- >

'-d. . »

Isny, 23. April. Hilfreiche- Entgegenkommen hat die hiesige Standesherrschaft den Arbeitern er­wiesen, welche infolge Aufgebens der Glasfabrikation in Eisenbach zunächst verdienstlos geworden sind. Jeder Glasmacher, der auf eine Hütte fortzog, erhielt aus der gräflichen Kasse ein Reisegeld von 100115^; ältere Arbeiter, die nicht mehr gut in die Fremde ziehen können, erhalten eine jährliche Unterstützung von 100 ein Arbeiter, der besonders lang als Glasmacher beschäftigt war, eine solche von 200 »iL. Die Witwe des Faktors, welcher an 50 Jahre in Diensten der Herrschaft gestanden, bezieht neben freier Wohnung und Beheizung einen Gehalt von 240 andere Witfrauen je nach Verhältnis entsprechende Portionen, sogar die Anfänger und Buben gingen nicht leer aus, indem ihnen eine einmalige Gratifikation im Betrage von 1540 ^ eingehändigt wurde.

Karlsruhe, 24. April. Wie dieKarlsr. Ztg." berichtet, trifft das kaiserliche Paar am Nachmittag des 2. Mgj hier ein; es beabsichtigt zwei Tage hier zu verweilen. Offizieller Empfang ist verbeten. Der Kaiser begiebt sich alsbald auf die Auerhahnjagd.

Sigmaringen, 23. April. Der verhaftete Elektro­techniker ist in Freiheit gesetzt worden. In den Wohnräumen des verstorbenen Fürsten Karl Anton ist fast alles durch den Brand zerstört worden.

Der frühere Kriegsminister Kam ecke erklärt seine volle Zustimmung zur Militärvorlage, welche er dabei als eine ungemein sorgfältige Arbeit bezeich­net, worin alles für die Wehrfähigkeit des Vater­landes und die dauernde Erhaltung des Friedens Erforderliche auf das Mindestmaß reduziert erscheine.

Von dem Frühstück beim preußischen Gesandten berichtet dieKöln. Volksztg.": Der Kaiser unter­hielt sich lebhaft mit Kardinal Ledochowski, schenkte ihm eine Tabakdose mit seinem Bildnis und verab­schiedete sich von ihm mit den Worten:Nicht wahr, alles Geschehene ist vergessen."

Berlin, 23. April. Zur Feier des heutigen silbernen Hochzeitstages des italienischen Königs­paares beging die italienische Kolonie die silberne Hochzeitsfeier durch ein Festmahl.

Deutscher Reichstag. In der Freitagssitzung be­antragte Abg. Stadtbagen (Soz.), die Genehmigung zur strafrechtlichen Berfolgung seiner eigenen Person zu geben. Der genannte Abgeordnete ist durch Spruch des Ehrengerichts­hofes in Leipzig einer ehrenrührigen Handlung bezichtigt, und wünscht den Fall nun durch offenes Gerichtsverfahren klar zu stellen. Das Haus überweist den Antrag zunächst der Geschäftsordnungskommission zur Prüfung, verschiedene Anträge wegen gerichtlicher Verfolgung von Abgeordneten werden abgelehnt. Es folgte die erste Beratung des ReichS- seuchengesetzes. Verschiedene Redner sprachen sich für das Gesetz aus. In der Sonnabendsitzung wurde die Beratung fortgesetzt. Abg. Dr. Langerhans (frs.) begrüßt die Vor­lage als ersten Schritt zur Schaffung einer einheitlichen Me­dizinalreform, wünscht aber Erweiterung der Kompetenzen des Reichsgesundheitsrats und Einführung der obligatorischen Leichenschau. Abg. Höffel (frk.) ist ebenfalls von der Not­wendigkeit der Vorlage überzeugt und hält internationale Abmachungen zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten für notwendig. Abg. Molkenbuhr (Soz.) verlangt vor allem Schaffung besserer WohnungSverhältnisse, die überall, nicht nur in Hamburg, zu wünschen übrig ließen. Senator Burhardt betont, daß die Hamburger Behörden auf ge­sunde Wohnungen hinarbciteten. Ein Vertagungsantrag wird angenommen. Zur Geschäftsordnung fragt Abg. v. Man- teusfel (kons.) an, ob Abg. Ahlwardt Schlitte beim Präsidenten gethan habe, auf dem Wege eines Antrages seine früheren Behauptungen hier zu beweisen. Präsident v. L ev e- tzow: Abg. Ahlwardt hat mir heute einen genügend unter­stützten Antrag überreicht auf Einsetzung einer Kommission von 21 Mitgliedern, die prüfen soll, ob und inwieweit der Inhalt der von Ahlwardt übergebenen Akten die von ihm gegen frühere und jetzige Mitglieder des Reichstags und Bundesrats erhobenen Anschuldigungen rechtfertigt. Auf die Anfrage, wo denn die Akten seien, antwortete Abg. Ahlwardt, er habe sie nicht hier, wolle sie aber sofort holen. Er ver­ließ das Haus und versprach, wiederzukommen, ist aber noch nicht erschienen. (Heiterkeit.) Der Präsident schlägt vor, diesen Antrag auf die nächste Tagesordnung (Dienstag) zu setzen, unter der Voraussetzung, daß die Akten inzwischen ein­gegangen sind. Das Haus beschließt demgemäß.

