Karlsruhe. 7. Aug., 3 U. 6 M. Den neuesten Bestimmungen zufolge findet nunmehr ein viertägiges Kaifermanöver des 14. und 15. Armeekorps bei Kehl statt.
* Die Direktion "der Aachener- und Münchener Feuerversicherungsgesellschaft hat dem Verbände Württ. landwirtschaftlicher Genossenschaften und Molkereien in Heidenheim zur Linderung der Futternot die schöne Summe von 5 000 ^ für seine Mitglieder überwiesen, welche ehrenvolle Handlung verdient, in den weitesten Kreisen bekannt zu werden.
Mannheim. 6. Aug. Verhaftet wurde gestern hier der seitherige Verwalter und Aufseher der hiesigen Lagerhausgesellschaft. Wilhelm Nied, unter dem Verdacht, an den großen Getreidediebstählen beteiligt zu sein, die vor längerer Zeit im hiesigen Lagerhaus verübt worden sind, aber jetzt erst entdeckt wurden. In die DiebstahlSaffaire sind außer Nied fünf Personen verwickelt, welche das Getreide teils sortschafften, teils verkauften. Das gestohlene Getreide besitzt einen Wert von etwa IS OOO^L Schon vor zwei Jahren hatte man die Entwendung von Getreide aus dem Lagerhaus entdeckt und damals war der Verdacht auf einen gewissen Schulze gefallen, der auch in dem jetzigen Prozeß eine Hauptrolle spielt. Infolge der damaligen falschen Aussagen Nieds wurde jedoch Schulze außer Verfolgung gesetzt. Nied hat sich deshalb jetzt auch gegenüber der Anklage des Meineids zu verantworten.
Im Rheingau sind die diesjährigen Herbstaussichten ganz vorzügliche, sowohl was Quantität als auch Qualität des „Neuen" anbrlangt. U. a. heißt es, „daß wir bei fortdauernd günstigen Verhältnissen vielleicht das größte Weinjahr des 19. Jahrhunderts zu erleben haben." Dabei sind die Trauben im Wachstum so weit vorgeschritten, daß schon um die Mitte nächsten Monats 1893er zum Ausschank kommen kann.
Kiel, 3. Aug. Der Unglücksfall in Kiel. Ueber die Explosion auf dem Panzerschiff „Baden" berichtet die „Kieler Ztg.": Ein grauenhaftes Unglück ereignete sich gestern Nachmittag 3 Uhr an Bord des Flaggschiffes der Manöverflotte, Panzerschiff „Baden", das in der Strander Bucht mit Scharfschießübungen nach ausgebrachtem Ziel beschäftigt war. Als das 21 Centimetergeschütz Nr. 4, das im Turm des Schiffes steht, eben geladen hatte, um seinen Schuß voraus abzugeben, explodierte die Kar- tusche und ging zum Rohr hinaus, unter den- bedienenden Offizieren und Mannschaften eine entsetzliche Wirkung ausübend. Der Gefchützkommandant Lieutenant z. S. Oelsner aus Neuwalde, der bei der Explosion hinten auf der Lafette stand, wurde von dem das Geschütz hinten schließenden Keil zerrissen und über Bord geschleudert; seine Leiche ist bisher nicht gefunden worden. (Es folgt die Aufzählung der übrigen Getöteten und Verwundeten.) Der Anblick an Deck unmittelbar nach der Katastrophe war nach den Berichten von Augenzeugen ein schrecklicher. Die verstümmelten Körper und abgerissenen Glieder der Toten lagen zerstreut umher, teilweise ziemlich beträchtlich von der Unglücksstätte entfernt; ein Mann war über den Turm hinweggeschleudert worden. Zwischen den Toten lagen die brennenden Fetzen der explodierten Kartusche; die Kleidungsstücke der Leichen sowohl, wie die der noch lebenden Bedienungsmannschaften standen zum größten Teil in Flammen. Sofort wurde Feueralarm geschlagen, die Wasserspritzen in Thätigkeit gesetzt. Mannschaften und Offiziere, unter letzteren auch Prinz Heinrich, der mit dem Admiral Schröder, dem Kommandanten der „Baden" und anderen Offizieren den Schießübungen auf der Kommandobrücke zugesehen hatte, waren rastlos thätig, den brennenden Mannschaften die Kleider vom Leibe zu reißen, während gleichzeitig die ärztliche Hilfsthätigkeit an Ort und Stelle begann. Um 7 Uhr traf das Panzerschiff, die Flagge halb- stock gehißt, im inneren Hafen ein, wo sogleich mit der Ausschiffung u. lleberführung der Toten u. Schwer- verwundeten ins Marinelazareth begonnen wurde. — Ueber die Entstehung der Katastrophe verlautet Zuverlässiges nicht, dagegen liegt die Annahme nahe, daß in Folge undichten Verschlusses das Rohr nicht luftdicht verschlossen war. Die Pulvergase traten in Folge dessen rückwärts aus und verursachten die Explosion und das Steckenbleiben des Geschosses in der Mündung.
