den Verhandlungen über die im Jahre 1871 von Frankreich zu zahlende Kriegsentschädigung Teil. Er war bekanntlich auch des Fürsten Bismarck Vertrauensmann in allen Finanzsachen.
Berlin, 20. Febr. Eine große Versammlung von Brauergesellen beschloß gestern eine Petition an den Bundesrat um volle Sonntagsruhe im Braugewerbe.
Berlin, 20. Februar. In parlamentarischen Kreisen verlautet, die Agrarier hätten die Absicht, bei der Beratung des Etats des Auswärtigen Amts große Debatten zu inscenieren, um ihrem Groll gegen den Staatssekretär v. Marschall Ausdruck zu geben, der sie, obwohl er aus den Kreisen der Konservativen hervorgegangen, jüngst mit souveränem Spott ab fertigte.
Besterrrich-Angarn.
Die osfizielle Verlobung des Fürsten Ferdinand von Bulgarien mit der Prinzessin Maria von Parma ist am letzten Sonnabend im Schlosse Schwarzau festlich begangen worden. Am 10. April wird bereits die Hochzeit abgehalten werden.
Ein entsetzliches Unglück ereignete sich am Faschingmontag auf einem Balle, der in Be reg, einer größeren Ortschaft des Araber Komitates, abgehalten wurde. Während im Saale getanzt wurde, explodierte im Keller ein mit Petroleum gefülltes Faß. Die Gase drangen in den Saal, setzten die Portieren in Brand und hüllten alles in solchen Dunst, daß der Ausgang nicht gefunden werden konnte. Siebzehn Personen, nämlich vierzehn Herren, zwei junge Mädchen und eine Frau, verbrannten. Das ganze Haus stand innerhalb weniger Minuten in Flammen und brannte bis auf den Grund nieder. Auch der Wirt fand den Tod. Nebst den unkenntlich gewordenen Leichen zog man zweiundzwanzig Ball- gäste unter den Trümmern hervor, von denen zwölf schwere, zehn leichtere Brandwunden hatten.
In Simmering bei Wien erschoß eine Schildwache auf Poiieu in der Nacht einen Soldaten, der sich heranschleichen und seinen Kameraden erschrecken, beziehungsweise sich einen Spaß erlauben wollte.
Frankreich.
Zwei maskierte Räuber drangen, wie man dem Berl. Tagebl. aus Paris meldet, in die im Quartier Champs Elyjses belegene Behausung eines allein lebenden steinreichen Sonderlings Namens Colasson. Sie überfielen den Wohnungsinhaber, fesselten und knebelten ihn und zwangen ihn mit vorgehaltenen Revolvern, ihnen ein Lösegeld von 30000 Francs auszuhändigen, worauf sie die Wohnung durch die Hausthüre verließen. Dem Umstande, daß sie die letztere offen stehen ließen, verdankt Colasson die Erhaltung seines Lebens. Der gebrechliche Greis wäre, wenn er aus diesem. Wege nicht Hütte Hilfe herbeirufen können, zweifellos dem Hungertode zum Opfer gefallen, da er so zurückgezogen lebte, daß ihn oft wochenlang niemand zu Gesicht bekam. Die nötigen Nahrungsmittel ließ er sich durch die Dienstmagd eines Verwandten bringen und bereitete sie auf einer Spirituslampe selbst zu. Man hat noch keine Spur der Thäter gesunden, aber Mitleid wird der Bestohlene im Publikum kaum beanspruchen können. In einer Ecke seines Zimmers fanden die Polizeiagenten für eine Million Wert Papiere, die dort verfaulten. Seit langen Jahren waren ihre Coupons nicht abgelöst worden. Colasson besitzt überdies mehrere Häuser in Paris und Landgüter, um deren Verwaltung er sieh nicht im geringsten kümmert, so daß ein großer Teil seiner Einkünfte hiebei verloren geht.
Spanien.
Die deutsch-spanischen Handelsverhandlungen scheinen jetzt ein lebhafteres Tempo anneh- meu zu sollen. Der spanische Minister des Auswärtigen Halle mit dem deutschen Botschafter von Nadowitz eine Besprechung, letzterer stellte dem Minister dre deutschen Delegierten vor. Man erwartet den Vetragsabjchluß in wenigen Wochen.
Italien.
Der König und die Königin von Italien werden ihre auf den 22. April d. I. fallende silberne Hochzeit nur als ein Familienfest feiern und haben gebeten, allen finanziellen Aufwand für etwa beabsichtigte Festlichkeiten den Armen Italiens zukommen zu lassen.
