ist der Triumph der Ostertehre, das ist der Helle Srern in der Nacht grüblerischer Einsamkeit. Helle und freundlich naht mit dem Frühling uns das Osterfest, licht und klar sein Abbild, treu und wahr sein ganzes Wesen. Und wir freuen uns der schönen und erquickenden Friedenstage, und der jauchzende Ruf dringt durch Wälder und Straßen: „Ostern ist da, der Frühling ist kommen , der Winter ist überwunden."
Unser diesjähriges Osterfest ist ganz besonders geeignet zu Tagen stiller Sammlung und Bedachtsamkeil. In harter Zeit, wie sie hinter uns liegt, und wie sie noch heute nicht ganz verschwunden, werden auch die Gedanken und Willensäußerungen des Einzelnen rauh und hart, und es soll werden, was doch nicht werden will und auch bei der allgemeinen ungünstigen Zeitlage nicht mit einem Maie werden kann. Dann erwachen Mißtrauen und Argwohn des Einen gegen den Andern, die Stimme der Rechthaberei macht sich häufig breit, und die Mahnung nach Versöhnung und Bedachtsamkeit muß oft genug sich verstecken. Es liegt in der menschlichen Natur, daß die äußere Lage der Zeitläufte ihren Einfluß übt auf unser ganzes Sein, und widerspruchsvolle Aeußerungen darüber Hervorrust, wie dem einzelnen Bürger des Staates am besten zu helfen und zu dienen sein wird. Die schlichte Stimme der Wahrheit kann sich nicht immer geltend machen, sie hat einen argen Kampf zu führen mit trügerischen Vorspiegelungen, und es erscheint mitunter, als sei jede Richtschnur für ein folgerichtiges Thun und Handeln verloren gegangen. Aber es scheint doch nur so, denn in Wahrheit drängt sich die gesunde, urwüchsige deutsche Volkskraft immer wieder in den Vordergrund und bestimmt alles Thun und Lassen. Und darin ist auch eine sichere Hoffnung, ein festes Vertrauen für die kommenden Tage zu erblicken. Einzelne Personen mögen irren, auch große Gruppen eines Volkes können auf schiefen und abschüssigen Wegen wandeln, aber ein ganzes Volk mit sich forl- zureißen, und es zu Thaten des Unheils und Verderbens zu drängen, das ist denn doch nicht so leicht. Die stärkste Macht in der heutigen Staatsentwickelung ist gesunder Volkssinn und unverdorbene Volkskraft. Und weil dem so ist, wird das Reich schließlich gegen die ärgsten Anfechtungen gewappnet sein, das sich in allen Tagen einen kräftigen und wehrhaften Bürgerstand bewahrt. Das Hauptstreben aller deutschen Volkskreise wird hieraus gerichtet sein müssen: Wer weiß, was uns in einer früheren oder späteren Zukunft bescheert ist? Es können sich Dinge ereignen, an die wir heute kaum zu denken wagen, und dann wird es erforderlich sein, den hereinbrechenden Schicksalen vollgewappnet entgegenzutreten; es wird auch nicht ausgeschlossen sein, daß ein kräftiges Bürgertum im Keime ersticken kann, was zu einer großen Gefahr sich ausdehnen könnte, wenn man die Hände in den Schoß legt. Niemals sind Männer von Uebel, deren Sinn nach nichts anderem geht, als dem großen Ganzen zu dienen. Sind solche Personen rar, so muß darauf hingewirkt werden, ihre Anzahl zu vermehren. Zu entbehren sind sie niemals und nirgendswo, das haben gerade in unserem deutschen Vatcrlande die neuesten Ereignisse gezeigt.
Das Osterfest fällt gerade in eine Zeit, wo die Frage der Sicherung der Grenzen des deutschen: Reiches alle Gemüter beschäftigt, wo die weitesten ^ Kreise voller Erwartung der hochwichtigen Entschei-' düng entgegensetzen, die von den verbündeten Regierungen über die von ihnen dem Reichstage unterbreitete Militärvorlage erfordert wird. Alle Kreise wissen, daß es sich hier um die Wehrhastmachung des Reiches, um unsere rationelle Sicherheit handelt, alle Kreise wissen, daß etwas geschehen muß, um dem Neid und den Gefahren zu begegnen, die uns von Seiten unserer Nachbarstaaten drohen. Es soll auch etwas geschehen, doch über das Maß des Notwendigen und Nützlichen, da gehen die Anschau- i ungen recht erheblich auseinander. Hier wird die Bedeutung der erhöhten Wehrkraft des Volkes in den Vordergrund gerückt, dort wird auf die unvermeidlichen Lasten hingewiesen, die aus diesen Schritten entstehen werden. Und so gehen die Meinungen hin und her, eine Einigung ist bisher nicht möglich gewesen, und unter der Aussicht auf eine Auflösung! des Reichstages und allgemeine Neuwahlen ist das j Frühiingssest herangekommen. Bis rein und ge
klärt Frühlingsleben und Frühlingsglanz vor uns liegt, bedarf es, wie wir alle wissen, geraumer Zeit, und so wird es wahrscheinlich noch manchen, manchen Tag des Sturmes und der politischen Wirren geben, bevor die Entwicklung des deutschen Reiches sich in ruhiger Weise vollzieht, einem starken, aber gebändigtem Strome vergleichbar, der ohne Störung, ohne den Anwohnern Gefahr zu bringen, seinen Weg zieht. Wir können nur die Hoffnung aussprechen, daß der Osterfriede, die friedliche Gestaltung der Frühlingstage ihren Einfluß auch auf die nicht verfehlen möge, die da berufen sind, dem deutschen Volke Lenker und Leiter und Gesetzgeber zu sein. In diesem Sinne wollen wir, ohne den Ernst künftiger Tage zu unterschätzen, aber auch ohne Befürchtungen zu hegen, die nicht sich als begründet erweisen werden, durch die Pforte des Osterfestes in den Frühling eintreten, und auch hier wollen wir sagen! „Und währt der Winter noch so lang, es muß doch endlich Frühling werden." In diesem Sinne rufen wir allen Lesern und Freunden zu:
Frohe Festtage!