Kiel, 5. Aug. Heute Nachm. 3 Uhr fand die Beerdigung von sechs auf dem Schiffe „Baden" Getöteten statt. Wohl 50000 Menschen bildeten den Trauerweg entlang Spalier, die Häuser hatten Halbmast geflaggt, die Läden waren teilweise geschlossen. Den Leichenzug eröffneten sechs mit Blumen überladene Leichenwagen. Prinz Heinrich, die Admiralität, der Vertreter des Kaisers, Frhr. v. Seckendorfs, das ganze Offizierkorps, die Spitzen der Bürgerschaft und Deputationen zu Fuß folgten. Am Grabe hat Garnisonpfarrer von Langheld ergreifend gesprochen. Drei Ehrensalven ertönten über den Friedhof. Die Leiche des Lieutenants Zembsch wurde gestern nach Bremen überführt. Auch dies' gestaltete sich zu einer großartigen Trauerfeier bis zum Kieler Bahnhof. Sämtliche Verwundeten befinden sich auf dem Wege der Besserung.
Das erste Mädchengymnasium Deutschlands wird am 11. September d. I. eröffnet. Dasselbe beginnt mit einer llebergangskiasse, die etwa der Untertertia des Knabengymnasiums entspricht und die den Zweck hat, die vorher auf einer höheren Töchterschule erreichten Kenntnisse soweit zu vertiefen und zu erweitern , daß in der folgenden Klasse der normale Lehrplan der Obertertia eintreten kann. Die wesentlichste Schwierigkeit liegt begreiflicherweise darin, die Schülerinnen in der ihnen bis dahin ganz unbekann- ten lateinischen Sprache während der Uebergangsklasse genügend vorwärts zu bringen. Es wird deshalb seitens der Freunde der Sache mit besonderer Genug- thuung begrüßt werden, daß der Anfangsunterricht im Lateinischen nach der neuen, in der Schweiz bereits mit großem Erfolg angewandten Haag'schen Methode erfolgen soll, welche darauf beruht, die bis dahin erreichten, relativ größeren Kenntnisse im Französischen für eine schnellere Bewältigung der Elemente des Lateinischen nutzbar zu machen. Dr. Haag, welcher diese Methode ausarbeitet, ist Professor der Pädagogik und klassischen Philologie an der Universität Bern und wird zur Einführung seiner Lehrmethode anfangs selbst den Unterricht im Lateinischen an dem Karlsruher Mädchengymnasium übernehmen; die Regierung hat ihm zu diesem Zwecke einen längeren Urlaub bewilligt.
Ein weiteres Projekt, das von den „Berl. Pol. Nach." zur Erörterung gestellt wird, ist eine Quittungssteuer. Diese Steuer eigne sich besonders dazu, die bei den Durchgangsposten im Verkehr in Erscheinung tretende Steuerkraft zu erfassen, sie liefere bedeutende Erträge und sei, sofern die Sätze in mäßiger Höhe gehalten werden und nach dem Beispiel Frankreichs die ganz kleinen Posten außer Betracht bleiben, nicht allzu belastend für den Verkehr. Die Quittungssteuer sei daher sehr geeignet, die Hauptsteuern nach der Richtung voller und gleichmäßiger Erfassung der individuellen Leistungsfähigkeit zu ergänzen. Mit der Ablehnung der Vorlage von 1885 durften die Akten über den Quittungsstempel als Reichsabgabe nicht endgiltig geschlossen sein.
Für die Annahme von Sprengstoffen zur Beförderung in fahrplanmäßigen Zügen ist auf Grund der Berkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands der Dienstag einer jeden Woche bestimmt worden. Fällt auf den Dienstag ein Festtag, so findet die Annahme am nächstfolgenden Werktage statt.
Zur Tabaksfabrikatsteuer. Die Nachricht eines süddeutschen Fachblattes, daß die Tabaksfabrikatsteuer für das Tausend Zigarren gleichmäßig 10 betragen solle, ist, der B. P. N. zufolge, falsch. Es dürfte kaum in der Absicht liegen, billige Zigarren gleichhoch wie die teuren zu besteuern,
Bei den diesjährigen Manövern werden die Radfahrer eine Rolle spielen. Nicht nur haben sich zwei Radfahrer zur Uebernahme des Staffetendienstes freiwillig bei einem Berliner Garde regiment gemeldet, sondern der als Kunstfahrer bekannte Maschinenfabrikant Quosdorf in Berlin ist vom 28. August bis zum 17. September nach Wittenberg zum 20. Infanterieregiment durch die Militärbehörde als Radfahrer einberusen worden. Er bezieht als solcher die Kompetenzen eines Sekondlieutenants und für seine Maschine 25 »kL Er wird mit Schuhen, Drillichhose, Waffenrock und Mütze bekleidet und kann nach Art der Fahrer die Strümpfe bis über die Knie hinauf tragen. Soldatengepäck führt er nicht mit sich und wird dem Stabsquartier zugestellt. Weitere Einberufungen von Radfahrern finden» soweit bis jetzt bekannt, bei der 12. Jnfanteriebrigade des 3. Armeekorps statt.
