Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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13. Juni

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1893 ,

Nichtswiirdig ist die Ration, die nicht Ihr Alles freudig fetzt an ihre Ehre.

(Schiller)

Lehrkurfus für Hufschmiede.

An der Lehrschmiede der Königl. Tierärztlichen Hochschule wird nach Beifügung des Königl. Mini­steriums des Innern, betreffend den Vollzug des Ge­setzes vom 28. April 1885, über das Hufbeschlagge­werbe vom 11. Juni 1885, Reg.-Bl. S. 215, ein 12 Wochen dauernder Unterrichtskursus für Hufschmiede in der Zeit vom 17. Juli bis 7. Oktober abge- holten werden. Die Kosten des Unterrichts werden von der Staatskasse getragen; jedoch haben die Schü­ler für ihren Unterhalt selbst zu sorgen. Ein Staats­beitrag wird nicht gewährt. Die Teilnehmer an dem Kursus haben sich, am Schluffe des Unterrichtskursus, in Anwesenheit eines Delegierten der Kgl. Zentral­stelle für die Landwirtschaft, einer Prüfung zu unter­werfen, von deren Erstehen die Berechtigung für den Betrieb des Husbcschlaggewerbes für den ganzen Um­fang des deurschen Reiches abhängig ist.

Hufschmiede, welche diese Gelegenheit zum Zwecke ihrer weiteren Ausbildung und der Berechtigung zur Ausübung des Hufschmiedgewerbes benützen wollen, haben sich bei der Unterzeichneten Stelle. welche im s Einverständnis mit der K. Zentralstelle für die Land- > Wirtschaft über die Zulassung zu dem Kursus entschei- ! det, längstens bis zum 25. Juni zu melden.

Dem Zulassungsgesuch sind beizulegen:

1) ein Geburtszeugnis,

2) der Nachweis der mit Erfolg bestandenen Lehr­zeit im Schmiedehandwerk und einer zweijähri­gen Thätigkeit als Schmiedgeselle, wobei der Bewerber schon im Hufbeschlage beschäftigt ge­wesen sein muß. Der Nachweis der Lehr­zeit, sowie die sonstigen Zeugnisse über die Thätigkeir im Husbeschlag, müssen schulrheißenamtlich beglaubig! sein,

8) wenn der Bewerber minderjährig ist, eine E'n- ivilftgungsei k ärung des BattrS oder Vormunds,

4) c>n von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Prädikaiszengnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß dem Bewerber die erforderlichen Geldmittel zur Bestreitung seines Unterhalts während des Unterrichtskursus zu Gebot stehen werden.

5) eine von dem Bewerber, und wenn derselbe minder­jährig in, auch vom Bater oder Vormund un- lerzeichnete Erklärung, durch welche die Verbind­lichkeit übernommen wird, die der Staatskasse erwachsenden Unterrichtskosten zu ersetzen, wenn von dem Schüler der UnterrichtSkurö vor dessen Beendigung ohne Genehmigung der K. Zen­tralstelle für die Landwirtschaft verlassen, oder durch eigenes Verschulden die Entfernung aus demselben veranlaßt, oder die Prüfung binnen einer ihm gesetzten Frist nicht erstanden wird, (tz 4 Abs. 2 der Verfügung des Ministeriums des Innern vom l l. Juni 1885.)

Stuttgart, den 6. Juni >893.

Direktion der K. Tierärztlichen Hochschule: _ F ri cke r. _

Bekanntmachung, betreffend Reifebriträgr zum Be-

fuch der Weltausstellung in Chicago.

Von den der Zentralstelle für Gewerbe und Haudel aus Anlaß der Weltausstellung in Chicago zur Verfügung gestellten Mitteln sollen 10000 ^

, verwendet werden, um neben einem im Exportwesen j erfahrenen Mann eine Anzahl dem Gewerbe ange- ! höriger Personen, namentlich auch Techniker, Werk­meister und drgl. mit Reisebeiträgen im Maximal­betrag von 1500 zum Besuche dieser Ausstellung zu unterstützen.

Bewerber, welche sich über einen tüchtigen eigenen Geschäftsbetrieb oder über hervorragende Leistungen in einem fremden Geschäfte ausweisen können und die Fähigkeit besitzen, aus dem Besuche der Aus­stellung für sich und Andere Nutzen zu ziehen, haben ihre Gesuche mit den erforderlichen Belegen und mit einer Darlegung ihrer Bildungslaufbahn läng­stens bis 1. Juli an die Handels- und Ge­werbekammer ihres Bezirks einzureichen, wobei die unselbständigen Gewerbetreibenden auch nachzu­weisen haben, daß und welche Reisebeiträge ihnen außerdem von ihren Arbeitgebern oder von anderer Seite zugesichert worden sind.

Unter sonst gleichen Umständen erhalten diejeni­gen Bewerber, welche der englischen Sprache mächtig sind, den Vorzug.

Die Unterstützten haben die Verpflichtung, sich mindestens drei Wochen zum Studium in Amerika aufzuhalten und nach ihrer Rückkunft einen Bericht über die für ihren Beruf ans der Reise gemachten Wahrnehmungen zu erstatten.

Stuttgart, den 6 Juni 1893.

K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel. _Gaupp._

Nagold.

An die Gemeindebehörden.

Denselben wird in Erinnerung gebracht, daß die Centralleitung des Wohlthätigkeits-Vereins in Stutt­gart Lehrgeldbeiträge nicht verwilligt, ohne den Nach­weis, daß die örtlichen Kassen einen Beitrag gegeben oder zugesichert haben.

