sellslhastrr.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

^§103

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 4, in dem Bezirk l außerhalb des Bezirks 1 20 4.

Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Samstag 2. Septbr.

Insertions-Gebühr für die Ispaltige Zeile aus

gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 >«1, bei mehrmaliger je K 4.

Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1893

Gestorben: 27. Ang. v. Sautter, Oberst z. D., vorm. Kommandeur des Ulanenregiments König Wilhelm I. (3. Württ.) Ar. 20.

Am Sedan-Hage 1893.

Wer kündet', ob vor Lust heut oder Zagen Zur Harfe greifen soll des Sängers Hand?

Darf er frohlocken oder muß er klagen An deinem Ehrentag mein Vaterland?

Schau' ich zurück wohl stammt mir durch die Seele Ein Nachglanz deiner Sieges Herrlichkeit;

Sch' ich umher mein Volk voll Not und F.hle

Ach, dann umschattet mich ein dunkles Leid;

Und wag' ich, in der Zukunft Nacht zu spähen,

Wird all' mein Lied ein bang' inbrünstig Flehen. . .

Laßt uns zurückschau'n! Laßt die Banner wallen Von Haus zu Hans am hoycu Siegesfest;

Laßt Dunkeslieder auf gen Himmel schallen,

DerWuuSersügung" Gattes nicht vergeht:

Da jener Eisenring um Frankreichs Heere

Zum gold'nen Trauring ward für Deutschlands Treu',

Da nach der Zeit der Schmach Germanins Ehre Aus Wetternacht emporsticg rein und neu.

Da in den Staub hinsank vom Kaiserthrone Des Korsen Erbe vor Louisens Sohne!

Gedenkt der Stunde, da ans Sedans Höhen Im Sternenscheiu daS deutsche Lied erscholl:

Nun danket alle Galt!" Im Todeswehen Da ward manch' .Heldenherz noch Trostes voll,

Hat hoffnungssclig gern das junge Leben Hinblulen lassen für das Vaterland:

Heil dir, mein König! Einen Engel schweben

Seh' ich ob dir, die Krone in der Hand!

Heil deutsche Brüder, ewig treu verbunden

O schwört's bei eurer Helden Todeöwunden!"

Wir schau'n zurück und ans den Grüften steigen Die Helden in Geschwad>ru auf o seht:

Auf ihre Wunden deuten sie mit Schweigen,

Und durch die Luft ein Geister-Fragen geht.

Und wer es hört, dem gluter in den Wangen

Vor Scham das B.'nt:Wie steht's mit jenem Schwur?"

Doch nein »och ist die Treu' nicht schlafen gangen.

Ein böser Traum hält uns umfangen nur! - - Doch laß dir grauen vor der Geistcr-Rache,

Aus deinem Traum, o deutsches Volk, erwache!

Wer hat gestreut die Saat, aus der die Ernten All' des Verderbens uns herangcrcift?

Ach, daß in Frieden wir die Antwort lernten,

Eh' in Gerichten sie vom Himmel tränst!

Auf's Fleisch gesät!" das ist des Volks Verschulden, Um Geld und Lust nur wird noch heiß der Schwarm,

Und wo noch Glaube lebt an Gottes Hulden Ist matt der Glaube und die Liebe arm.

Hier Geiz, dort Neid friedlos in Selbstsucht Alle:

So bringt der inn're Feind das Reich zu Falle! .... Und d'rum durch Jubelruf zum Festgepränge Des Tags von Sedan raunt ein Ton voll Schmerz:

Ja, feiert Deutschlands Fest und seiner Klänge Erinnerungsmacht durchzücke jedes Herz!

Doch jeder Deutsche soll mit heil'gem Beten Auf seine Seele nehmen Deutschlands Not,

Soll selbstvergessen auf den Kampfplatz treten Für's Teuerste, getreu bis in den Tod.

Nur Gott getreu so wird in Zukunftsstürmen Der treue Gott «in treues Volk beschirmen!

_ze««r Z>ett«r.

Hages-Weuigkeiten.

