Amts- und Intelligenz-Blatt für

den Oberamts-Bezirk Nagold

V72.

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 ^ 20 Monats-Abonnement nach Verhältnis. .

Donnerstag 22. Juni

JnsertionS-Gebühr für die Ispaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des BlatteS der Druckerei aufgegeben sein.

1893.

Aöonnements-Gintadung

auf den

Gesellschafter"

mit dcm Unterhaltungsblatt und dem weiteren Beiblatt:

Schwäbischer Landwirt. R

. , Mit dcm l. Juli beginnt ein neues vier- A A teljährlkchcs bczw. halbjährliches Abonnement A ^ und bitten wir alle Abonnenten, ihre Be- A A stcllung sofort zu erneuern , wenn sie eine A A Unterbrechung im Bezug vermieden wissen A ^ wollen. Abonnemeutspreis s. oben am Kopfe ^ ^ds Blattes. ^

A lllcueintretendc sind uns herzl. willkommen.

Redaktion u. Expedition.

A U n t H e s.

Nagold. Beschränkung der Flößerei.

In Anbetracht des gegenwärtigen außerordentlich niederen Wasserstandes der Nag.old, bei welchem durch unbeschränkte Ausübung der Flößerei der Betrieb der Mühlen und sonstigen Wasserwerke zu sehr gestört wird, wird hiemit der Floßbctrteb auf der Nagold bis auf weiteres, d. h. bis die Wasserstand-Verhält- nisse dieses Flusses sich gebessert haben werden, in der Weise beschränkt, daß aus den Wasserstuben<Ab Altensteig und bei Mohnhardt die Flöße nur ai? den drei Tagen der Woche

Dienstag, Donnerstag und Sonntag abgehen dürfen.

Die Flöße müssen je in der Frühe abgehen und die Wasserstuben nach Passieren der Flöße bis zum nächsten Fahrtag geschlossen bleiben. Zuwiderhand­lungen werden bestraft.

Den 21. Juni 1893.

_ K. Oberamt. Vogt.

Bekanntmachung.

In der Gemeinde Emmingen ist die Maul- und Klauenseuche wieder erloschen.

Nagold, 19. Juni 1893.

K. Oberamt.

I. B.:

Stv. Amtm. Widenmann.

Die evangelischen Pfarrämter

werden ersucht, im Lause der nächsten Monate das jährliche Kirchenopfer für den Bezirkskinderrettungs- Verein abzuhalten und einzusenden.

Nagold, 19. Juni 1893.

K. Dekanat.

_ Schott. _

Die Kön. Pfarrämter

wollen die Wehrlisten bis 25. d. M. vorlegen. Nagold, 20. Juni 1893.

K. Bezirks-Schulinspektorat.

Dieter l e._

Die Wahl des Verwaltungskandidatcn Georg Frey von Enzthal zum Ortsvorsteher der Gesamtgemeinde Wüstenroth, Oberamts Weinberg, wurde bestätigt.

Der Notstand in der Landwirtschaft.

DasHaller Tagblatt" bringt folgende Anre­gung :

Tag für Tag sendet die Sonne ihre sengenden Strahlen vom wolkenlosen Himmel hernieder, und wenn sich auch einmal Wolken zusammenziehen, es will nicht zu dem so heiß ersehnten Regen kommen. Kein Tropfen fällt auf das heiße, ausgedörrte, lech­zende Erdreich hernieder.

Der Landwirtschaft droht infolge dieser Dürre der Ruin, der Untergang. Das ist leider Gottes keine Uebertreibung, das ist die volle Wahrheit. Die Futternot wächst von Tag zu Tag in geradezu schrecklicher Weise; sie nimmt Verhältnisse an, daß nur zu sagen ist: Wir stehen vor einem Landesun­glück.

Rasche, durchgreifende Abhife thut Not. Vor Allem gilts rasch zu helfen, denn sonst bemächtigt sich der Bedrängten dumpfe Verzweiflung. Wehe, wenn Hilfe zu spät kommt!

Um ein Sündengeld muß jetzt schon das Vieh verkauft werden. Selbsthilfe durch Selbstschlachten und Verkaufen an die Nachbarn wird ja wohl allen­thalben versucht. Aber was kommt heraus, wenn man das Pfund um zehn Pfennig abgeben muß? Und wenn Alles schlachtet, wie stehts mit dem Ab­satz, zumal bei dem heißen Sommerwetter?

Wie aber solls erst werden, wenn die Regen­losigkeit anhälr, wenn auch der Oehmdertrag in Frage gestellt ist, wenn auch die Setzware, die Futterrüben verdorren?

Hier muß Hilfe von der Gesamtheit, vom Staate eintreten; der Privatwohlthätigkeit, der Fürsorge von Korporationen und Genossenschaften sei darum na­türlich keine Schranke gezogen.

. Wir sind der Ansicht, die Regierung sollte ernst­lich erwägen, ob nicht angesichts des allgemeinen Notstandes schleunigst der Landtag zur Äeratung von Maßregeln zur Abhilfe einzuberufen sei.

