ist gar nicht abzusehen, vb und wann die Verkürzung der Dienstzeit wieder angeregt und vorgeschlagen werden wird. Es mag wohl sein, daß man alsdann das Heerwesen auf den bestehenden Grundlagen um
straffer und energischer entwickelt und ausbildet. Ob dabei die Lasten des Volks im Ganzen und insbesondere des einzelnen dienstpflichtigen Mannes leichter erträglich würden, mag wohl bezweifelt werden. Wir wollen damit durchaus nicht die Annahme der Regierungsvorlage im vollen Umfang befürworten; sie ist, wie oft genug überzeugend nachgewiesen worden, für jetzt in diesem äußersten Umfang weder mit der gegenwärtigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Volks vereinbart, noch ist sie aus Mangel an genügendem Menschenmaterial praktisch ganz durchführbar. Aber zur Auffindung einer mittleren Basis sollten sich zum Wohl des Vaterlandes und zur Vermeidung höchst gefährlicher Erschütterungen alle patriotischen Männer in der Regierung, im Reichstag und im Volk vereinigen.
Bezüglich der Militärvorlage erhält die Münch. Allg. Ztg. aus Berlin folgendes, wohl mit Vorsicht aufzunehmendes Privattelegramm: „Persönlichkeiten, deren Beziehungen die Authentizität ihrer Informationen verbürgen, sprechen sich dahin aus, daß ungeachtet aller gegenteiligen Versicherungen der offiziösen Presse der Auflösungsgedanke an leitender Stelle mehr und mehr in den Hintergrund tritt. Es sollen Verhandlungen eingeleitet sein, an denen sich auch Mitglieder des Centrums und der fresinnigen Partei beteiligen, um unter prinzipieller Genehmigung der gesamten Regierungsvorlage eine Bewilligung derselben in einzelnen Raten, auf eine Reihe von Jahren erteilt, zu sichern."
Ahlwardt. Aus Hofkreisen hat ein Berliner Blatt erfahren, daß auch der Kaiser Veranlassung genommen habe, sich über die jüngsten parlamentarischen Vorgänge zu äußern. Der Kaiser hatte seiner Befriedigung Ausdruck gegeben über die „prompte Justiz" des Reichstags. — Ebenso soll verschiedenen Beamten im Kreise Arnswalde-Friedeberg. welche für die Wahl Ahlwardts gewirkt haben, noch eine Strafversetzung bevorstehen. — Ahlwardt ist seit 1. Okt. 188l bis jetzt Gemeindeschul-Rektor in Berlin.
Die Reichsregierung über die Ahlwardt- sitzung des Reichstags. In der „Nordd. Allg. Ztg." ist zu lesen: „Das ist das Bedenkliche im Ahlwardtis- mus. daß er in der an äußerliche Einwirkungen gewohnten Menge die Begriffe von Wahr und Unwahr, von Recht und Unrecht. von wohlmeinender, legitimer Autorität und tückischer, nichtsnutziger Verführung in völlige Verwirrung stürzt, und daß diese Wirkung sich selbst bei Persönlichkeiten äußert, die durch Erziehung, Beruf und Lebensstellung gegen solche Einflüsse gefestigt sein sollten. kann die Besorgnis von der dauernden Schädigung der Volksseele nur erhöhen. An den Reichstag ist nun die Aufgabe herangetreten, durch volles Licht dem Unfug aufhrtzender Verdächtigungen und Verleumdungen ein Ende zu machen. Möge der obersten Instanz des Volkswillens ein nachhaltigerer Erfolg zu Teil weiden, als dem Ausspruch der Gerichte, der ihm im Gegenteil bei der Wahl im Wahlkreise Friede- berg-Arnswalde als Agitationsmittel für den Verurteilten ausgenützt worden ist. Eine Ahlwardtsche
Schule, in unserem öffentlichen Leben ständig, würde im Verstand und Gemüt des Volkes verhängnisvollere Verheerungen anrichten, als Krieg und Pestilenz. denn in letzteren wirken jeder Zeit bedingt erziehende Momente mit, die bei der Landplage sittlicher Brunnenvergiftung völlig fehlen.