Deutsches Weich

> Altensteig, 31. Aug. Gestern abend wurde dem in den nächsten Tagen von hier nach Urach scheidenden Hrn. Forstmeister Stock ein Abschied im Gasthof zurTraube" bereitet, der volles Zeugnis dafür ablegte, wie die Familie Stock hier allgemein Liebe und Achtung genießt. Der hies. Liederkranz verschönte den Abend durch Vortrag von passenden Chören. Hr. Stadtschultheiß Welker hob in seiner Abschiedsrede namentlich hervor, wie Hr. Oberförster Stock in den 12 Jahren seines Hierseins sich nicht .bloß durch größte Pflichttreue ausgezeichnet habe,

sondern daß er auch jeder öffentlichen Frage bestrebt gewesen sei. der hies. Stadt und ihren Bürgern von Nutzen zu sein, so in der Eisenbahnfrage, als Vor­stand der hies. Krankenkasse, als Ausschußmitglied des hies. Schwarzwaldvereins rc.; recht lebhaft werde sein Scheiden von hier bedauert und die besten Wünsche der hies. Einwohnerschaft begleiten die scheidende Fa­milie in ihre neue Heimat. Ein Telegramm von H. Landgerichtsrat u. Reichstagsabgeordneten W.v. Gült- lingen überbrachte dessen Abschiedsgrüße. H. Stadt- psarcer Hetterich feierie in poesiereicher Rede die Frau Forstmeisterin, worauf H. Oberförster Weith von Sim- mcrsfeld noch der Kollegialität und der Freundschaft des Scheidenden gedachte. Herr Forstmeister Stock dankte herzlich für alle von ihm und seiner Familie hier genossene Liebe und wünscht hiesiger Stadt und ihrer Einwohnerschaft alles Gute.

)( Gültlingen, 31. Aug. Auf dem Acker des Dreher Schimpf von hier in der Richtung gegen Sulz ist gegenwärtig ein etwa 12jähriger Apfelbaum zu sehen, der neben ausgewachsenen Aepfeln gegen 20 blühende Knospen und eine große Anzahl Tragsprossen, am Aufbrechen befindlich, aufweist. Gewiß eine Seltenheit für unsere Gegend.

Ca nnst a tt , 29. Aug. Gestern vormittag be­suchte der Gewerbeverein Ulm mit 280 Mitgliedern, ebenso die Gewerdevereine von Rottenburg und Oeh- ringen die hiesige Bezirks-Gewerbe-Ausstellung.

Ludwigsburg, 29. Aug. Am 27. Aug. starb in Riva am Gardasee der frübere Kommandeur des Ulanenregiments König Wilhelm I. Nr. 20, Oberst v. Sautter. Ec stammte aus Heilbronn und trat »ach Besuch der hies. Kriegsschule in das Stuttgarter Reiterregiment ein. Im Jahre 1863 wurde er zum Sekondelieu'.enant, 1867 zum Prem.-Lieut., 1874 zum Rittmeister, 1884 zum Major, 1890 zum Oberstlieu- tenant und 1893 zum Oberst befördert. Seit meh­reren Jahren war er Kommandeur des hies. Ulanen- Regiments, dessen etatsmäßiger Stabsoffizier er zu­vor gewesen war. Sautter hat die beiden Kriege von 1866 und 1870 mitgemacht. Er war ein tüch- tiger und energischer Reiteroffizier, eine echte Sol­datennatur, dabei schlicht und einfach, treu und bie­der in seinem ganzen Wesen. Familie hatte er nicht; aber eine große Zahl von Freunden trauert um sei- nen Hingang. Im letzten Winter nötigte ihn ein schweres Herzleiden, einen längeren Urlaub nach dem Süden zu nehmen. Aber die Liebe zu seinem Beruf veranlaßte ihn noch vor Ablauf des Urlaubs, seinen Dienst wieder aufzunehmen. Die immer stärker um sich greifende Erkrankung nötigte ihn jedoch bald, seinen Abschied zu erbitten, der ihm in huldvollster Weise unter Verleihung des Ehrenritterkreuzes des Kronrnordens erteilt wurde. Ein Aufenthalt an der Riviera, in Egypten, das er in gesunden Tagen einst bereist hatte, eine Kur in Neapel und Sorent ver- mochte leider das Fortschreiten seines Leidens nicht zu hindern. Seit einigen Monaten weilte er im Hause eines Freundes in S. Ciacomo bei Riva am Gardasee, wo ihm die sorgsamste Pflege und Für­sorge zu Teil wurde. Dort hat ihn der Tod ereilt. .Sautter hat sein Leiden bis zuletzt mit großer Selbst. ^Überwindung, Standhaftigkeit und Geduld getragen. Nachschrift: Der Verstorbene war der Enkelsohn der alten Frau Konditor Sautter von hier.