Von Elsaß-Lothringen liest man den Vorschlag, es sollten aus Staatsmitteln den Notleidenden Dar­lehen auf 5 bis 10 Jahre in der Weise gewährt werden, daß von Staatswegen im Großen das zur Erhaltung des Vichstandes und damit der ackerbau­treibenden Bevölkerung notwendige Viehfutter Heu, Stroh, Rüben u. s. w. angekaust und von einer Hauptstelle an die Verbrauchsstellen geleitet wird, je nach dem von den betr. Bürgermeisterämtern angemeldeten Bedarf.

Die Rückzahlung des Preises der gelieferten Futtermittel erfolgt nach Belieben auf einmal oder in fünf bis zehn Teilzahlungen mit etwa 1 Prozent Zuschlag oder weniger zur annähernden Deckung der Betriebskosten.

Außergewöhnliche Verhältnisse erheischen außer­ordentliche Maßnahmen. Obiger Vorschlag scheint es uns wert zu sein, auch von den maßgebenden und berufenen Kreisen in Regierung und Volksver­tretung gewürdigt zu werden.

Was aber geschehen soll, das muß schnell ge­schehen, ehe das Unglück zu weit vorgeschritten ist. Es gilt, der Verzweiflung zu wehren, es gilt, die Hoffnung aufrecht zu erhalten, daß die Landleute, die den ganzen Tag ihr Vieh vor Hunger brüllen hören, wissen: es geschieht etwas für uns.

Für die allernächste Zeit müssen zunächst die Forstbehörden durch ausgedehntere Abgaben von Streu und Gras aus den Wäldern sorgen und eintreten.

Man unterlasse doch die Versteigerungen, bei denen sich die Leute trotz aller Abmahnungen un­vernünftig hineinsteigern. Man teile den Wald in eine je für die betr. Gemeinde und Gegend genügende Anzahl Lose, und verlose, statt versteigere diese. Dann weiß Jeder: Ich bekomm etwas.

Und dann meinen wir, die Bauern ruinieren den Wald nicht, wenn man sie auch in den Waldhinein­läßt." Bei richtiger Organisation der Aufsicht kann gewiß auch hier den Bedürfnissen, der Not der Land­wirtschaft mehr als bisher entgegengekommen werden.

Gages-Weuigkeiten.

Deutsches Weich.

2 Alten steig, 20. Juni. Gestern wurde hier ein 2jähr. Hirsch, der in den Stadtwaldungen erlegt wurde, ausgehauen, das Pfd. zu 35 Das Rind-

fleisch hat nochmals abgeschlagen von 30 auf 25 Auch das Kalbfleisch kostet 30 L. Kälber giebt es genug, und werden solche zu 68 gekauft. Luftkurgäste sind jetzt schon hier angekommen, sie wollen sich diesmal bei Zeit aus der staubigen At­mosphäre der Hauptstadt in die reine frische Schwarz­waldlust flüchten.

Wildbad, 14. Juni. Stadtpfarrer Dr. Braig hat einen Ruf nach Münster erhalten auf den Lehr- stuhl für Dogmatik und Apologetik. Er ist Verfasser mehrerer philosophischer und dogmatischer Schriften.

Stuttgart, 19. Juni. Wie der heutigeFigaro" vernimmt, hätte der Zar den französisch-russischen Handelsvertrag vorgestern in Peterhof unterzeichnet; in dem neuen Handelsvertrag machen sich beide Länder bedeutende Konzessionen. Frankreich erniedrigt den Zoll auf russisches Petroleum auf 12 Francs resp. 9 Fr. 50 Cent., während Rußland den Zoll auf französische Weine, Schnaps, Luxusartikel und Mo­dewaren wesentlich erleichtert. Das Blatt mißt dem Abschluß dieses Handelsvertrags eine politische Be­deutung bei.

Nach einer vorläufigen Zusammenstellung sind in Württemberg 301476 Stimmen abgegeben worden. Davon erhielt die Volkspartei 105239, die deutsche Partei 64 969, das Zentrum 58712, die Sozialisten 41588, Konservative und Bauernbund 30 968.

Friedrichsruh, 19. Juni. An der gestrigen Fahrt der Mecklenburger zum Fürsten Bismarck be­teiligten sich 4000 Personen. Fürst Bismarck ant­wortete in halbstündiger Rede, worin er sich gegen den Partikularismus und die Fraktionspolitik aus­sprach und schloß mit einem Hoch auf den Großher­zog von Mecklenburg.

Breslau, 19. Juni. Die Polizei wollte gestern abend aus geringfügigem Anlaß einen Ruhestörer in der Mathiasstraße verhaften. Ein Fleischermeister leistete der Polizei hiebei Hilfe. Eine Anzahl Bur­schen stürmten aus diesem Grund den Fleischerladen, warfen Steine und schoßen auf die Polizei. Letztere ging mit blanker Waffe vor und verhaftete 23 Per­sonen aus dem auf 1000 angewachsenen Haufen. Das Militär sprengte den Haufen.

Das Hochwasser der Weichsel hat in den linksseitigen Niederungen viel Unheil angerichtet. In Ottloschin, Grünthal, Ober- und Großnessau, Schlüssel­mühle bei Thorn ist der größte Teil der Ernte ver­nichtet. Die Wiesen sind für dieses Jahr wertlos.

Berlin, 16. Juni. DieNordd. Allg. Ztg." schreibt, aus den bisherigen Wahlergebnissen sei zu ersehen, daß die Freunde der Militärvorlage an Boden nicht verloren, sondern gewonnen hätten.