Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
^84
Erscheint wöchentlich Smal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 ^ 20 Monats-Abonnement nach Verhältnis.
Donnerstag 20. Juli
Insertions-Gebühr für die Ispalttge -seile aus
gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 8 bei mehrmaliger je 6 -I.
Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Lage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aukaegebeu lein.
1893
4
Amtliches. §
Nagold. !
An die Ortsvorsteher.
Die Gemeindebehörden, welche Kraftfuttermittel durch den landwirtschaftlichen Verein bezogen haben, werden aufgefordert, die leeren Säcke sofort gereinigt an den Absender der Ware zurückzusenden. Säcke, welche behalten werden wollen, sind dem Lieferanten direkt mit je 1 ,^8 zu vergüten.
Den 19. Juli 1893.
K. Oberamt. Vogt.
Alteristeig.
Wegen Umbaus des Kameralamtsgebäu- des bleibt die Kanzlei
Donnerstag, Freitag und Samstag, den 20., 21. und 22. ds. Mts. geschlossen.
Den 18. Juli 1893.
K. Kameralamt. Schmidt.
Zu Mitgliedern des Beirats der Verkehrsanstalten und zu Ersatzmännern derselben sind von den Handels- und Ge- werbekammcrn, beziehungsweise von der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft gewählt worden: I. Als Vertreter des Handels und der Gewerbe: von der Handels- und Gewerbekammer in Calw: Kommerzienrat Karl Sannwald, Fabrikant in Nagold, Ersatzmann: Eugen Stalin, Fabrikant in Calw; II. Als Vertreter der Landwirtschaft: Gutsbesitzer Weiß in Ottenhausen, OA. Neuenbürg, Ersatzmann: Schultheiß Ziegler in Gechingen, OA. Calw.
Die niedere Dienstprüfung im Departement des Innern haben u. a. bestanden: Heinrich Bätzner von Wildbad, OA. Neuenbürg, Julius Feldweg von Calw, Ernst Kircher von Rothewol, OA. Neuenbürg. Johannes Knecht von Hildrizhausen, OA. Herrenberg, Wilhelm Mammel von Kuppingen, OA. Herrenberg, Gottlob Nüßle von Oberjesingen, OA. Herrenberg, Otto Sanier von Herrenberg, Christian Wcikert von Freudenstadt, Christian Roller vou Wildbcrg.
In der an einer Landpostbotenroute liegenden Landgemeinde Kuppingen, Postbezirk Herrenberg, wird am 1. August 1893 eine Posthilfstelle ins Leben treten.
Vaterlandsliebe und die Schule.
In erschreckender Weise haben die letzten Reichstagswahlen offen gelegt, wie wenig Liebe und Verständnis für ein großes, mächtiges Vaterland in wei- ten Kreisen herrscht, wie das Jagen nach wirklichen oder vermeintlichen Vorteilen alles andere überwuchert, und wie dafür gar kein Sinn vorhanden ist, daß alle Güter deS Einzelnen nur in der Stärke unseres Reichs ihre Bürgschaft haben. Wenn den Leuten die alten Zeiten der Bedrängnis Deutschlands in den Franzosenkriegen, die Zerstörung gesegneter Gaue durch die fremden Banden und das Unheil eines Krieges auf dem eigenen Boden vorgeführt, die Lasten dargestellt wurden, welche hundertmal so viel erreichen, als eine Militärvorlage, so konnte man einfach erwidern hören: ja die Franzosen kommen nicht herüber, oder das alles sei schon lange her, davon wisse niemand etwas u. dergl. Hier fehlt es am Verständnis deS Volkes; wo nicht eine Erzählung von den Großeltern her noch lebendig ist, da herrscht vollkommene Unkenntnis und in Folge derselben Un- wissenheit. Jüngst hat ein hervorragender Schul- mann unseres Landes darauf aufmerksam gemacht, daß hier ein Mangel in unserer Volksschule bestehe. So ist es auch in der That. Deutsche Geschichte wird der Jugend nur gelegentlich, wo etwa das Lesebuch den Anlaß bietet, geboten, so bei einzelnen Lebensbeschreibungen, wie der des Kaisers Wilhelm.