Heilbronn, 28. Aug. Gestern erkrankte eine 45jährige, in einer hiesigen Papierfabrik beschäftigte Lumpensortiererin an den Pocken (schwarzen Blattern). Dieselbe wurde in eine Isolierbaracke verbracht; der

Verlauf soll ein gutartiger sein. Derartige verein­zelte Fälle kommen hier bei den genannten Arbeiterin­nen fast jeden Sommer vor, doch greift die Krankheit glücklicherweise niemals auf weitere Kreise über. Wer das Geschäft einer Lumpensortiererin in einer Pa­pierfabrik kennt, wird sich darüber nicht wundern. Anlaß zur Besorgnis giebt dieser Fall nicht.

Würzburg, 28. Aug. Die erste öffentliche Ver­sammlung des Katholikentages verlief unter großer Begeisterung. Graf Galen pries die Religion, die Konfesstonalität, die christliche Familie und das König­tum von Gottes Gnaden als System des christlichen Sozialismus, das allein die soziale Frage lösen könnte. Bischof Stein-Würzburg, Erzbischof Schorck-Bamberg sprachen gleichfalls über Religion als Heilmittel ge­gen den Sozialismus. Professor Schell-Würzburg sprach über den atheistischen Geist der Universitäten und forderte Gleichberechtigung für die christliche Wis­senschaft. Dekan Hammer verbreitete sich bei dem ThemaVolksbildung und Presse" in derb volkstüm­licher Art über Religion als Basis von Schule und Zeitnngswesen und verlangte die konfessionelle Schule überhaupt. Schließlich forderte Schädler in auffal­lend scharfer Sprache die Rückkehr der Jesuiten.

Würzburg. 29. Aug. Der Katholikentag be> schäftigte sich in der zweiten geschlossenen Versammlung mit Anträgen. Angenommen wurde ein Antrag Lingens zu Gunsten der weltlichen Herrschaft des Papstes, ein Antrag auf Unterstützung der katholischen Lehrer­vereine und auf Verurteilung der Simultanschulen. Großen Applaus fanden Anträge auf Gründung freier katholischer Universitäten in Fulda und Salzburg. Dasbach hielt eine Rede gegen die farblose Presse, die nur Versimpelung erzeuge. Nachmittags sprach der Reichstagsabg. Gröber über die Hebung des Mittelstandes. In der Generalversammlung des ka­tholischen Bolksvereins sprach Lieber gegen den Libe­ralismus.

Kiel, 29. August. Zwei hier verhaftete Fran­zosen heißen nach ihren Pariser Pässen Raoul Dubois und Maurice Darguet, elfterer will Grundbesitzer, letzterer Geschäftsreisender sein. Bei den Verhafteten wurden Zeichnungen der Festungswerke von Wil- Helmshafen, Helgoland und den Kieler Forts gefunden.

Coburg. 28. Aug. DieFranks. Ztg." erfährt, der Kaiser habe beim Diner mit dem ihm gegenüber sitzenden Prinzen Ferdinand von Bulgarien eine leb­hafte Unterhaltung in deutscher Sprache geführt, es seien aber weder politische Dinge noch Familienan- gelegenheiten berührt worden. Der Kaiser habe mit dem Prinzen auf dessen Wohl angestoßen. Während der Prinz bei der Familientafel im Frack erschien, trug er abends bei der Tafel, an welcher der König von Sachsen und der Großherzog von Baden teil- nahmen, die bulgarische Uniform mit sämtlichen Orden.

Berlin, 29. Aug. DieN. Allg. Ztg." mel­det: Der vom König Hu mb ert bei dem Galadiner zu Ehren des Prinzen Heinrich an Bord derSavoia" ausgebrachte Toast schloß mit den Worten:Ich trinke auf das Wohl meines besten Freundes, Kaisers Wilhelm."

Berlin, 30. Aug. Die Rekruteneinstellungen erfolgen dieses Jahr nicht erst im November, sondern schon zwischen dem 14. und 17. Oktober.

Posen, 30. Aug. Wegen der Choleragefahr rst das Baden in der Watte verboten.

Verminderung der jugendlichen Arbeiter. Nach den Berichten, welche die preußischen Gewerbe­räte für das Jahr 1892 erstattet haben, hat sich