Fages-WeuigkeiLen.
Deutsches Weich.
Stuttgart, 26. März. Bezüglich der Lage der unständigen Lehrer hat eine Stuttgarter Gau- versammiung folgende Thesen angenommen: 1) Der Lage der Unständigen ist a) in der Besoldungsfrage, b) in den Anstellungsverhältnissen und o) in der Krankenversorgung dringend eine Aenderung nötig.
2) Bezüglich der Besoldung ist die Mindestforderung 800 ^ für Lehrgehilfen bis zum 22. Jahr, 900 Mark für Unterlehrer bis zum 25. Jahr und 1000 Mark als pensionsberechtigt vom 26. Jahr an.
3) Die Lehrgehilfenzeit soll bis zum 22. Jahr, die Unterlehrerzeit bis zum 25. Jahre gehen, von da an sollen die Stellen ständige und pensionsberechtigte sein. 4) Um der noch herrschenden Ueberpro- duktion vorzubeugen, soll die jährliche Aufnahme von Schulamtszöglingen in ein näheres Verhältnis zu dem definitiven Jahresverbrauch an Kandidaten gesetzt werden. 5) Nach zurückgelegtem 25. Jahre sollte kein Kandidat von der zweiten Dienstprüsung zurückgewiesen werden dürfen. 6) Ein kranker Unständiger sollte vor Mangel und Entblößung durch gesetzlich geordnete Einrichtungen wie in Baden und Bayern geschützt sein.
Walddorf, 28. März. Bei der heutigen Schultheißenwahl erhielt Amtsnotar Schiemer 93, Landjäger Enz 66 Stimmen.
Bismarckhuldigungen. In Frankfurt a. M. fand vorgestern (26. März) eine große Bismarckfeier statt, an der etwa 1500 Personen aus Frankfurt und den Nachbarstädten teilnahmen. Die Versammlung sandte an Bismarck telegraphisch einen Glückwunsch, der mit den Worten: „Lang lebe der Deutschen Einheit Schmied, hoch unser Bismarck immerdar!", schließt. Ebenso wurde von dem nationalliberalen Verein zu Mainz eine Bismarckfeier veranstaltet.
Der plötzlich in aller Welt Mund gekommene Schneidermeister Dowe in Mannheim soll seine Erfindung, die „kugelfeste Uniform", wie die dortige „Volkszeitung" meldet, zunächst dem Reichskanzler Grafen Caprivi für 3 Millionen Mark angebotsn haben. Der Reichskanzler verlangte Bedenkzeit. Die Redaktion des „Figaro" in Paris soll sich zweimal telegraphisch an Dowe um nähere Auskunft über seine Erfindung gewandt haben, bis jetzt jedoch vergeblich.
Herr Dowe soll für seine Erfindung (kugelsichere Uniform) von dem Berliner Konsortium 500 000 bar. sowie den fünften Teil des finanziellen Ertrags der späteren Ausbeute erhalten.
Die an die Beamten des Reichs gerichtete Weisung, Versammlungen, an denen sie sich als Vertreter des Reiches beteiligen, bei persönlich zugespitzten Angriffen gegen diese zu verlassen, ist auch an die Beamten der preußischen Ministerien ergangen.
Der Reichskanzler Graf Caprivi hat jetzt durch sein Militärpreßbureau Herrn v. Bennigsen im „Hamburger Korrespondenten" auffordern lassen, sein Angebot einer Präsenzerhöhung von 49 000 Mann noch um weitere 20 000 Mann, also auf ! 69 463 Mann zu erhöhen, dann würde der Reichs- > kanzler vielleicht mit sich reden lassen. Da die von der Regierung verlangte Präsenzerhöhung 83 894 ' Mann beträgt, so würde ein solches Angebot nur
noch um 14 432 Mann hinter der verlangten Präsenzerhöhung Zurückbleiben oder zehn Zwölfteln derselben gleichkommen.
