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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Overamts-Bezirk Nagold.

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1893

Amtliches.

Nagold.

Die Gemeindepfleger und Ortsvorsteher

werden angewiesen, mit Beginn des neuen Rechnungs­jahres das Ergebnis der monatlichen und unvermu­teten vierteljährlichen Kassenstürze sowohl in das alte als auch m das neue Tagbuch der betreffenden Gemeindeverwaltung einzutragen.

Den 30. März l893.

_ K. Oberamt. Vogt.

Infolge der mit evaugcl. Schulaspiranten abgehaltenen Vorprüfung sind nachstehende Schüler zur Vorbildung für de» Volksschnllehrerberuf mit Aussicht auf Staatsunter- stütznug ermächtigt worden. Von den in Nagold Geprüf­ten: F. Auer von Nenbulach, Gast. Bauer von Heimerdingcn, A. Benz von Nagold, I. Binder von Kuppingeu, CH. Dürr von Effringen, Th. Dürr von Simmozheim, E. Häfele von Sindelffngen, F. Hettler von Ebcrdingen, Tr. Hirth von Ostelsheim, W. Hornung von Dußlingen, I. Keppler von Schernbach, Fr. Link von Tuttlingen, K. Lutz von Fellbach, W. Oeischläger von Birkenfeld, F. Rühle von Kilchberg, K. Scheck von Eltingen, I. Schund von Freudenstadt, K. Schüler von Weil im Dorf, F. Schwemmte von Waldrcnuach, K. Strohccker von Sindelfingcn. CH. Talmon-Gros von Nen- hengstett, K. Wagner von 'Neuenbürg, G. Weißhardt von Darms beim._

Gestorben in Amerika: Louis Sailer ans Al- tenstcig, 48. I. a., in New-Vork.

Gages-Weurgke ilen.

AerrtsiHes Weich.

Die Mädcbenmiitelschule in Nagold. (Schluß.) 1) Es ist unrichtig, daß mit der in der Bekannt­machung. betreffend die Neuaufnahme in die Mittel­schule enthaltenen Bestimmung, wornach dieselbe mit vollendetem 4. Schuljahr geschehen soll und spätere Anmeldungen nicht berücksichtigt werden können, etwas Neues aufgestellt undplötzlich" die Pforten der Mittelschule den l l 12jährigen Mädchen verschlossen worden seien. In Wirklichkeit war diese Bestimmung von Anfang an in Geltung und seither in thatsäch- licher Uebung; die Anzeigen von 1837 und 1888 enthielten sie mit fetter Schrift gedruckt. Noch im vorigen Jahr wurde daran erinnert. Allerdings sind Ausnahmen vorgekommen, bei Neuherein­ziehenden selbstverständlich, doch dann und wann auch bei Kindern von längst Ansässigen, besonders im letzten Jahr, aber gerade die Erfahrungen, die bei diesen Ausnahmen gemacht wurden, die unter- richtlichen Störungen und Schwierigkeiten, welche diese späteren Eintritte mit sich brachten, haben die Not­wendigkeit jener Bestimmung aufs neue bewiesen und da zugleich mit aller Bestimmtheit verlautete, daß verschiedene Väter, die beabsichtigten, ihre Kinder der Mittelschule zu übergeben, von gewisser Seite be­endet werden, dies nicht zu thun, sondern sie noch ein weiteres Jahr in der Volksschule zu belassen, so war es sehr angezeigt, diese Grundbrstimmung der Schulordnung mit aller Bestimmtheit hervorzu­heben, damit die betreffenden Väter wüßten, woran sic sind. 2) Es ist unrichtig, diese Bestimmung als einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Familienväter hinzustellen. Wenn Einsender im Ton der Entrüstung fragt: Wer will es einem Fa­milienvater verwehren, wenn er seine Tochter noch rin Jahr in der Volksschule lassen will? so ist zu antworten: Selbstverständlich niemand; keiner ist gehindert, seine Tochter in der Volksschule zu lassen, so lange er will, zumal wenn er der Ueberzeugung ist, daß in derselben mindestens (?!) ebensoviel ge­leistet werde, als in der Mittelschule. Warum sollte