Die Konservativen des Wahlkreises Friedeber g- Arnswalde haben sich, nach Berliner Zeitungen, in einer Versammlung von Ahlwardt losgcsagt. Sie sprachen ihr Bedauern aus, Ahlwardt zum Reichstagsabgeordneten gewählt zu haben.
Bezüglich der Ahlwardt'schen „Akten" erfährt die „Nat.-Ztg.", daß bei der Verstaat ichung der rumänischen Eisenbahn-Aktiengesellschaft sämtliche Akten an Bevollmächtigte der rumänischen Regierung ausgehändigt und hiebei ein Teil der Akten durch Unterschlagung oder Diebstahl abhanden gekommen sei. Das sind die Akten Ahlwardts. — Ahlwardt hat am Mittwoch abend in Spandau in einer Versammlung des antisemitischen Reformvereins gesprochen. Er betonte, er halte die im Reichstag vorgebrachten Anklagen aufrecht und werde die aktenmäßigen Beweise liefern. Nach Schluß der Rede wurde ihm von einem Hauptmann a. D. ein Lorbeerkranz aufs Haupt gesetzt.
Die konservativen Äbgg. v. Friesen, v. Hammerstein und Dr. Mehnert haben im Reichstagmit Unterstützung von 26 ihrer Fraktionsgenosseu den Antrag eingebracht, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstag einen Gesetzentwurf vorzulegen, nach welchem Israeliten, die nicht Reichsangehörige sind, die Einwanderung über die Grenzen des Reichs untersagt wird.
Berlin, 2l. März. In einer Versammlung des Zentralvorstandes der nationalliberalen Partei wurde die weitere Haltung der Partei gegenüber der Militärvorlage dahin präzisiert, daß die Fraktion zwar geeignete Kompromißvorschläge unterstützen, jedoch nicht selbst wiederum einen Vermittlungsvorschlag stellen solle. Im Fall einer Auslösung würden die Nationalliberalen nicht mit der Opposition gehen, sondern bei den Wahlen für d'e Veneioiger der Militärvorlage stimmen. Die Abschiießung eines förmlichen Kartells mit den Konservativen wuroe jedoch für unmöglich erachtet, einmal wegen des Widerstandes der Konservativen, sodann wegen der antisemitischen Strömungen in der letzteren Partei. Einige Blätter glossieren die Bemerkung der Germania. daß es sogar mehrere Wege gäbe, um ohne Auflösung des Reichstags aus der Sackgasse herauszukommen. Das Tageblatt sagt, das klinge überraschend.
Berlin, 25. März. Den Politischen Nachrichten zufolge wurden die Beamten des Reiches angewiesen, ferner solche Versammlungen zu verlassen, in denen über die Grenzen sachlicher Kritik hinausgehende Angriffe gegen die Reichscegierung lau: werben.
Besierreich-Ängarn.
Wien, 23. März. Bei der silbernen Hochzeit des italienischen Königspaares wird der Kaiser von Oesterreich durch den Erzherzog Rainer vertreten sein.
Wien, 24. März. Ueber die von dem Mannheimer Schneidermeister Dowe ersundene kugelfeste Uniform äußert sich Professor Billroth im „Wiener Tagblatt" sehr skeptisch: er halte die Erfindung für
unwahrscheinlich; die Experimente seien nicht überzeugend, übrigens werde ein Zukunftskrieg alle Erfahrungen umstoßen und die Anwendung von Dowes Uniform könnte eher gefahrbringend sein durch ihre Schwere.
Der Rücktritt des Abg. I)r. Smolka vom Präsidentenposten des österreichischen Abgeordnetenhauses hat sich in einer für den hochbetagten Herrn sehr ehrenvollen Weise vollzogen. Der Abg. v. Plener erörterte mit großer Anerkennung die halhhundert- jährige politische Thätigkeir Smo.kas, besonders tm Jahr 1848, nnd beantragte unter lebhaftem Beifall eine Ehrendotation für Smolka von jährlich 7300 Gulden.
Frankreich.
Paris, 21. Marz. Der Unterrichksminister beschloß die Schließung aller Schalen, L>ceen uno Universitäten am Begräbnislage Ferry's als Zeichen der Trauer.
Italien.
Rom, 23. März. Der Papsi empfing die Prinzessin von Wales und deren Künder in Privataudienz.
