müssen besser gehandhabt werden. Sehr bemer­kenswert so fügt dieWürtt. Volksztg " an ist der Ausspruch des Papstes, daß das Almosen zur Abhilfe der sozialen Not auch nicht entfernt ausreicht.

Zum deutsch-russischen Zollkrieg. Wie be- reits gemeldet, beabsichtigt die russische Regierung, den finnländischen Zolltarif gegenüber Deutschland gleichfalls um 50 pCt. zu erhöhen. ES steht zu er­warten, daß die deutsche Regierung auf diese neueste Maßregel Rußlands im gleichen Sinn antwortet und ihrerseits für russische Einfuhren aus Finnland einen SOprozentigen Zollzuschlag verfügt. Durch die Ab­schließung Finnlands wird übrigens die schon jetzt hervortretende Bedrängniß der russischen Landwirte noch vermehrt werden, da in Zukunft auf den ein­heimischen russischen Märkten nun noch der Mitbe­werb des finnländischen Getreides hinzutritt.

Helgoland, 8. August. Der Kaiser traf heute vormittag um 9 Uhr an Bord der DachtHohen- zollern" hier ein. Um 10*/, Uhr betrat der Kaiser die Landungsbrücke, wo er von dem Kommandanten und den Behörden der Insel empfangen und von den Bewohnern und den Badgästen freudig begrüßt wurde. Von der Landungsbrücke begab sich der Kaiser mit seinem Gefolge zu Fuß nach dem Tunnel­eingang und von dort zu Wagen nach dem Ober­lande. Hier fanden Schießübungen mit 21-Centi- meter- und Revolverkanonen statt. Nach der Prüfung der Geschütze, der Besichtigung der Panzertürme, der Mörserbatterien und der Casematten nahm der Kai­ser das Dejeuner bei Admiral Mensing ein. Um 4*,Uhr schiffte er sich auf der DachtHohenzollern" ein, wo um 6*/, Uhr das Diner stattfand.

Helgoland, 9. Aug. Der Kaiser hat heute früh 6 Uhr 45 Min. Helgoland wieder verlassen.

Schwei).

Auf dem Züricher Sozialistenkongreß ist am Montag in der Vormittagssitzung beschlossen worden, daß am ersten Tag ein deutscher Delegierter, am zweiten ein französischer, am dritten ein englischer, am vierten ein belgischer, am fünften ein österreichischer und am sechsten ein italienischer Delegierter die Ver- Handlungen des Kongresses leiten solle. So werden jy ziemlich alle Nationen zu ihrem Rechte kommen. Der deutsche Reichstagsabgeordnete Singer hat die­sen internationalen Präsidentschaftsreigen eröffnet. Ueber die alsbald aufgeworfene Frage der Zulassung 1>er Anarchisten zu dem Kongreß entspann sich eine lebhafte Debatte. Für die Zulassung sprachen fran­zösische, englische und holländische Delegierte. Bebel und Cahan-New Jork griffen die Anarchisten lebhaft an: unter den Anarchisten seien ebenso viele Verleum­der als Köpfe. Die Debatte wurde mittags abge- brochen.

Zürich, 7. Aug. Bei dem Tumult auf dem SoMistenkongreß wegen Ausschluß der Anarchisten kam es zum Handgemenge; 7 der brüllenden Anar­chisten wurden hinausgeworfen und geprügelt. Der Reichstagsabgeordnete Bock von Gotha ist an der Stirne erheblich verletzt. Die Sitzung wurde auf längere Zeit unterbrochen.

Zürich, 8. Aug. Der Sozialisten-Kongreß hat heute vormittag seine eigentlichen Verhandlungen 1 och nicht begonnen. Das Präsidium führte der Franzose Argyades. Zunächst wurde der Protest verlesen, den dte gestern Ausgeschlossenen erlassen hatten. Der Antrag des Holländers Nieuwenhuis und des Belgiers Volders auf nochmalige Erwägung des gestrigen Ausweisungsbeschlusses wurde abgelehnt. Nach stattgehabter Mandatprüfung erklärte der Kon­greß 412 Mandate für giltig, nämlich: England 65, Oesterreich 34, Belgiens7, Frankreich 38, Schweiz 101, Deutschland 92, Italien 21. lieber 10 deutsche Mandate, die bestritten wurden, entscheidet der Kon­greß nachmittags.

