Lebensjahre stehen, künftig nicht mehr gestattet wer­den könne. Dieser Passus machte verschiedene Fa­milienväter, welche mit ihren Kindern vor der Frage stehen: ob Mittelschule oder Volksschule? etwas stutzig. So viel wir wissen, nahm die Mittelschule bisher Kinder vom 10.12. Jahre auf; ja es haben im vorigen Jahr sogar noch 13jährige Mädchen Einlaß gefunden. Wie kommt es nun, daß plötzlich die Pforten der Mittelschule 11- und 12jährigcn Mädchen verschlossen werden? Wir sind der Ueber- zeugung, daß es den Schülerinnen nur förderlich sein kann, wenn sie vorher noch eine Klasse der Volksschule durchlaufen und wissen aus zuverlässiger Quelle, daß diese mindestens dasselbe leistet wie die Mittelschule. Dabei bietet sie aber den Vorteil einer bequemeren Anlehnung an den früheren Unterricht. Man braucht nicht Lehrer zu sein, um zu begreifen, daß die Volksschule, falls sie nicht mit Schülerinnen übersetzt ist (und das ist bei der hier in Betracht kommenden Klasse nie der Fall) unter günstigeren Verhältnissen arbeitet als die Mittelschule, insofern bei letzterer 4, bei ersterer dagegen nur 2 Jahrgänge zusammengenommen werden. Wenn nun eine An­zahl Familienväter aus obigen Gründen vor­erst ihre Töchter in der Volksschule belassen wollen, wer will es ihnen wehren? Und ist esdann auch recht, wenn diesen Mädchen die Mittelschule verriegelt wird? Wer, so möchten wir in aller Ordnung fragen, hat denn hier das letzte Wort zu sprechen? Sollten die bürgerli­chen Kollegien als solche (wir meinen nicht bloß einige Mitglieder von denselben), welche jahr­aus jahrein ansehnliche Mittel für die Mittel­schule bewilligen, nicht auch etwas dazu zu sagen haben? Wenn es ferner heißt, der Kursus in der Mittelschule sei ein 4jähriger, so trifft das nur bei solchen Mädchen zu, die im 10. Jahre dort eintreten. Manche Schülerinnen stellen sich aber schon deshalb erst im II. Jahre ein, weil sie beim erstma­ligen Schuleintritt in die Unterklasse bereits 7 Jahre alt waren. Sind nun solche künftig auch genötigt, bis ins 15. Lebensjahr in der Mittelschule zu blei­ben? Die Notwendigkeit eines 4jährigen Kursus wird nun hauptsächlich mit dem Unterricht in der franzö­sischen Sprache in Verbindung gebracht. Wir gestehen, daß wir hierauf nicht so großen Wert legen, und es wird sich noch kein Vater darüber beschwert haben, daß seine Tochter nicht Entsprechendes im Französi­schen gelernt hätte, selbst wenn sie nur 2 Jahre die Mittelschule besuchte. Das Erlernen einer fremden Sprache ist allerdings an und für sich bildend und die Gelegenheit hiezu soll vorhanden sein allein wie weit bringt man es dann gewöhnlich mit den Schülerinnen? Schreiben sie vielleicht französische Briefe und lesen sie französische Schriftsteller? Mit Nichten. Praktischen Wert bringt es erst dann, wenn in der Sprache später fortgearbeitet und die Aus­bildung im Auslande (durchs Sprechen) abgeschlossen wird. So weit bringen's aber nur einzelne unserer Mittelschülerinnen. Wir möchten deshalb auch in der Mittelschule den Schwerpunkt auf den Unterricht im deutschen Aufsatz, im Rechnen, namentlich im Kopfrechnen, gelegt wissen. Jüngst kam unsSchorers Familienblatt" in die Hand. Da fanden wir eine Abhandlung überMädchenschu­len," geschrieben von einer Schulvorsteherin. Merk­würdig sind folgende Sätze:Es muß zugestanden werden, daß wir mit unserer Mädchenschule Fiasko gemacht haben."Gerade in höheren Mädchenschu­len finden wir die Unsitte der Uebsrbürdung mit häus­lichen Arbeiten. Zur Erreichung des vorgesteckten Pensums muß der häusliche Fleiß in ausgedehntem Maße herangezogen werden."Erst nach vielen Erfahrungen, die in jahrelanger Praxis gemacht wer­den , bricht sich die Ueberzeugung Bahn, daß wir viel totes Material mit uns herumgeschleppt und junge Seelen damit gequält haben." Das ist ein ehrliches Geständnis. Immerhin haben die Eltern zu erwägen, ob ihr Kind vermehrte geistige Arbeit leisten kann, die Ueberanstrengung rächt sich oft bald. Ohne das Bedürfnis einer Gelegenheit zu vermehrter Schulbil­dung für unsere Mädchen in Abrede ziehen zu wol­len, halten wir die Errichtung einer weiblichen Fort­bildungsschule, einer Anstalt, wo Theoretisches und Praktisches zugleich getrieben wird, zum minde­sten für ebenso nützlich und wichtig als eine Mittel­schule. Fragt man uns, was aus unseren Töchtern werden soll, so antworten wir: zu tüchtigen, umsich­tigen Hausfrauen, die einer Familie vorstehen können

