen über die Jnvaliditiits- und Altersversicherung in Württemberg", Jahresabonnement 2 Mk. 50 Pfg.. dringend nahe zu legen. Diese Zeitschrift. d,e seit Beginn des lausenden Jahres von Hrn. Reg.-Rat Huzel. Mitglied des Vorstands der Württ. Jnvaliditäts- und Altersversicherungs-Anstalt, redigiert wird, bringt nicht nur die wichtigeren Ent­scheidungen der mit dem Gesetz sich befassenden Be­hörden . sondern erteilt insbesondere auch in allen schwierigen Fragen der Auslegung und Ausführung des Gesetzes im Fragekasten unentgeltliche Auskunft.

Die Gemeinderäte werden angewiesen, binnen 14 Tagen über die Anschaffung Beschluß zu fassen und diesen hieher vorzulegen.

Nagold, den 7. Sept. 1893.

K. Oberamt. Vollmar, A.-V.

Mages-Wenigkeiten.

Deutsches gleich

** Nagold, 8. Sept. Die jährliche Bezirks- synode, die am 6. d. M. hier stattfand, wurde vor­mittags 9 Uhr durch einen Gottesdienst eingeleitet, in welchem Pfarrer Müller von Ebhausen die Pre­digt hielt über 1. Joh. 5, 4. 5. Es wurde darin klar und eindringlich ausgeführt: Das Panier dieses Johanneswortes vom weltüberwindenden Glauben sei eine klare Losung zu mutigem Kampfe und eine sichere Bürgschaft zum herrlichen Sieg. Die Verhandlungen, die mit Gebet begannen und schloffen, hatten zum Hauptgegenstand den Bericht des Dekan Schott über

die kirchlichen Zustände unseres Bezirks, wobei vom Kirchen-, Abendmahls- und Kinderlehrbesuch , von sittlichen Zuständen, vom kirchlichen Vermögen, von Kirchenopfern, von der Thätigkeit des Diöcesanaus- schusses besonders die Rede war. Sodann wurde berichtet über die Diakonissensache (Altensteig wird im Okt. d. I. auch eine solche erhalten), den Bezirks­bibelverein, den Kinderrettungs-, Missions-, Bezirks- wohlthätigkeitsverein und den Gustav-Adolf-Verein. Ueber letzteren berichtete Stadtpfarrer Hetterich von Alicnsteig a.s Agent und teilte mit, dag sich die Ein­nahmen dieses Vereins im Jahre 1892 auf nlL 661,72 beliefen. Es kommen aus einen Evangelischen des Bezirks freilich nur 2,6 Stadtpfarrer Die-

terle hielt zum Schluffe einen Vortrag über die kirch­liche Bedeutung des Bekenntnisses und beantwortete die Fragen: Was verstehen wir unter dem Bekennt­nis? Welche Bedeutung ist demselben in der Kirche eingeräumt worden? In welcher Weise und warum sind in unserer Zeit Angriffe auf das Bekenntnis gemacht worden? Worin bestehen die Schwierigkeiten des Apostolikums? Was ist da zu thun? Die über­zeugenden Ausführungen des Vortrags fanden die allgemeine Zustimmung der Synode. Vom Vorsitzen­den wurde dem Redner gedankt sür das eingehende Referat, dessen Hauptinhalt am Schluffe in 8 Thesen zusammengestelll wurde, über welche keine Debatte mehr sialtsand. Das gemeinsame Essen fand nach- mittags 2 llyr im Gasthof zur Post statt.

Stuttgart, 5. Sept. Gestern Nachmittag ist eine 65 Jahre alte Witwe in der Augustenstraße vom zweiten Stock ihrer Wohnung hinaus in die gepflasterte Einfahrt hinuntecgestürzt und war sofort tot. Vor 14 Tagen ist ihr Mann gestorben und seither sei sie schwermütig.

Zur Berufswahl. Wie derSt.-A." erfährt, ist der Bedarf an Kandidaten des höheren und mitt­leren Eisenbahndienstes vorläufig gedeckt. Weitere Kandidaten werden erst dann wieder angenommen werden, wenn sich ein verstärktes dienstliches Be- dürfms geltend macht. Auch für den höheren und mittleren Post- und Telegraphendienst wird bis auf weiteres eine Annahme von Kandidaten nur in be­schränktem Umsang stattfinden. Dagegen entspricht der Zugang von Anwärtern des niederen Eisenbahn- dicnsts dem dienstlichen Bedürfn's nicht; die Annahme solcher Anwärter findet daher auch fernerhin statt.

