Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Beztrk Nagold.
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Donnerstag 24. August
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1893
A m i t i ch e ». Bekanntmachung,
betr. Maßregeln gegen die Cholera
Die Ortsvorsteher des Bezirks werden hiemit angewiesen, sich mit den Bestimmungen der Minist.- Verfügung vom I. August d. I. (Reg.-Bl. S. 245) genau vertraut zu machen, die daselbst getroffenen Anordnungen strengstens zu vollziehen und ein besonderes Augenmerk auf die Reinhaltung der Wohn- plätze, Winkel u. s. w. und insbesondere daraus zu richten, daß die Straßen und Kanäle gereinigt, die Abtritte und Düngergruben in geordnetem Stand erhalten und die Brunnen gegen Verunreinigungen Hinreichend geschützt und die Abtritte in den Rathäusern, Schulen, Armen- und Krankenhäusern wöchentlich wenigstens einmal mittelst Einschüttens einer hinreichenden Menge einer Lösung von 100"i„ Karbolsäure, von Kalkmilch oder Chlorkalklösung desinfiziert werden.
Ferner ist in geeigneter Weise darauf hinzuwirken, daß in Fabriken und in Orten mit erheblichem Verkehr, auch in Wirtshäusern, eine entsprechende Desinfektion der Abtritte stattfindet.
Die Ortsvorsteher werden angewiesen, vorstehende Anordnungen in ortsüblicher Weise bekannt zu machen und über den Vollzug derselben binnen acht Tagen hicher zu berichten.
Nagold, den 22. Aug. 1893.
K. Oberamt. K. Oberamtsphysikat.
Vogt. _ I r i o n. _
Nagold.
An die Ortsvorsteher u. Gemeindepfleger.
Eine Reihe von Gemeinden sind mit der Ablieferung der Steuern und Straßen-Unterhaltungskosten an die Oberamtspflege im Rückstand.
Die rückständigen Beträge sind unfehlbar bis 1. Sept. d. I. an die Oberamtspflege abzuliefern.
Den 22. Aug. 1893.
K, Oberamt. Bogt.
Tages-WeurgkeiLen.
Deutsches Weich
(Einges.) Die nun so lang andauernde Wasser- . -not, ein Uebel so drückend wie die Futternot, dürfte ^ wohl Anlaß geben, daß auch im Nagolder Bezirk weitere Verbesserungen angebahnt werden. Auf der Alb und in andern Gegenden ist mit vereinten Kräften der Gemeinden Großes erreicht worden. Könnte solches nicht auch geschehen durch Vereinigung der trockenen Gemeinden zwischen Nagold und Köllbach, dann, wie auch der obern Stadt Altensteig, aus dem Wasserreichtum des Thals ihr Bedarf zugeleiteit wer- den könnte — mit geringeren Kosten der Anlage und des Betriebs, als auf der Alb?
Herrenberg, 21. Aug. In Oeschelbronn wurde am Samstag abend der 25 Jahre alte Enkel des s- Stiftungspflegers Vögele, während er mit Mähen beschäftigt war, von einem Blitzstrahl getroffen und auf einer Seite des Körpers gelähmt. Es ist Hoffnung vorhanden, daß derselbe wieder hergestellt werden wird.
Zwischen Zuffenhausen und Kornthal wurde eine Frau aus Zuffenhausen vom Zug überfahren und zu einer unkenntliche nMasse zermalmt.
Stuttgart, 20. Aug. Der „Kölner Sänger- kreis" wurde am Samstag nachmittag bei seiner Ankunft auf dem Bahnhof vom Stuttgarter Lieder- ckranz aufs herzlichste begrüßt; Oberpostmeister Steidle
und der Vorstand des Kölner Vereins, Hr. Schmidting, tauschten Ansprachen aus. Eine Extrazugsfahrt auf den Hasenberg ließ die Gäste noch am Abend die landschaftlichen Reize Stuttgarts bewundern und während des Zusammenseins am Jägerhaus gaben beide Vereine manch schönes Lied zum Besten. — Heute früh hat der Kölner Sängerkreis seine Reise nach Augsburg fortgesetzt.