Den >0. Juni 1893.

_ K. Oberomt. Vogt.

Nagold.

An die Ortsvorfteher.

Der große Futtermangel hat die Landwirte des Bezirks in den letzten 14 Tagen veranlaßt, einen Teil ihres Viehs zu Schleuderpreisen abzugeben. Der jetzt schon hiedurch erwachsene Schaden belauft sich auf viele Tausende. Um die Landwirte vor weiterem großen Schaden zu behüten, hat der land­wirtschaftliche Verein den Bezug von Futter im Gro­ßen aus dem Auslande in die Hand genommen. Das Futter soll zu mäßigem Preis nach Maßgabe des Bichstandes abgegeben werden.

Die Orts-Vorsteher werden aufgesordert, Vor­stehendes sofort in den Gemeinden bekannt zu machen und den Landwirten dringend abzuraten, vorerst wei­teres Vieh zu Schleuderpreisen abzusetzen.

Die außergewöhnliche Notlage läßt ein vorschuß­reiches Eintreten der Gemeindepflegen dringend angezeigt erscheinen. Hiewegen folgt weitere Bekanntmachung. Den I I. Juni 1893.

K. Oberamt. Vogt.

Toiges-WeuigtteiLen.

ffs- Nagold, 12. Juni. Zur Reichstagswahl. Die gestrige Wählervcrsammlung im Gasthaus z. Rößle war von Stadt und Land äußerst zahlreich besucht. Nachdem Kommerzienrat Sannwald dieselbe begrüßt und eröffnet hatte, nahm Dr. Karl Elben aus Stuttgart das Wort, um über die Grundzüge

der Militärvorlage zu sprechen. Dieselben sind

1) Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht (Artikel 57 der Reichsoerfassung, der seither nur auf dem Papier bestand), welche dafür bürgt, daß keine Kabinetskriege, sondern nur von der Begeisterung des Volks getragene Kriege geführt werden können;

2) Verstärkung der jüngern Jahrgänge und Schonung der verheirateten Mannschaften, während nach dem seitherigen Mobilmachungsplau im Fall eines Kriegs sofort o.e gesamte Land wehr und einige Jahrgänge des Landsturms mobil gemacht werden müßten (die Schonung der älteren Mannschaften als der Vorstände der Haushaltungen und Leiter von Geschäften wäre von großem volks­wirtschaftlichem Nutzen); 3) die zweijährige Dienst­zeit. Wenn aber durch letztere die Kriegstüchtigkeit des Heers nicht geschädigt werden soll, so sind fol­gende Ausgleichungen nötig: 1) Verstärkung der Kompagnien, 2) Schaffung von Cadres, alS esten Rahmen für Einschiebung von Reservekräften, o daß ohne Zeitverlust der Aufmarsch an der Grenze erfolgen kann, 3) Verstärkung der Artillerie, de- züglich deren uns Frankreich bedeutend überlegen ist. Was die Kostendeckung betrifft, so ist die anfänglich von der Reichsregierung ins Auge gefaßte Brau- und Branntweinsteuer fallen gelassen worden und es käme in Betracht die Börsenstener (IS Mill.), die auch im demokratischen Lager Freunde hat. die Wehrsteuer (20 ML), von nicht Waffen­fähigen, aber sonst Erwerbsfähigen zu tragen (in der Schweiz und in Frankreich schon eingeführt.'). Luxussteuern (16 Mill.), Erbschaftssteuer und Einkommensteuer mit progressiver, d. h. nach oben steigender Skala (letztere schon vor 3 Jahren von der deutschen Partei in Württemberg verlangt, aber von den Demokraten Haußmann bekämpft). Ferner widerlegt Redner die von den Sozialdemokraten und Demokraten erhobenen Vorwurf, als ob Deutsch­land immer in der Kriegsrüstnag mit schlimmem Beispiel vorangehe; es ist durch den Gröber'schen Bericht nachgewiesen, daß Frankreich viel rascher vorangegangen und denn auch bezüglich seiner Mannschaften an der Grenze seiner Leistungsfähig­keit angekommen ist. Warum sollen wir den Vor­teil. den uns unsre größere Bevölkerungsziffer ge­währt, nicht ausnützen, um dem Feind den Borsprung wieder abzugewinnen? Bei aller Befriedigung, die uns der Dreibund gewährt, müssen wir doch bedenken, daß im ungünstigen Fall nicht Italien oder Oesterreich, sondern Deutschland der Kriegsschauplatz sein würde; auch ist nicht sicher, daß der Dreibund von ewiger Dauer sein wird. Es handelt sich nicht um die augenblickliche Gefahr, sondern die Militärvorlage ist auf 20 Jahre hinaus berechnet. Wenn wir so stark sind, daß Frankreich nicht mit uns anzubinden wagt, dann ist der Friede gesichert. Daß große Gefahren vor­handen sind, wurde in interessanter Weise m.t Stimmen aus dem gegnerischen Lager bewiesen: Liebknecht 1883:Rußland spielt mit uns wie die Katze mit der Maus"; Bebel 1890:Rußlano muß bestrebt sein, die Ostsee zu einem russischen Meer zu machen; die Lage drängt auf eine Katastrophe hin". Beobachter nach den Sep- tenatswahlen I. Okt. >887:Wie kann von Abrüstung die Rede sein, wahrend Rußland und Frankreich auf der Lauer liegen, über uns hrrzufallen» und diese Gefahr ist eine dauernde!" llno was den Vorwurf der Angstmacherei betrifft, den vn-