Cannstatt, 4. Sept. 35. Verbandstag der Württ. Gewerbevereine. Nach der gestern abend stattgehabten Vorversammlung mit Bankett im Kur­saal tagte heute ebendaselbst die 35. Wanderversamm­lung der Württ. Gewerbevereine. Laut Präsenzliste waren zu derselben 330 Teilnehmer aus dem ganzen Lande erschienen; ferner im Auftrag des Ministeriums des Innern Oberregierungsrat v. Schicker, von der K. Zentralstelle sür Handel u. Gewerbe die Amtsmän­ner Schönmann u. Schlecht, von der Stuttgarter Han- dels- u.GewerbekammerGeh. Hofrat Dr. v. Jobst u, s.w. Ueber die heutige Bedeutung des Verbands mag der damalige Umfang desselben entsprechenden Aufschluß geben. Es zählen ihm nämlich 78 Vereine mit ca. 9000 Mitgliedern bei (23 mit dis 50, 28 mit bis zu 100, 17 mit bis zu 200, 7 mit bis zu 400 und 3 Vereine mit über 400 Mitgliedern.) In seiner Be­grüßungsrede nahm der Berbandsvorstand Professor Beißwanger-Reutlingen auf die Cannstatter Bezirks- gewerbe-Ausstellung Bezug und räumte mit Vergnü­gen ein, daß dieselbe ein treffliches Bild von der aufblühenden GewerbSthätigkeit Cannstatts barbiere.

Die im vorigen Jahre beschlossene Neuorganisation des Berbandsausschnsses habe bewirkt, daß durch verschiedene periodische Zusammenkünfte ein neuer Zug in die Vereinsthätigkeit hineingebracht wurde. Na­mens der Stadt Cannstatt begrüßte für den abwe­senden Stadtvorstand Herr Notar Kümmerten die Versammlung, indem er in kurzem Zuge an die mit Cannstatt innerhalb der letzten beiden Jahrzehnte vorgegangene Metamorphose von einer Bade- zur Industriestadt erinnerte. Ans der vorjährigen Thä­tigkeit des Vereinsausschujses sind zu erwähnen: Eingabe an das Ministerium des Innern um höhere Besteuerung der Konsumvereine, Abschaffung der von denselben gebrauchten Wertmarken, ferner bessere Kon­trolle des Hausierhandels rc. lieber Punkt 2 der T.-O.: Die Vertretung der Interessen des Kleinge­werbestandes durch eventuelle Errichtung eigentlicher Gewerbekammern referierte K. Schindler-Göppingen. Die Ursachen mannigfacher Krisen im Kleingewerbe schreibt Redner der oft mangelhaften Ausbildung der Handwerker und den von der Gewerbefreiheit gezei­tigten bekannten Auswüchsen zu. Indes würde er eine Unterdrückung der Gewerbefreiheit auf gesetzli­chem Wege für einen bedeutenden Rückschritt halten und möchte daher von einem Eingriffe der Gesetzge­bung in diese Angelegenheit Abstand genommen sehen. Als Hauptbedingung zur Hebung des Kleingewerbe- standes erscheint ihm vielmehr die Gründung von Fachschulen und Lehrwerkstätten, um den Handwerks­lehrlingen Gelegenheit zur Weiterbildung zu geben. An die Volksschulen sollten obligatorisch wie in Frank­reich und Oesterreich Handarbeitsschulen angeschlossen werden zur Vervollständigung des Elementarunterrichts. Ferner sollte für bessere Ausnützung der Naturkcäfte, leichtere Beschaffung von Kleinmotoren Sorge ge­tragen werden. Die folgenden, in Form von Leit­sätzen aufgestellten Forderungen des Referenten nahm die Versammlung ohne Widerspruch an: 1) Für die Vertretung der Interessen von Handel und Gewerbe sind als einheitliche Verbände die Handels- und Ge­werbekammern beizubehalten. Diese Kombination der beiderseitigen Interessenvertretung empfehle sich weit eher als die Gründung reiner Gewerbekammern. 2) Die bestehende Zusammensetzung der Handels- und Gewerbekammern ist dahin auszubauen, daß minde­stens ein Drittel ihrer Mitglieder dem Gewerbestand angehört. Das bisherige Recht der Beiwahl ist auf­recht zu erhallen. Für einzelne Beratungen ist fa­kultative Trennung in Sektionen vorzusehen. Würt­temberg habe anerkannt das liberalste Wahlsystem, das sich namentlich von dem preußischen (hier wird für die Wahlberechtigung ein Mindeststeuerbetrag von 30 resp. 72 Mark vorausgesetzt) unterscheide und es solle der Modus bestehen, daß 3) Wahlberechtigt je­der Gewerbesteuerpflichtige ist (ohne vorherige An­meldung zur Wählerliste). 4) Die Wahl zur Han­dels- u. Gewerbekammer erfolgt getrennt, so daß in gesonderten Wahlgängen a) die Vertreter der ins Handelsregister eingetragenen und b) diejenigen der übrigen Gewerbesteuerpflichtigen gewählt werden und zwar so, daß jede Wählerabteilung nur ihre eigenen Vertreter wählt. 5) Die Gesamtzahl der in jedem Kammerbezirk zu wählenden Vertreter ist durchgängig zu vermehren. Stuttgart dürste alsdann 27 Ver­treter erhalten, der kleinste Kammerbezirk nicht unter 15. 6) Die Zahl der Abstimmungsbe zucke ist dem­entsprechend zu erhöhen, dergestalt, daß jedes Ober­amt in mehrere Wahlbezirke avgeteill warne u >d in Orten von über 1000 Einwohnern am P atze g wählte