Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Samstag 29. April

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18S3.

Amtlicher.

Bekanntmachung.

In der Gemeinde.Emmingen ist in einer Stal­lung die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. -Nagold, den 27. April 1893.

.' ' K.. Oberamt. Vollmar. Amtm.

Ge'storb'cn: Hermann Gundert vr. xd, 80 Jahr alt, in Calw.

Hages-WeuigkeiLen.

Deutsches Weich.

Z Wildberg," 27. April. Heute Mittag ereig­nete sich hier ein bedauerlicher Unglücksfall. Das 5jährige.. blühende Mädchen des. Rosenwirts Werk hier fiel in die Nagold und ertrank. Dasselbe suchte mit andern Kindern Blumen. nachdem es vorher seinen Vater, welcher verreist war, auf dem Bahnhof ' halte abholen wollen und scheint dem Ufer zu nahe gekommen zu sein. Leider hatte kein Erwachsener den Unfall wahrgenommen Und so kam es. daß das Unglück erst einige Zeit, nachdem es paisierl war, durch die heimciienden anderen Kinder bekannt wurde. Nach eifrigem Suchen fand man die Leiche des Kin­des an einer ziemlich tiefen Stelle. Die Teilnahme 'mit den schwöigeprüfletl Eltern ist groß.

N Cberj eltingcu, 27. April. Letzten Diens­tag verließ uns nach 13jähriger gesegneter Wirksam­keit Pfarrer Werner, um seine neue Stelle in Unterweissach, OA. Backnang, anzutreten. Die Ge­meinde ehrte den Scheidenden durch starke Beteili­gung an seinem Abschied, sowie durch zahlreiches Geleite auf den Bahnhof nach Herrenberg. Der 39 Jahre alte verheiratete Bauer Gg. Stockinger kam beim Abspringen von seinem Wagen unglückli­cherweise in die Speichen eines Vorderrades, wobei dem Bedauernswerten bas rechte Bein abgeknickt wurde.

)( Beerdigung von vr. pH. Hermann Gun­dert in Calw. Heute (27. April) wurde hier ein Mann zu Grabe getragen, der auf dem Gebiete des Reiches Gottes einen äußerst wichtigen Posten inne hatte. Es ist dies Dr. Gundert, der sein Leben aus etwas mehr als 79 Jahre gebracht hat. Seine Bil­dung genoß er als Student der Theologie in Tü­bingen. Den vielen Versuchungen der dreißiger Jahre, den alten Bibelglauben als einen überwundenen Stand­punkt zu betrachten, widerstand er kräftig. Er hielt an seinem positiven Standpunkt fest. Nach vollende­ten Studien trat er in den Dienst der Basler Mis­sion. Gegen 25 Jahre brachte er als Missionar in dem fernen Indien zu. Nach dem Tode des sel. Dr. Barth wurde er zur Leitung der Calwer Bereins- buchhandlung berufen. Hier entfaltete er ebenfalls eine äußerst segensreiche Wirksamkeit. An seinem Grabe sprachen Dekan Braun aus Calw, ein Ab­gesandter des Komitees der Basler Missionsgesellschaft und Dekan Berg aus Heilbronn. Mit dem Ein­druck, daß die Ueberreste keines Kleinen des Reiches Gottes dem Schoß der Erde übergeben wurden, verließen sämtliche Leidtragende das offene Grab.

Stuttgart, 25. April. Der Matrikularbeitrag Württembergs an das Reich ist nachträglich für 1893/94 um die einmalige Ausgabe von 60,484 ^ gesteigert worden. Verursacht wird diese Steigerung durch die Umwandlung der Gesandschaft in Washing­ton in eine Botschaft, durch den Erwerb eines ei­genen Gebäudes für die deutsche Botschaft in Madrid

und durch .Vermehrung der Ausgaben für die Welt­ausstellung in Chicago.

