München, 24. Febr. In Oberndorf im Wahlkreis Donauwörth hat der Pfarrer am vorigen Sonntag während des Gottesdienstes die Männer aufgesordert, nach Schluß des Gottesdienstes vor der Kirche auf ihn zu warten. Die dieser Aufforderung entsprachen, bekamen dann eine Ermunterung zu hören, für Wildegger (Centr.) zu stimmen. Dabei soll der Pfarrer auch geäußert haben: „es wäre besser, unsere Reichshauptstadt hieße Wien als Berlin." Woran Herr Dr. Sigl gewiß seine Helle Freude hat. Wie die Demokraten für den Nltramontanismus ins Zeug gegangen, dafür spricht eine sehr bezeichnende Geschichte, die man aus Kempten an den deutsch-freisinnigen „Frank. Cour." berichtet, wie folgt: Am Sonntag fand noch eine sehr erquickliche Wahlversammlung dahier statt. Zwei demokratische Agitatoren aus München, Politiker und Redner zweiten oder dritten Ranges, waren herübergekommen, um für den ultramontanen Candidaten zu reden. Das Lokal, das sie gemietet hatten, war gedrückt voll, aber meistens von Gegnern. Wie aus einer Gießkanne entströmten die abgedroschenen demokratischen Phrasen. Als die beiden Redner zu wiederholten Malen die Redefreiheit arg gemiß- braucht hatten, wurde unter großem Tumult vom Polizeikommissar die Versammlung geschlossen. Die beiden Agitatoren entfernten sich schleunigst auf den Bahnhof, um nach München zurückzukehren. Gewählt wurde bekanntlich der liberale Gutsbesitzer Keller, und jener ultramontane Kandidat, für den die Münchener Demokraten sich einstemmten, war Niemand anders, als der Pfarrer von Maria Rain, Herr Schielbert, der den Reichstag durch einige der drolligsten Kapuzinaden erheiterte, die seit Ludwig's Tod an jener Stelle vernommen worden.
England.
London, 23. Febr. Die „Times" sagt: „Das deutsche Volk, gefragt, ob es ein Parlamentsheer oder ein Reichsheer vorziehe, wählte unweigerlich und entschieden das Reichheer, und das bedeutet augenblicklich ganz bestimmt den Frieden." Der „Standard", der die Verstärkung der reichstreuen Parteien hervorhebt, sagt: „Bismarck und Moltke haben Deutschland stark gemacht, während das Parlament, wenn es freie Hand gehabt, es verkrüppelt hätte. Aber das große Werk kann noch zerstört werden und bei dem geringsten Zeichen deutscher Schwäche werden russische und französische Geier die Jagdbeute verteilen." Alle Blätter beleuchten das gefährliche Anwachsen der Sozialdemokratie, sowie anderseits die Ueberschätzung der Macht des Papstes, da doch die deutschen Zentrumsführer die Politik besser zu verstehen glauben als der heilige Vater.
Gerges-Weirigkertsn.
Calw.
Makikresuklat.
Abstimmung in den einzelnen Wahlbezirken.
Calw,
593 St.
Möttlingen
85 St.
Agenbach
37
„
Neubulach
99
Aichhalden mit Oberweiler
43
„
Neuhengstett
66
„
Altbulach -
83
„
Neuweiler mit Hofstett
100
f,
Altburg m. Weltenschwann
Oberhaugstett
65
,f
u. Spindlershof, Speß-
Oberkollbach
68
,f
Hardt, Alzenberg und
Oberkollwangen
39
f,
Oberriedt
147
„
Oberreichenbach
53
ff
Althengstett
208
ff
Ostelsheim
124
„
Bergorte (Aichelberg, Hüh
Ottenbronn
68
nerberg, Meistern und
Röthenbach
48
„
Rehmühle)
60
„
Simmozheim
173
ff
Breitenberg
84
ff
Sommenhardt
85
f,
Dacktel
83
,,
Stammheim mit Waldeck
Deckenpfronn
241
„
und Dicke
288
Gechingen
Hiriau mit Weiler und Dorf Ernstmühl Holzbronn
192
146
70
f,
ff
Teinach mit Emberg und Schmieh
Unterhaugstett
92
48
ff
,f
Hornberg
37
Unterreichenbach u. Denn
Liebelsberg
72
jächt
86
ff
Liebenzell
Martinsmoos
142
58
ff
Würzbach
Zavelstein
55
63
„
„
Monakam
43
ff
Zwerenberg
51
„
Stuttgart. Geburtsfest des Königs. Dem Vernehmen nach wird die militärische Feier des diesjährigen Geburtsfestes S. M. des
Königs in hiesiger Garnison ganz in früherer Art und Weise und so, als ob S. K. Majestät in Stuttgart sich befände, begangen werden. Am Vorabend wird großer Zapfenstreich, ausgeführt von den sämtlichen Tambour- und Militärmusik-Korps, und am Morgen 6. März (Sonntag) militärische Reveille, vormittags militärische Kirchenparaden und sodann große Parole- Ausgabe stattfinden. Zum Salutschießen wird auch wie früher eine Batterie des 2. Feldartillerie-Regiments Nr. 29 von Ludwigsburg nach Stuttgart kommandiert werden. Die Offizier-Korps halten die üblichen Festessen in ihren Kasinos ab und die Mannschaften sollen in der Menage festlich bewirtet werden.
Cannstatt, 25. Febr. Gestern Abend wurde in der Bahnhofstraße ein überaus frecher Diebstahl verübt, indem einem Bäcker, während derselbe mit seiner Familie beim Nachtessen saß, die Ladenkasse sammt der ganzen Tageseinnahme gestohlen wurde. Von dem Dieb hat man keine Spur.