Rom, 20. Febr. Das Jubiläum für den Papst ist ohne Störung verlaufen. Die Feier war eine
, großartige, der Zudrang ungeheuer. 2 Bataillone I Bersaglieri hielten den Petersplatz bis zur Basilika frei, innerhalb derselben hielten Nobelgarden die Ordnung aufrecht. Der Papst wurde geradezu in enthusiastischer Weise gefeiert, er ertrug die Anstrengungen vortrefflich. Der Kaiser von Oesterreich sandte 100000 Francs in Gold in einem Schmuckkasten, die Kaiserin ein mit Diamanten geschmücktes Hirtenkreuz.
England.
London, 18. Febr. Die Homerule-Bill wurde in erster Lesung angenommen, die zweite Lesung erfolgt am 13. März.
Rußland.
Der in Petersburg anwesende Erbprinz Danilo von Montegro bemüht sich, sich bei den Russen angenehm zu machen. Beim Empfange einer Deputation hat er erklärt, daß er Rußland ebenso ergeben sei, wie sein Vater, der stolz sei, immerdar ein treuer Freund des Zaren zu sein.
Die Initiative zur Umbenennung der Städte Dorpat und Dünaburg in „Jurjew" und „Dwinski" ist, wie die „Nowoje Wrem;a" zu berichten weiß, direkt vom Kaiser Alexander ausgegangen. Das Blatt meint, dieser Vorgang sei eine natürliche Folge derjenigen Strömung in der russischen Politik, welche dem russischen Element im Land die erste Stelle zuweise, wie das auch für das russische Reich ganz natürlich sei. Schon zur Zeit des Kaisers Nikolai hätten die Slawjanophilen (d. h. Panslaoisten) für Dorpat den Namen Jurjew reklamiert; Dorpat aber sei das Centrum und der Knotenpunkt des Germanismus in den baltischen Provinzen gewesen, was nunmehr, da die Universität russisch werde, aufhöre. Fortan werde Jurjew das Cenlrum der russischen Aufklärung im baltischen Gebiet sein. Der „russischen Aufklärung!" Wer lacht da?
Lodz, 16. Febr. Die hiesigen Tuchfabriken und Spinnereien, ebenso diejenigen in den übrigen polnischen Jndustriebezirken sind mit Aufträgen überhäuft und können nicht alle OrdceS ausfühcen, trotzdem alles in fieberhafter Thätigkeit ist. In der ersten Hälfte des Monats Januar führte Lodz 200000 KZ. Stoffe mehr als in 1892 im gleichen Zeitraum, aus.
Bulgarien.
Sofia, 15. Febr. Ueber die Verlobung des Fürsten Ferdinand herrscht große Freude. Der Ministerrat sandte dem Fürsten Ferdinand, der Prinzessin Clementine, der Prinzessin-Braut und deren Vater telegraphische Glückwünsche. AuS allen Landesteilen gehen dem Ministerpräsidenten Stambuloff zahlreiche Telegramme zu, welche von der allseitigen Freude über die erfolgte Verlobung Zeugnis geben.
Griechenland.
Athen. 17. Febr. Infolge eines Erdbebens auf der kleinen Insel Samothrake (griech. Archipel) sind 40 Häuser eingestürzt.
Amerika.
New-Iork. Während eines Taufgelages in St. Louis kam es zwischen den berauschten Gästen zu einem Kampfe mit Messern und Revolvern. Sechs Personen, unter denen sich auch der Vater des Täuflings befindet, wurden getötet, sechzehn Menschen schwer verletzt
Kleinere Mitteilungen.
Gensdarm und Handwerksbursche. Ein Gensdarm, so berichten bayerische Blätter aus Kehlheim, überraschte jüngst, als die Kälte noch arg und die Donau noch zugefroren war, einen armen Handwerksburschen beim Betteln; doch diesem war die kalte Freiheit doch lieber, als die warme Gefangenschaft; deshalb nahm er in einem unbewachten Augenblicke Reißaus, schnurstraks über die Donau — der kühne Wächter todesverachtend nach. Aber weil das Glück den Verfolgten hold ist, kam der Handwerksdursche hinüber und der Gensdarm brach ein. Als das der Verfolgte merkte, fühlte er ein menschlich Rühren, kehrte um und half seinem Verfolger heraus. Auch der Gensdarm spürte jetzt wiederum ein menschlich Rühren und stellte seinem Retter vor, daß bei Anzeige dieser That eine sichere Belobigung ihm gewiß sei. Doch der Handwerksbursche traute dem Landfrieden nicht und meinte, ihm sei eine sofortige Belohnung lieber, was auch der Gerettete einsah, worauf er seinem Lebensretter zwei Mark schenkte und ihn laufen ließ.
Ein netter Sohn. Im Leipziger Borort Gohlis hat ein 25jähriger Chemiker auf seinen Vater, einen bekannten Fabrikanten, Revolverschüsse abgefeuert, weil er ihm das Taschengeld nicht erhöhen wollte. Der Thäter ist verhaftet.