Stuttgart, 26. April. Abgeordnetenkammer. Vor Eintritt in die heutige Tagesordnung machte Präsident v. H o h l die Mitteilung, daß von 20 Mitgliedern des hohen Hau­ses beantragt ist, den Gesetzxntwurf, btreffend die Enthebung dienstunfähig gewordener Körperschaftsbeamten, vom Amte, in erster Lesung, also vor Ueberweisung an eine Kommission, im ,Haufe zu beraten. Der Gegenstand soll nun auf die Tages- 'ordnung-einer der nächsten Sitzungen gesetzt werden Weiter machte der Präsident noch bekannt, daß sich am Samstag und Montag das K. Staatsministerium mit dem noch einzu- brin enden Geietzentwurs, betr. die Pensionierung von Kör- perschastsbeamten, beschäftigen wird. Man setzte hierauf die Beratung des Etats des Ministeriums des'Innern fort.. Bei Kap. 38, Zentralstelle für Handel und Gewerbe, gab Stälin seiner Genugthuung Ausdruck über die schöne Harmonie, dis- bei uns zwischen Gewerbe und Landwirtschaft herrsche, sowie darüber, daß die Regierung stets bereit sei, ihre Hand für gewerbliche Zwecke zu öffnen. Mit großen Hoffnungen bli­cken die gewerblichen Kreise auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Landesgewerbemuseums. Weiter sprach Stälin für die beabsichtigte Reorganisation und Erweiterung des Gewerbe­blatts der Regierung seine Anerkennung aus. Haffner bat um- Beiträge für die 'Gewerbevereine, worauf Minister v. Schmid erwiderte, daß eine Voraussetzung hiezu die straffere Organisalion der Gewerbevereine bilden müßte. Referent Sachs beantragte Annahme der Exigenz von 2000ck für die Reise von Beamten der Zentralstelle nach Chicago, von 10600 für Ankauf von Musterstücken und 10000 für Reise- unterstützungen von Gewerbetreibenden. Minister v. Schmid empfahl diesen Antrag, darauf hinweisend, daß Baden für den erstcren Zweck allein 30000 bewilligt ^habe. . Die Exigenz wurde angenommen, ebenso die Exigenz-von 18,000 Äark süt Entsendung von vier Lehrern der Technischen Hoch­schule (Maschineningenieur, Elektrotechniker, Bauingenieur und Chemiker.)

Stuttgart, 27. April. Abgeordnetenkammer. Heute begann die Kammer der Abgeordneten mit der Bera­tung des Eisenbahnetats, die von dem Berichterstatter v. Leibbrand mit eine? längeren Erörterung über die Lage unserer Eisenbahnen cingeleitet wurde. Die Lage sei, geschäftsmäßig betrachtet, keine gute, und wir haben daher alle Uriacke, den Bahnen unsere volle Aufmerksamkeit zuzu- wcnden. Die Zahl der Züge hat sich von 281 im Jahre 189>', auf 336 im Jahre 1891 vermehrt. 'Bezugnehmend auf den vielgerühmten' österr. - Ungar. Zonentarif bemerkte der Redner, daß die Ausfichten des österreichischen Zonentarifs für uns keineswegs verlockend seien und daß bei uns der Kilometertarif festzuhalten sein werde. Wir müssen uus bei der Lage unserer Verhältnisse hüten, den Ratschlägen dogma­tischer Verkehrsapostel zur Vornahme eingreifender Reformen in unserem Tarifwesen zu folgen. Einer weiteren Vermehrung der Züge werde wohl nicht das Wort zu reden sein, und auch die - Einrichtung von Arbeiterzügen mit verbilligtem Tarif, wie dies in der Nähe Berlins eingeführt ist, werde bei uns wohl nicht durchzuführen sein, ebensowenig wie die Verbilli­gung des Tarifs für Musterkoffer. Die Verkürzung des Aufenthalts der Personenzüge auf den Stationen sei wohl in Betracht zu ziehen. Die Frage der Einführung schwerer Lokomotiven zur Beförderung schwerer Güterzüge werde wohl besser bei der Detailberatung zur Sprache kommen. Was die Verkürzung der Dienstzeit der Stations- und Bahnwär­ter, sowie des Fahr- und Lokomotivpersonals anbelangt, so habe die Regierung in dieser Richtung bereits Schritte gethan. Was die Einführung der Sonntagsruhe im Eisenbahnverkehr betrifft, so meint Redner, es könnte dabei nur der Güterver­kehr in Betracht kommen. Nach dem Berichterstatter nahm der Verkchrsminister Ministerpräsident Dr. Frhr. v. Mitt­nacht das Wort.

