Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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1893 .
Amtliches.
Bekanntmachung.
Vermöge Höchster Entschließung Seiner Majestät des Königs dom 7. d. M. wurde der Amtskörperschaft und den Gemeinden des Bezirks als Beitrag zu den Kosten der Straßenuntcrhaltung die Summe von
18,190 Mark
für das Etatsjahr l 892/93 aus Staatsmitteln ver- willigt, was den Gemeindebehörden mit dem Nnsügen zur Kenntnis gebracht wird, daß diese Summe zu etwa dreiviertel unter die einzelnen Gemeinden des Bezirks nach Maßgabe des liquidierten, bezw. festgestellten, durchschnittlichen jährlichen Aufwands pro 1887/90 im Lause des nächsten Monats verteilt werden wird. Der Rest kommt der Amtskörperschast zu.
Nagold, 28. Februar 1893.
K. Oberamt. Vogt.
Hages-Weuigkeiten.
AentsiHes Weich.
-f-s Seminar Nagold, 25. Febr. Geburtsfest Sr. Mas. des Königs. Die Feier desselben wurde einaeleitet durch 2 Gesänge: „In deiner Stärke freue sich der König allezeit" und „8a1vuin lao rs- Aom.° Darauf folgte die Festrede von Rektor vr. Brägel über die französische Revolution. Es wurden zuerst die verrotteten Zustände in Frankreich gezeichnet: Die unerhörte Bevorzugung von Adel und Geistlichkeit, die Allmacht des absoluten Königtums und seine Verschwendung, die Rechtsgn- sicherheit des Bürgerstands und die Sklaverei des Bauernstands, die materialistisch-atheistische Weltanschauung, die von den oberen Ständen allmählich in die Mittlern und unteren durchsickerte, so daß das Verhängnis Hereinbrechen mußte. Vielleicht hätte die allerdings bitter notwendige Reform auf friedlichem Weg dnrchgeführt werden können, wenn der gute, milde König Ludwig XVI. ein energischer, geistig bedeutender Mann und einigermaßen Staatsmann und Held gewesen und nicht Schritt vor Schritt feige zurückgewichen wäre, wenn Graf Mirabeau, der das Zeug zu einem Minister ersten Rangs hatte, aber kein sittlicher Charakter war, nicht im Zeitpunkt der Entscheidung gestorben wäre, wenn nicht das französische Volk von den Ideen Rousseau's, des Vaters der französischen Revolution, berückt gewesen wäre. Es ist aber falsch, diese Bewegung als eine Erlösung und ihre Leiter als antike Charaktere zu preisen. Sie ist eine Kette von Anarchie, Despotie, Mord und willkürlicher Vergewaltigung, und der Terrorismus, der im Namen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit geübt wurde, kostete einer Million Menschen das Leben, bis er endlich seine Urheber verdientermaßen selbst verschlang, und brachte Frankreich an den Rand des Staatsbankerotts, da das Staatsvermögen noch schneller verschwendet wurde als unter dem Königtum; sie vernichtete die Kirche und leugnete die Existenz Gottes, feierte aber Marat als einen Heiligen; die herrschenden Jakobiner wollten eine kasernenähnliche Erziehung der Kinder vom 5. bis 12. Jahr ohne Einwirkungsrecht der Eltern, der angestrebte sozialistische Zustand des Staats näherte sich dem Ideal eines Zuchthauses. Also nirgends etwas Erhabenes und Großartiges in den Ideen, sondern nur Verabschenungswürdiges! Auch die führenden Personen waren Scheusale: Marat, der in seinem Größen- und zugleich Verfolgungswahn 200000 Menschen ums Leben brachte, angeblich aus
