78

4 Uhr abends begann der Rückzug der Abeffynier; kurz darauf gestaltete sich der Rückzug zur Flucht, welche die Italiener mit Hurrahrufen begrüßte. Die abeffynischen Verluste sind ziemlich groß, die italienischen einschließlich der Baschibozuks betragen fünf Tote und 5 Verwundete.

Tages-Weuigkeiten.

X Calw. In unserer Stadt vollzog sich heute eine liebliche Feier. Dieselbe galt unserem verehrten Herrn Oberlehrer Kopp, welcher nun seit 50 Jahren an der hiesigen Jugend arbeitet und im ganzen seit mehr als 55 Jahren im Dienst der Volksschule steht. Da derselbe eine ihm zugedachte öffentliche Feier dankend abgelehnt hatte, so begaben sich die Vorstände des Stiftungsrats, der Ortsschulinspektor und der Obmann des Bürgerausschuffes in die Wohnung des Jubilars, in welcher sich auch sämtliche Lehrer der hies. Volks- und Mittelschule eingefunden hatten. Herr Bezirksschulinspektor Dekan Berg hatte die Freude, dem Jubilar die goldene Zivilverdienstmedaille, welche im Vollmachtsnamen Seiner Majestät des Königs Seine Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm dem verdienten Manne gnädigst verliehen haben, samt einem Glückwunschschreiben Seiner Exz. des Herrn Kultministers zu überreichen und ihm zugleich die besondere Anerkennung der Königl. Oberschul­behörde für seine langjährige treue und gesegnete Wirksamkeit auszudrücken. Herr Stadtschultheiß Haffner übergab dem würdigen Lehrer, der fast zwei Menschenalter hindurch seine ganze Kraft für das Wohl der Heran­wachsenden Jugend eingesetzt hat, als Dankeszeichen im Namen der Stadt eine goldene Uhr. Möge diese Liebesgabe einer dankbaren Gemeinde dem treuen Lehrer noch manche glückliche Stunde zeigen! Möge es durch Gottes Gnade den Seinen und uns allen noch recht lange vergönnt sein, den Jubilar , 1 . in unserer Mitte wirken zu sehen!

* Calw, 13. Febr. Am letzten Mittwoch kam der Holzmacher Fr. Schrafft in Ob erreichenbach auf gräßliche Weise ums Leben. Der­selbe war im Stadtwald^Meistersberg mit Aufbereiten von Holz beschäftigt, als plötzlich bei der über ihm arbeitenden Partie eine Tanne ins Rutschen geriet. Durch Ausgleiten auf dem fest gefrorenen Boden war es ihm nicht mehr möglich, zeitig wegzukommen, er wurde von dem Stamme erfaßt und eine große Strecke geschleift. Seine Kameraden trugen ihn sofort nach Altburg, woselbst ihm der dortige Wundarzt die nötigste Hilfe zuteil werden ließ. Es ergaben sich an Verletzungen: der Bruch mehrerer Rippen, ein Armbruch, mehrere Löcher im Kopf, dabei war ihm die Haut von der Brust abgeschunden. Schon am andern Vormittag erlag er seinen Schmerzen. Die hinterlaffene Familie wird allgemein bedauert.

(Amtliches.) Im Vollmachtsnamen Seiner Majestät des Königs haben Seine Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm am 14. Februar d. I. den Postsekretär Söll bei der Kanzlei der Generaldirek­tion der Posten und Telegraphen in Stuttgart zu dem Postamt Calw in Gnaden versetzt.

Nagold, 14. Febr. Heute wurde auf dem hiesigen Rathause das Bad Röthenbach im Zwangswege veräußert. Das ganze neu­erbaute Anwesen wurde samt Mobiliar (etwa 40 Betten in 30 Zimmern), Oekonomiegebäude und 15 Morgen Gütern um nur 26,300 von einem Stuttgarter Herrn erworben.

Herrenberg, 13. Febr. Unser seitheriger Reichstagsabgeordneter, Herr Kommerzienrat Staelin von Calw, sprach heute nachmittag 3 Uhr im Gasthof zur Post hier zu seinen Wählern. Die Versammlung war von hier und auswärts zahlreich besucht und wurde von Herrn Stadtschultheiß Haffner mit einigen Dankesworten für den Kandidaten eröffnet. Herr Staelin erörterte in längerer Rede die politische Lage Deutschlands, wobei er entschieden für das Septennat eintrat. Hierauf ergriff Herr Landtagsabgeord­neter Schürer das Wort und betonte u. a., daß der Bezirk mit der Haltung des Herrn Staelin im Reichstage und insbesondere mit seiner Ab­

stimmung bezüglich der Militärvorlage ganz und gar einverstanden sei und daß die Wähler ihn« bei der Neuwahl mit vollster Ueberzeugung ihre Stimme geben werden. Herr Schürer brachte am Schluffe seiner Rede ein Hoch auf Herrn Staelin aus, welchem die Versammelten allgemein zustimmten. Ein weiteres Hoch wurde auf Kaiser, König und Vaterland ausgebracht.

