Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Donnerstag 8. Juni
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1893 .
A m 1 l i H k ».
A« die Ortsvorsteher.
Der Oberamlsoorstand hat anläßlich seiner Dienstreisen im Bezirk mehrfach wahrgenommen, daß der Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 30. Dez. v. I. (Minist.-A.-Bl. 1893 S. 1), betreffend das Ausiiste« der Bäume an öffentlichen Straßen nicht genügend befolgt worden ist.
Die Ortsvorstehcr werden wiederholt angewiesen, das Erforderliche vorzukehren, damit nicht in Folge Ueberhangs der Bäume an den öffentlichen Straßen Unzuträglichkeiten für den auf diesen Straßen statifindenden Verkehr entstehen.
Den 5. Juni 1893.
__ K. Oberamt. Vogt.
Oberamt Nagold. Bekanntmachung,
betreffend Wasserwerksveränderung.
Die Gemeinde Bösingen, Obecamts Nagold, hat um die Erlaubnis nachgesucht, zu ihrer neuen Quellwasserversorgung in dem Waldachthal auf Bösinger Markung eine Pumpstation zu errichten und zu diesem Zwecke der bestehenden Wassergraben an der Wal-
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Lach und den Wiesenparzellen —^-^-^—
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und - — mrt dem dort vorhandenen Nutz-
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zu Tag tre-
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gefälle und der auf Parzelle
lenden Quelle nutzbar zu machen und für den Betrieb eines Druckwerks zur Hebung des für obengenannte Gemeinde benötigten Trink- und Nntzwassers zu verwenden.
Das Pumpmaschinenhaus mit einzubauendem Wasserrad von 6,0 rn Durchmesser und 0,7 na Breite 1217
soll auf Parz.-Nro. —^ — erstellt werden.
Dies wird mit dem Anfugeu bekannt gemacht, daß etwaige Einwendungen gegen die projektierte Wasserwerksänderung Sinne»» 14 Tagen bei der Unterzeichneten Stelle, woselbst auch die Beschreibungen, Zeichnungen und Pläne während den gewöhnlichen lÄeschäflsslunden zur Einsicht aufgelegt sind, anzu- biingen wären und daß nach Ablauf dieser Frist Einwendungen in dem Verfahren nicht mehr angebracht werden können.
Den 6. Juni 1893.
_ K. Oberamt. Vogt.
H e r r e n b e r g.
Bekanntmachung,
betreffend die Ermittlung des ReichstagSwahl- ergebnifles.
Zur Kenntnis der Wähler des VII. Wahlkreises wird hiemit gebracht, daß die Ermittlung des Ergebnisses der am 15. ds. Mts. stattfindenden Reichstagswahl von der hiezu berufenen Kommission am Montag den 19. Juni 1893, V.-M. 8»/, Uhr. auf dem Rathause in Herrenberg vorgenommen werden wird, wobei der Zutritt zu dem Lokal jedem Wähler offen steht. (8 26 des Wahlreglements vom 28. Mai 1870.)
Den 7. Juni 1893.
Wahlkommissär
_ Oberamtmann Boelter.
Bekanntmachung.
Durch Erlaß der K. Krersreglerung Reutlingen vom 31. v. Mts. ist das Verbot der Ausfuhr von
Wiederkäuern und Schweinen aus der Gemeinde Emmingen wieder ausgehoben und laut oberamtlichen Beschlusses vom 28. v. Mts. das Verbot des Durch- treibens von Wiederkäuern und Schweinen durch die genannte Gemeinde und der gemeinsamen Benützung von Brunnen, Tränken und Schwemmen für dieselben zurückgenommen worden.
Nagold, den 2. Juni 1893.
K. Oberamt.
I. V:
Stv. Amtm. Widenmann.
Gestorben: Johann Martin Hartmann a. Altensteig, 82 I., in Philadelphia.
Vertreten und doch nicht vertreten!
Die Demokratie hat beiden Wahlen von 1890 die Mehrzahl der württembergischen Reichstagssitze erobert. Wie haben nun die gewählten demokratischen Abgeordneten ihre Pflicht als Vertreter des Volkes erfüllt? Präsenzlisten werden im Reichstag nicht geführt. Wohl weiß man in den einzelnen Wahlkreisen, daß die Abgeordneten zu einem großen Teil es sehr lässig mit ihrer Pflicht gehalten haben. Manche Wahlkreise hatten einen gewählten Vertreter im Reichstag, der io seiten dort erschien, daß die Wahlkreise in Wirklichkeit selten oder fast nie vertreten waren. Einen genauen Nachweis kann man nur führen an der Hano der namentlichen Abstim- mungeu. Solcher waren es in dem jetzt aufgelösten Reichstag in den letzten 3 Jahren 31. Wie hoben sich nun nach Ausweis der namentlichen Abstimmun- gen die volksparteilichen Volksvertreter an dem Reichstag beteiligt? Der „Schw. M." giebt hierauf fol» gende Antwort: Der Reichstagsabgeordnete Schnaidt hat bei den 31 Abstimmungen 16mal aeiehlt. Soweit man aus den Abstimmungen einen Schluß ziehen kann, war er somit über die Hälfte der Zeit aus dem Reichstag abwesend, 14mal fehlte er nach dem amtlichen Protokoll ohne Entschuldigung. Auf den Reichstag dieses Winters entfallen die Abstimmungen Nr. 23-31. Von Nr. 23—29 war der Vertreter des 2. Wahlkreises abwesend. Erst bei den beiden Abstimmungen am 6. Mm erschien er wieder, um gegen die Militärvorlage zu stimmen. — Der Abgeordnete des 3. Wahlkr., Härle, fehlte bei 13 Abstimmungen von 31. Bekanntlich war er lange krank und sein Name findet sich denn auch niemals unter den unentschuldigt Fehlenden (9mal krank, 4mal beurlaubt). — Der Abgeordnete des 4. Wahlkr., Kercher, fehlte 12mal (alle 12mal unentschuldigt).