denn ein solcher überhaupt an eine Mittelschule denken? Wenn aber der Einsender jedem Familien. Vater das Recht zuspricht, zu jeder beliebigen Zeit sein Kind in die Mittelschule zu schicken, also etwa auch im 6., 7. oder gar 8. Schuljahr denn was dem einen recht ist, ist dem andern billig und der Schule die Verpflichtung zuweist, alle späteren Anmeldungen einfach anzunehmen, so liegt darin eine so vollständige Verkennung der Verhältnisse, daß man sich mir wundern muß, wie dieser Gedanke ernsthaft ausgesprochen und einer Privatschule das selbstverständliche Recht bestritten werden kann, ein bestimmtes Alter für den Eintritt festzusetzen. Darf man denn auch bei der Real- oder Lateinschule zu beliebiger Zeit eintreten? 3) Es ist unrichtig, daß es Sache der bürgerlichen Kollegien sei, in dieser Frage das letzte Wort zu sprechen, d. h. von sich aus die Ordnung der Schule zu regeln. Als die Stadt feiner Zeit in dankenswertem Ent­gegenkommen das freie Lokal und einen ansehnlichen Geldbeitrag verwilligte, wurde keinerlei Bedingung dieser Art an die Verwilligung geknüpft, so wenig als seitens des Staats bei der Verwilligung seines sehr bedeutenden Beitrags geschehen ist. Nur in einer Hinsicht wurde aus freien Stücken bei der Gründung der Mittelschule eine Zusage ge­macht, daß nämlich das Schulgeld nicht über 10 Mk. betragen solle, (während man anderwärts weit über diesen Betrag hinausgeht, in Altensteig zeit­weise ein solches von 28 erhoben wurde, eben um die Schule nicht als eine solche für die Kinder derBeamten und Herren" hinzustellen, sondern sie jedem Bürger offen zu halten. Diese Bestimmung ist seither pünktlich eingehalten worden; es hat noch kein Vater einen Pfennig mehr bezahlen müssen; die in mehreren Jahren weiter erforderlichen Kosten wurden durch freiwillige Beiträge von Garan- tieträqern bestritten. So wurden von den Herren Klingler, Sannwald und ff Geigle was ans diesem Anlaß erwähnt werden soll mehrere 100 Mk. eingezahlt. Die bürgerlichen Kollegien ha- ben es natürlich jeder Zeit in der Hand, den Bei­trag zu verwilligen oder zurückzuziehen, aber ein Anspruch, in die Ordnung der Schule dreinzureden, ist von derselben noch nie erhoben worden. Wenn also der Einsender die bürgerlichen Kollegien auf­fordert, ein Einspruchsrecht geltend zu machen und die vermeintlich bedrohten Rechte der Bürger zu wahren, so hat er etwas höchst lleberflüssiges gethaa, um so mehr, als schon seither im Ausschuß die Ver­treter der bürgerlichen Behörden wenn man das geistliche Mitglied zuzählen will die Mehr­heit hatten und durch die neugewählten Mitglieder 2 Vertreter des Bürgerausschusses hinzugekommen sind. 4) Es ist unrichtig, zu meinen, daß solche Schülerinnen, die erst mit dem 7. Lebensjahr in die Schule und dann mit dem 1l. Jahr in die Mittel­schule eintreten, genötigt sein sollen, bis ins 15. Lebensjahr in der Mittelschule zu bleiben. Das ist allerdings wünschenswert aus verschiedenen Gründen, aber ein Zwang dazu wurde niemals geübt und thatsächlich ist schon eine ganze Reihe von Mädchen mit 3 Jahren Mittelschule, d. h. im 14. Lebensjahr ausgetreten; die Mehrzahl der Schülerinnen aber ist 4 Jahre geblieben, und somit ist es berechtigt, von einem 4jährigen Kurs zu sprechen. 5) Es ist un- richtig zu meinen, das Französische sei bei der Mit­telschule überhaupt Nebensache. Allerdings er­lstreckt sich die Mehrleistung, die man von einer

