so viel wie möglich, wo es ohne erhebliche Mehrkosten ge­schehen könne, ausgcwiche» werden. Die Endabstimmung über das Gesetz wird stattfinden nach Anfertigung der Zu­sammenstellung der Beschlüsse. Darauf trat das Haus in die Beratung des Etats des Justizdepartements ein. Zu Kap. iv (Ministerium, Kollegien und Staatsanwaltschaft i,5«4,57i pro Jahr) ist die Schaffung der Stelle eines Kanzleidircktors im Justizministerium, sowie zweier neuer Landrichterstellen in Ulm und Tübingen beantragt. Sachs sprach sich gegen die Anstellung eines Kanzleidirektors aus, die jedoch von Minister v. Fab er als absolute Notwendig­keit bezeichnet wurde. Der Posten wurde darauf mit 60 gegen 19 Stimmen angenommen. Bei den weiteren Titeln dieses Kapitels wurden noch mancherlei Anfragen und Wünsche vorgebracht betreffs Besserstellung der Gerichtsschreiber, Lie­ferung einer Dienstkleidung an die Landgerichtsdiener u. s. w., ohne daß der Minister jedoch ein Entgegenkommen zu ver­sprechen vermochte. Das Kapitel 10 wurde schließlich nach dem Regierungsantrag angenommen und damit die Beratung abgebrochen.

Stuttgart. 13. April. Gestern vormittag hatten beide Häuser des Landtags Sitzungen. Die Kammer der Abgeordneten erledigte den Etat des Justizdepartements durch Annahme der Kommissionsanträge. Bei Kap. 11 sprach Schnaidt den Wunsch aus, daß württembergische Pfleg­schaften auch in Reichsanleihe möchten angelegt werden können, worauf Minister v. Fab er versprach, der Sache anläßlich der Einführung des bürgerlichen Gesetzbuchs näherzutreten. Bei Kap. 12 brachten Prälat v. Wittich und Frhr. v. Seckendorf die Frage der Seelsorge in den bezirksgerichl- lichen Gefängnissen zur Sprache, worauf der Justizminister unter Betonung des Grundsatzes der Gewissensfreiheit ver­sprach, daß bei den neuen Hausordnungen die Erleichterung des Zutritts der Geistlichen in die Bezirksgefängnisse in Be­tracht gezogen werden solle. Auf weitere Anregungen Hauß- manns machte der Minister Mitteilungen über die Beschäf­tigung der Gefangenen in Amtsgerichtsgefängnissen und ver­sprach, die Frage größerer Erholungspausen für die Zucht­hausaufseher, namentlich in Stuttgart, in Erwägung zu ziehen. An der geforderten Summe für Verpflegung der Gefangenen mit je 367,298 empfahl die Finanzkommission mit Rücksicht auf die billigeren Preise von Kernen und Weizen je 20,000 abzustreichen. Spieß trat für Verköstigung der Gefangenen mit dem billigeren Hammelfleisch ein, worauf Ministerialrat Dr. Weizsäcker Mitteilung machte, daß schon angeordnet worden sei, Hammelfleisch in Abwechslung mit Ochsenfleisch zu reichen; es komme auf das Resultat dieses Versuches an, ob sich ersteres in gewissen Grenzen in unseren Gefängnissen cinbürgern könne. Der von der Kommission beantragte Ab­strich wurde angenommen; die folgenden Kap. 13, 14, 15 gaben zu keiner Debatte mehr Anlaß. Die Kammer der Standeshcrren erledigte gestellt den Gesetzentwurf, be­treffend die Abstufung der Malzsteuer, ganz in Uebcrein- stimmung mit den Beschlüssen des anderen Hauses.

Zuffenhausen, 13. April. Eine rasende Feuers­brunst hat die Theerfabrik von Wilhelm Burck, das größte Etablissement in diesem Artikel innerhalb Württembergs, in Asche gelegt. Der Schaden ist bedeutend, der Besitzer aber, nur ungenügend versi­chert. Bei Ausbruch des Brandes war allein der Fabrikwächter noch in der Fabrik anwesend, welcher beim Versuche, das Feuer zu löschen, beinahe er­stickt wäre und in bewußtlosem Zustande fortgesührt werden mußte. Die Bäume am Feuerbach wurden von dem schwimmenden Theec in Brand gesetzt und zerstört. Auch die Mühle war in großer Gefahr. Der Brand gewährte auf viele Stunden im Umkreis euren schauerlich schönen Anblick.

Berlin, 12. April. Der Kongreß der deutschen Gesellschaft für Chirurgie wurde heute eröffnet mit einer Ansprache des Vorsitzenden Dr. König. Die Beteiligung ist zahlreich. Unter den Teilnehmern befindet sich auch Bruns.

Schwei).

