kammer nahm das Elftere an und sprach die Wirte wiederum frei, sämtliche Kosten der Staatskasse auf- crlegcnd. Man sieht, Klarheit ist auch durch das Reichsgericht nicht in die Frage gebracht worden.

Berlin, 11. Juli. Das Auftreten der Cho­lera in Südfrankreich hat die deutsche Regierung zu einem Rundschreiben an die Medizinalbehörden der Bundesstaaten veranlaßt, worin sie denselben eine strenge Ueberwachung der Herkünfte aus den fran­zösischen Südhäfen zur Pflicht macht.

Aus dem Zentrum liegt folgender Antrag vor: Der Reichstag wolle beschließen: 1) die verbündeten Regierungen zu ersuchen, mit Rücksicht auf die al­lenthalben in den beteiligten Kreisen bestehenden schweren Klagen über das Gesetz, betr. die Jnvali- ditäts- und Altersversicherung vom 22. Juni 1889 Erhebungen zu veranstalten, inwieweit eine Abänder­ung dieses Gesetzes, insbesondere in Bezug auf Aus­dehnung und Organisation der Versicherung erfor­derlich erscheint, und auf Grund dieser Erhebungen thunlichst bald, wenn irgend möglich noch im Laufe der nächsten Session, dem Reichstage einen bezüg­lichen Gesetzentwurf vvrzulegen; 2) der Erwartung Ausdruck zu geben, daß die seitens der verbündeten Regierungen in Aussicht gestellte Novelle zu den Unfallversicherungsgesetzen ebenfalls im Laufe der nächsten Session dem Reichstag zugehe."

Allerlei Sensationsmeldungen werden von der letzten Reichstagseröffnung verbreitet. So wird in einem rheinischen Blatte berichtet:Als der Kaiser die ersten Worte des von ihm improvisierten Schluß­satzes sprach, horchte Graf Caprivi erstaunt auf und wurde purpurrot. Er schien buchstäblich vor Angst zu schwitzen. Je weiter der Satz rückte und je of­fenkundiger er auf die Abgeordneten günstig und tief wirkte, desto mehr erhellten sich die Mienen des Reichskanzlers. Aber er wird doch wünschen, daß der Kaiser in Zukunftbei der Stange" bleibe. Per­sonen, die dem Reichskanzler sehr nahe standen, ha­ben indessen von diesem Rotwerden und Schwitzen vor Angst nichts bemerkt. Es kann also wohl nicht so arg damit gewesen sein.

Berlin, 12. Juli. Allgemein ausgefallen ist die große Herzlichkeit des Verkehrs zwischen dem Kai­ser und dem russischen Thronfolger. Der Thronfol­ger, der die Uniform des westfälischen Husarenregi­ments Nr. 8 trug, sah sehr wohl aus. Auf dem Bahnsteig des Bahnhofs Friedrichsstraße hatte das gesamte Offiziercorps des Kaiser Alexander-Regiments Aufstellung genommen und salutierte dem Sohne sei­nes Chefs. Der Thronfolger war von dieser Auf­merksamkeit freudig überrascht und dankte den Offizie­ren sehr lebhaft.

Berlin, 12. Juli. DerNationalzeitung" zu­folge ist Grat Caprioi an Benen-Entzündung erkrankt. Man hofft jedoch, daß er am Donnerstag zur zwei­ten Lesung der Militärvorlage im Reichstage erschei­nen kann.

Besterreich-Angarn.

In Jnsbruck richteten Wolkenbrüchc vergangene Nacht starke Verwüstungen an. Auch das Ziller- thal ist überschwemmt. Der Verkehr ist daselbst un­terbrochen.

Frankreich.

Paris, l3. Juli. Eine Wasserhose zerstörte vollständig die Ortschaft Bereu. Sämtliche Gebäude wurden teils forlgefchwemmt, teils eingestürzt. Eine Steinbrücke wurde vollständig fortgerissen, die unter­irdische Telegraphenleitung zerstört und die Chaussee weithin aufgerisfen. Das ganze Zerstörungswerk dauerte nur wenige Sekunden.

England.

