Völker, Vorstand des landw. Bezirksvereins, hat zum Lesen für die Schüler gütigst für landwirtschaftliche Bücher zu sorgen gewußt, deren Benützung ange­legentlich empfohlen wurde. Hierauf wurden kultur­historische Bilder beschrieben, den Schluß bildeten Thesen über Geschichtsunterricht in der Volksschule. Zu Anfang und Schluß ließ der Lehrer-Gesangverein, der zur Zeit über kräftige Tenore verfügt, wohlge­übte Männerchöre hören. Nach dem Konferenzessen imOchsen" folgte eine gemütliche, mit Gesängen, Reden und Toasten abwechselnde Unterhaltung.

(T. Chr.)

Wie wir von zuverlässiger Seite erfahren, hat der Ausschuß des württ. Obstbau.Vereins be­schlossen, in den Tagen vom 27. September bis Ok­tober 1 in der städt. Reithalle in Stuttgart eine Landesobstausstellung zu veranstalten. Es ist zu erwarten, daß bei den diesjährigen verhältnismäßig guten Obstaussichten, dieselbe ein interessantes Bild unseres heimischen Obstbaues geben und sich zahl­reichen Besuches erfreuen wird.

Der Allgemeine Bereinstag der landwirtschaftli­chen Genossenschaften des Deutschen Reichs ist nun­mehr auf den 28., 29. und 30. August d. I. nach Stuttgart einberufen.

Stuttgart, 13. Juli. Das Kgl. Hoflager verbleibt bis Ende ds. Mts. in Friedrichshafen, wor­auf sich Ihre Maj. die Königin nach dem Nordsee­bad Norderney begiebt, während der König das Schloß Bebenhausen aufsucht, um der Jagd obzulie­gen. In Bebenhausen wurden zurzeit größere bau­liche Veränderungen, hauptsächlich auch mit Rücksicht auf den bevorstehenden Besuch des deutschen Kaisers, vorgenommen. Das diesmalige Volksfest, welchem das Königspaar anwohnen wird, erhält nicht allein durch die Einweihung der neuen Neckarbrücke und die im August zu eröffnende Cannstatter Gewerbeausstel- lung, sondern auch durch eine vom Württ. Obstbau­verein hier veranstaltete Landesobstausstellung einen erhöhten Reiz.

Dem Vernehmen nach will die Bolkspartei als Kandidaten für das erledigte Laudtagsmandat der Stadt Reutlingen den Rechtsanwalt Payer in Stuttgart, Reichstagsabgeordneten des 6. Wahlkreises, aufstellen. Wie verlautet, soll heute eine Deputation nach Stuttgart abgegangen sein, um Herrn Payer das Mandat anzutragen.

Die Jahresversammlung des württ. Volksschul­vereins wird Heuer am 26. August in Nürtingen gehalten, woselbst den Tag vorher das 50jährige Bestehen des dortigen Seminars gefeiert wird.

Metz, 15. Juli. Das Bezirkspräsidium ist nun­mehr offiziell davon in Kenntnis gesetzt worden, daß der Kaiser vom 3. bis 9. Sept. in Metz weilen und die Kaisermanöver abhalten wird. Der Kaiser wird in Urville, die andern fürstlichen Gäste in Metz wohnen. Die Kaisermanöver nehmen am 5. Sep. ihren Anfang.

Berlin, 15. Juli. Frhr. v. Stumm ist heute durch Verleihung des Komturkreuzes des Hohen- zollern'schen Hausordens ausgezeichnet worden. Der Abg. Prinz Carolath ist als Hospitant der na- tionalliberalen Partei beigetreten.

Berlin, 15. Juli. Der Parteitag der frei­sinnigen Volkspartei beschloß heute, die Bezeichnung Freisinnige Volkspartei" beizubehalten.

Berlin, 17. Juli. Die Beratungen des Par­teitages der freisinnigen Bolkspartei wurden gestern beendet. Träger begründete eine Resolution, wonach die Aufstellung eines Parteiprogramms für den Augenblick nicht dringend geboten sei. Dr. Hirsch machte Vorschläge für den sozialen Teil des künftigen Programms, u. a. Ausdehnung des Arbeiterschutzes gegen Gefahren für Leben und Gesundheit auf alle gegen Lohn oder Gehalt beschäftigten Personen, wirk­same Bekämpfung der Mißstände in den Bodenbesitz- und Wohnungsverhältnissen. Die Debatte über diese Vorschläge nahm stellenweise einen persönlich scharf zugespitzten Charakter an, da Hirsch eine abfällige Aeußerung Richters fälschlich auf sich bezog. Der Antrag wurde schließlich dem Zentralausschuß zur Vorbereitung des neuen Programms zur Berücksich­tigung überwiesen. Zwei weitere Resolutionen billig­ten die Haltung der Fraktion in der Militärfrage und die Spaltung der Partei. Richter wurde ein Vertrauensvotum erteilt. Beim Bankett begrüßte Ehni im Namen seiner Partei die befreundeten Männer der freisinnigen Volkspartei und beglückwünschte sie zu ih­