Berlin, 25. April. Reichstag. Der Präsident v. Levetzow erteilt dem Abg. Ahlwardt das Wort zur Darstellung der Dinge, welche er beweisen will. Der Abg. Richter bittet dem Abg. Ahlwardt das Wort zu der ihm notwendig scheinenden Erklärung nach keiner Richtung hin zu beschränken. Der Präsident sagt dies zu. Abg. Ahlwardt: Bezüglich des Jnvalidenfonds besitze ich keine Akten, welche vorgängige Verhandlungen mit Börsenkreisen erweisen. (Un­ruhe. Zurufe.) Die Presse hat meine Behauptung in viel­facher Beziehung verdreht. Ich werde beweisen, daß Bleich­röder und Hansemann unter Mithilfe des damaligen Direktors Miguel das deutsche Volk um viele hundert Mil­lionen schädigten. Es wird dies bestätigt durch die bezüglichen Akten, sowie auch von entlassenen Angestellten der Diskonto- gcsellschaft.

Dänemark.

Kopenhagen, 25. April. Der Edelhof Selsö, Majorat des preuß. Rittmeisters Scheel-Pleffen, ist heute abgebrannt. 400 Kühe, alle Schweine und fast alle Pferde sind umgekommen.

Spanien.

Madrid, 21. April. Der Finanzskandal im Madrider Gemeinderat ist nunmehr zum Ausbruche gelangt. Gegen vier Gemeinderäte, sowie den früh­eren Bürgermeister Albert Bosch ist die strafrecht­liche Untersuchung eingeleitet worden. Nach dem Berichte des gegenwärtigen Bürgermeisters Angulo befinden sich in der Stadtkaffe statt 15 Mill. nur 750 000 Frcs.; wohin der Rest geraten ist, darüber fehlt jeder Aufschluß. Da Bosch Senator ist. wird die Regierung das Auslieferungsbegehren stellen.

Madrid, 25. April. Die Minister der Justiz, des Krieges und des Innern fordern in einem Cic- kular die Behörden auf, jede Kundgebung am !. Mai zu untersagen.

Italien.

Rom, 2l. April. Der Papst empfing heute 500 belgische Pilger. Auf die Begrüßungsadresse erwiderte er, er habe mit großem Bedauern von der jüngsten Störung des öffentlichen Friedens und den drohenden Vorgängen vernommen. Um eine Wie­derkehr der Bewegung hintenanzuhalten, sei es not­wendig, daß die Arbeiter im Einverständnis mit den Arbeitgebern unter Leitung der geistlichen Hirten, wie es die Kirche lehre, vorgingen.

Rom, 21. April. Nach den Blättermeldungen hat König Humbert anläßlich seiner silbernen Hoch­zeit 22 000 Bettelbriefe, und zwar 17 000 einfache und 5000 rekommandierte, erhalten.