London, 10. Juli. DieTimes" meldet aus Alexandria: Der vom egyptischen Quarantäne-Amt nach Mekka gesandte Arzt berichtet, die Zahl der dortigen Todesfälle an Cholera sei doppelt so groß, wie die offiziellen Angaben lauten. Im Mounathal sei es unmöglich, die-Toten zu begraben; die Straße zwischen Mekka und Mouna sei bestreut mit Leichen; irr Mekka lagen die Toten umher, wo sie gestorben sind, und aus Mangel an Totengräbern vergingen Tage, ehe sie beerdigt werden könnten.

Rumänien.

Bukarest, 11. Juli. Aus Braila werden große Futterkaufabschlüsse für deutsche Rechnung gemeldet.

Klrinkre MitteU>«se«.

Altoberndorf, 10. Juli. Bor etwa 8 Tagen ! wurde ein hiesiger Bürger, als er in der Nähe des Ortes im Neckar ein Bad nehmen wollte, von einer Kreuzotter in die rechte Hand gebissen. Der Arm, sowie der ganze Körper schwollen sofort in besorgnis­erregender Weise an. Durch alsbald angewendete Mittel wurde zwar das Schlimmste abgewendet, doch konnte der Mann bis jetzt noch nicht vollständig wie­der hergestellt werden und klagt über beständiges Unwohlsein.

Weida, 11. Juli. Ein schwebendes Schwal­bennest befindet sich in einem hiesigen Tanzlokal. Ein munteres Schwalbenpärchen hat dort seine Niststätte in die Querfalte eines Vorhangs gebaut und läßt sich in seiner Wohnung auch durch die zeitweise er­tönende Tanzmusik nicht stören.

Ein zehnjähriges Mädchen in Badenrod im Kreis Alsfeld ist dadurch auf entsetzliche Weise ums Leben gekommen, daß es das Seil, an dem es eine Kuh führte, sich um den Hals geschlungen hatte und von der Kuh, die durchging, auf diese Weise zu Tod geschleift wurde.

Bei dem am Sonntag Abend auf dem Grenz­bahnhof in Sosnowice ausgebrochenen Feuer sind außer dem Warenspeicher und allen darin lagernden Waren auch noch 21 mit Petroleum und Kaffee angefüllte Güterwagen verbrannt.

Weibliche Energie. Aus Kopenhagen wird geschrieben: In den hiesigen Bahnhöfen und Thea­tern waren in letzter Zeit sehr viele Taschendiebstähle vorgekommen, ohne daß es der Polizei gelang, die Schuldigen zu entdecken. Vor einigen Tagen be­merkte eine junge Dame, die sich im Gedränge vor dem Billetschalter eines hiesigen Bahnhofs befand, daß ein neben ihr stehender Mann seine Hand in die Tasche eines Nachbars steckte und eine Brief­tasche herausziehen wollte. Ohne zu zögern, ergriff die Dame den Herrn beim Arm und überlieferte ihn trotz seines Widerstandes der Polizei. Es stellte sich heraus, daß er der Urheber der letzten Diebstähle war. Der Polizeidirektor hat der jungen Dame für den Dienst, den sie der Justiz erwiesen, eine sehr wertvolle Diamantbrosche geschickt. Außerdem hat der Vorfall der energischen Frau einen Mann verschafft. Ein Journalist hat sich mit ihr verlobt.

Die Zigarette als Narkotikum. Das Neue Wiener Tagbl." berichtet: Der Operations­saal des Prof. Weinbechner im Allgemeinen Kran kenhause war dieser Tage der Schauplatz einer selt­samen Scene. An dem 31jährigen Zchlossergehilfen Anton Wagner, der sich in seinem Berufe eine schwere innere Erkrankung zugezogen hatte, sollte auf der bezeichneten Abteilung eine Laparatomie vorgenom­men werden. Prof. Weinbechner, der mit Rücksicht auf die große Gefährlichkeit der Operation dem Kran­ken, der überdies an einem Herzfehler leidet, Tag für Tag opulente Mahlzeiten verordnet und ihm die Unerläßlichkeit einer Operation wegen des Herzfeh­lers ohne Narkose plausibel gemacht hatte, richtete vor der Operation an den Kranken die Frage, ob er nicht einen tüchtigen Schluck guten Weines nehmen möchte, da ihm die Operation große Schmerzen verursachen würde. Der bereits auf dem Operations­tische liegende Arbeiter lehnte indes den Wein dan­kend ab und bat nur um gute, duftige Zigaretten, die ihm als Narkotikum, wie er bemerkte, gute Dienste leisten würden. Professor Weinbechner beeilte sich natürlich, diesen Wunsch seines Kranken zu erfüllen. Dieser brannte nun in der Thal die erste Zigarette an, worauf der Professor, umgeben von seinen Schü­lern, sofort zur Operation schritt. Während dersel­ben, die fünf Viertelstunden dauerte, wobei ihm der Unterleib geöffnet wurde, nahm der wackere Patient, der kaum eine Miene verzog und durch nichts seine Schmerzen verriet, ununterbrochen Zuflucht zu den Zigaretten, die ihm von den Aerzten verabreicht wurden und deren Rauch er mit einem gewissen Wohlbehagen vor sich hinaufzublasen schien. Nach Vollzug der Operation wurde der brave Arbeiter, dessen Heroismus Prof. Weinbechner wärmste Aner­kennung zu Teil werden ließ, in das Krankenzimmer zurückbefördert, wo ihn die sorgfältigste Pflege um- giebt. Die Wiedergenesung des Patienten macht seit­her wesentliche Fortschritte, so daß an derselben kaum mehr gezweifelt werden kann. Der Fall selbst bildet wegen seiner Originalität den lebhaftesten Unterhal­