Luzern, II. April. Das deutsche Kaiserpaar wird aus seiner Rückreise durch den Bundespräsi- denlen, den Vizepräsidenten und den Chef des De­partements des Auswärtigen in Göschenen und Luzern offiziell begrüßt werden. Höhere Offiziere ge eiten den Kaiserzug von der Südgrenze bis zur Roidgrenze der Schweiz.

Oeflrrreich-Angarn.

Pest, 11. Apri. Das glücklich abgewendete Moroaltentat gegen den ungarischen Fürstprimas Kardinal Vaszary steht im Vordergründe der Tages­ereignisse. Der greise Kirchenfürst, ein persönlich li.benswürdiger und gütiger Mann, ist Gegenstand allgemeiner Teilnahme. Die allgemeine Sympathie wendet sich auch seinem heldenmütigen Sekretär Kohl zu, einem jungen Geistlichen, der das Attentat abgcweyrt hat und im blutigen Handgemenge mit dem Verbrecher lebensgefährlich verletzt wurde. Der Verbrecher selbst ist verstockt. Auf die Frage eines Besuchers im Keiker, ob er Reue empfinde, erwiderte er:Nein, Herr. Ich bedauere nur, daß es mir nicht gelungen ist, den Primas zu.cn. Ich selbst werde mich m t meinem Schicksal schon abfinden." Der Zustand Kohls ist bedenk.ich Bei dem mit Ihm vorzenom neuen Verhöre gestand Szolics kalt­

blütig ein, daß er die Absicht gehabt habe, den Fürst- Primas zu töten. Der Kaiser ließ sich nach dem Befinden des Fürstprimas und Kohls erkundigen. Ministerpräsident Dr. Wekerle sandle ein überaus herzliches Glückwunschschreiben. Die Nachricht von dem Attentat hatte sich sehr schnell durch die Stadt und unter den Abgeordneten verbreitet. Die Erz- herzöge Josef und Ladislaus, die Minister Wekerle und Hieronymi, ferner zahlreiche Magnaten und Abgeordnete beglückwünschten Vaszary persönlich zu seiner Errettung.

Pest, 12. April. Die Gattin des Attentäters Szolics befindet sich samt ihrer Familie in Gran. Als der Fürstprimas erfuhr, daß sie verzweifelt sei über das Schicksal ihrer Kinder, ließ er ihr telegra­phieren, sie möge beruhigt sein, der Primas werde für die Kinder sorgen.

Frankreich.

Amiens, 11. April. Die Zahl der streikenden Arbeiter aus den Färbereien und Sammetfabriken beträgt 10 000. Die Fabriken werden vom Militär bewacht; die übrigen Mannschaften sind in den Ka­sernen konsigniert.

Italien.

Rom, 11. April. Die Vorbereitungen zum fest­lichen Empfange des deutschen Kaiserpaares sind in vollem Gange. Mehr als vierzig Vereine haben sich bisher gemeldet, welche bei der Ankunft des Kaiserpaares Spalier bilden wollen; auch die Ar­beiterschaft ist zur Beteiligung aufgefordert worden. In der Stadt werden bereits allenthalben Fähnchen in den deutschen Farben, die mit dem Bildnis des Kaisers Wilhelm und der deutschen Inschrift:Hoch Wilhelm, Kaiser von Deutschland!" versehen sind, verkauft. Diese Fähnchen sollen bei der Vorüber­fahrt des Kaisers in die Luft emporgeschleudert werden. Eine Deputation junger Damen und Kinder der deutschen Kolonie wird das Kaiserpaar auf dem Bahnhofe begrüßen und Blumensträuße überreichen.

Rom, 11. April. Der Papst empfing gestern die ungarischen Pilger und hielt eine Ansprache an dieselben, in welcher er sie ermahnte, den Lehren des Papstes zu folgen und ihm zu vertrauen. Hier­auf erteilte der Papst den Pilgern den Segen und segnete auch den Kaiser von Oesterreich, welcher sich durch seinen Eifer für die katholische Religion und für die Wohlfahrt Ungarn auszeichne, sowie das kaiserliche Haus und das gesamte ungarische Volk.

England.

London, 12. April. Nachrichten aus Warschau bestätigen das Gerücht von einer für diesen Sommer bevorstehenden Zusammenkunft des Zaren mit dem Kaiser von Oesterreich in Russisch-Polen.

Amerika.

Ein Prärienbrand in Nebraska, der schon zehn Tage wütet, greift immer mehr um sich Ein Dorf wurde gänzlich, viele teilweise zerstört. Pflan­zer und Viehzüchter erlitten enorme Verluste.

Kleinen Mitteilungen.