Kronprinz Wilhelm wurde nach den drei christlichen Hauptfesten gefragt. Nach kurzem Besinnen antwortete er: „Geburtstag, Trauung und — Schrippenfest." — Prinz Fritz bekam einige Rechenaufgaben. Bald darauf erklärte er, fertig zu sein und meinte auf die erstaunte Frage, wie das so schnell ginge: „Ja, wie ich so dasaß, da hat mir der liebe Gott einen guten Kniff gezeigt. Da ging es ganz leicht." (Volk.)
In Graudeuz hat ein toller Hund 6 Menschen, mehrere Pferde und Hunde gebissen.
In Budweis ist ein schreckliches Verbrechen entdeckt worden. Der Diener Wenzel Bild hat vor mehreren Jahren seine Gattin in eine dunkle feuchte Kammer eingesperrt. Sie wurde zum Skelett abgemagert, in Fetzen gehüllt, auf Stroh liegend, stumpfsinnig, halb blind und taub aufqcfunden. Bild, der den natürlichen Tod der Gattin beabsichtigte, damit er wieder heiraten könne, ist dem Gericht eingeliefert.
Monte Carlo hat schon wieder zwei Opfer gefordert: Einen Deutschen, Walther Peyold aus Dresden, der sich erschoß, und eine junge Witwe, die 200000 Fr. binnen 2 Stunden verlor und aus Scham vor ihren Verwandten, einer sehr bekannten italienischen Familie, zum Revolver griff.
Schwere Stürme werden von Madagascar, Japan und China gemeldet. Im ganzen südlichen Madagascar sind die Ernten vernichtet und zahlreiche Dörfer zerstört. 3 große Schiffe und zahlreiche Barken sind in dem schweren Sturm untergegangen. Ein großer Teil der japanischen Fischerflotte ist durch einen Wirbelsturm vernichtet worden. Im chinesischen Meer sind über 100 Fahrzeuge unrergegangen; etwa 500 Fischer sollen umgekoinmen sein.
— Boshaft. „Ach bitte, wo ist die größte medizinische Bibliothek hier?" „tlntcr der Erbe, mein Herr, dort liegen die Werke der Aerzte!"
Handel «L Berkehr.
Votlmaringcn, 19 Febr. Vorgestern hielt die hiesige Molkereigenossenschaft ihre ordentliche Gemralversamm- lnng ab, die von den Mitgliedern sehr zahlreich besucht war. Aus dem Vortrag des Rechners ist über den Geschäftsbetrieb pro 1892 nachstehendes zu entnehmen: Es betragen die Einnahmen 33,c07 F« 98 die Ausgaben 37,878 FL 40 4. Mach wurde geliefert 335,266 Liter; diese ergaben 267 Ztr. 29 Pfd. Butter und wurde somit durchschnittlich erzielt aus 1-0 Liter 8 Pfd. Butter. Die Aktiven betragen: Kassenbestand l29 FL 58 4, Vorrat an Butter 5 .kst ansstehende Forderungen: a) Butter 1027 FL 95 -1, b) Buttermilch 44 FL 46 Wert der Maschinen nach Abschreibung von 500j» 748 « 85 -9. Sonstige Vorräte t29 welchen folgende Passiven gcgenüberstehcn: Geschäftsguthaben der Mitglieder 108 Reservefonds bew. Eintrittsgelder 232 Schulden bei der hiesigen Da: lehenskaffe 650 FL die noch zu bezahlende Milch pro Monar Dezember 965 .<L 91 <1. Es verbleibt somit Reingewinn 119 93 -4. Die Mitgliederzahl
beträgt gegenwärtig 108 .
K o u k n r s - E r ö ff n un g e n. Hermann Stander, Sattlcrmeister in Saulgau.
Verfälschte schwarze Seide. Man verbrenne ein Müsterchen des Stoffes, von dem man kaufen will, und die etwaige Verfälschung tritt sofort zu Tage: Aechte, rein gefärbte Seide kräuselt sofort zusammen, verlöscht bald und hinterläßt wenig Asche von ganz hellbräunlicher Farbe. -- Verfälschte Seide fdie leicht speckig wird und brichst brennt langsam fort, namentlich glimmen die „Schußfäden" weiter swenn sehr mit Farbstoff erschwert^ und hintcrläßt eine dunkelbraune Asche, die sich im Gegensatz zur ächten Seide nicht kräuselt, sondern krümmt. Zerdrückt man die Asche der ächten Seide, so zerstäubt sie, die der verfälschten nicht. Die Seiden» Fabrik (4. Üsiliitzbvi-K fk. u. k. Hofliefst 2üriolt versendet gern Muster von ihren ächten Seidenstoffen an Jedermann, und liefert einzelne Roben und ganze Stücke Porto- und zollfrei in's Haus.
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Zu haben in Nagold bei Apotheker Oeffinger und Apotheker Bach in Wildberg.
Verantwortlicher Redakteur Stein Wandel in Nagold. — Druck und Verlag der G- W. Zaster scheu Vuchoruckerei-