rer entschlossenen Haltung. Funk-Frankfurt antwor­tete mit einem Hoch auf die süddeutsche Bolkspartei. Konrad Haußmann hielt eine mit stürmischem Jubel aufgenommene begeisterte Ansprache. Er tröstete die freisinnige Bolkspartei über die erlittenen Verluste. Zuweilen führten Verluste eine Gesundung des Blu­tes herbei. Auch die süddeutsche Volkspartei sei 1887 fast vernichtet worden, nach drei Jahren aber hätten die Wähler nach den Demokraten geschrieen wie der Hirsch nach frischem Wasser. So würden auch jetzt die Wähler sichbald wieder von den Parteien ab­wenden, die der Ansicht seien, daß, wenn die Mini­ster keine Bolkspolitik machen wollen, das Volk Mi­nisterpolitik machen müsse. Wir wollen Männer, die stolz darauf sind, für ihre Thätigkeit keine Orden zu erhalten."

Während der Rede des Abg. v. Kardorff erschien der Kaiser, von zwei Adjutanten begleitet, im Reichs­tagsgebäude , fuhr auf den inneren Hof und begal sich in das Ministerzimmer, wohin Graf Caprivi entboten wurde. Der Reichskanzler kehrte nach 15 Minuten in den Saal zurück, während der Kaiser den Abg. Frhrn. v. Stumm zu sich berufen ließ, welchem das Comthurkreuz des Hohenzollernordens verliehen worden ist. Herr v. Koscielski hat, wie in Abgeordnetenkreisen verlautet, den Kronenorden zweiter Klasse mit einem sehr huldvollen Telegramm erhalten, worin der Kaiser ihm und seinen Landsleu­ten für die Unterstützung der Militärvorlage, sowie für die bewiesene Treue dankt, welche andern vorbild­lich sein möge. Graf Caprivi empfing, nachdem das Resultat der Abstimmung bekannt worden, viele Glück­wünsche von Mitgliedern des Bundesrats, u. a. auch .vom bayerischen Gesandten Grafen Lerchenfeld und vom Kriegsminister Frhrn. v. Asch.

Dr. Sigl soll derSchles. Bolksztg." zufolge die Absicht haben, sein Reichstags-Mandat niederzu­legen.

Eine der kürzesten Sessionen des Reichstags, die nur 8 Plenarsitzungen und eine Kommissions­sitzung gehabt hat, ist am Sonnabend geschlossen worden. Allgemein aber ist man froh, daß der lange Kampf um die Militärvorlage nun beendet ist. Mit einer Mehrheit von 16 Stimmen, 201 gegen 185, ist die Schlußabstimmung über diese Vorlage erfolgt und die Mehrheit hat sich also am Sonn­abend gegen die Abstimmung der ersten Lesung am Donnerstag um 5 Stimmen vermehrt. Die Abstim­mung, die eine namentliche war, ist wiederum unter gespanntester Aufmerksamkeit des Hauses vor sich gegangen. Auf der Estrade des Bundesrats ver­folgte man, wie dieFrankfurter Ztg." berichtet, jedes einzelne Votum; zwei höhere Offiziere sah man mit dem Bleistift in der Hand jedes Ja und Nein zählen, und es fehlte nicht an ängstlichen Ge­mütern, die, wenn wieder ein halbes Dutzend Nein hinter einander laut geworden waren, die Ablehnung der Vorlage prophezeiten. In dem Augenblick, als der Präsident verkündete:Die Abstimmung ist ge- schlossen!" und die Schriftführer beginnen wollten zu zählen, stürmte durch eine Thür, die man schon aufgesperrt hielt, in vollem Lauf, wie noch nie je­mand in den Sitzungssaal gesprungen ist, der frei­konservative Abg. Holtz-Parlin heran. Er wollte noch sein Ja abgeben; aus dem Hause erschollen Proteste, der Präsident entschied:Die Abstimmung ist geschlossen!" Der verspätete Schnellläufer ging zum Reichskanzler und schien sich bedauernd zu ent­schuldigen. Graf Caprivi lächelte, denn im selben Augenblick teilten ihm die beiden Offiziere, die schneller gezählt hatten als die Schriftführer, die Annahme der Vorlage mit. Wenige Minuten später wurde das Ergebnis vom Präsidenten offiziell verkündet. Nun traten viele aus dem Haus und vom Bundes­rat an den Reichskanzler heran, um diesen zu be­glückwünschen, Graf Caprivi soll diese Glückwünsche aber etwas kleinlaut entgegengenommen haben. Der Saal leerte sich dann, namentlich auf der linken Seite, sehr schnell, Nachtragsetat und Anleihe-Gesetz wurden unter großer Unruhe ohne Debatte geneh­migt und es war kaum mehr die Hälfte der Abge­ordneten anwesend, als sich der Schlußakt in den üblichen Formen vollzog. Der kaiserliche Dank, den Graf Caprivi zuletzt verlas, ist wahrscheinlich ent- warfen worden während der kurzen Anwesenheit des Kaisers im Reichstag.