wollen wir sie ausbilden lassen. Hiezu soll die weibliche Fortbildungsschule das ihrige beilragen. Schon vor einiger Zeit wurde hier diese Frage ins Auge gefaßt, ohne daß sie zu einer Lösung gekommen wäre. Nun tauchte das Projekt in jüngster Zeit wieder auf, und es wurden hiebei bestimmtere Vor­schläge gemacht. Dieselben sollen hier zur Kenntnis des Publikums gebracht werden. Die Errichtung einer sogenannten Frauenarbeitsschule (in kleinem Stil) steht im Zusammenhang mit einer Verlegung der Mädchenmittelschule ins neue Schulhaus. Ist dies räumlich möglich, so findet die erstere Anstalt Un­terkunft im Lokal der Mittelschule. Ferner wird vorgeschlagen, es möchte die seitherige Mädchenmit­telschule in den Organismus der Volksschule eingc- fügt werden und zwar so, daß vom Beginn des 6. Schuljahres an (nicht schon im fünften) die Schüle­rinnen getrennt werden in 2 Oberklassen, und L. Die ^-Klaffe soll die bisherige Mittelschule ersetzen, erweiterten Unterricht geben in Aufsatz, Rechnen, Re­alien, Zeichnen. Der Besuch des Französischen soll freigestellt werden. (Nicht jedes Kind der Mittel­schule hat das Zeug zur Erlernung einer fremden Sprache.) Die L-Klasse erfüllt die an eine Volks­schule gestellten Anforderungen. In den unteren Mädchenklassen müßte eine weitere Lehrkraft ange­stellt werden, das würde aber so wie so nächsldem nötig werden. Das Lokal für eine Unterklasse ist in dem unteren Zeichensaal gegeben. Die Stadtkasse hat somit kaum größere Opfer zu bringen als seit­her und der Wunsch vieler Familienväter wäre er­füllt. Es liegt nahe, daß auf diese Weise die Mit­telschule unter städtische Verwaltung und Aussicht zu stehen käme. Ein Mitglied des Ausschusses für die Mittelschule meinte dabei, daß sie mit dieser Aen- derung mancher Sorgen enthoben seien. Wir sind nun begierig, wie die Vorschläge ausgenommen wer­den. Daß sie das Wohl unserer weiblichen Jugend im Auge haben, daran wird niemand zweifeln.

Nagold. Bei dem gestern stattgehabten Ver­kauf der vom landwirtschaftlichen Bezirksverein aus dem Simmenthal bezogenen Zuchttiere sind 10 Farren und 7 Rinder abgesetzt worden. Der Höchsterlös aus einem Farren betrug 755 der höchste Preis eines Rinds 610 ^ Unverkauft blieben 1 Farren und 2 wertvolle, schöne Rinder. Die Farren sind vorzugsweise als Eigentum der Gemeinden, nicht der Farrenhalter, erworben worden.

Naqold, 24. März. (Einges.) Bei der ge­strigen Biehversteigerung von Seite des Landw. Be­zirksvereins wurden im allgemeinen die den weibl. Tieren innewohnenden vorzüglichen Eigenschaften nicht in gebührender Weise bezahlt. Die vorgeführ­ten Rinder, aus den besten Zuchten vom Sim-' menthal, versprechen binnen Kurzem den guten Ruf des Simmenthaler Bieh's auch in unserem Bezirk sich neu zu erwerben. Jeder größere Landwirt sollte die günstige Gelegenheit zur Erwerbung der noch vorhandenen 2 schönen Rinder be­nützen.