— Der Abgeordnete Payer. 6. Wahlkr.. fehlte 15mal uirterßl (4mal beurlaubt, llmal unentschuldigt).
— Der Vertreter des 8 Wahlkr., Frbr. v. Münch, fehlte llmal (3ma! beurlaubt, 8mal ohne Entschul. digunq.) — Der Vertreter des 9. Wahlkr., Konrad Haußmann, zeigt die stärkste Ziffer in der Zu- sammenstellung der versäumten Abstimmungen; er fehlte 20mal unter den 3l Abstimmungen des letzten Reichstags, davon I2mal ohne Entschuldigung, und auch hier zeigt sich, wie bei dem Abgeordneten Schnaidt, daß Haußmann bei sämtlichen Abstimmungen im verflossenen Winter sehlte, bis sein Name am 6. Mai endlich wiederum bei den beiden letzten Abstimmun- gen des Reichstags vor d:r Auflösung erscheint. — Der Vertreter des 10. Wahlkr.. Speiser, fehlte 10mal (ömal ohne Entschuldigung). — Der Abge- ordnete Hartmann vom 11. Wahlkreis hätte sich
' an 18 Abstimmungen beteiligen können. Er fehlte
llmal, also auch weit über die Hälfte und zwar 7mal ohne Entschuldigung. — Der Vertreter des 12. Wahlkr., Pflüger, fehlte 14mal, davon llmal ohne Entschuldigung. — Der Abgeordnete des 14. Wahlkr.. Hähnle, fehlte llmal, davon 7mal ohne Entschuldigung. An den 9 Abstimmungen des Reichstags dieses Winters nahm er nur teil an der Abstimmung vom 8. Febr. und den beiden Abstimmungen am Auflösungstag, am 6. Mai. — Da darf man billig fragen, wählt das Volk seine Vertreter in den Reichstag, damit es nicht vertreten ist?
Die Militärvorlage und der 2jährige Dienst.
Von einem alten Landwehrmann.
Das Wichtigste, was die von dem Reichstag abgelehnte Heeresvorlage bringt, ist die zweijährige Dienstzeit für sämtliche Fußtruppen (Infanterie, Feld- und Festungsartillerie rc.) und damit eine ganz wesentliche Erleichterung der Dienstlast des einzelnen Soldaten im Frieden,
Schonung und Zurückstellung der älteren Jahrgänge, der verheirateten Landwehrmänner im Kriegsfall.
gleichmäßige und gerechte Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht durch Heranziehung der ganzen felddienstfähigen jungen Mannschaft.
Aber auch Nachteile, ja ernste Gefahren, deren Unterschätzung sich bitter rächen könnte, wären zu besorgen, wenn man die zweijährige Präsenz einführen wollte, ohne für die Erhaltung der vollen Leistungsfähigkeit des Heers nach allen Richtungen Sorge zu tragen.
Der dreijährige Dienst gestaltet unleugbar eine gründlichere Ausbildung des einzelnen Mannes und in der bisher gebotenen Möglichkeit, durch Fleiß und gute Führung ein Jahr früher als die Mehrzahl der Kameraden die Entlassung in die Heimat zu erlangen, liegt eine mächtige Änipornung für jeden Soldaten.
Doch das mag mancher nicht so hoch anschlagen. Von höchster Bedeutung aber ist unzweifelhaft, ob der Ueberqang von der dreijährigen auf die zweijährige Präsenz nicht nachteilig wirkt auf die Schlagfertigkeil und Kriegsbereitschaft des Heeres. Wie wichtig gerade diese Frage ist. beweis! die bekannte Thatsache, daß im Jrhre 1887 der französische Kriegsminister General Boulanger allen Ernstes mit den an der deutschen Westgrenze aufgehäuften französischen Truppen gleichzeitig mit der Erklärung des Kriegs in Deutschland einfallen wollte und daß damals in dem französischen Slaatsministerium sein Antrag nur mit sieben gegen fünf Stimmen abgelehnt wurde.
Nach der bisherigen Ordnung unseres Heeres müssen nun bekanntlich die Bataillone der Linie, welche im Frieden ohnedies nur auf halber Kriegsstärke stehen, im Kriegsfall nahezu die Hälfte ihrer Offiziere und den dritten Teil ihrer Unteroffiziere an die Landwehr und an die Ecsatzcruppen abgeben. Diese Lücken werden- allerdings aus der Reserve und Landwehr wieder ergänzt; allem dies braucht Zeit und bei aller Vortrejfl-chkeit jedes Einzelnen wird hiermit wenigstens für die ersten, vielleicht entscheidenden Tage doch nur ein ungenügender Ersatz geboten.
Bei der dreijährigen Dienstzeit ist dies zu ertragen, es stehen da wenigstens stets zwei vollständig ausgebildete Jahrgänge zur Verfügung. Bei der zweijährigen Präsenz dagegen ist die größere Hälfte