Die offizielle vervollständigte Fraktions­liste ist im Reichstag jetzt ausgegeben worden. Da­

nach zählen die Deutschkonfirvativen 68 Mitglieder (darunter 8 Hospitanten), die Reichspartei 27 Mit­glieder (darunter 5 Hospitanten), die deutsche Reform­partei 10, das Zentrum 99 (darunter 4 Hospitanten), die Polen 19, die Nationalliberalen 52 (darunter 7 Hospitanten), die freisinnige Vereinigung 13, die freisinnige Volkspartei 22 (darunter 1 Hospitant), die süddeutsche Volkspartei 11, die Sozialdemokraten 43 Mitglieder. Keiner Fraktion gehören 28 Mit­glieder an.

Berlin, 18. Juli. Für den neuen Deckungs- plan soll die Absicht bestehen, unter den neuen Lu­xussteuern auch eine ausgiebige Ausgabe auf dieje­nigen Cigarren einzusühren, deren Genuß sich nur die wohlhabenden Klassen gestatten dürfen.

Das erste Verzeichnis der bei dem Reichstag eingegaugenen Petitionen enthält wieder eine große Reihe von Gesuchen um Beibehaltung des Jesuiten­gesetzes. Der evangelische Bund zu Gießen über­reichte Petitionen dieses Inhalts aus zahlreichen Ortschaften mit 16 699 Unterschriften, Hr. Viermann zu Barmen Petitionen aus verschiedenen Gegenden Deutschlands mit 94 374 Unterschriften. Auch die üblichen Petitionen wegen Beseitigung des Impf­zwanges sind wieder erschienen. Zahlreiche Petenten bitten, in den Badeorten an den Sommer-Sonntagen den unbeschränkten Handel mit Galanterie-Artikeln u. dergl. mit Ausnahme der Zeit des Gottesdienstes zu gestatten.

Frankreich.

Paris, 17. Juli. Die letzten Telegramme meldeten von neuen Zusammenstößen zwischen Fran­zosen und Siamiten. Letztere haben den französischen PostdampferJean Baptiste Say" weggenommen, geplündert und versenkt, die Schiffsmannschaft wurde mißhandelt und dann in Bangkok gelandet. Anderer­seits nahm französische Marineinfanterie zwei siame­sische Forts am oberen Mekong. Sie verlor sechs Tote und Verwundete. Die Verluste der Siamiten sind beträchtlicher. Der genannte Postdampfer hat bei dem Vormarsch der französischen Kriegsschiffe vor. Bangkok als Führer gedient.

Das Nationalfest ist in Paris am Freitag ohne Zwischenfall verlaufen. Am Vorabend ist, wie üblich, vielfach auf den Straßen getanzt worden. Im Innern der Stadt trugen die Häuser reichen Flaggenschmuck. Die elsässisch-lothringischen Vereine saben am Vormittag den gewohnten Umzug gehalten, in dem zwei Trauerfahnen mit den InschriftenMetz"' undStraßburg" getragen wurden. Im Quartier: Latin sind am Abend einige Fahnen und Lampions von den Studenten verbrannt worden, auch der von der Stadt veranstaltete Fackelzug ist auf Befehl der Polizei unterblieben, sonst aber ist nichts Besonderes vorgekommen.

Portugal.

Lissabon, 17. Juli. Die Blätter teilen mit, es sei eine Depesche des portugiesischen Gesandten in Rio de Janeiro eingegangen, die der Befürchtung Ausdruck gebe, daß in Rio de Janeiro der Ausbruch der Revolution und die Absetzung des Präsidenten der Republik bevorständen. Der Gesandte verlange die Entsendung eines Kriegsschiffes. Die Panzer- 'orvette Mindello werde infolge dessen von Angola nach Rio de Janeiro abdampfen; auch das'Eintreffen englischer Schiffe werde erwartet.

Italien.

Aus Mittelitalien werden infolge starken Re­gens lleberschwemmungen gemeldet. In Florenz über­flutete der Arno niedriggelegene Stadtteile und rich­tete großen Schaden an. Viele Personen mußten von der Feuerwehr gerettet werden. Die Eisenbahn­brücke ist bedroht, sämtliche Züge erlitten Verspä­tungen.

England.

London, 17. Juli. DieTimes" meldet aus Bangkok, daß der Kapitän des französisches Aviso's Forfait" gedroht habe, alle in siamesischen Diensten stehenden Fremden über die Klinge springen zu las­sen. Der siamesische Hafenkapitän Vil habe auf diese Drohung hin erklärt, er sei deutscher Nationalität. Der französische Kapitän soll hierauf einen Offizier abgesandt haben, um Vil einen Besuch abzustatten.

London, 18. Juli. 20,060 Bergleute legen am 28. Juli die Arbeit nieder. Eine große Agita­tion findet unter den übrigen Gewerken statt, deren Organisationen den Bergleuten kräftigste Unterstützung zustcherten. Große Besorgnis herrscht daher in den