Amts- und I
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Dienstag 18. Juli
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18S3
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A U t l j H e r.
Nagold.
An vie Ortsvorsteher.
Das Gesetz über das landwirtschaftliche Nachbarrecht vom >5. Juni 1893 ist erschienen.
Das Gesetz tritt, abgesehen von den in Art. 35 Abs. 3 enthaltenen besonderen Bestimmungen, mit dem 1. Januar 1894 in Wirksamkeit.
Von dem Gesetz sind 2 Handausgaben erschienen, die eine von Oberregiecungsrat v. Schittenhelm, Mitglied der K. Centralstelle für die Landwirtschaft, die andere von Landrichter Haidien.
Bei der hohen Bedeutung, welche dieses Gesetz für unsere länd ichen Verhältnisse hat, haben sich die Ortsvorsteher schon jetzt mit dem Inhalt des Gesetzes näher vertraut zu machen.
Bestellungen aus eine der beiden Handausgaben können bei dem Oberamt gemacht werden.
Den 15. Juli 1893.
_ K, Oberamt. Vogt.
K. Amtsgericht Nagold.
Bekanntmachung,
betreffend die Gerichtsferien.
1) Die GrrichlSferien beginnen am 15. Juli und endigen am 15 September.
2) Während der Ferien werden nnr in Feriensachen Termine abgehalten und Entscheidungen erlassen.
Feriensachen sind:
a) Strafsachen;
b) Arrestsachen und die eine einstweilige Verfügung betreffenden Sachen;
o) Meß- und Marktsachen; ä) Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern von Wohnungs- und anderen Räumen wegen Ueberlassung, Benutzung und Räumung derselben, sowie wegen Zurückhaltung der vom Mieter in die Mietsräume einge- brachten Sachen; o) Wechselsachen;
k) Bausachen, wenn über Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird.
3) Das Gericht kann auf Antrag auch andere Sachen, soweit sie einer besonderen Beschleunigung bedürfen, als Feriensachen bezeichnen. Die gleiche Befugnis hat vorbehaltlich der Entscheidung des Gerichts der Vorsitzende.
4) Auf das Mahnverfahren, das Zwangsvollstrekkungsverfahren u. das Konkursverfahren, sowie
5) auf andere Angelegenheiten als diejenigen der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit sind die Gerichtsferien ohne Einfluß.
Den 14. Juli 1893.
Oberamtsrichter
_ Sigel.
Die Annahme der Militärvorlage in zweiter Lesung veranlaßt die „Deutsche Reichs- Post" zu folgenden beherzigenswerten Betrachtungen: Bon den anwesenden 385 Reichstagsabgeordneten stimmten:
Für die Vorlage:
68 Dentschkonservative.
23 Freikonservative.
L2 Nationallibcrale.
18 Polen.
13 Freisinnige Vereinigung. 1V Reformpartei (Antisem.)
2 Zentrum (darunter Lender.) I2Wild e (dar. Herb. Bismarck.)
1S8.
Gegen die Vorlage: S1 Zentrum.
43 Sozialdemokraten.
22 freisinnige Volkspartei. 11 süddeutsche Volkspartei. 10 Elsäßer Protestler.
4 Welfen.
1 Däne.
ö Wilde (dar. Dr. Sigl.) 187i
Die Gruppierung der Parteien ist höchst interessant und giebt jedem deutschgesinnten Mann Veranlassung zu ernstem Nachdenken. Auch der Reichskanzler v. Caprivi, hinter dessen Reden so oft „Beifall links" zu lesen steht, wird dieses Bild des neugewählten Reichstags mit Nutzen betrachten können. Von den 17 württembergischen Abgeordneten stimmten nnr 3 (v. Gültlingen, Siegle und Bantleon) für die Vorlage, 14 (4 Zentrumsleute und 10 Demokraten) dagegen. Die Zentrumsleute sind an ihrem richtigen P.atz und wir verlieren über sie kein Wort. Aber daß unser liebes Württemberg das ärgste Demokratennest in ganz Deutschland vor drei Jahren geworden und auch diesmal geblieben ist, das bleibt für jeden nationalgesimnten Württemberger eine tiefe Demütigung. Die Hofdemokratie, die Beamtendemokratie, die Advokatendemokratie haben unser schwäbisches Volk dahin gebracht, wo es heute steht. Wir wollen uns das, um mit dem Turnvater Jäger zu reden, „auf die Nerven nehmen" und uns zunächst gründlich schämen. Dann aber gilt es, tüchtig zu arbeiten und die mit der Sozialdemokratie in offener Wahlverbrüderung stehende Demokratie zu bekämpfen. Mit der „schwäbischen Gemütlichkeit" in politischen Dingen, die so gar häufig der politischen Charakterlosigkeit verzweifelt ähnlich sieht, muß aufgeräumt werden. Wäre mehr gearbeitet worden, persönlich und opferwillig gearbeitet, es stünde anders im lieben Schwabenland. So aber sind es nur kleine Kreise u. wenige Männer, die arbeiten u. Opfer bringen; die große Masse der patriotisch gesinnten „Reichsfreunde" ruht sanft, schweigt vorsichtig, seufzt heimlich, klagt weibisch und — nörgelt an dem herum, was andere thun! Die ganze Hetzarbeit unserer schwäbischen Demokratie kommt ja nur ihrem Milchbruder, der Sozialdemokratie, zu gut. Diesmal hat der Bruder Sozialdemokrat den geriebenen Bruder Demokraten nochmals über den Zaun gehoben, bald wird er unsere Haußmänner und ihr Gefolge in den Graben fallen lassen, wie er die Partei des großmäuligen Eugen Richter in Berlin fallen ließ. Rechts oder links, das wird die Losung sein. _
Tctges-WerrigkeiLen.