> Alten steig, 20. März. Die Familie Wai« delich in Simmersfeld wurde dieser Tage schwer heimgesucht. Der 15jähr. Sohn derselben war hier bei einem Bäcker in der Lehre und hatte mit einem Kameraden wie schon des Oefteren einen Korb mit Brot nach Hornberg zu bringen. Auf dem Rückweg schlugen die beiden jungen Burschen einen Fußweg ein, der am Berg recht steil heravführt, auch noch mit Schnee und Eis belegt war. Waidelich stürzte und kugelte den Berg hinab Dabei schlug er mit dem Kopf mehreremat an Steine, prallte auch an einer Tanne an. Er konnte sich wieder erheben, wurde aber gleich bewußtlos. Sein Kamerad holte Hilfe in der nahen Baiermühle, von wo aus dann der Verunglückte auf einem Wägelein ins hies. Spi­tal verbracht wurde. Der Arzt konstatierte einen Schädelbruch. Ohne wieder zum Bewußtsein ge­kommen zu sein, starb Waidelich am Sonntag Abend 8 Uhr.

> Bon Schernbach, 21. März. Oekonom Hummel hatte das Glück, in unserer Gegend die 1. Schnepfe dieses Frühjahr zu erlegen.

Ravensburg. 22. März. Das Gesamtergebnis der Reichstagswahl ist: Rembold (Zetrum) gewählt mit 11566 Stimmen. Ferner erhielten: Sauter (Volksp.) 5423, Dr. Müller (nat.-lib.) 813, Tauscher (Soz.) 540 Stimmen.

Biberach, 22. März. Kirche und Kloster Hegg. bach sind zu ^/z abgebrannt.

Während man sich im Reichstag darüber streitet, ob esJudenflinten" im Sinn Ahlwardts giebt oder nicht, kommt aus Mannheim die überraschende Kunde, daß diese Frage heute eigentlich ganz gleichgültig sein könne. Einem Schneidermeister soll es nämlich ge­lungen sein, durch Erfindung einer Masse für kugel­sichere, undurchschlagbare Panzer dem Pulver und Blei seine Schrecken zu nehmen. Die wiederholt angestellten Schießproben hätten ergeben, daß au der Masse jedes Geschoß ohne Rücksicht am die Entfer­nung wirkungslos abpcalle. Ein Berliner Konsor­tium soll sich schon um den Ankauf der epochema­chenden Erfindung unter Zusicherung glänzender Be­dingungen bemüht hiben. Der glückliche Erfinder heißt Dowe.

Deutscher Reichstag. Am Montag begann der Reichstag die dritte Lesung des Reichsha»shi>ts. Abz. Liebknecht (Soz.) sprach gegen die hohen Militärlasten und die Militärvorlage, für die er keinen Grund sehe. Abg. Ahlwardt (Antis.) wird im Hinblick auf Rußland und Frankreich für die Militärvorlage stimmen, kann aber den Vorschlägen wegen der Kostendeckung nicht zustimm.'ii. Red­ner kommt dann auf die Jndenflintenaffaire zu sprechen und beklagt sich, daß die Aussagen der zahlreichen Belastungs­zeugen gegen die weniger Sachverständigen nicht anfkommen konnten. Löwe habe allerdings Gewehclänfe verarbeitet, die schon von der italienischen Regierung abgelehnt seien, er habe auch einen Meineid im Judcnflintenprozeß geleistet. (Der Präsident ruft den Redner wegen dieser Beschuldigung eines außerhalb des Hauses Stehenden zur Ordnung.) Abg. Ahlwardt zählt dann die Ergebnisse des Prozeßes auf und bleibt dabei stehen, derselbe sei ein Hohn ans die Gerechtig­keit gewesen. (Der Präsident rügt diese Aenßerung.) Reichs­kanzler Graf Caprivi erklärt, es thue ihm leid, den Vor­redner hier zu sehen. Nur die Achtung vor dem Reichstage hindere ihn, dem Abg. Ahlwardt die Antwort zu geben, die er verdiene. Redner erklärt Ahlwardts Angriffe aut die Militär- und Justizverwaltung für unbegründet, die Löwe- schen Gewehre für entschieden allen anderen Gewehren gleich­wertig. Kriegsminister v. Kaltenborn schließt sich dem an. Abg. Richter (frs.) nennt Ahlwardt einen gewerbs­mäßigen Beleidiger, der von der Oeffentlichkcir unschäd.ich gemacht werden müsse. Was er behauptet, sei schon vor Gericht als falsch erwiesen. Abg. Ahlwardt, betont, er wolle auf dieeigentümliche Logik" des Reichskanzlers nicht weiter eingehen. Er habe seine Zeugen und halte daran fest. Er habe Niemand beleidigen, sondern nur dem Start nützen wollen. Von Fanatismus sei er frei, Halle aber Scheidung von Juden, und Deutschen fürs Beste. Sächsischer General­major v. Sch lieben konstatiert, daß die Löweschen Gewehre gut sind. Abg. Liebermann v. Sonnenbcrg (Äntis.s ist Gegner von Ahlwardts Vorgehen, für ihn sei die Sache schon mit der ersten Lesung des Kriegslast!isters erledigt ge­wesen. In der Löweschen Fabrik herrsche allerdings Mangel an Aufsicht; er wolle der Militärverwaltung noch eine That- sache mitteilen, dann werde sie wohl sagen: Einmal Löwe und nie wieder? Nach mehreren persönlichen Bemerkungen zwischen Richter, Ahlwardt, Liebermann v. Sonnenberg wird die Weiterberatnng dis Dienstag vertagt.