Mittelschule mit Recht erwartet, auch auf andere Fächer, Aufsatz und Rechnen, besonders Kopfrechnen und hätte er hinzufügen können auch auf Realien, besonders Geographie und Geschichte. Was hierin in der hiesigen Mittelschule geleistet wird, da­von hätte sich der Einsender bei der letzten Prüfung überzeugen können, ebenso davon, wie im Aufsatz auf das praktische, geschäftliche Leben durch Hebun­gen im Ausstellen von Rechnungen, Quittungen, Warenbestellungen, Empfangsanzeige i, Bürgschafts­scheinen und dgl. gebührend Rücksicht genommen wird. Aber das Französische darf doch gegen diese Fächer nicht zurückgesetzt werden. Der Einsender gibt selbst den bildenden Wert des Französischen zu, aber freilich nur, wenn man es zum Schreiben fran­zösischer Briefe oder zum Lesen französischer Schrift­steller bringt. Dagegen ist zu fragen: wie viele unsrer Realschüler bringen es dazu selbst bei füui- jährigem Besuch der Realschule? Sollte nicht folge­richtig auch hier das Französische zu einem freiwil­ligen Fach gemacht werden! In Wahrheit ist aber der bildende Wert des Französischen, überhaupt einer fremden Sprache, auch wenn man es nicht zum geläufigen Sprechen bringt, was allerdings ohne längeren Aufenthalt im Ausland nicht erreicht werden kann, durch die Erfahrung sattsam bestätigt, schon für die Sicherheit und Richtigkeit im Gebrauch der Muttersprache. Und ist nicht das schon von erheblichem Wert, wenn eine Schülerin späterhin beim Lesen irgend eines Blattes, z. B. des Gesell­schafters, imstande ist, die darin vorkommenden Fremdwörter, die meistens aus dem Französischen stammen, richtig auszusprechen und zu verstehen und auch in Briefen nötigenfalls richtig zu ge­brauchen? Ist es nicht störend, wenn sie etwa schreibt, sie sei von Salwredur" gekommen oder im Bad Liebenzell an derDabeldod" gesessen? (Selbstverständlich wollen wir dem Fremdwörterun­wesen nicht das Wort reden, aber mit den Fremd­wörtern selbst werden wir uns noch geraume Zeit herumschlagen müssen). Für die Entbehrlichkeit des Französischen wird nun die Schulvorsteherin in Schorers Familienblatt" ans Feld geführt, die be­kennt, mit ihrer Mädchenschule Fiasko gemacht zu haben. Wir habe» keinen Grund, das letztere in Zweifel zu ziehen, wohl aber, ob das, was sie von ihrer Schule sagt, eben darum von allen andern gelten muß. Wir gestehen, daß uns weder SchorerS Familienblatt, noch die bewußte Fiasko, Vorsteherin eine pädagogische Autorität ist. Der Ausschuß der Mädchenmittelschule steht ganz auf diesem Standpunkt, indem er ausdrücklich das Französische als ein Pflichtfach anerkennt, worin eines der wesentlichsten Merkmale der Mittelschule ein Unterschied von der gewöhnlichen Volksschule liegt. Wie mißlich es für die Ordnung der Schule ist, hier eine Befreiung eintreten zu lassen, hat auch die Erfahrung im letz­ten Jahr ergeben. 6) Auf eine nähere Beleuchtung des L.- und Lklassenplans, durch den die Mittel­schule ersetzt werden soll, wird wohl verzichtet wer- den dürfen, so lange nicht ersichtlich ist, daß weitere Kreise sich dafür interessieren, ebenso auf ein Ein- gehen hinsichtlich der Frage der weiblichen Fortbil­dungsschule, die allerdings als ein Bedürfnis aner­kannt werden maß. Entschieden aber muß die Meinung zurückgewiesen werden, daß das Fortbe- stehen der Mittelschule ein Hindernis für saS Zu­standekommen der Fortbildungsschule sein soll. Auch hier laufen verschiedene Unrichtigkeiten mn inner.