geschlachtete Tier muß vollständig aufgebraucht sein, bevor ein neues gekauft und geschlachtet wird. Wer­den mehrere Tiere zugleich zum Kauf angeboten, so entscheidet darüber, welches zuerst gekauft werden soll, das Los oder die Dürftigkeit des Verkäufers. Die Händler haben die Preise unter Ausnützung der Notlage der Landwirte so gedrückt, daß der Bauer durchschnittlich 1820 für das Pfund lebend Gewicht erhält. Andererseits stellt sich bei den der- maligen niedrigen Fleischpreisen die Fleischkost kaum teurer als fleischlose Kost. In dem benachbarten Scharenstetten soll ein gleicher Verein gegründet wer­den, der mit dem in Radelstetten Zusammengehen will.

Zur Linderung der Futternot sind, wie das Ulm. Tagbl." hört, den Landlcuten zum Ankauf von Futter namentlich aus Mitteln der Oberamts­sparkassen Darlehen zu so niederem Zinsfuß ange­boten, daß die Kassen erhebliche Verluste tragen.

Tarifermäßigung für Futter und Stroh. Vom 15. Juni d. I. ab werden die Frachten für die nachstehend aufgeführten Güter, welche in der Zeit vom 15. Juni bis 30. September d. I. auf württembergischen Stationen in Wagenladungen als Frachtgut eintreffen und an landwirtschaftliche Be­zirksvereine, Ortsvereine oder Konsumvereine oder an landwirtschaftliche Gemeinden adressiert sind, auf den württembergischen Bahnstrecken gegen Vorlage der Originalfrachtbriese im Rückvergütungswege um ein Dritte! ermäßigt, Futterbrot, Futtermehl, Samen und Sämereien aller Art, Fleischsuttermehl, Griebenkuchen, Kleie, getrocknete Malztreber, wie im Spezialtarif I genannt. Oelkuchen, Reisabfälle, aller Art getrock­nete Schlempen, wie im Spezialtarif II genannt. Frische Futterkräuter, Futterrüben, Heu, Malzkeime, nasse Malztreber, Preßrückstände von Kartoffeln, nasse Schlempen aller Art, Schnitzabfälle und Köpfe von Zuckerrüben, Spreu, Stroh, Torfstreu wie im Spezialtarif III genannt.

Karlsruhe, 21. Juni. Ein Wahlaufruf der Freisinnigen und der Volkspartei fordert die Partei­genossen im Lande auf, bei den Stichwahlen für Gegner der Militärvorlage einzutreten.

In München herrscht im Jnfanterie-Leibregi- ment der Typhus. Erkrankt sind 266 Soldaten, gestorben 11. Ein Teil liegt noch schwer erkrankt. Außerdem sei eine erhebliche Anzahl von Mannschaf­ten an Influenza erkrankt.

Darmstadt, 19. Juni. Die Stände werden wegen der Futter- und Streunotvorlage schon nächste Woche zusammentreten.

Siegen, 20. Juni In Müsen wütet seit 2 Uhr eine Feuersbrunst, die 25 bis 30 Häuser, dar­unter die Schule, zerstört hat. Die Kirche ist völlig ausgebrannt.

Bromberg, 20. Juni. In Orgylenke sind 8 Bauernhöfe niedergebrannt. Der Schaden ist be­sonders an Vieh sehr bedeutend.

Der langjährige Zeichner desKladderadatsch", Wilh. Scholz, ist gestorben.

Schwei).

Der durch seine Konzertreisen in Württemberg wohl bekannte Harfenvirtuos Sjöden ist dieser Tage in Biel in der Schweiz gestorben.

Brsterreich-Ungsrn.

Budapest, 19. Juni. Eine Versammlung von etwa 6000 sozialistischen Arbeitern sprach sich für die Zivilehe, Trennung der Kirche vom Staate und Verstaatlichung der Schule ans und nahm einen Antrag an, der gegen die Vorkommnisse in Fünskir- chen protestiert.

Frankreich.

Paris, 20. Juni. Die Besserung im Befinden des Präsidenten Carnot ist so weit fortgeschritten, daß die Veröffentlichung von Bulletins eingestellt wird.

Belgien-Holland.

Aus Harlingen bei Rotterdam sind in den letzten Tagen Hunderte von geschlachteten Schafen emgetroffen, die fast alle wegen eingetretener Fäul­nis für unbrauchbar zum Genuß erklärt worden sind.