DerN. Fr. Pr." zufolge haben die österreichi­sch m, deutschen und italienischen Delegierten bean­tragt, den französischen Arbeitern dafür die Sympa­thien zu bezeigen, daß sie angesichts der bevorstehen­den Wahlen entschlossen seien, keine Kriegsanhänger ins Parlament zu entsenden. Als in der Nach­mittagssitzung Gilles (ein in London wohnender Deutscher) gegen dte deutschen Alt-Sozialdemokraten sprich, ballten diese gegen ihn die Fäuste und lärm­ten fürchterlich. Der Vorsitzende sprach sein Erstau­ne, ans, daß die Deutschen, die stets Mäßigung Pr achten, sich so ungeberdig aufführen. Ein Eng­

länder verlangte den Schluß der Diskussion über die inneren Zwistigkeiten der deutschen Delegierten, da sonst die Engländer sofort insgesamt den Kongreß verlassen würden. Wir Engländer sind gekommen, über wichtige Fragen zu verhandeln, nicht um uns herumzustreitem Ein Franzose rief den Deutschen zu:Ihr habt gestern Ordnung geschaffen, heute be­nehmt ihr euch selber wie Anarchisten!" Es folgte eine sehr tumultuöse Szene. Die Uebersetzerin Zetkin (Stuttgart) rief kreischend in den Saal:Ich kann mich doch nicht heiser schreien!" Der Vorsitzende kündigte neue Redner an. (Rufe: Nein! Nein! Nein!) Es wurden heftige Proteste gegen den Vorsitzenden erhoben, dessen Amtsführung einzelne parteiisch oder unfähig nannten. Etwa eine Viertelstunde währte der Tumult, und es herrschte allgemeine Konfusion. Endlich schritt man zur Abstimmung Achtzehn Na­tionen stimmten für, zwei Nationen (Holland und Frankreich) gegen die Ausschließung von elf deutschen Unabhängigen. Unter großem Spektakel schloß die Sitzung.

Zürich. 8. Aug. Die Abstimmung, wodurch die Anarchisten von der Teilnahme an dem interna­tionalen Arbeiterkongreß ausgeschlossen wurden, war von einem großen Tumult gefolgt. Die Delegierten bestiegen Tische und Stühle. In der Gegend, wo Werner und Landauer saßen, entwickelte sich eine große Schlägerei. Der Vorsitzende Singer vertagte angesichts des Skandals die Sitzung auf eine Vier­telstunde. Werner, Landauer und drei Schweizer Anarchisten wurden schließlich unter furchtbarem Lärm aus dem Saal geworfen. Der Abgeordnete Ulrich (Offenbach) soll bei dieser Gelegenheit nicht uner­heblich an der Stirn verwundet worden sein.

Spanien.

Madrid, 9. Aug. In den ersten Tagen des Januar soll Spanien mit allen Mächten Frankreich ausgenommen Handelsverträge unterzeichnen.

Madrid. Der Handelsvertrag zwischen Deutsch­land und Spanien ist unterzeichnet worden.

Italien.

Nach einer Meldung aus Florenz wurde in Terni ein Arzt, der sich weigerte. Cholerakranke zu besuchen, zu 20 Tagen Arrest, Geldstrafe und drei­monatlicher Suspension verurteilt.

England.

Im Kanada-Dock in Liverpool sind durch eine Feuersbrunst vier große Holzniederlagen vernichtet worden. Der Schaden wird auf über zwei Millio­nen Mark geschätzt. Man vermutet Brandstiftung.

China.

Ueber San Francisko wird aus China gemeldet, daß durch die Explosion in der staatlichen Pulverfabrik zu Sam Auen Lee in der Nähe von Kanton 5000 Menschen getötet und über 1000 Häuser zerstört worden seien. Durch die Nachlässigkeit einiger Sol­daten soll eine Scheuer in der Nähe der Fabrik in Brand geraten sein, und die Flammen sich über das! Magazin verbreitet haben, das mit einem fürchterli­chen Krach in die Luft geflogen sei. Bier in der Nähe liegende Dörfer wurden vollständig zerstört und Truppen mußten abgesandt werden, um die Toten zu bestatten und den Verletzten zu helfen.

Kleinere Mitteilungen.

Calw, 7. Aug. Heute nachmittag hat sich in einem Stall des Gasthauseszum badischen Hof" ein elfjähriger Knabe (der Sohn einer Witwe) erhängt. Die Ursache ist bis jetzt unbekannt.

Schwinde lei. Ein angeblicher Schneidermeister Wilh. Lange in Heilbronn bot in verschiedenen Zei­tungen Kleiderstoffe aus und sicherte gegen vorherige Einsendungen des Betrages portofreie Zusendung zu. Der angebliche Lange, welcher in Heilbronn gar nicht wohnhaft ist, hat die eingenommenen Gelder bei der Post zu erheben gewußt, dagegen den Käufern die be­stellte Ware nicht übersandt. Da anzunehmen ist, daß Lange in anderen Orten unter anderen Namen ähn­liche Schwindeleien treiben wird, hat die Staatsanwalt­schaft eine darauf bezügliche Bekanntmachung erlassen.

