Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Donnerstag 10. August

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1893 .

A m N i ch r».

Bekanntmachung,

Die Maul- und Klauenseuche in Garrweiler ist «loschen.

Nagold, den 8. August 1893.

K. Oberamt. Vollmar, Amtm.

Geht etwas hinter unserem Rücken vor?

Die stille Sommerszeit, auf die auch der deutsch- russische Zollkrieg keinerlei nachhaltige Wirkung aus­zuüben vermag, bringt alljährlich sensationelle Ge­rüchte hervor, die lange und breite Erörterungen veranlassen und hinterher sich als nichtige Dinge entpuppen, mit welchen man sich recht unnötigerweise beschäftigt hat, und von welchen höchstens gewerbs­mäßige Spekulanten einigen Profit gezogen haben. Es kann nicht Wunder nehmen, wenn es in diesem Jahre nicht anders ist, als in allen früheren Jahren, zumal der Zollkrieg zu bestimmten Anhalt für der­artige Mittellungen bietet, als daß dieser nicht weid­lich ausgenützt werden sollte. So ist denn auch glücklich versucht, den festen Dreibund zwischen Deutsch­land, Oesterreich-llngarn und Italien durch Klatsch­geschichten, welchen nicht ohne Geschick der Stempel der Wahrscheinlichkeit aufzudrücken versucht ist, zu lockern. Es ist bekannt, wie in den letzten Ver­handlungen des österreichisch-ungarischen Reichspar­laments in Wien der Minister des Auswärtigen, Graf Kalnoky, von einer allmählich eingetrctenen Besserung der Beziehungen zwischen Rußland und Oesterreich-Ungarn sprach, für welche der Minister freilich keine bestimmten Gründe weder anführen konnte, noch wollte. Man hat damals viel über diese Aeußerungen gesprochen, die hinterher noch abgeschwächt wurden, und sich endlich dahin geeinigt, daß eine solche russisch-österreichische Annäherung zwar recht heilsam für den allgemeinen europäischen Frieden sein würde, daß aber beim besten Willen heute kein praktisches Motiv zu finden ist. welches zu gewissen Hoffnungen in dieser Richtung berechtigte. Verstummt sind freilich die Debatten hierüber nie, und sie erhalten jetzt einerseits durch den deutsch­russischen Zollkrieg, andererseits durch die zwischen Wien und Petersburg eingeleiteten und Erfolg ver­sprechenden Verhandlungen über einen russisch-öster­reichischen Handelsvertrag neue Nahrung. Ja, man geht sogar soweit, mit geheimnisvollen Augenzwinkern anzudeuten, der ganze Dreibund könne eines Tages in die Luft gesprengt werden und Rußland und Oesterreich-Ungarn könnten sich zu gemeinsamem Vorgehen und freundschaftlicher Verständigung im Orient die Hände reichen, so daß daun das deutsche Reich seine Nachbarn von Osten und Westen fest auf dem Nacken hätte, was allerdings keine herzer­quickende Aussicht wäre. Es geht etwas hinter un­serem Rücken vor, so heißt es bereits und Stimmen werden laut, welche die Reichsregierung zur Wach­samkeit und Vorsicht auffordern. Diese Warnungs­oder Unken-Rufe, wie man sie nun nennen will, schießen aber doch sehr weit über das Ziel hinaus, sie vergessen und verleugnen total den reellen Boden und rechnen mit Trugschlüssen. Es muß ängstlichen und mißtrauischen Gemütern vor allem in die Er­innerung zurückgerufen werden, daß nach dem Ab­schluß des Dreibundes Fürst Bismarck es nach sei­nem eigenen wiederholten Eingeständnis stets als seine Hauptaufgabe betrachtet hat, einen Ausgleich zwischen den russischen und österreichischen Orientbe­