Aus allen Teilen Hollands kommen gleichfalls die traurigsten Berichte über die verderblichen Folgen der langen Trockenheit. In einzelnen Bezirken Nord­brabants werden die Kühe, die während des Sommers in den Weiden bleiben, jetzt schon in die Roggen­felder getrieben, deren Ertrag bereits als verloren betrachtet wird. In Süd- und Nordholland, wo fast ausschließlich nur Viehzucht getrieben wird, sieht

man dem kommenden Winter mit vollständiger Rat­losigkeit entgegen. Während in gewöhnlichen Zeiten für 500 Kilo Heu 23 Gulden bezahlt werden, bieten jetzt französische Händler, die plötzlich in großer Anzahl auftauchen, für dieselbe Quantität 60 bis 65 Gulden. Da die meisten Bauern verschuldet sind, so ist, wenn nicht bald der heißersehnte Regen kommt, gar nicht abzusehen, wie sie die hohen Futterpreise für die Ueberwinterung des Viehs erschwingen können; die Folge wird sein, daß die Viehpreise jählings fallen, aber dadurch wird der Bauer erst recht zu Grunde gerichtet und der Volkswohlstand aufs tiefste ge­schädigt. Leider ganz wie bei uns!

Ein ultramontanes Genrebild aus Belgien mit Nutzanwendung hält uns Sigl'sVaterland" vor:Folgende Zahlen führen eine beredte Sprache. Die innere Stadt Brüssel ohne Vororte zählt 180,000 Einwohner, von denen 52000 weder des Lesens noch des Schreibens mächtig sind. Die Hauptstadt Brüssel gilt als diejenige belgische Stadt, in der der Volksschulunterricht am besten eingerichtet ist! Trotzdem gehören 30 Prozent seiner Einwohner zu den Analphabeten. Noch viel schlimmer steht es in den Brüsseler Vorstädten; so weist die Residenz­stadt Lacken bei einer Einwohnerzahl von 25,000 Personen nicht weniger als 11,000 des Lesens und Schreibens unkundige Einwohner auf. Hier erreicht die Zahl der Analphabeten sogar 45 Prozent der Gesamtbevölkerung. Man kann sich jetzt vorstellen, wie es in den Dörfern aussieht. Und bei einem solchen fast unglaublichen Zustande der Volksun- wissenheit weigert sich die klerikale Regierung nicht bloß den obligatorischen Volksschulunterricht einzu­führen, sondern meint sogar, daß noch zu viel Schulen im Lande sind!" In Belgien beherrscht der Ultra montismus bekanntlich die Schule.

Spanien.

Madrid, 21. Juni. Gestern abend stürzte ein großer Cirkus ein, wobei viele Personen verschüttet wurden. Die Zahl der Toten ist noch nicht bekannt.

England.

London, 19. Juni. Die günstige Wendung der Reichstagswahlen für die Milnäroorlage wird allgemein hervorgehoben.Daily News" sagt, cs sei kein Zweifel mehr, daß Caprivi me Schlacht ge­wonnen habe und die Militärvorlage durchgehen werde.Standard" bemerkt dazu, Deutschland ohne eine entsprechende Armee würde nicht mehr Deutsch­land sein, und ein Hohenzoller, dem das Parlament die geforderten Truppen adschlägt, wäre ein entthron­ter Hohenzoller.

London, 21. Juni. Nach einer Bureaumel­dung aus Jeddah sind vom 16. bis 20. Juni in Mekka 830 Personen an der Cholera gestorben.

Kleinere Mitteilllugeu.

Wie wird das Wetter im Juni, Juli und August sein? DieTägliche Rundschau" veröffent­licht auf Anregung aus dem Leserkreis die schon ein­mal von ihr mitgeteilte Wetterprognose des Herrn Dr. I. Servs für 1893, da sie bis jetzt im Wesent­lichen Stich gehalten hat. Für Juni, Juli, August lautet die Wettervoraussagung wie folgt: Juni: Sehr heiß mit heftigen, schweren Gewittern. Juli: Dieser Monat ist besonders beachtenswert, da er sehr viele kalte Tage und Landregen bringen wird, er scheint der schlechteste aller Juli der vergangenen und fol­genden Jahre zu werden. August: Mittelwarm.

Ein fatales Mißgeschick widerfuhr dieser Tage bei Nürnberg einer fremden Dame während der Reise. Sie streckte ihren Kopf, da es ihr im Kupee zu heiß geworden war, etwas zum Fenster hinaus, als plötz­lich ein starker Windstoß ihr das ganze Haupthaar davontrug. Die vollständig Kahlköpfige sank, einer Ohnmacht nahe, auf ihren Sitz nieder. Die Fahr­gäste, die kurz vorher noch daswundervolle Haar" der Dame bewundert hatten, brachen, dem Ernste der Situation angemessen, in einstilles" Lachen aus.