Liebe zur Menschheit, bis er von einer Jungfrau Charlotte Corday erdolcht wurde; Danton, ein brutaler, derber Gewaltmensch und der katzenartig schleichende Robespierre, dessen Lippen von Tugend und dessen Hände von Blut troffen. Erst als auch er sein Haupt unter die Guillotine legen mußte, unter der er so viele Tausende hatte bluten lassen, brach die Gewaltherrschaft, gegen die jede monarchische Despotie ein wahres Kinderspiel ist, zusammen. Warum rollen wir diese Bilder heute auf? Nicht bloß deswegen, weil es jetzt 100 Jahre sind, daß jene Blut- und Greuelszenen stattgefunden haben, auch nicht aus rein geschichtlichem Interesse, sondern weil wir uns die handgreiflichen Lehren aus jener Zeit Vorhalten sollen in der Gegenwart, wo eine starke Macht, die Sozialdemokratie, auf ganz ähnliche Ziele lossteuert und sicher auch, wenn sie zur Herrschaft käme, dieselben blutigen, gewaltthätigen Mittel nicht verschmähen würde, wenn sie auch vorläufig die Tigerkrollen noch vorsichtig und schlau zurückzieht. Diese Macht der Finsternis, die den Abklatsch der Ideen von 1789 darstellt, bis zum letzten Atemzug mit den geistigen Waffen des Christentums zu bekämpfen, ist die Ausgabe der Gegenwart, und dazu soll auch die Schule ihr bescheidenes Teil beitragen. — Den Schluß der Feier bildete ein Doppelquartett: „Sei gesegnet, König Wilhelm," und das „Hallelujah" von Händel.
ff Nagold. Das stark besuchte Festmahl in der „Post" zu Ehren Sr. Maj. des Königs verlief in gelungener Weise. Oberamtmann Boqt brachte den freudig aufqenommenen Trinkspruch auf S. Maj. den König, Oberamtsrichter Sigel den auf die Königin Charlotte aus; auch wurde wie üblich ein Huldigungstelegramm abgesendet. Da wir gegenwärtig keine Blechmusik haben, so war durch Verteilung von gedruckten Festliedern Vorsorge getroffen, daß die Versammlung ihre Musik selbst machen konnte, was auch in ausgiebiger Weise geschah. Einige freundlich dargebotenen Sologesänge von Reallehrer Müller wurden mit großem Dank und Beifall ausgenommen. Da das Festessen in jeder Beziehung befriedigte und dem Gasthaus zur Post alle Ehre machte, so fand Oberamtsbaumeister Schuster willige Zustimmung, als er in humoristi- scher Weise aufforderte, auf das Wohl der altbewährten Küchenfürstin Frau Postmeister Gsch wind anzustoßen.
—ck. Nagold, 27. Febr. Am gestrigen Sonntag fand im Saale des Hirschs die ordentliche jährliche Generalversammlung der Handwerkerbank Nagold e. G. m. u. H. statt, die ziemlich zahlreich besucht war. Nach Verlesung des Rechenschaftsberichts und der einschlägigen Notizen wurde beschlossen, von dem Reingewinn von ^ 4564.98 eine Dividende mit 5 ^ 4 °/o zu verteilen und 282.95 dem Reservefond zuzuweisen, der sich hiedurch einschließlich des Hilfsreservefonds auf -/kL 43,088.07 erhöht. Irgend eine Debatte knüpfte sich nicht hieran, dagegen war bei den Wahlen für die Controlle-Commission und für den Aufsichtsrat mehr Leben. Bon unbekannter Seite wurden gedruckte Stimmzettel verteilt, die eine neue Zusammensetzung dieser Organe bezwecken sollten. Das Resultat der Wahl in die Controlle-Commission war: Herr Berwaltungsaktuar Rapp, Fabrikant Carl Reichert und Kaufmann E. Gras (letzterer an Stelle des Hrn. Privatier I. G. Roller, dem für seine 18jährige Thätigkeit als Controleur der Bank der gebührende Dank gezollt wurde.) Die Wahl für
den Aufsichtsrat fiel ganz in conservativem Sinn aus, indem sämtliche seitherige Mitglieder wieder gewählt wurden. Es ist dies eia ehrendes Zeichen für diese Herrn. Der wohlgemeinte gedruckte Wahlvorschlag hatte es auf selbständige, vorurteilsfreie Männer abgesehen. Die Wahl hat den Beweis geliefert, daß der seitherige Aufsichtsrat dieses Prädikat verdient hat und noch verdient.