Deutsches Weich.
Rottenburg, 11. Juli. Heute fand hier die feierliche Inthronisation des Bischofs Dr. Wilhelm v. Reiser in der Domkirche statt. Um 9 Uhr begann der Gottesdienst, dem sich die erstmalige Besteigung des bischöflichen Stuhles durch Bischof Wilhelm, sowie Seitens des Domkapitels und der übrigen Geistlich, keit die Huldigung durch Handkuß anschloß. Von 11 bis 1 Uhr dauerte die Gratulationskour im bischöflischen Palais. Um 1 Uhr fand im Gasthof zum römischen Kaiser das Mittagessen statt, zu dem sich weit über 100 geladene Gäste eingefunden hatten. Bischof Wilhelm brachte den Toast auf den Papst und auf Se. Maj. den König aus, wobei er verhieß, in die Fußstapfen seines seligen Vorgängers, des Friedensbischofs Karl Josef v. Hefele, zu treten. Weitere Toaste wurden auf Bischof Wilhelm ausgebracht vom Vertreter der k. Staatsregierung, Regierungsrat Ehrenspiel, von dem Dekan der kath. theolog. Fakultät Tübingen, Prof. Funk, von Dekan Kollmann Namens der Landgeistlichkeit und von Stadtschultheiß Steiner Namens der Stadt Rottenburg, Domdekan Klotz dankte im Namen des Bischofs. Nach dem Essen fand das Kinderfest statt.
Sulz a. N., 14. Juli. Gestern morgen fand auf dem Turnplatz die Prüfung des von Schulleh
rer Schöpfer erteilten Turnunterrichts an der Knaben* oberklasse durch den von der Oberschulbehörde hierzu beauftragken Visitator, Herrn Seminarturnlehrer Glück aus Nagold, statt. — Nachdem seitens des hiesigen Kirchenchors die Herren Oberkonststorialrat Köstlin in Darmstadt und Seminaroberlehrer Hegele in Nagold (der erstgenannte früher Helfer, letzterer einst Lehrer dahier) wegen ihrer Verdienste um den Bauderschen Singverein zu Ehrenmitgliedern des Vereins ernannt worden waren. wurde denselben in letzter Zeit ein künstlerisch ausgeslattetes, von Schullehrer Bertsch in Rosenfeld ausgeführtes Diplom zugestellt. In diesen Tagen liefen von den beiden Herren herzliche Dankjagungsschreiben ein.
Stuttgart, 12. Juli. Der Strafsenat des K. Oberlandesgerichts erließ heute in zwei Strafsachen gegen Inhaber homöopatischer Vereinsapotheken end« giltige Revisionsurteile. Im einen Falle wurde auf Revisionsantrag der K. Staatsanwaltschaft hier der von der hies. Strafkammer freigesprochene Kaufmann von Pfauhausen gemäß § 367, Ziff. 3 des Strafgesetzbuches zu der Mindeststrafe von 1 verurteilt, im andern die Revision des von der lllmer Strafkammer in gleicher Weise bestraften Schulleh- rers Sch. von, Dettingen, OA. Urach, verworfen. Diese beiden Urteile haben den dreifachen Instanzen- gang, des Schöffengerichts, Landgerichts (Berufung) und Oberlandesgerichts (Revision), durchlaufen, gegen das Revisionsurteil des K. Oberlandesgerichts giebt es kein weiteres Rechtsmittel. Mithin ist für Württemberg die für Homöopathen wichtige Frage endgil- tig in letzter Instanz dahin entschieden, daß die in der kaiserlichen Verordnung aufgeführten Arzneimittel und Gifte, welche bisher durch die Verwalter homöopathischer Bereinsapotheken an ihre Mitglieder verabfolgt wurden, von ihren Konsumenten direkt aus der staatlich konzessionierten Apotheke bezogen werden müssen und die Verwalter homöopathischer Bereinsapotheken strafbar sind, wenn sie, wie bisher geschehen, an Stelle des Apothekers solche Mittel abgeben.
Stuttgart, 13. Juli. Der Bürgerausschuß trat in der heutigen Sitzung der bürgerlichen Kölle- gien dem Beschluß der nach den Anträgen des A.A.M. Kloß vom Gemeinderat genehmigten Erhöhung des Lohnes der städtischen Arbeiter um 10 per Tag bei und genehmigte die Etatserhöhung von 16000 welche dadurch nötig wird. Kloß schlägt ferner die Erwägung der Frage der Löhnung nach Stunden anstatt auf den Tag vor, sowie die Verschiebung des Zahltags von Samstag auf Freitag. Die Lohnerhöhung wird auf den 1. April rückwirkend genehmigt.
Stuttgart, 13. Juli. Von den in Württemberg existierenden Branntweinbrennereien waren im letzten Betriebsjahr (1. Okt. 1891 bis 1. Okt. 1892) 6637 im Betrieb, welche im ganzen 25,858 Hektoliter reinen Alkohol produzierten, während die zum niedrigeren Berbrauchsabgabensatze zu versteuernde Alkoholmenge für Württemberg auf 39,495 Hektoliter festgesetzt war; im ganzen wurden hievon 1,284,793 Steuer erhoben. Bemerkt sei noch, daß der bekannte württembergische Schwarzwälder Kirschengeist unter allen deutschen nach der Zusammenstellung (mit 35 bis 70°/o Gehalt) weitaus der gehaltreichste sei.
Berlin, 15. Juli. 3. Lesung der Militärvorlage. Von der Decken (Welfe) erklärt namens seiner Freunde, daß sie gegen die Vorlage stimmen, worin sie die Folgen der 1866 begonnenen Politik sehen, welche Gewalt vor Recht, den Erfolg über die Moral setzte. Bebel (Soz.) meint, die Mehrheit für die