Aus Heilbronn, 25. April, wird demMer­kur" aus zuverlässiger Quelle geschrieben, daß Ober­bürgermeister Hegelmaier heute noch bereit ist, seinem früheren Anerbieten gemäß gegen Gewährung einer Pension von 5000 «kL freiwillig von seinem Amt zurückzutreren. Billigdenkende «erden diesen Betrag nicht zu hoch finden, nachdem Hegelmaier bekanntlich seiner Zeit eine sichere Laufbahn im Justizdienst nebst der staatlichen Pensionsberechtigung aufgegeben hat. Auch wird sein erbittertster Gegner nicht be­streiten wollen, daß unter seiner Amtsführung die Stadt Heilbronn wesentlich vorwärts gebracht wurde. Eine rasche Erledigung der Angelegenheit in diesem

Sinn wäre für alle Teile das Wünschenswerteste.

DieNeckar-Ztg." glaubt, daß sich auf Grund­lage obiger Forderung eine Verständigung nicht er­zielen läßt.

Brandfall: Den 24. April: In Sigmars­wangen (Sulz) das dem Bauern Bühner gehö­rige- Haus.

Darmstadt, 26. April. Die erste Kammer lehnte das von der Zweiten Kammer angenommene Gesetz betreffs der Feuerbestattung mit 12 gegen 11 Stim- men ab.

Aus Kassel wird berichtet: Nach Unterschlagung mehrerer Tausend Mark Kassengelder ist der Kassierer der hiesigen Ortskrankenkasse des Landkreises Kassel, H. Krause, flüchtig geworden.

Alters- und Invaliditäts-Versicherung. Die Zahl der seit dem Inkrafttreten des Jnvalidi- täts-- und Altersversicherungsgesetzes erhobenen An­sprüche auf Bewilligung von Altersrente betrug am 3l. März 1893 bei den 31 Versicherungsanstalten und den 9 Kasseneiyrichtungen 235 620. Von die­sen wurde.« 184 749 Rentenansprüche anerkannt und 41 252 zurückgewiesen, 4786 blieben unerledigt» wäh­rend die übrigen 4833 Anträge auf andere Weise erledigt wurden. Die Zahl der während desselben Zeitraums erhobenen Ansprüche auf Bewilligung von Invalidenrente betrug insgesamt 46 901. Von die­sen wurden 25 253 Rentenansprüche anerkannt.und 13 972 zurückgewiesen, 5335 bleiben unerledigt, während die übrigen 2341 Anträge auf andere Weise erledigt wurden. Unter den Personen, die in den Genuß der Invalidenrente traten, befanden sich 795, welche bereits vorher eine Altersrente be­zogen.

Nach Schluß der Reichstagssitzung hat am Samstag Herr Ahlwardt dem Präsidentenseine Akten" überreicht, von denen dieFreis. Ztg." mitteilen kann:Von eigentlichen Akten kann bei dem Ueber- gebenen gar nicht die Rede sein. Es sind zunächst zwei geheftete Konvolute mit Nummern derEisen­bahn-Zeitung" von Gehlsen und derReichsglocke" aus den siebziger Jahren. Sodann sind es zwei Bündel loser, ganz ungeordneter Blätter und Skrip­turen mit Rechnungen, Briefkopien und dergleichen. Alles betrifft die Verhältnisse der Rumänischen Eisen­bahn-Gesellschaft und der Diskonto-Gesellschaft in den siebziger Jahren, bezieht sich also voraussichtlich nur auf diejenigen Dinge, die mit dem Antragsentwurf Ahlwardts in derStaatsbürger-Zeitung" abgedruckt worden sind.

Berlin, 25. April. Es verlautet, die Ein­führung des Doweschen kugelsicheren Stoffes in der deutschen Armee sei von der Reichsregierung abgelehnt worden, weil die Kosten zu bedeutend und auch die Herstellung einer das Gewebe durchdringenden Kugel möglich wäre.

Berlin. 25. April. In den Preußischen Jahr­büchern veröffentlicht Graf v. Hoensbroech den ange­kündigten Aufsatz über die Gründe seines Austritts aus dem Jesuitenorden. Hoensbroech erklärt, er habe während 13 Jahren sich vergeblich bemüht, sich mit dem Geiste und Empfinden des Ordens zu assimilieren. In der Hoffnung, daß ihm dies doch gelingen werde, habe er den Orden litterarisch ver­teidigt. Der Graf schildert die Erziehung der Jesui­ten als geeignet, die Selbständigkeit, den Charakter und die Individualität des einzelnen zu unterdrücken; buchstäblich nichts sei der freien Selbstbestimmung überlassen. Wolle ein Novize einen Schluck Wasser