tungsstoff der Spitalärzte und der Held desselben erfreut sich allgemeiner Sympathien.

Ein neues Goldfieber ist in Australien aus­gebrochen. Die kürzliche Entdeckung von Goldadern bei Coolgardia, im Westen Australiens, welche 9000 Unzen Gold lieferten. hat die Veranlassung dazu gegeben, daß eine Menge Leute nach dem neuen Goldlande strömen, und zwar nicht nur aus den um­liegenden Städten, sondern auch aus den umliegen­den Kolonien. Es befinden sich schon 1400 Per­sonen auf dem Goldselde, und die Mehrzahl von ihnen soll auch Goto gesunden haben. Von Mel­bourne gehen jetzt besondere Dampfer nach dem west­lichen Australien ab und viele Goldgräber und un­beschäftigte Personen verlassen die Stadt, um ihr Glück in jener Gegend zu versuch en.

Allerlei

Neues Mittel gegen die Cholera? Bon Prof. Noux in der Pasteurschen Anstalt zu Paris wurde fcstgestellt, daß der Kommabacillus der Cho­lera in der Brühe der Malzkcime stirbt. Bierbrauer Laut zu Carcassone (Südfcankreich) hat Versuche mit einem aus Malzkeimen hergestellien Thec und mit Klystieren dieses Thees veransta.tA; we beiden ersten Kranken waren zwei Frauen, deren Zustand sich schon sehr verschlimmert hatte. Sofort nach Anwendung des Mittels hörte das Erbrechen auf. die Kranken fühlten sich sehr erleichtert und waren bald wieder hergestellt. Von Lauth wurden in wenigen Tagen 30 000 Pallete von Malzkeimen verteilt; seitdem er­eignete sich täglich nur noch ein Todesfall infolge der Cholera, während beim Ausbruch der Epidemie die Zahl der Todesfälle sich bis auf neun den Tag belief.

Verweigerter Kunstrespekt. Bauer:Ich möchl' sechs Ellen Tuch, aber teme Kunflwolle!" Kaufmann:Ich weiß nicht, lieber Mann, was Ihr Euch von Kunstwolle für einen Begriff macht; aber versichern kann ich Euch, wenn bei einem Ltoffe Kunstwolle richtig verarbeitet ist, derselbe so gut ist, wie von Naturwolle!" Bauer:Ja, schauns', ich wills halt doch nicht, denn seit die Bierbrauer künst­liches Bier machen, Hab' ich gar keine» Respekt mehr v or der Kunst!"

Handel Berkehr.

Bo» der Tauber, 9. Juli. Ja der ganzen Gegend fällt die diesjährige Honigernte gut aus. Einzelne'Bienen­züchter haben von 4 bis 6 Völker über 1 Ztr. Honig geschleu­dert. Die Honi .preise sind jetzt von 1,2 t auf 80 ^ pro Pfd. gefallen.

Briefkasten. Eingesendel von R., weil anonym, wenn auch Haudichclft erkenntlich, findet schon deshalb keine Auf­nahme; übrigens erachten wir die Sache als erledigt, weil die Erwiderung aus betreffender Gemeinde nicht ganz nnbc- rechtigt gewesen._

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Hiezu das Uuterhaltuugsblatt Nro. 28.

Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchdrnckeni.