Amts- und Intelligenz-Blatt für den Overamts-Bezirk Nagold.
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Samstag 27. Mai
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1893 .
A M n ! H k s.
Nagold.
An die Ortsvorsteher,
betreffend die Abgabe von Gras und Streu aus de» Gemeiudewaldungeu.
Zur Linderung des herrschenden Futtermangels ist Teilens des K. Ministeriums des Innern und der K. Forstdirektion (Abteilung für die Körperschafts- Waldungen) die Anordnung ergangen, daß den Wünschen der landwirtschaftlichen Bevölkerung, betreffend die Abgabe von Gras und je nach Umständen auch von Fntterlaub (am besten eignen sich dazu die Esche, Sahle, Hagebuche, Hasel und E'che), ferner um Anweisung von Waldstreu in weitgehendster Weise entgegengekommen werde, soweit solche Abgaben geschehen können, ohne den notwendigen Rücksichten auf die Schonung des WaldeS zu nahe zu treten.
Die Ortsrwrsteher derjenigen Gemeinden, welche einen Gemeiude-Waldbesitz haben, werden daher veranlaßt, sofort mit dem Gemeinderat zu beraten, welche der oben erwähnten Maßnahmen für ihre Gemeinde-Angehörigen als zweckmäßig erscheinen und ihre Anträge dem aufsichtsführenden Revieramt. bezw. KörperschaftSförster zu übergeben.
Von den Gemeindebehörden wird erwartet, daß sie in den vorbezeichneten Richtungen alles ausbieten, den Gemeinde-Einwohnern helfend und ratend zur Seite zu stehen, um dadurch dazu bcizutragen, daß der Biehstand so viel als möglich vor Schaden und Abgang bewahrt bleibt. Insbesondere wäre das Futter und die Streu aus den Gemeindewaldungen zu einem mäßige« Preis abzugeben und etwaigen Preistreibereien und Spekulationen entgegen zu treten.
Den 24. Mai 1893.
K. O beramt. Vogt.
Nagold. An die Ortsvorsteher,
betreffend die Abgabe von Gras und Streu aus den
Staatswaldungen.
Auf Veranlassung des K. Finanzministeriums ist nachstehender Erlaß der K. Forstdirektion, betreffend die Abgabe von Gras und Streu aus Staatswaldungrn, ergangen.
„Mit Rücksicht auf den Futtermangel, welcher durch die anhaltende Trockenheit herbeigeführt worden ist, erhalten die Forstämter und Revierämler, in deren Bezirken ein Bedürfnis vorliegt, den Auftrag. ohne Verzug Einleitung zu treffen, die Land- Wirtschaft und insbesondere die kleinbäuerliche Bevölkerung durch Abgabe von Gras insoweit zu unterstützen, als dies ohne Nachteil für die Staatswaldungen möglich ist. Zu diesem Zweck sind an die ärmeren Revierinsaßen Erlaubnisscheine zur Gewinnung von Gras in genau bestimmten öffnungsfähigen Beständen um einen Preis abzugebcn, welcher Heuer den Betrag von l nicht übersteigen soll. Dagegen ist das Gras auf Wegen, Richtstätten oder sonstige» der Holzzucht entzogenen Flächen öffentlich zu verkaufen, wobei übrigens einer unbilligen Preissteigerung dadurch vorgebeugt werden kann, daß die Flächenlose nach Gemeinden verteilt und die Ver- käufc je nur in den betreffenden Gemeinden bekannt gemacht werden. 2» Ermangelung von Gras wäre Fulterlan-, welches durch Bestandesreinigungen zu gewinnen und sofort nach dem Anfall abzugeben wäre, zur Verfügung zu stellen.
Bei der Dringlichkeit des Bedürfnisses haben die Forstämter im Benehmen mit den Revierämtern das Erforderliche sofort in Vollzug zu setzen. Im übrigen wird bezüglich der Abgabe vyn Gras und
Streu aus Staatswaldungen auf den autographier- ten Erlaß vom 2. Juni 1891 Nr. 3928 Bezug genommen."
Vorstehendes ist sofort zur Kenntnis der Gemeindekollegien und übrigen Gemeindeangehörigen zu bringen und hienach das im Interesse der Viehbesitzer Erforderliche zu veranlassen.
Den 24. Mai 1893.
_ K. Oberamt. Vogt.
""" N agotd. Aa die Ortsvorsteher.
Aus dem Erlasse der K. Forstdirektion, Abteilung für die Körperschaftswaldungen vom 19. d. Mts., betr. die Abgabe von Gras und Streu aus dem Walde sind nachstehende Sätze hervorzuheben:
1) das Futterlaub kann nicht nur im grünen und halbwelken, sondern ganz zweckmäßig auch in getrocknetem Zustand verwendet werden, wenn das Reisig in passender Weise in kleinere Büschel gebunden wird, so daß Sonne und Wind leichter Zutritt bekommen.
2) Zum Futterlaub eignen sich am besten die Esche, Sahle, Hagebuche und Hasel. Auch daS Eichenlaub hat einen Futterwert, welcher denjenigen guten Wicsenheus übertrifft, während das Laub der Buche vom Vieh weniger gern gefressen werden soll.
3) In neuerer Zeit ist der Vorschlag gemacht und durch bereits im Großen ausgeführte Fütterungsversuche erprobt gesunden worden, Reisig» namentlich dasjenige der Buche — das im Winter gehauen ist, zur Viehfütterung zu verwenden. Dasselbe ist übrigens vorher zu zerkleinern, mehrmals durch eine Quetschmaschine laufen zu lassen und dann auf Haufen mit Malz zu versetzen.
In dieser Hinsicht ist zu verweisen auf die Schrift: Holzfütterung und Reisigfütterung, Berlin, Jul. Springer 1890.
Vorstehendes ist zur Kenntnis der Gemeinde- Angehörigen zu brinaen.
Den 24. Mai 1893.
_ K. Oberamt. Bogt.
Bekanntmachung.
Die Maul und Klauenseuche in der Gemeinde Wildberg ist erloschen.
Nagold, den 24. Mai 1893.
_ K. Oberamt. Voll mar, Amtm.
Gages-Weu igkeiten.
Deutsches Hleich
Calw, 23 Mai. Heute vormittag */s11 Uhr ertönten die Feuerzeichen. Am südl. Ende der Stadt stiegen mächtige Rauchwolken in die Höhe, welche eine eigentümliche Färbung zeigten. Ein Eisenbahnwagen mit Salpetersäure, welche in Glasballons ab- gcsüllt war, war in Brand geraten. Die brennende Masse verbreitete sich auf dem Bahnkörper, im Garten des Eifcnbahnbanamts, auf der Bahnhofstraße und durch die Dohlen hindurch in die Nagold. Die in dichten Wolken nnfsteigenden Salpeterbämpfe, durch welche vie Sonnenstrahlen hindurchdrangen, ließen die ganze Umgebung in wunderschönem Orange erscheinen. Der BrüNd ist wohl beim Rangieren entstanden.
Tübingen, 25. Mai." (Schwurgericht) Die Sitzungen für daS II. Quartal beginnen im Sprengel Tübingen den 12. Juni. Zum Vorsitzenden ist Land- gcrichtsrat Kohlhund ernannt.
Stuttgart, 23. Mai. Die 2. Kammer wird sich am 3. Juni bis zur Beendigung der Reichstagsmahlen vertagen.
Stuttgart. 23. Mai. Die hcurige Kaiserparade findet am 12. Sepl. auf dem hiesigen Exerzierplatz statt.