Der Bäckerverband „Germania", der 23000 Mitglieder zählt, wird vom 12. bis 20. August in Mainz tagen. Auch aus Oesterreich, Holland, England, Rußland, der Schweiz u. s. w. sind Vertreter angemeldet. Gleichzeitig findet in der Stadthalle und auf dem Brückenplatze eine internationale Ausstellung für Bäckerei, Konditorei und verwandte Gewerbe statt.
Also um etwa 100 Millionen neuer Steuern wird es sich bei dem, was man die neue Reichssteuer- refocm nennt, handeln. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" giebt diese Zahl in einem ersichtlich offiziösen Artikel an, worin es weiter heißt, daß sich das Bedürfnis nach dieser Summe aus der Addition derjenigen Zahlen ergebe, die den Bedarf des Reiches in den nächsten Jahren darstellen. Ueber die Art der Beschaffung dieser 100 Millionen kann das offiziöse Blatt nichts mitteilen; es verweist darauf, daß dafür erst in der Ministerkonferenz in Frankfurt a. M. Rat geschafft werden soll. Auf der Ministerkonferenz in Frankfurt a. M. werden, wie aus einer in demselben Blatt veröffentlichten Liste hervorgeht, sämtliche Bundesstaaten durch die Leiter ihrer Finanzen vertreten sein. Die Konferenz wird nicht auseinandergehen, ohne sich über die sog. Reichssteuerreform und über die dem Reichstag vorzuschlagenden neuen Steuern grundsätzlich geeinigt zu haben. Die Ausarbeitung des ganzen Planes und der einzelnen Projekte in Form von Gesetzentwürfen findet dann erst später statt, ist aber, wenn man sich über die Grundsätze geeinigt hat, nur noch eine formelle technische Arbeit.
Berlin, 5. Aug. Die Einführung einer Reichsweinsteuer wird als bestimmt vorgesehen.
Befterrrich-Angarn.
Der amtliche Saatenstandsbericht aus Ungarn vom 1. Aug. ist dazu angethan, die Hoffnungen hin ^ sichtlich der dortigen Ernte wieder etwas herabzustimmen. Es heißt darin, das ungünstige Wetter der letzten beiden Wochen habe in dem Getreide, besonders in Hafer und Gerste, sowohl qualitativ als quantitativ Schaden verursacht.
Frankreich
Paris, 6. August. Der Appetit kommt beim Essen! Es scheint, daß das zweite Ultimatum an Siam die Annexionslust gewisser Patrioten und Kolonialschwärmer immer noch nicht befriedigt hat, ebenso wenig als sie, wenn sie heute Elsaß-Lothringen wieder bekämen, damit zufrieden wären, sondern mindestens das ganze Rheinufer verlangen würden. Nur wird, da es doch unanständig wäre, einen so kolossalen Appetit zu zeigen, die Sache hinter die Kambodschaner gesteckt. Nach dem „Temps" herrscht in Kambodscha eine große patriotische Aufregung. Die Königin-Mutter hat erklärt, daß sie bereit sei, Frankreich alles zu verzeihen, wenn Kambodscha die Provinzen Battambang und Angkor zurückerhalte, welche ihm 1867 von den Siamesen abgenommen worden seien. Der König Norodom hat gestern aufs energischste erklärt, ec werde Battambang wieder nehmen, und wenn Frankreich eine so vortreffliche Gelegenheit nicht benützen wolle, um seine Versprechungen zu halten, so werde er auch ohne franz. Ermächtigung Vorgehen, denn Kambodscha, enttäuscht, daß man nichts für es gethan, sei bereit, seine Rechte selbst geltend zu machen. Es scheint also, daß Kambodscha auf eigene Faust einen Krieg mit Siam führen will. Passieren kann ihm ja nichts, dafür wird Frankreich sorgen, es kann nur gewinnen und nichts verlieren.
Bangkok, 7. August. Reuter meldet: Die Ratifikation des Abkommens, wonach Siam die Forderungen Frankreichs annimmt, wurde am Freitag ausgetauscht. Der französische Gesandte Pavie wird am 7. August seinen Posten wieder antreten.
Belgien-Holland.
Amsterdam, 7. Aug. In einem Eisenbahnzug zwischen Geertruidenberg und Zwaluve wurden die Reisenden von drei bis an die Zähne bewaffneten Individuen angegriffen und ausgeraubt. Mehrere Personen sind schwer verletzt. Zwei Reisende, welche sich durch einen Sprung auf das Geleise retten wollten, sind tot; zwei weitere Reisende wurden von den Banditen zu den Fenstern deS Eisenbahnzuges hinausgeworfen.
Italien.
Ueber Sansibar wird gemeldet, daß Port Louis auf der Insel Mauritius abermals durch ein schweres Unglück heimgesucht worden ist. Eine Feuers-