Im XI. Wahlkreis (Backnang, Hall, Oehringen, Wein sberg) ist der Kandidat der Volkspartei, Geh. Hofrat v. Bühl er» zurückgetreten. Volksparteil. Kandidaten wären es somit noch 6.

Ulm, 14. Febr. An den Folgen eines Stiches mit einer Nähnadel starb gestern die Frau des Lokomotivführers Wörner hier, Mutter von 8 Kindern. Derselben war am 3. d. M. beim Fegen eines Stubenbodens eine auf demselben liegende Nadel in die Hand gedrungen. Die Nadel wurde sofort entfernt und der Sache keine weitere Beachtung ge­schenkt ; allein nach einigen Tagen schwoll Hand und Arm bedeutend an und der hinzugerufene Arzt konstatierte eingetretene Blutvergiftung. Von einer Amputation des Armes wurde abgesehen, da die Vornahme dieser Operation nutzlos erschien.

Ebingen, 14. Febr. Die Zuchtvieh- und Herdebuch-Gesellschaft für den Oberamtsbezirk Balingen beginnt praktisch zu werden; sie hat sich als besondere Sektion des landwirtschaftlichen Bezirksvereins unter Leitung des Herrn O.-A.-Tierarzt Deigendesch fest konstituiert, und sind hier bei der gestern hier abgehaltenen Plenarversammlung des letzteren alsbald über 60 Mitglieder beigetreten. Es wurde zunächst der Ankauf von 13 Stück Original-Simmenthaler-Farren und einer entsprechenden Anzahl Kalbeln und junger Kühe beschlossen und hiefür eine Spezialkommission bestellt. Der Aufnahme der Mitglieder war die nochmalige Verlesung der Statuten vor­ausgegangen. Im weiteren Verlauf der Versammlung hielt Herr Landwirt­schaftsinspektor Clausnizer von Reutlingen einen Vortrag über künstliche Düngmittel und die Anwendung derselben, welche des belehrenden und an­regenden vieles bot. Der hierauf publizierte Jahres-Etat pro 1887/88 zeigte in Einnahmen und Ausgaben je. 1950 ^ und wurde ohne Anstand geneh­migt. Den Schluß der außerordentlich stark besuchten Versammlung bildete die übliche Verlosung nützlicher landwirtschaftlicher Gegenstände.

Aus dem XVII. Wahlkreis schreibt man dem Staatsanz.: Von der ultramontanen Partei werden zu Wahlumtrieben auch Schulen und Schullehrer verwendet. In den Oberklaffen der kath. Volksschule in Ravensburg wurde derJpf" verteilt. Der bekannten Karte über die Streitkräfte Frankreichs an der Vogesengrenze sucht man die Spitze dadurch abzubrechen, daß man behauptet gestern wurden die Bauern auf dem Wochenmarkt dahin belehrt es seien an der Grenze viel mehr deutsche Soldaten aufgestellt als Franzosen.

Altshausen, 13. Febr. (Vom XVII. Wahlkreis.) Heute nachmittag entwickelte der Zentrumskandidat Stadlpfarrer Göser vor einer zahlreichen Versammlung sein Programm. Derselbe erklärte sich als Gegner des Septennats und versuchte die Stellungnahme des Zentrums zu der ganzen Frage in der aus den ultramontanen Blättern bekannten Weise zu begründen. Er setzte die beiden Briefe des Papstes den Zuhörern in der Windthorstffchen Zubereitung vor, wobei mit einem großen Aufwand der Entrüstung die katho­lischen , Septennatsfreundeabgehauste und verlotterte Katholiken" genannt wurden. Sodann folgte der Kampf gegen die Windmühlen der Monopole und des direkten geheimen Wahlrechts, wobei ausgeführt wurden, daß die kategorischen Versicherungen des Fürsten Bismarck im preuß. Abgeordneten­hause doch mit einem gewissen Zweifel ausgenommen werden müssen, da der Reichskanzler eben als Diplomat seine Ansichten über Nacht wechseln könne. Des weiteren wurde die Versammlung mit der Versicherung überrascht, daß die Selbständigkeit Württembergs am Zentrum eine besonders zuverlässige Stütze habe. Endlich führte der Kandidat seinen Zuhörern die Schrecken des Kulturkampfes vor und wie viel in dieser Sache noch für das Zentrum zu thun übrig bleibe und daß dieser Kampf, wenn zwei teure Augen sich

ein tüchtiger Beamter werden heiraten wolle, wie sie mit dem Onkel eine Familie ^ bilden wiirden, als die von Fuchs heimlich nach oben zitierte Elise sich demHerrn Doktor" vorstellte und ihn mit ihren weichen Patschhändchen kajolierte, da fühlte sich dieser so gerührt, daß ihn fast der Bock stieß und er endlich das Wort der Ver­zeihung aussprach.