Eine Unterredung mit dem Fürsten Bismarck. Ueber eine Unterredung mit dem Fürsten Bismarck wird den Hamburger Nachrichten gemeldet: Am 19. d. Mts. empfing Fürst Bismarck den Abgeordneten Schoos, den Dc. Dietrich Hahn und Herrn P. Rickmers aus Bremerhaven. Das Gespräch kam zunächst auf den Bund der Landwirte und Herr Schoos erklärte, daß der Bund sich von den politischen Parteien unabhängig halten werde. Der Fürst billigte dies und betonte die Notwendigkeit, wirtschaftliche Parteien zu bilden. Der Fürst sagte: er würde wohl Lust haben, in den Reichstag zu kommen, wenn er es so machen könnte, wie der alte Moltke, der ruhig dagesessen und zugehört habe. Aber man würde ihn ja nicht zufrieden lassen. Die Einen würden ihn angreifen, ihn beschimpfen, was ihn immerhin am wenigsten berühren wurde, die Anderen wieder würden ängstlich von ihm fortrücken aus Furcht, sich zu com- promittieren. Zudem fehlte ihm der Apparat, der ihm früher zur Verfügung gestanden habe, und es sei für ihn bei vorgerückten Jahren doch schwierig, alles selbst zu lesen und alle Vorbereitungen flic die Reden allein zu besorgen.
Der Wetterprophet Rudolph Falb hatte dieser Tage selbst einmal einen seiner „kritischen Tage." Er enthüllte da nämlich in einem zu Görlitz gehaltenen Vortrage seinen erstaunten Zuhörern, welchen Segen Europa vom — Pariser Panamakcach zu genießen habe. Wäre der Panamakanal zu Stande gekommen, so würde durch rhn der Golfstrom westwärts in die Südsee adgelenkt werden und dadurch hätte Europa eine neue Eiszeit zu erwarten. Zunächst würde der deutsche Weinbau eingehen und zuletzt hätte alles bei uns grönländisch werden müssen.
Bei dem Aufstieg des Ballons „Humboldt" in Berlin am Dienstag bohrte sich die Spitze eines Blitzableiters in den Ballon. Der Zuschauer bemächtigte sich die größte Aufregung. Trotz der scheinbar gefährlichen Havarie ging der Ballon mit Lieutenant Groß und den Doktoren Suehling und Becson in südöstlicher Richtung ad. Bis Mittag war über eine Landung nichts bekannt.
Desterreich-Angarn.
Ein neuer Erfolg der Chirurgie. Nach dem von der „Wien. Klin. Wochenschr." veröffentlichten offiziellen Sitzungsbericht der „Gesellschaft der Aerzte" hat die Chirurgie sich eines neuen Erfolges zu rühmen. Die angeborene Hüftverrenkung, dieses häßliche Uebel, das die von ihm Behafteten zeitlebens zu einem watschelnden, einknickenden Hinken verurteilt und bisher, aller tharapäutischen Bemühungen spottend, als unheilbar gegolten hat, wird von Prof. A. Lorenz in Wien durch eine Radikal-Operation geheilt. Prof. Lorenz teilte in seinem Bortrage mit, daß er bereits 21 solche Operationen ausgeführt habe und nunmehr mit der Kranksnvorstellung beginnen werde. Eine kleine 7jährige Patientin aus Siebenbürgen, die er vorführte, zeigte einen so gleichmäßigen Gang, daß selbst ärztliche Kollegen, wie Rufe aus der Versammlung darthaten, nicht erkannten, welches Bein des hübschen Kindes operiert worden sei.
Frankreich.
Paris, 28. März. Im Senat hielt Challemel Lacour (Nachfolger Ferry's), seine Antrittsrede. Er spendete seinem Vorgänger I. Jerry warmes Lob; er könne dessen vor kurzem erst gehaltener Antrittsrede kaum etwas hinzufügen. Er zeichnete mit großen Strichen die Aufgaben, welche dem Senat innerhalb der Republik zufallen und versicherte, daß diese Körperschaft, der er seit 18 Jahren angehöre, einen ergebenen und eifrigen Mitarbeiter in ihm haben werde. — Sodann trat der Senat in die Budgetberatung ein und lehnte die Velocipedsteuer mit 128 gegen 121 Stimmen ab. Auf Wunsch des Finanzministers wurde eine Steuer von 5 Fr., die sich später erhöhen ließe, angenommen. Die Steuer auf Klaviere und die auf Livreen wurden verworfen.
Paris, 28. März. Der Graf von Paris richtete an die Präsidenten der departementalen monarchischen Komites ein Schreiben, worin es heißt: Angesichts der gegenwärtigen Lage empfinden Männer von ehrenhafter Gesinnung das Bedürfnis, sich zur höchsten Krafterüfaltung zu vereinigen. Die Monarchisten müßten mit gutem Beispiel vorangehen und jede nützliche Allianz annehmen, um Frankreich be-