Stuttgart, 24. Mai. Abgeordnetenkammer. Die Finanzkommission hat sich mit dem Ankauf des Mar- stallgebäudes durch den Staat um 1,700,000 einverstanden erklärt. Die Kammer setzte heute die Beratung über den Gesetzentwurf, betreffend außerordentliche Bedürfnisse der Verkehrsanstalten pro 189319.x fort und genehmigte verschiedene Exigenzen für die Verbesserung der Wohnungen der Eisen- bahnunierbedicnsteten und für die Durchführung der Oelgas- beleuchtung und der Dampfheizung in den Personen- und Gepäckwagen. Bei den Exigenzen für verschiedene Postgebäude entspann sich eine längere Debatte über die Frage, ob die Postgebände besser am Bahnhof oder in der Stadt errichtet werden sollten. Ministerpräsident v. Mittnacht empfahl im Interesse des Postvcrkehrs im allgemeinen die Lage am Bahnhof, aber die Verwaltung prüfe jeden einzelnen Fall. Keineswegs sei für die Verwaltung die Rücksicht aus die Bequemlichkeit der Postbeamten bei der Erstellung der Postgc- bäude maßgebend.
Stuttgart, 24. Mai. Der Chevalier Cumber- lond, der sich mit seiner eigenartigen Kunst hier bereits bestens bekannt gemacht hat, ist auf seinen Wanderzügen wieder einmal hier erschienen und gab gestern im großen Königsbausaale seine erste Soiroe, der er heute und morgen zwei weitere folgen läßt. Auch wer ihn früher gesehen hat, wird jetzt aufs neue von den merkwürdigen Versuchen überrascht. Der Chevalier ließ von Herren aus dem Publikum ein Komite mit einem Vorsitzenden bilden, das zur genauesten Beobachtung auf dem Podium Platz nehmen mußte. Dann begann er seine fesselnden Experimente, fand die Person, an die ein Herr dachle; die Nadel, welche in seiner Abwesenheit versteckt war, die Schmerzensstelle an einem anderen Herrn, erriet die sechsstellige Zahl einer Banknote, zeichnete gedachte Gegenstände u. s. w, und dies alles nur durch den Kontakt mit der betreffenden Persönlichkeit, ja, einmal sogar ohne dauernden Kontakt. Diese Produktionen sind und bleiben überaus fesselnd und anregend. Eine interessante Zugabe sind die Experimente Miß Phyllis Bentlcys, die auf Grund gewisser physikalischer Gesetze der Kraft starker Männer in einer Weise Widerstand leistet, welche um so mehr Erstaunen erregt, als Miß Bentley eine äußerst zarte Erscheinung ist. Die Anwesenden, unter denen sich auch S. H. Prinz Herrmann zu Sachsen-Weimar befand, drückren ihre Befriedigung über das Gebotene durch lebhaften Beifall aus. Der berühmte Gedankenleser wird heute Mittwoch nachmittag vom Hotel Marquardt aus den Versuch machen, ein außerhalb des Hotels, in einem beliebigen Hause der Stadt vorher zu diesem Zwecke verstecktes Dolchmesser ausfindig zu machen. Der Gedankenleser beweist hierdurch, daß er für die Ausführung seiner Experimente weder eines bestimmten Ortes, noch sonst irgend welcher Vorbereitung bedarf, ein erneuter Beweis für seine geradezu phänomenale Fähigkeit auf dem Gebiete seiner Kunst.
Stuttgart, 24. Mai. Die Steuererhöhung in der Kommission der Kammer der Abgeordneten hat eine, allerdings noch nicht endgültige Ablehnung gesunden. Für den Fall, daß sich die Majorität der Abgeordneten dieser Ablehnung anschließeu sollte, ist eine ziemlich bedeutende Verlängerung der Tagung 3>cS Landtages zu erwarten. Es müßte dann natürlich zu einer nochmaligen Prüfung und Durchsicht des ganzen Etats geschritten werden, wobei sich bei einzelnen Positionen heiße Kämpfe entspinnen dürften. Irgendwo mnß jedoch an den Ausgaben abgebrochen werden, wenn die Einnahmen der Staatskasse durch Ablehnung der Steuererhöhung bedeutend geschmälert werden.
Stuttgart. 24. Mai. Der König ist am Samstag von LudwigSburg auS nach Arolsen ab-