Rom, 27. März. Leo XIII. Hai erklärt, daß er keinen katholischen Fürsten empfangen werde, welcher nach Rom komme, um das italienische Königspaar zur silbernen Hochzeit zu beglückwünschen. Das Zeremoniell für den Besuch des deutschen Kaisers wird dasselbe sein wie 1888.
In R o m geht das Gerücht von dem Vergiften des bereits beerdigten Leibarztes des hl. Vaters. Die Polizei hat demzufolge die Ausgrabung der Leiche befohlen und gleichzeitig eine Untersuchung gegen die Anverwandten, besonders gegen eine ari- stokratOche Dame, angcocdnet.
Florenz, 23. März. Die Königin von England ist hier eingetroffen.
Kleinere Mittriliillge n.
Landwirtschaftliches. Die vom landw. BezirkSoerein Nagolb im Sunmenthal aufgekaufteu Zuchtthiere wurden sämtlich verkauu. ES wurden 104 Mk. über den Ankaufspreis eczielit. Das Defizit belauft sich auf ca. 800 Mk Für b>e 11 Farren wurden 469 Mk. über den ÄnkausSprwS, und für die 9 Rinoer 363 Mk. unter dem Ankaufspreis erlöst. Damit die Einführung die>ec Dyiere in den Bezirk den einzelnen Käufern den gewünsch:en Nutzen bringe, daß namentlich die Firren möglichst lange zum Dienst erhalten, und die jungen Rinder sicher wagend werden, so ist wohl auch hier die alte Regel der beste Wegweiser: man muß die Tiere so fürrern, daß sic stels wachsen und zunehmen, ohne daß sie fett weroen. Die beste Fütterung bei Farren ist die: täglich 4—5 Pfd. Haberund 15 stfo. Heu, aber kein Scro h. Es ist genau darauf zu achten, daß die gekaufcen Farren zur Zeit im Dienst noch geschont werden.
Auch die Universität Oxford hat Virchow den Doktorgrad verliehen. Es wurde ihm ein höchst enthusiastischer Empfang bereitet.
Hiezu eine Beilage.
Verantwortlicher Redakteur Stein wandet in Ragold. — Druck unv Verlag der Ä. Ä. ,6 aitec'sche» Vnchvruckerei.
Amtliche- und Prrvat-Bekarmtmirchungerr.
K. Amtsgericht Nagold.
Aurückgenommen
wird d>e unterm 23. d. M. an Christian Fitterling von Wildberg erlassene Aufforderung zur Aufenthaltsanzeige. Den 28. Marz 1893.
Amtsrichter Lehnemann.
Stadtgemeinde Nagold.
Das Jürgerreis
kommt am Samstag den 1. April ds. IS., von nachmittags 1 Uhr an, auf hiesigem Rathause in alphabetischer Reihenfolge zur Verlosung.
Gemeindcrat.
1 Kuhwägele
samt Geschirr hat zu verkaufen Chr. Benz, Fuhrmann.
Emmingen.
Es wurde auf der Thalstraße unterhalb der Pfrondorfer Mühle eine blecherne Laterne
gefunden,
der rechtmäßige Eigentümer kann dieselbe gegen Ersatz der Einrückungsge- bühr hier abholen.
_ Schultheißenamt.
Nagold.
Eine Partie 15 om weite, starke
kann noch abgeben
K. Finkenbein er, Flaschner. Nagold.
Mrnschmhe und
Zwetschgen
empfiehlt Gustav Heller.
Nagold.
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H.
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Mädchen.
das kochen kann und das Gartengeschäft versteht, kann auf Ostern eintreten. Zu erfragen bei der Expedition dieses Blattes. _
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Glas, Porzellan, Holz u. s. w. kittet Plüß-Staufer-Kitt.
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Eine neue Pelzkappe blieb an einem Turngeräte aus dem Stadtacker hängen. Der Fmder wird um Abgabe derselben gebeten bei der Red, d. B l.
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in der Vorstadt habe ich in Pacht übernommen und empfehle solche den geehrten Frauen zur gef. Benützung. _ Marie Lipp.
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Für ein 16jähriges Mädchen, das etwas Nähen kann und sich willig allen Geschäften unterzieht, wird eine Stelle gesucht. Näheres bei
Frau Bierbrauer Burkhardt.