Hier könnte ich eigentlich meine Geschichte schließen und alles Nachfolgende, die Heirat rc., der Phantasie des Lesers überlassen, wenn mir nicht noch übrig bliebe, den letzten tollen Streich zu erzählen, den die beiden Musensöhne ausheckten und besten Resultat die Wiedergewinnung der Nadel war.

Denn, daß der ehrliche Neuburger bei einem etwaigen Wiedewerkauf aus ge­radem Wege sie um ein Paar hundert Gulden gerupft hätte, war gewiß und danim wurde das anders besorgt.

Am Nachmittag desselben Tages erschien bei dem mosaischen Antiquar ein orientalisch aussehender alter Herr, welcher nach dem Preise eines am Schaufenster ausgestellten Brillantrings fragte und denselben auch nach kurzem Handeln erstand. Der Mann erweckte bei Salomon Neuburger großes Vertrauen, denn Börse und Brieftasche, die er bei Bezahlung des Ringes sehen ließ, waren wohlgespickt. Er er­zählte Neuburger, daß er ein in Konstantinopel wohnender Juwelenhändler sei, welcher Deutschland bereise, um daselbst Geschäfte zu machen. Diese Aeußerung veranlaßt« den Antiquar, dem Fremden seinen ganzen Vorrat in entsprechenden Wertsachen vor­zulegen, wobei er sich der stillen Hoffnung hingab, den so lohnend begonnenen Tag mit einem zweiten luccrativen Geschäfte zu verherrlichen.

Der Orientale besah sich die verschiedenen blitzenden Sächelchen und griff auch endlich nach einer Busennadel, die er lange und aufmerksam prüfte.

Eine wundewolle Nachahmung, sagte er endlich, so vorzüglich, daß sie kaum dem geübtesten Auge erkennbar ist.

Nachahmung! ries der Hebräer. Was reden Sie da für Stuß! Brillanten vom reinsten Wasser! Ich habe die Nadel erst heute für 300 Thaler gekauft.

Dann sind Sie dreihundert Mal betrogen, sagte der Fremde, denn die Steine sind keine zehn Thaler wert, obwohl den ächten täuschend ähnlich.

Salomon Neuburger erbleichte. Sollte der Student die Wahrheit gesagt sein oftbewährter Kennerblick ihn getäuscht haben?

Nein, nein, sagte er, seine Befürchtungen niederkämpfend, ich kann mich so nicht inen es wäre das erste Mal in meinem Leben.

Sagen Sie, es ist das erste Mal, entgegnete der Fremde mit unerschütterlicher Ruhe, indem er die Nadel, welche er nochmals betrachtet hatte, verächtlich weglegte; die Steine sind imitiert. Doch im Hotel weilt ein Kollege von mir lassen wir ihn rufen und hören wir, was er spricht.

Salomon Neuburger ergriff diesen Vorschlag mit Begierde.

Baruch Löb, der jugendliche Gehülfe des Antiquars, wurde mit der Karte des Fremden, welche den klangvollen Namen ^.li bsu siäsn-muti aufwies, nach dem Prinzen Karl", Zimmer Nr. 18, geschickt und zehn Almuten später erschien ein sehr anständig gekleideter Herr, welcher sich ebenfalls als Juwelenhändler aus Konstanti­nopel dokumentierte.

Das stark angerötete Gesicht, welches eine große Aehnlichkeit mit der bekannten Kladderadatsch-Vignette hatte, war zwar ächt deutsch, aber der rote Fez deutet unfehl­bar auf den Orientalen.

Sein Kollege ^li den Liäeii-mutt bat ihn, sein Urteil über die vorliegenden Preciosen abzugeben, da ein Handel abgeschlossen werden sollte, welche Aufforderung der neue Ankömmling mit einem energischenvon!" beantwortete.

Er setzte eine riesige Hornbrille auf und besah ein Stück nach dem andern mit großer Genauigkeit. Als er an die verhängnisvolle Nadel kam, erzitterte Salomon Neuburger und verschlang jede seiner Bewegungen mit den Blicken. Der Fremde sah die Steine nochmals scharf an, holte dann aus der Brusttasche ein Fläschchen mit einer klaren Flüssigkeit und goß hiervon auf die Steine. Hierauf besah er sie aber­mals und legte sie weg, während wieder das lakonischeRon!" seinen Lippen entglitt.

(Schluß folgt.)

>

>