Aber gerade über die für das heutige Staatsleben so entscheidenden Zeiten erfahren die Kinder nichts oder wenig genug. Und doch wäre es nicht allzuschwer , auch der Dorfjugend zu zeigen, wie unser Vaterland in Jahrhunderten unter der Zerrissenheit und den neu auf seinem Boden geführten Kriegen der Nachbarn niedergeschmettert lag, in Elend und Jammer gestürzt wurde, und wie es sich nun durch die Einigkeit seiner Fürsten und Völker zu einem mächtigen und sicheren Reiche erhoben hat. Es wäre doch wert, den Knaben zu erzählen von dem Jammer des dreißigjährigen Krieges, den Raubzügen unter dem französischen Ludwig XIV., im spanischen, im österreichischen Erbfolgekrieg, in den Revolutionskriegen und unter der traurigen Tyrannei Napoleons. Wenn die Kenntnis von diesen Zeiten im Volke mehr verbreitet wäre, würde eine richtige Grundlage geschaffen für die Liebe zum gemeinsamen Vaterland. Dann würden, wenn die Jungen heranwachsen, Auswüchse, wie man sie jetzt erleben mußte, unmöglich werden. Aber, wird man einwerfen, wo hat die Schule die Zeit zu einer neuen Aufgabe? Es darf mit Fug und Recht erwidert werden: es möge die Schule eine deutsche Geschichte in dem angeregten Sinn an die Stelle setzen, welche jetzt durchweg die israelitische Geschichte einnimmt. Die Religionsstunde, welche als Mindestzahl 6 Wochenstunden begreift, umfaßt jetzt außer dem Lernen von Liedern und Sprüchen unter der Bezeichnung „Biblische Geschichte" eine sehr weit ausgedehnte jüdische Geschichte. Die Kinder lernen alle jüdischen Könige der Reiche nach kennen; diese Geschichte eines einzelnen Volks ist das einzige, was ihnen überhaupt mit einiger Gründlichkeit beigebracht wird. Es liegt uns ganz ferne, hier den Religionsunterricht irgendwie nur besprechen zu wollen. Aber so viel muß doch zugegeben werden, daß ein so ein- gehender Unterricht in der Geschichte eines vergan- genen Volkes nur untergeordneten Wert hat und mit der Religion eigentlich nicht zusammenhängt. Deutsche Geschichte in geeigneter Weise, etwa an der Hand eines geschickten Leitfadens einzurichten, könnte nicht allzuschwer sein. Den Erfolg würde man bald er- fahren. Wer von uns, die wir einst in der Schule von alten Großthaten, z. B. der Lacedämonier erzählen hörten, wird sich noch heute erinnern, welch' großen Eindruck jene Erzählung auf das kindliche Gemüt gemacht hat. So sollte auch in der Volksschule die jugendliche Begeisterung für die Großthaten der Altvordern und für das eigene Vaterland geweckt werden. Auch die Heimatkunde wird reiche Gelegenheit bieten, in dem angeregten Sinn zu wirken. Man denke nur an die Heidelberger Schloßruine oder an die Klosterruinen von Herrenalb oder Hirsau; da wäre der Ort, die Kinder zu unterrichten von der Art, wie Melac und Montclar auf deutschem Boden gehaust haben. Möge die obere Schulbehörde diese Anregung in wohlwollende Erwägung nehmen, sie ist wahrlich für das gemeine Beste wichtig genug.
(Schw. M.)
Hages-WeuigkeiLen.
Aeutfches Weich.
Nagold. (Eingesandt.) Gestern am 18. Juli feierte in aller Stille Reallehrer a. D. Maier die Vollendung des 70. Lebensjahrs. Möge der rüstige alte Herr noch manche Jahre in gleicher Frische des Körper- und Geistes in unserer Mitte verleben wie bisher!