In Folge eines Bienenstiches gestorben. In Wetzwalde bei Grolta in Böhmen entnahm die­ser Tage der Landwirt Neumrnn einem seiner Bie­nenstöcke Honig und legte das Stück einer vollen Wabe bei Seite, um es seiner z. Z. nicht anwesen­den Gattin aufzuheden. Als diese nach Haufe kam, führte sie die Wabe zum Munde, um, wie sie öfter gelhan, den Honig aus der Wabe zu saugen. Plötz­lich verspürte sic einen stechenden Schmerz im Schlunde: eine noch in der Zelle verborgene Biene war von ihr mit dem Honig verschluckt worden und hatte sie gestochen. Die Halspartien schwollen in kurzer Zeit so an, daß die Frau den Erstickungstod erlitt.

6000 Jahre alte Pfla nzen. Das älteste Her-l barium der Welt befindet sich, nach einer der N. Z. zugegangenen Mitteilung, im ägyptischen Museum zu Kairo; es enthält Pflanzen, die über 5- bis 6000 Jahre alt sind. Die B.ütezeit der alten Aegypter fällt in die Zeit um 4000 v. Chr., und damals schon war es Sitte, den Leichen Blumen mitzugeben. Diese Blumen erhielten sich selbst in der Farbe vor­trefflich; es ist weißer und blauer Lotus, roter Mohn, der Granatbaum, vie onentalische Malve, der Saflor u a.; man fügte aber auch Blätter von Sellerie,

Z v cbel uod Lauch hinzu. Prof. Schweinfurl hat viele Pfl mzenrcste bestimmt, und neuerdings hat Loret sich dimit wissenschaftlich beshästigt.

Allerlei.

Kleidung wechseln: Wer es nur irgend kann, wechsle das Hemd und lege ein anderes zur Nachtzeit an. Während der Nacht verdunstet aus dem ausgezogenen Taghemde und während deS Tages aus dem ausgezogenen Nachthemde die auf­gesogene Hautausdünstung und so werden beide zum Tragen wieder geschickter. Dies alles gilt namentlich für solche Menschen, welche viel schwitzen und mit schmutziger und staubiger Arbeit zu thun haben.

Handel L Berkehr.

Konkurseröffnungen. Philipp Standenmayer, Schmiedmeister in Rechberghausen. August Brunn, Kauf­mann in Laupheim. Johann Pingera, Schuhmacher in Rottweil.

Litterarisches.

O. F l e i s ch m a n n, die vorige und die kom­mende Revolution. Eine Vorlesung, aus Anlaß des französischen Revolutionsjubiläums dem deutschen Volke vorgehakten. Kaiserslautern und Leipzig, I. Taschers Buchhandlung (I. Gerlc) 1892. 2

Da auch in diesem Jahr die Zäcularerinnerun- gen an die französische Revolution (König Ludwig XVI. guillotiniert 21. Jan. 1793) sich häufen, so darf das vorliegende Buch sicher auf ein allgemeines Interesse beim gebildeten Publikum rechnen. Es will ein getreues Bild vom Wesen der franz. Revolution entwerfen und zwar, um ja gerecht zu sein, in An­lehnung an das Werk eines Franzosen Tai ne, die Entstehung des modernen Frankreich," der den Mut gehabt hat. die bisher ziemlich allgemein, nicht nur bei den Franzosen geglaubte Legende von dem großartigen und erhabenen Charakter derselben und ihren segensreichen Folgen, welche leider auch viele deutsche Darstellungen der Revolutionszeit beherrscht hat, zu zerstören und die geschichtliche Wahrheit ans Licht zu stellen. Mit unbarmherziger Wahrheitsliebe wird von der seitens mancher so bewunderten Re­volution der täuschende Schleier hinweggezogen und dieselbe in ihrer wahren, nackten Gestalt gezeigt, lind da erscheint sie allerdings nicht nur als häßlich, sondern geradezu, wenn wir die Zeit der Schreckens­herrschaft ins Auge fassen, in welcher ihr Geist zum wahren Ausdruck kommt teuflisch, lim nur einen Zug zu nennen, als es sich um die Abstimmung über die Verurteilung des guten, aber schwachen Königs handelte, da war von dem furchtbaren Ernst der Lage weder in den Reihen der Abgeordneten, die eine so schwer wiegende Stimme abzugeben hat­ten, noch auf den, Galerien etwas zu spüren. Auf diesen trieb man Scherze, und trank, wettete auf den Kopf des Königs u. a. In den Bänken der Abgeordneten wurde geschwatzt, mit den Damen auf der Galerie geliebäuqelt oder wurden auch Besuche bei denselben gemacht. Kurz diesem entscheidungs­vollen Vorgang, der vor manchen ein großartig antiker Charakter zugeschrieben worden ist, fehlte aller Ernst, alle Würde, ja selbst der gewöhnliche Anstand. Es ist ungemein lehrreich, den Aus­führungen des Verfassers zu folgen, insbesondere auch bei der Charakteristik der Helden derselben, sowie bei der Anwendung, die er davon auf unsre Zeit und die kommende Revolution macht, welch letz­tere wir uns übrigens nicht so unvermeidlich denken, wie der Verf. Hiemit sei diese Lektüre dringend empfohlen. 8.

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