Weibliche Schmiede. Nicht einmal daS Schmiede­handwerk bleibt mehr ein Vorrecht des starken Ge­schlechts. Eine große Anzahl Frauen Englands ver­wahrt sich gegen ein vorbereitetes Gesetz, welches die Beschäftigung von Frauen in Eisenwarenfabriken verbietet. In den Fabrikstädten Großbritanniens arbeitet eine nicht geringe Anzahl Frauen in dieser Beschäftigung, sie fühlen sich ganz wohl dabei und sehen nicht ein, warum ihnen ihre Thätigkeit beschränkt werden soll. Diese Frauen kennen Hysterie, Nerven­schwäche rc. natürlich nicht, wohl aber Kraft und

Gesundheit. Eine von den Arbeiterinnen war 57 Jahre alt, von denen sie beinahe 40 Jahre mit Schmieden hingebracht hatte, abgesehen von der Zeit, die sie als Mutter ihren 14 Kindern hatte widmen müssen. Eine andere, ein Mädchen von 16 Jahren, die einen Hammer von 18 Pfund schwang, verteidigte ihre Beschäftigung mit allem Nachdruck und geballter Faust; sie behauptete, daß lein Gesetz das Recht habe, sich in i hr Geschäft zu mischen.

Die Unterrichtszeit an den gewerbl. Fort­bildungsschulen. Aus einem Berichte über den -Stand des Unterrichts an einer der größeren ge­werblichen Fortbildungsschulen dcS Landes, an wel­chen der Abendunterricht auf die Stunden von 5 bis 7 Uhr verlegt worden ist, teilen wir nachstehende interessante Thatsachen mit:Die Unterrichrserfolge und dies ist für die ganze Sache das Ausschlag­gebende sind bei der günstigeren Unterrichtszeit im abgelaufenen Winterhalbjahr wesentlich besser ge­wesen. Nicht bloß waren Schiller und Lehrer noch frischer als zu später Abendstunde, bei dem größeren Teil unserer Schüler machte sich auch das Gefühl bemerkttch, daß ihnen die Schule n cht mehr wie bis­her bloß eine Extrazulage von Anforderungen an Fleiß und Leistungen anferlege, sondern daß sie ih­nen gleichzeitig für die von ihr gestellten Forderungen außer dem intellektuellen Gewinn auch eine Erleich­terung bezüglich körperlicher Inanspruchnahme bringt. So kamen fast alle Schüler viel williger und mit besserem Mute in den Unterricht, und dieses mora­lische Moment hat sicher soviel als die größere phy­sische Spannkraft zu den besseren Unterrichtserfolgen beigetragen. Auf Grund des Vorgefallenen spricht sich der Gewerbeschulrat enstimmig dahin aus, daß sich die Früherlegung des Winterunterrichts bis jetzt bewährt hat, und daß an derselben auch ferner fest­gehalten werden soll. Selbst wenn die Frequenz noch weiter znrückgehen sollte, so wird vieler Ausfall mehr als ausgeglichen durch die günstigen Unierrichis- erfvlge bei dem verbleibeuvcn Teil. Diejenigen Lehr­meister, welche jetzt noch dieser Verbesserung unserer Schule feindlich gegenüderstehen, für unsere Sache zu gewinnen, müssen wir dem Einfluß der enva er­wachsenden besseren Erkenntnis überlassen. Vielleicht finden sich auch künftig die Väter immer spärlicher^ welche ihre Söhne unter Verzicht auf Erfüllung der in H 120 Abs. 3 der Gewerbeordnung ausgespro­chenen Verpflichtung der Lehrmeister in eine Lehre übergeben. Damit wäre aber einer teilweise auch hier geübten Lehrlingszüchterei ein wohlthätiger Riegel vorgeschoben, und wenn wir mit der Früyerlegung des Unterrichts auch noch dies erreichen, so hätte unsere Neuordnung noch einen weiteren Segen ge­schaffen^_^__

Handel L Berkehr.

Kirchheim u. T., 21. Juni. 1. Wollmarkttag. Zufuhr andauernd. Gelagert zirka 7000 Zentner. Wenige Käufe zu 1081i 8 feine Wolle 170

Kirchheim u. T., 22. Juni. 2. Wollmar kt tag. Gelagert ca. 6500 Ztr chz verkauft. Bastard 108-118 fein 120121 hochfein 170 _

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