> Alten steig, 18. Juli. In einer der letzten Nächte wurde wiederholt versucht, einen Zug auf unsrer Bahn zur Entgleisung zu bringen. Ein Straßenwärter, der nachts zwischen Ebhausen und Berneck auf der Straße neben dem Geleise herschritt, entdeckte daß von böser Hand 2 Bretterstücke quer über die Schienen gelegt waren. Er entfernte dieselben und kurz darauf brauste der letzte Zug über die gefährdete Stelle. Die Brettstücke waren von einer nicht weit weg befindlichen Holzbrücke gerissen. Es ist dies jetzt seit 1?is Jahren schon der 4. Versuch, auf unserer Bahn einen Zug entgleisen zu machen.
Es wäre zu wünschen, daß man den Thätern endlich, auf die Spur käme.
Vom hintern Wald, 15. Juli. Bei uns""""- fist die Futternot weniger von nachteiligen Folgen für die Viehzucht als in andern Gegenden. In Aichelberg z. B. wurde wegen Futtermangel noch nicht ein einziges Stück Vieh verkauft oder geschlachtet und hoffen die Viehbesitzer auch all ihr Vieh durch den Winter zu bringen, was selbstverständlich für die ganze Gemeinde großen Wert hätte. Die Forstverwaltung hatte gleich anfangs die Erlaubnis gegeben, in alle grasreichen Hochbestäude mit dem Vieh ausfahren zu dürfen und von dieser Erlaubnis wurde allgemein Gebrauch gemacht. Anfangs wurden die Tiere bei dem Waldfutter recht mager, aber - sie wurden das Weiden gewohnt und nahmen rasch wieder an Fleisch zu. Durch die Ernährung der Tiere im Wald konnte der Bauer all sein Grünfutter dürr machen und wenn nun der Oehmdertrag noch ergiebig ist, wie man allgemein hoffen kann, so wird der Bauer bei einiger Sparsamkeit und unter Anwendung von Kraftfuttermitteln sein Vieh ordentlich über- wintern können.
4P Hochdorf, 17. Juli. Gestern nachmittag wurde uns die Ehre eines Besuchs seitens des Gesangvereins des Militär- und Beteranenvereins Nagold zu teil. Hatten wir schon vorher günstige Urteile über den Verein vernommen, so konnten wir uns gestern überzeugen, daß derselbe sein erstes Jahr tüchtig ausgenützt hat und wirklich Erkleckliches zu leisten im Stande ist. Sowohl Chöre als Quartette wurden unter der bewährten Leitung des Hrn. Lehrer Guckelberger frisch und präzise vorgetragen und so konnte es auch nicht fehlen, daß der Beifall der Zuhörer ein ungeteilter war. Möge der geehrte Verein, dem wir an dieser Stelle nochmals unfern Dank aussprechen, seinen Besuch bald wiederholen!
Herrenberg, 13. Juli. Im Rathaussaale fand unter Anwesenheit des Herrn Prälaten Dr. v. Wittich die alljährliche Bezirksschulversammlung statt. Zu- nächst sollte Schullehrer Helle von Oeschelbronn, der 51 Jahre im Bezirk treu und gewissenhaft wirkte, mit der ihm verliehenen Verdienstmedaille des Fried- richsordens dekoriert werden. Helle ist nun in den wohlverdienten Ruhestand eingetreten, war jedoch durch Krankheit von dieser Feier abgehalten. Prälat v. Wittich begrüßte in warmen Worten die Versammlung. Es folgte nun vom Bezirksschulinspektor Schüz der Schulbericht, dem wir folgendes entnehmen:
Im Bezirk sind 54 Schulklassen mit 37 ständigen und 17 unständigen Lehrstellen. Die Schüler^ahl ist im Rückschritt begriffen; sie beträgt gegenwärtig 3844. Ditz kleinste Schülerzahl einer Klaffe beträgt 48, die größte 120; im Durchschnitt kommen auf eine Lehrkraft 71 Schüler. Auf den Schulbericht folgte die Beratung und Feststellung des Lehrplans für Winter-Abendschulen. Der anwesende Oberamtmann