Nizza, 24. Febr. Bei der E r d er s ch ü t t e r u n g kamen hier zwei Personen aus der Stadtbevölkerung um; etwa 10 wurden verletzt. Ungefähr 60 Häuser sind unbewohnbar. Viele Fremde verlassen Nizza. In Mentone, wo mehrere Häuser eingestürzt und viele so beschädigt sind, daß sie geräumt werden mußten, wurden mehrere Personen verletzt, aber Niemand getötet. Auch in Cannes wurden heute früh zwei neue Erdstöße verspürt, die aber keinen Schaden anrichteten.
Wevmifchtes.
(Eingsdt.) Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten. — In unserem Orte G., O.A. Calw, hatte dieser Tage ein junges Paar Hochzeit; es war aber die höchste Zeit, denn nachdem der Standesbeamte längere Zeit vergeblich der Ankunft der Beiden geharrt, mußte er sich schließlich mit dem Eintrag eines Spröß- lings begnügen, dessen Ankunft der Bräutigam als soeben eingetretenes Hindernis angab. Sonst soll übrigens die Hochzeitsfeier durch nichts gestört worden sein.
— Auch eine Ehrenerklärung. Im Bunzlauer Stadtblatt fand sich folgendes köstliche Inserat: „Erklärung! Ich Endesunterzeichneter erkläre hiermit, daß die gegen den Fürstlich Hohenzollernschen Förster Herrn Walper durch mich verbreitete Thatsache auf Unwahrheit beruht, bezw. erfunden ist. Herr Walper hat sich laut Schiedmannsvergleich vom 11. Febr. 1887 dahin in Güte mit mir geeinigt, daß ich als Sühne 200 , mit
Worten Zweihundert Mark, deren Verwendung zu Wohlthätigkeitszwecken sich Herr Walper vorbehält, zahle, außerdem die Ehrenerklärung je dreimal im Bunzlauer Stadtblatt, Niederschles. Kurier und dem Bürger- u. Hausfreund zurücknehme. Gottfried Bunzel, Gärtner."
— Der Berichterstatter des Figaro in Nizza CH. Limouzin giebt interessante Details über das Erdbeben. Bei dem ersten Stoß, der in aller Frühe erfolgte, stürzten eine Menge Personen unangekleidet auf die Straße heraus, fürchtend, daß ihnen das Haus über dem Kopfe einfalle. Man sah Damen im Nachthemd, Herrn barfuß, die Beinkleider in der Hand tragend, auf den öffentlichen Plätzen. Diese verwandelten sich sofort in Feldlager: kldce llo ?Ist»N68, ?laeo Assssna, klaoo Osribaläi, avenuo äo I» 6sre, alle waren von ängstlichen Personen erfüllt, welche in der abenteuerlichsten Bekleidung erschienen; dabei auch noch Dominos und Pierrots, die direkt vom Maskenballe herkamen. Viele Personen wurden von der Feuerwehr aus den zerstörten Häusern herausgezogen. Der General Jamais ließ sich an einem Leintuch herunter. Die Gräfin Bardi erlitt durch das über sie hereinstürzenve Dach in der Villa Natha einen Schädelbruch; die Vorsteherin der Töchterschule, Mad. Cheylan, wurde tot aus dem Schutt herausgezogen. Die Aerzte hatten vollauf zu thun. Der Herzog von Nemours kampierte mit dem Grafen von Eu und seiner Familie im Garten der detr. Villen. — Die Militärverwaltung hat auf allen Plätzen Zelte errichten lassen, unter welchen Kinder und Frauen sich aufhalten. Die Promenade entlang stehen geschlossene Wagen mit Personen, welche die nächste Nacht am Ufer des Meeres zuzubringen entschlossen sind. Die Badekabinette, Omnibusse und Fiaker werden zu fabelhaften Preisen gemietet; das kleinste Wägelchen kostet
100 Frs. und es fehlt daran. Auf den Höhen von Cimiez kampieren 2000
Russen, Amerikaner und Engländer unter freiem Himmel. Viele, die nicht per Eisenbahn fortkommen konnten, fahren mit Extrafuhrwerk zu enormen Preisen. Acht außerordentliche Züge gingen andern Tages von Nizza nach
Paris ab mit 6000 Fremden, 3000 reisten nach Italien zu ab. Ebenso
haben in Mentone Einwohner und Fremde die Häuser verlassen und sitzen in Wagen am Quai du Midi. Zwei Kompagnien Jäger sind von Villa- franko nach Nizza gefordert.
Amtliche Keklttmtmachnngku.
Bekanntmachungen über Einträge im Handelsregister.
I. im Register für Eiuzelfirmeu.
1.
2.
3.
4.
5.
Gerichtsstelle,
welche die Bekanntmachung erläßt.
Tag
der
Eintragung.
Wortlaut der Firma;
Ort der Hauptniederlassung und der Zweigniederlassungen.
Inhaber der Firma.
Prokuristen;
Bemerkungen.
K. Amtsgericht Calw.
19. Febr. 1887
I. F. Hasenmaer u. Zahn, (Fabrikation von Saffian- und anderem Leder)
Hirs au.
Rudolf Ferdinand Roser, Kaufmann in Hirsau.
22. Febr. 1887
August Asseburg, gemischtes Warengeschäft, Hirsau.
Karl Heinrich Binder, Kaufmann in Hirsau.
t. Amtsrichter:
Fischer.