Stuttgart, 20. Aug. Das von dem Kölner Sängerkreis heute vormittag im Festsaal der Liederhalle veranstaltete Wohlthätigkeitskonzert erfreute sich trotz der furchtbaren Hitze eines sehr lebhaften Besuches. Obwohl an Zahl ziemlich geringer als der Stuttgarter Liederkranz, repräsentiert der Kölner Sängerkreis. der unter der Direktion des Herrn v. Othegraven steht, einen vortrefflich geschulten Männerchor, der es mit den bedeutendsten deutschen Vereinen aufnehmen kann. Das hiesige Publikum spendete den sämtlichen Vorträgen Beifall. Namens der Stadt Stuttgart begrüßte Dr. v. Götz die Sänger und machte ihnen das Kompliment, daß ihre heutigen Leistungen den glänzenden Ruf. der ihnen vorausgegangen, weit übertroffen haben. Oberpostmeister Steidle überreichte dem Kölner Vorstand einen Lorbeerkranz.
Stuttgart, 21. Aug. Vergangene Nacht starb der pensionierte katholische Oberkirchenrat Zimmerle.
Stuttgart, 23. Aug. (Privattelegramm des Gesellschafter.) Gotha. Herzog Er «st ist gester« abend 11?/4 Uhr i« Reinhardsbruu« gestorben.
Cannstatt, 18. Aug. Wie das Unglück eines Menschen einen andern dann und wann zum Glücke gereichen kann, zeigt nachstehender Fall: An einem dem Gutspächter in Mühlhausen a. N. gehörigen leeren Wagen scheuten die Pferde und der Wagen drohte umzustürzen. Eine Magd, welche sich , auf dem Wagen befand, sprang so unglücklich ab, daß sie unter die Räder geriet und ihr ein Fuß gebrochen wurde. Ein 14jähriges Mädchen, das infolge einer Krankheit seit 6 Jahren nur imstande war, flüsternd zu sprechen, war Zeuge des Unglücks und ist seither im Besitz ihrer normalen Stimme.
Untertürkheim, 18. Aug. Fabrikant Behr hierzhat aus Anlaß seiner Wiedergenesung von schwerer Krankheit gestern Abend für sein Fabrikpersonal, bestehend in nahezu 200 Arbeiterinnen, eine reiche Bewirtung veranstaltet.
Urach, 21. Aug. Infolge der hier wiederholt vorgekommenen zweifellos auf Brandstiftung beruhen, den Brandfälle haben die bürgerlichen Kollegien auf die Entdeckung des Thäters 500 Belohnung ausgesetzt.
Brandfall: Den 18. Aug: In Münklingen (Leonberg), 7 Wohnhäuser, worunter das Pfarrhaus, und 11 Nebengebäude.
Da hinsichtlich der künftigen Dienstpflicht der Ersatzreservisten vielfach irrtümliche Ansichten ver- breitet sind, so sei daran erinnet, daß in der Begründung des nunmehr amtlich veröffentlichten Gesetzes, betr. der Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres, in dieser Hinsicht folgende Ausführungen enthalten waren: „Die Aushebung der Ersatzreseroisten im bis- herigen Sinne, welche beizubehalten bei gleichzeitig. Einführung zweijähriger Dienstpflicht zur Unmöglichkeit wird, kommt in Fortfall; die Einrichtung als solche und die Uebungspflicht bleiben stehen, da die Notwendigkeit vorliegt, körperlich minderwerte Mannschaf, ten in einigen Spezialwaffen — z. B. Verwaltungsund Krankendienst in beschränktem Umfange auszubilden." Aus diesen klaren Ausführungen ergiebt sich, daß die bisherigen Einziehungen von Ersatzreser
visten auf 10, 6 und 4 Wochen zur Ausbildung mit der Waffe fortan allgemein in Fortfall kommen, daß dagegen diejenigen Gestellungspflichtigen, die künftig der Ersatzreserve zur Verwendung im Berwaltungs- oder Krankendienste überwiesen werden, in beschränktem Umfange zur Ausbildung herangezogen werden können.