Berlin, 23- März. Die Kreuzz. nennt Ahl- wordt einen Klopffechter, den sich die Konservativen 3 Schritte vom Leibe halten werden; auch die Kon- serv. Korr, strengl sich an, Ahlwardt abzuschütteln. Alle Blätter, mit Ausnahme der Staalsbücgerzei- tnnq, stellen die völlige Niederlage Ahlwardts fest. Die Nationalzeitung ist überzeugt, Ahlwardt sei le­diglich eine vorgeschobene Persönlichkeit.

Der Reichstag wird sein Arbeitspensum vor Ostern spätestens am Donnerstag beendet haben und alsdann in die Ferien gehen, die bis zum 11. April dauern werden.

Berlin, 23. März. Etwa 5000 Schneider ha­ben die Arbeit eingestellt. Bisher bewilligten 26 Geschäft e ihre Forderungen. _

Hauvel öd Verkehr.

>- Alten steig, 21. März. Der heutige Viehmarkt war stark befahren. Es waren zugeführt etwa 350 Paar Ochsen und Stiere, 150 Kühe, 200 Stück Rinder und Schmal­vieh. Verkauft wurde die Hälfte der aufgestellten Tiere. Namentlich gut ging der Handel in Zugvieh. Die Bauern, die wegen Futtermangel ihren Viehstand reduziert haben, mußten wegen der Saatgeschäfte wieder einkaufen. Die Preise stiegen bedeutend, am Schluffe des Marktes gingen sie wie­der zurück. Obwohl verhältnismäßig diesmal wenig Händ­ler anw^end waren, wurde doch auch in Fettvieh viel ge­handelt. Es waren Ochsen da bis zu »34 Ztr. lebend Ge­wicht das Paar. Ochsen kosteten 800-1200 pro Paar, der Ztr. lebend Gewicht 3134 Stiere galten 400 bis 800 Kühe 200-350 , jährige Kalbeln 120-180 -6,

Jungvieh 70150 Zu bemerken ist, daß in den letzten 14 Tagen eine Menge Ochsen und Zugvieh von Händlern im Hausierhandel aufgekauft wurden. Ganze Eisenbahnwaggon voll wurden abgesandt, meist ins Elsaß und an Mittelrhein.

>- Alten steig, 21. März. Auf dem Schweinemarkt gings beute lebhaft zu und die in letzter Zeit ohnedies hohen Preise steigerten sich nochmals bedeutend. Aufgestellt waren 30 Körbe mit Milchschweinen, 50 Paar Läuferschweine. Elftere galten pro Paar 3v36 -6, letztere 50100 Der Handel ging sehr rasch und trotz der hohen Preise wurde fast alles verkauft. __

Hiezu das ünlerh altunqsvialt Nro. 12 u. 1 Beilage.

Verantwortlicher Revakleur «lein wandet in Nagoid. Druck und Verlag der G. W. Zaiser' schen Buchdruckerei.