Obst und Bier. In der jetzigen sommerlichen Jahreszeit tst die Frage:Wie verträgt sich Obst undZBier?" wieder zu besonderer Wichtigkeit gelangt. Während der eine von gemischtem Genüsse mindestens die Cholera befürchtet, weist ein anderer darauf hin, daß die beiden Nahrungsmittel so vielfach überein­stimmende Bestandteile enthalten, daß deren Vermi­schung für die Verdauung nicht schädlich sein könne.

Die Frage ist aber mehr eine praktische Arztfrage. Dem bekannten Grobschmiedsgesellen half eine tüchtige Portion Eisbein vom hitzigen Fieber, während ein anderer an dieser Arznei zu Grunde ging. Aehnlich geht's mit Obst und Bier. Ein kräftiger und aus Biertrinken gewöhnter Magen wird einen mäßigen Zusatz von Obst leicht vertragen; Personen hingegen, die an Verdauungsstörungen leiden oder solche Nah­rung nicht gewöhnt sind, mögen beim Genüsse von Obst vorsichtig sein und kalte Getränke Milch, Wasser, Bier, nach dem Genüsse von Obst ganz ver­meiden. Kinder aber sollen in jedem Falle vor dem gleichzeitigen Genuß von Obst und kalten Getränken gehütet werden.

Ein Titel. Nach der letzten Kur- und Fremdenliste von Berneck im Fichtelgebirge beherbergt gegenwärtig das Städtchen zweiOchsenmaulsalatfabrikantentöchter" aus Nürnberg.

Mannheim, 3. Aug. Eine Liebestragödie bil­dete heute den Gegenstand einer auch in rechtlicher Hinsicht interessanten Strafkammerverhandlung. Der 23jährige Schäftenmacher Matthias Schwehla hatte sich wegen Körperverletzung zu verantworten. Schwehla, der in einer Fabrik in Heidelberg-Schlierbach arbeitet, unterhielt seit 2*/? Jahren ein Liebesverhältnis mit der Arbeiterin Wette Gresser, das im Juni zu einem Ehebündnis führen sollte. Der Widerstand der Mutter gegen diese Heirat, die daraus erwachsenden häusli­chen Zwistigkeiten und die ausgesprochene Absicht ihres Geliebten, nach seiner Heimat Mähren zurück- zukehren, brachten das Mädchen zur Verzweiflung. Sie trug ihrem Bräutigam an, sie wollten sich zu. sammen das Leben nehmen. Schwela war damit einverstanden und kaufte in Heidelberg einen Revol­ver. Am Abend des 16. Juni schlug das Paar, nachdem es noch Abschiedsbriefe zur Post gegeben hatte, den Weg nach dem Walde ein. Hier fragte Schwehle das Mädchen noch einmal, ob es bei dem Einschluß, zu sterben, beharren wolle. Auf die be­jahende Antwort gab er sodann einen Schuß auf sie ab; als sie das Bewußtsein darauf noch nicht verlor, einen zweiten. Sodann richtete er die Waffe gegen sich und schoß sich ebenfalls eine Kugel vor den Kopf, die ihn aber nur vorübergehend betäubte. Als er wieder erwachte, sah er, daß auch seine Ge­nossin wieder bei Bewußtsein war. Das Mädchen schlug darauf vor, in den Neckar zu gehen, allein Schwehla riß kurz entschlossen ihre Schürze in zwei Teile, gab ihr die eine Hälfte und forderte sie auf, sich zu erhängen, was auch beide alsbald ausführten. Es dauerte jedoch kaum eine Minute, als die Schlinge, in der das Mädchen hing, sich löste. Nun halte die Braui desgrausamen Spiels" genug; sie knüpfte auch ihren schon bewußtlosen Geliebten ab und trat, nachdem sie ihn wieder zu sich gebracht hatte, mit ihm den Weg nach Hause an. Anderen Tags fan­den die nur leicht Verletzten Aufnahme im akade­mischen Krankenhaus, aus dem der Bräutigam nach 14 Tagen, die Braut nach !8 Tagen völlig gesund entlassen wurden. Der Verteidiger Schwehla's wies darauf hin, daß das in Frage stehende Vergehen eine Lücke im Strafgesetzbuch offen lege, da der Z 216 R.-St.-G.-B. das vollendete Vergehen, nicht aber den Versuch mit Strafe bedrohe. Der Gerichtshof folgte diesen Ausführungen und sprach den Ange­klagten frei. Schwehla und seine Braut werden nun ohne Aufschub ihre Hochzeit feiern.

In dem Dorfe Mölsheim bei Kaiserslautern erschoß der jugendliche Sohn Göhring seinen Vater. Ursache der schrecklichen That war Streit wegen einer verbotenen Liebschaft.

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