Leipzig, 18. Aug. Der Bau des neuen Reichs- gerichtsgebäudes ist nun soweit gediehen, daß der mächtige Kuppelbau, der den wirkungsvollen Abschluß des riesigen Baues bildet, demnächst fertig sein wird. Noch im Laufe dieses Jahres werden die Sandstein. Verkleidungen ausgeführt und damit wird der Roh- bau vollendet sein. Der architektonische Teil des steinernen Unterhaus ist schon nahezu fertig, die vier an den Ecken sich zeigenden großen Postamente er- halten Figurengruppen von mehr als 5 m Höhe. Dieselben werden aus Sandstein hergestellt. Ganz besonders imposant wird die große Vorderfront wer- den. Das Modell zu dem Giebel derselben wird von Prof. Otto Lessing ausgeführt und ist schon jetzt nahezu fertiggestellt.
Prinz Heinrich von Preußen überSolda. tenmißhandlungen. Den „Münch. N. N." zu. folge soll Prinz Heinrich von Preußen kürzlich über Soldatenmißhandlungen sich folgendermaßen geäußert haben: „In manchen Unteroffizieren steckt ein Gift, das verdirbt uns die Mannschaften. Doch ich werde es austreiben. Meine Macht reicht weit."
Dem Vorgang Bayerns, Württembergs und Badens folgend, hat jetzt auch die Eisenbahnverwaltung Elsaß-Lothringens die zehntägige Giltigkeitsdauer für Rückfahrkarten eingeführt.
Anläßlich der Feier des Geburtsfestes des Kaisers Franz Jeseph hat am Freitag im Neuen Palais in Potsdam ein Dejeuner stattgefunden, welchem der österreichisch-ungarische Botschafter mit den Mit- gliedern der Botschaft, der Reichskanzler und andere Würdenträger beigewohnt haben. Kaiser Wilhelm trank auf das Wohl des Kaisers Franz Joseph, „meines nächsten Vetters und treuen Alliierten." Der Kaiser trug die österreichische Uniform.
Dortmund, 19. Aug. Auf der Zeche „Kaiser- stuhl" sind durch eine Explosion schlagender Wetter mehr als 50 Grubenarbeiter getötet und viele verletzt worden. Das Unglück ist wahrscheinlich durch einen Sprengschuß hervorgerufen worden. Die sehr heftige Explosion verbreitete sich über die ganze Bau. abteilung, in der 100 Mann arbeiteten. Davon ist mehr als die Hälfte tot, über 30 Mann sind noch in der Grube. Weil eine Verschüttung eingetreten ist, so wird eine Leichenbergung erst am folgenden Tag möglich. Eine große Zahl der Verunglückten ist verheiratet. Der Jammer der Hinterbliebenen ist entsetzlich. Bis jetzt sind 52 Leichen zu Tage ge. fördert worden.
Berlin, 21. Aug. Bismarck verläßt Kissingen am 28. d. M. und trifft abends 10 Uhr hier ein. Vom Stettiner Bahnhof reist er dann sofort nach Varzin weiter.
Frankreich.
Paris. Aus den Nachrichten von AigueS- Mortes geht hervor, daß die Franzosen an dem schrecklichen Blutbade die Schuld tragen. Aus ge- ringfügiger Veranlassung entstand zwischen den italienischen und französischen Arbeitern ein Streit. Da zogen plötzlich ca. 250 Franzosen geschlossen gegen die Italiener, die sich in einem Hause verschanzt hatten. Bald war dieses erstürmt, und die Italiener