Rom, 22. April. In allen Teilen des Landes wurde der heutige Tag festlich begangen. Die Bör­sen waren geschlossen, in den Schulen fanden Fest­akte statt. Die Presse feiert die silberne Hochzeit des Königspaares mit schwungvollen Artikeln. Die Spitzen der hiesigen Behörden begaben sich vormittags nach dem Quirinal, um ihre Glückwünsche zu über­bringen. Beim Empfange der Bureaus der Kammern äußerte der König:Mein Herz frohlockt, da ich mich von so viel Liebe und Hingebung umgeben sehe. Mit gerechtem patriotischen Stolze sehe ich am heu­tigen Tage als Zeugen meinen erhabenen Bundes­genossen und Freund, den deutschen Kaiser, seine erlauchte Gemahlin, die fremden Fürstlichkeiten und die Vertretungen aller, welche Italien und mir Be­weise der Sympathie und Achtung geben. Das Va­terland weiß, daß ich und meine Familie ganz mit ihm und in ihm leben. Alle unsere Gedanken sind seinem Glücke geweiht."

Rom, 22. April. Als die Majestäten und übrigen Fürstlichkeiten im Argentinatheater erschienen, bereitete ihnen das Publikum, von den Sitzen sich erhebend, begeisterte Ovationen. Das Orchester spielte die italienische und preußische Nationalhymne. Glei­cher Enthusiasmus herrschte beim Verlassen des Theaters nach Mitternacht. Am gestrigen Jahres­tage der Gründung Roms sandte der Kaiser einen Flügeladjutanten zum Bürgermeister, um demselben seine besten Wünsche für die ewige Stadt zu über­bringen. Ferner ließ der Kaiser einen Kranz am Denk­mal für die bei Dogali gefallenen Soldaten niederlegen.

Rom, 22. April. Heute feiern König Humbert und die Königin Margherita von Italien das Fest ihrer silbernen Hochzeit. Unser Kaiserpaar weilt als Gast bei der Feier und dieser Besuch hat, wie man in Italien allgemein äußert, das Fest aus seinem ursprünglich bescheidener gedachten Rahmen heraus­gehoben und es zu einem Ereignis von hochpoliti­scher Bedeutung gestaltet. Nicht als ob während dieser festlichen Tage in der ewigen Stadt neue po­litische Bande geknüpft, neue politische Bahnen ge­sucht werden sollten! Nach dieser Richtung hin ist der politische Wert des Kaiserbesuches in Rom nicht zu suchen. Aber er bekundet, daß in Europa fest­stehende Verhältnisse vorhanden sind, an denen gar nicht mehr zu rütteln ist. und darin liegt eine sichere Friedensbürgschaft. Deutschland und Italien gehören zu einander als zwei Länder, zwischen denen nicht der geringste Gegensatz, wohl aber auf allen Ge­bieten des politischen und wirtschaftlichen, ja auch des geistigen Lebens die engste Gemeinschaft der Interessen besteht.

Rom, 22. April. Kaiser Wilhelm beantwor- tete den Toast deS König- Humbert mit folgendem

Trinkspruche in deutscher Sprache:Wollen Eure Majestäten mir gestatten, Ihnen im Namen der Kaiserin und in meinem eigenen Namen den aufrich­tigen Dank für den prachtvollen Empfang auszu- sprechen, welchen Eure Majestäten, die Bewohner Roms und ganz Italien uns bereitet haben. Ich erblicke in diesem Empfange ein neuerliches llnter- pfand der persönlichen Freundschaft Eurer Majestät, welche von meinem Vater und Großvater aus mich übertragen wurde. Ich handle, wie Sie handeln würden, indem ich Ihnen meine Glückwünsche zu dem heutigen Feste mit dem Ausdrucke unserer per­sönlichen Freundschaft und jener aufrichtigen Sym­pathie darbringe, welche die Völker Italiens und Deutschland verknüpft und die sich in diesen Tagen mit erneuter Kraft kundgiebt. Gleichzeitig spreche ich Euren Majestäten namens der erlauchten hier versammelten Gäste unseren aufrichtigsten Dank für die warme Aufnahme aus, welche Eure Majestäten uns bereitet haben. Die begeisterten Huldigungen, die Ihnen in diesen Tagen dargebracht wurden, haben in unfern Ohren die Wirkung einer schönen, von der Liebe eines Volkes zu seinem Herrschecpaare eingegebenen Melodie hervorgebracht. Wir sind bis auf den Gruud unseres Herzens gerührt, das ganze Volk sich diesem schönen Familienfeste seines Königs anschließen zu sehen. Wir erblicken darin ein Zei­chen der innigen Beziehungen, die zwischen dem kö­niglichen Hause und dem italienischen Volke bestehen. Wir sind Alle von dem Wunsche beseelt, daß der Schutz und Segen des Himmels stets über Eure Majestäten und das ganze königliche Hans zum Heile Italiens und Europas wachen möge." Der Kaiser schloß mit folgenden italienisch gesprochenen Worten:Ich trinke auf das Wohl Ihrer Maje­stäten des Königs und der Königin von Italien."