/^Nagold, 28. Febr. Wie der Einsender in Erfahru ig gebracht hat, hat sich in voriger Woche ein fremder junger Mann Mühe gegeben, in unserem Bezirk Kunstdünger und Saatfrüchte, besonders aber Saatkartoffeln zu verkaufen, und zwar letztere pro Ä 10 Wie aus dem Inseratenteil des Gesellschafters ersichtlich ist, beschafft der landwirtschaftliche Bezirksverein eine der neuesten und ertragreichsten Kartoffelsorten (Simson) um den billigen Preis von 4 20 pro Ctr. Wir möchten nun mit diesen
Zeilen die Mitglieder des landwirtschaftlichen Vereins wiederholt darauf aufmerksam machen, daß es der Vereinsleitung sehr daran gelegen ist, vor Üebervor- teilung zu schützen. So werden z. B. von den bezogenen Kunstdüngersorten verschiedene Proben an die Versuchsstation Hohenheim zur amtlichen Prüfung und Controlle auf deren garantierten Gehult eingesendet. Saatfrüchte werden von soliden Firmen bezogen und zu dem Selbstkostenpreis abgegeben, und so kann es ja nur von Vorteil für die Mitglieder sein, ihren Bedarf an Kunstdünger und Saarfrüchlen durch den Verein zu beziehen, soweit es denselben nicht durch gemeinschaftlichen Bezug durch die Darlehenskassenvereine möglich ist. Wie wir hören, sollen im Laufe des Monat März von Seiten des Vereins wieder Aufkäufe von Zuchtvieh und zwar je nach Umständen von Original-Schweizer Vieh stattfinden.
X Nagold, 28. Febr. Vorträge über Obstbau. Solche wurden von dem Pomologen Schultheiß Roll von Amlishagen OA. Gera- bronn in den letzten Tagen in Haiterbach, Ebhausen, Gültlingen und Effringen abgehalten. Die zahlreich erschienenen Zuhörer konnten sich selbst davon überzeugen, daß der verehrte Herr Vorstand des land- wirtsch. Vereins Nagold in diesem, in Theorie und Praxis des Obstbaus trefflich bewanderten Manne den richtigen Wander-Redner berufen hatte, zumal er selbst auch längst zu Hause den Obstbau im Großen betreibt. Niemand kann aber erwarten, auch nur das Wesentlichste seiner Borträge hiernachlesen zu dürfen. Werden doch gerade deshalb solche ge- meinnnützige Vorträge abgehalten, weil erfahrungsgemäß durch das Anhören solcher Lehren mit daran sich knüpfender Besprechung und prakt. Demonstration die für die Landwirte so nötigen vermehrten Fachkenntnisse weit rascher und gründlicher verbreitet werden als durch landwirtsch. Schriften, die ja so Viele gar nicht einmal lesen. Sehr richtig war es, auch die geehrten Herrn Pfarrer, Schultheißen und Lehrer zu diesen Vorträgen einzu- laden, welche sich auch meist dabei einfanden. Gerade sie sind vermöge ihres Einflusses in den Gemeinden besonders in der Lage, durch Lehre und Beispiel auf dem Gebiete des Obstbaues gutes zu stiften, wie wir solches aus früherer und neuerer Zeit selbst erfahren haben (so z. B. in Walddorf durch Schultheiß Gänsle und in Liebelsberg durch Schullehrer Alber). Der Redner hob mit Recht hervor, daß in unsrem Lande, wo anno 1891 für über 7 Millionen und auch im letzten Jahre bei teilweise guter eigener Ernte für 5fl, Millionen ^