strebungen herbeizuführen, und daß es recht lange gewährt hat, bis der Fürst mit Bezugnahme auf Rußland die Worte sprach:Wir laufen niemand nach!" Wenn also sich wirklich eine Annäherung vollziehen sollte, so könnte das Deutschland nur lieb sein, aber leider sind die Hoffnungen, die auf Illu­sionen beruhen, doch wesentlich stärker, als die Tat­sachen, und selbst das Zustandekommen eines Han­delsvertrages zwischen Wien und Petersburg würde noch keine Freundschafts- und Friedensgarantie be­deuten. Der Dreibund ist ein Bündnis, welches je­dem Bundesmitgliede die Wahrung seiner speziellen, inneren und wirtschaftlichen Interessen selbst über­läßt und nur die großen Gesichtspunkte unter bin­dende Verpflichtungen stellt, welche allen Verbündeten gemeinsam sind. Deutschland kann der verbündeten habsburgischen Monarchie den Abschluß eines Han­delsvertrages mit dem Zarenreiche durchaus gönnen, gerade so wie Oesterreich-Ungarn uns den bezügli­chen Vertrag gegönnt hätte. Wenn man in Peters­burg freilich denkt, mit Hilfe des österreichischen Handelsvertrags Deutschland ein Bein zu stellen, dann irrt man sich recht sehr, gerade so, wie man sich irrte, als man glaubte, Deutschland mit Hilfe der Zollkriegsdrohungen bewegen zu können, auf seine vollberechtigten Forderungen zu verzichten.

Hinter unserem Rücken geht nichts vor, weil da nichts Vorgehen kann, und wer an eine Erschütterung des großen Friedensdreibundes glaubt oder gar mit derselben rechnet, der kennt überhaupt den Dreibund nicht und hat ihn nie gekannt. Die Interessen, welche er wahrnimmt, sind so gemeinsame und fundamentale, daß überhaupt keine Aenderung derselben zu erwarten ist. Es ist geradezu Unsinn, von einem möglichen russisch-österreichischen Sonderbündnis schwärmen zu wollen. Wo soll denn dasselbe Herkommen? Aus dem Himmel kann es nicht herunterfallen und hier auf Erden ist es nicht zu finden. Die habsburgische Monarchie will ihren politischen und wirtschaftlichen Einfluß im Orient erweitern, und dorthin erstreckt sich auch ihr natürliches Absatzgebiet, auf das sie im Interesse ihres Nationalvermögens nicht verzichten kann. Rußland will nicht bloß dasselbe, wie Oesterreich. Ungarn, seine Pläne kreuzen sich also hier schon mit denen seines Orient-Rivalen, sondern mehr noch, in Petersburg will man den ganzen Orient, wenn nicht direkt , so indirekt der Botmäßigkeit des Zaren un­terstellen, und das wird man in Wien nie zulassen. Nun könnte eine russisch-österreichische Annäherung in der Weise zu Stande kommen, daß man von Peters­burg aus nach Art des Fuchses, dem die Trauben zu sauer waren, sagte:Wir wollen uns daraufhin einigen, daß alles beim Alten bleibt"; doch das wäre auch alles und hieße nichts weiter, als eine Ver- kleisterung, nicht aber Beseitigung des Riffes. Und ganz Europa weiß, daß den Russen nicht über den Weg zu trauen ist, daß sie im geeigneten Moment alle Verträge und Versprechen vergessen und voch thun, was sie wollen. Der überzeugungstreue Mos­kowiter spricht dem Staate Oesterreich-Ungarn über­haupt jedwede Existenzberechtigung ab, er haßt den Deutschen, weil dieser das Bestehen des Donaustaates garantiert. Diese Gegensätze sind nicht zu überbrücken, solange in Rußland eine panslawistisch-moskowitische Politik die herrschende bleibt, und daß dieselbe jemals einer nach modernen und kulturfreundlichen Prinzipien geleiteten weichen sollte, ist zwar nicht total unmög­lich, aber in Jahren nicht zu erwarten. Darum, an der Hand dieser tatsächlichen Darlegung, brauchen

wir nicht zu fragen:Geht etwas hinter unserem Rücken vor?" sondern wir können ruhig sagen:Es passiert nichts!"