Rom, 24. April. Bei dem gestrigen Besuch schenkte der Papst der Kaiserin ein Mosaikbild der Basilika. Der Kaiser dagegen verehrte dem Papst das Gruppenbild der Kaiserlichen Familie, worüber sich der Papst sehr erfreut zeigte.

Rom, 24. April. Der Kaiser überreichte beim Verlassen des Palastes Caffarelli dem Polizeichef Romagino, welcher den Sicherheitsdienst bei dem Kaiser versieht, den Roten Adlerordcn.

Rom, 24. April. Der deutsche Kaiser traf gestern mittag 12V2 Uhr in Begleitung seines Gefolges in der preußischen Gesandschaft beim päpstlichen Stuhle ein. Auf der Fahrt dorthin, die im italienischen Hofwagen erfolgte, brachte das zahlreiche Publikum herzliche Ovationen dar. In der Gesandschaft wur­den dem Kaiser die Kardinäle Ledochowski und Mo- cenni, sowie die Prälaten Segna und Demontel durch den Gesandten v. Bülow vorgestellt. Darauf fand eine Frühstückstafel zu 16 Gedecken statt. Nach der Vorstellung begab sich das Kaiserpaar in preußischen Hofwagen mit Gefolge nach dem Vatikan. Auf dem Wege von der Gesandschaft nach dem Vatikan bildeten italienische Truppen Spalier, welche den Majestäten die militärischen Ehren erwiesen. Ein überaus zahlreiches Publikum wohnte der Auffahrt der Majestäten bei. Dieselben trafen gegen 3 Uhr bei dem Vatikan ein und stiegen an der Porta di Dimaso aus, wo sie von dem Großmeister Fürsten Ruspoli und andere Hofwürdenträger empfangen wurden. Die adelige Leibgarde des Papstes und die Schweizergarde erwiesen dem Kaiserpaar militärische Ehren. Der Papst empfing die Majestäten an der Thüre des gelben Saales, in welchem die Majestä­ten und der Papst Platz nahmen und in viertel­stündigem Gespräche verweilten. Nachdem sodann die Kaiserin zur Besichtigung der vatikanischen Sehens­würdigkeiten sich zurückgezogen, verblieb der Kaiser noch eine halbe Stunde mit dem Papste allein. Hierauf wurde das kaiserliche Gefolge dem Papst vorgestellt, sodann verabschiedete sich der Kaiser vom Papste, welcher den Kaiser bis zur Thür des Saales geleitete. Um 4°/4 Uhr begaben sich die Majestäten in einem vierspännigen preuß. Hofwagen nach der preuß. Gesandschaft bei dem Vatikan zurück.

Rom, 24. April. Als der Kaiser den Vatikan verließ, blickte er ernst, schien aber zufrieden. Als der Papst sich wieder in seinem Studio befand, sagte er wörtlich: l'imporators s' uu bravuomo (der Kaiser ist ein wackerer Mann). Ueber den Inhalt der Unterredung des Kaisers mit dem Papste erfährt die F. Z." aus unbedingt zuverlässiger Quelle: Die innere Lage Deutschlands, zumal die Stellung des