Tages-HleuigKeiLen.

Deutsches Weich.

* Nagold, 8. Aug. Gleichsam als Nachklang unseres so schön verlaufenen Liederkranzfestes hatte unser Liederkranz gestern abend unserem Stadtvorstand Hrn. Brodbeck gelegentlich seines Einzugs in sein neu erworbenes Heim an der Bahnhofstraße ein solennes Ständchen dargebracht als Dank für seine Bemühungen um das Gelingen des Festes, denn keine Kommissionssitzung fand statt, an welcher er nicht Anteil nahm und ebenso lebhaft verteidigteer beim Gemeindekollegium die Interessen des Vereins. Auch für die Uebernahme der Festrede beim Feste weiß ihm der Liederkranz heute noch herzlichen Dank. Für diese Hrn. Stadtschultheiß unerwartet gewordene Ehrenerweisung in wenigen warmen Worten verbind­lichst dankend, lud er den Verein zu einem Schoppen in die Schwane ein, wo die herrlichen Gesänge des Lieder­kranzes jedes Herz der Anwesenden erfreute. Worte des Dankes und der Freude über das Gelingen des Festes u. derer, die hiezu beigetragen, kamen hierbei durch Toaste zum lebhaften Ausdruck, besonders wurde des Ge­meindekollegiums durch ein stürmisches Hoch gedacht, das in so wohlverstandenem Interesse die Mittel zu dem Feste bewilligte. In heiterster Stimmung hielten die lieben Sänger bis zur Mitternachtsstunde aus in dem Gefühle, daß ein solcher Verein neben seinen Mühen und Verdrießlichkeiten bei Harmonie und Einigkeit manche Freude und edles Vergnügen in sich birgt.

Nagold, 9. Aug. Sieben Lehrer, welche zu ihrer Fortbildung einen 3wöchigen Kurs an der hiesigen Seminarübungsschule durchmachten, haben heute wieder unsre Stadt verlassen.

> Altensteig, 7. Aug. Zu dem gestrigen Gau- turnfest waren erschienen die Vereine vom Gau aus Altensteig, Birkenseld, Calmbach, Calw, Hirsau, Nagold, Neuenbürg, Waldrennach, Wildberg und Wildbad, von außerhalb des Gaues die Vereine von Baiersbronn, Carlsvorstadt, Cannstatt, Freudenstadt, Heilbronn, Horb, Oberndorf, Rottenburg, Schwen­ningen , Schramberg, Urach. Morgens kündigten Böllerschüsse und Tagwache das Fest an. Bon 9*/, Uhr wurden die Festgäste am Bahnhof empfangen. Das Preisturnen dauerte bis I Uhr. Um 2*/, Uhr bewegte sich der Festzug durch die Stadt. Vor der Festtribüne wurdeBrüder reicht die Hand zum Bunde" gesungen, worauf Lehrer Krößler die Fest- rede hielt über die Geschichte des Turnens und die Ziele der deutschen Turnerkunst. Darauf folgten einige Turnspiele, worauf die Preisverteilung begann. Preise erhielten folgende Turner im Gau: Friedr. Rueff, Neuenbürg. Wilh. Oelschläger, Birkenfeld, Friedrich Karcher, Neuenbürg, Oskar Wendel, Calw, Karl Titelius, Neuenbürg, Karl Hanselmann, Neuen­bürg, Immanuel Baumgärtner, Wildberg. Von Zög­lingen erhielten Diplome: Aug. Stricker, Neuenbürg, Emil Förschler, Birkenfeld, Emil Mold, Calw, Rud. Eberle, Neuenbürg, Fritz Rath, Calw, Jul. Strähle, Nagold. Belobungen erhielten: Georg Wackenhut, Calw. Carl Belz, Calw, Paul Beck, Altensteig.

Stuttgart, 5. Aug. Wie verlautet, soll eine Gardemarinecompagnie auf Befehl des Kaisers er­richtet werden, in welcher auch Württemberg?,: und. Bayern ausgenommen werden sollen.

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