Tage: Strafsache gegen den verheirateten Hafner Gottfried Götz von Münsingen, früher wohnhaft in Weil der Stadt, wegen erschwerter Brandstiftung 5) Den 20. Febr., Strafsache gegen den verheirateten Oekonomen Johannes Seeg er von Herrcnberg wegen Meineids.
Stuttgart, 7. Febr. Der II. Bundestag des wücttembergischen Kriegerbundes wird nach den getroffenen Bestimmungen am 22. Mai (Pfingstmontag) in Eßlingen abgehalten werden. Der nächste Abhaltungsort wird aus dem Donaukreis gewählt werden.
Stuttgart, 8. Febr. Gestern nachmittag 2'/i Uhr begaben sich Stadtschultheiß Rümelin und Bürgerausschußobmann K. Schott zu Herzog Albrecht und der Herzogin Margarete und übergaben denselben eine Adresse mit den Glückwünschen und dem Willkommengruß der Stadt Stuttgart. I. K. und Kaiserl. Hoheiten äußerten sich sehr erfreut über diese Aufmerksamkeit, beauftragten die beiden Vertreter der Stadt, den bürgerlichen Kollegien ihren herzlichen Dank hiesür auszudrücken und unterhielten sich noch längere Zeit aufs freundlichste mit den beiden genannten Herren.
Stuttgart, 8. Febr. Der Besuch des Kaisers von Oesterreich steht hier für April oder Mai in Aussicht.
Stuttgart, 9. Febr. Die Staatsbahncn vereinnahmten im Dezember 1892 ^ 2 649 296, gegen 1891 mehr -/A 83551; die Posten und Telegraphen vereinnahmten -/A 979 204, gegen 1891 mehr Mk. 68 629.
Predigttexte. Der Geburtsfesttext, der von Seiner Majestät gewählt wurde, steht Psalm 84, 12. 13: „Gott der Herr ist Sonne und Schild; der Herr gibt Gnade und Ehre, er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen. Herr Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich aus dich verläßt." — Die Texte für den Landesbußtag und zwar der für die Vormittagspredlgt steht Hosea 13, 4. 6. 9. Derjenige für die Nachmittagspredigt steht Offenb. 4, 8.
Ständisches. Im Druck erschienen ist der Bericht der von der Kammer der Abgeordneten gewählten besonderen Kommission über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Steuerbefreiung neu- bestockter Weinberge. Der einstimmige Antrag der Kommission geht dahin, auf die Beratung des Entwurfes einzugehen. Zu Artikel 1 des Gesetzes schlägt die Kommission vor, als Mindestmaß von Fläche, unter welchem eine Steuerbefreiung nicht eintreten kann, 100 qm — 1 ar anzunchmen.
Die Zahl der Taubstummen, welche in württemdergischen Anstalten im Alter von 7—10 Jahren unterrichtet werden, beträgt 362, worunter 64 Nichtwürttemberger. In Gmünd hat die Hauptanstalt 51, die Filialanstait 51, darunter 3 Ausländer; in Böunigheim befinden sich 52 Zöglinge, in Nürtingen 38, in Nagold 30, in Winnenden 33, darunter 3 Ausländer, in Wilhelmsdorf 74, darunter 46 Ausländer, in Heiligenbronn 33 Schüler, darunter 12 Nichtwürttemberger.
lllm, 9. Febr. Geheimrat Dr. v. Steinbeis, Ehrenbürger der Stadt lllm, wird hier in dem im vorigen Jahr von ihm errichteten Grabmal an der Seite seiner ihm im Tod vorangegangenen Gattin bcigesctzt werden.
Aus dem Badischen. 8. Febr. Schon bei der nächsten Aushebung der Rekruten soll als niedrigstes Militärmaß 1.54 Meter, bisher 1,57 Meter, angewendet und Dienstpflichtige, die bisher wegen ge- w sser geringer körperlicher Fehler zu den bedingt Tauglichen geschrieben wurden, mit den voll Tauglichen zusammen lo en.
Leipzig, 9. Febr. Als Urheber des Brandes in Schäffer's Restaurant wuroe wegen durch ihn veranlaßrer Explosion einer Rakete ein Weinhänd'er verhaftet.
Arolsen, 10. Febr. Der Fürst, die Fürstin und die Prinzessin Elisabeth zu Waldeck sind heute zum Besuch der königlich württemdergischen Majestäten auf acht Tage nach Stuttgart gereist.
Die deutsche Reichsregiciung hat im Verein mit der österreichisch-ungarischen Regierung zu einer Internationalen Sanitätskonferenz die Anregung gegeben. Nunmehr ist beschlossen worden. daß die Konferenz, nachdem ein Einvernehmen aller beteiligten Regierungen erzielt ist, noch im Lauf dieses Monats in Dresden zusammentreten soll.
Anläßlich der Reichstagsdebatten über den 2 o- zialismus wird in einzelnen' Blättern von einer
vollkommenen Niederlage der Sozialdemokratie geredet, mit der eine neue Epoche in der Geschichte der Arbeiterbewegung beginne; insbesondere müsse die sichtliche Verlegenheit der sozialdemokratischen Redner, ein Bild ihres Zukunflsstaates zu entwerfen, von nachhaltigem Einfluß auf die Massen sein. Dem gegenüber ist vor übertriebener Vertrauensseligkeit zu warnen. Mit „kritischer Vernichtung der sozialistischen Theorien" ist sehr wenig gewonnen; für die Massen liegt der Reiz, den die Sozialdemokratie auf sie ausübt, aus einem ganz anderen Gebiete als auf dem theoretischer Vorstellungen, nämlich in der Ueberzeugung von dem gewälthätig-revolutionären Charakter der Partei. Alle theoretischen Auseinandersetzungen sind dem gegenüber völlig bedeutungslos. Wenn sich die Sozialdemokratie darauf einläßt, so thut sie es lediglich in der Absicht, zu täuschen und um unbehelligt auf ihr eigentliches Ziel hinzuarbeiten: der bürgerlichen Gesellschaft den Garaus zu machen, sobald sie den geeigneten Momenr dazu gekommen glaubt. Parlamentarische Niederlagen können ihr gleichgültig secn. Von dem Staate aber und der bürgerlichen Gesellschaft wäre es leichtfertig, sich bei dem parlamentarischen Siege über die Sozialdemo kratie zu beruhigen und zu glauben, daß damit alle Gefahr gehoben sei; um so schneller würde die So^ zialdemokratie eine Entwicklung nehmen, welche dazu führte, daß die Existenz von Staat und Gesellschaft eines Tages davon abhängig wäre, ob die Soldaten im gegebenen Momente zu hoch schössen oder nicht.
Deutscher Reichstag. Am Dienstag hatte der Reichstag die Sozialistendebatte zum Abschlag gebracht, da die Ausführungen des Abg. Liebknecht über den Zukunftsstaat keine Erweiterung fanden. Am Mittwoch wurden fernere Anträge der Konservativen und CentrnmSpartei im Interesse des Handwerks beraten. Abg. Ackermann (kons.) beantragt, zu bestimmen, daß ans der Bezeichnung jedes kaufmännischen oder gewerblichen Betriebes das Geschlecht und der Name des Inhabers erkennbar sein muß, und Strafe für den, welcher nach erkannter Zahlungsunfähigkeit noch Geschäfte auf Kredit macht, ohne den anderen Teil zuvor davon in Kenntnis gesetzt zn haben. Die Centrumspartci beantragt weitgehende Abänderungen der Konkursordnung. Abg. Ackermann befürwortet seinen Antrag unter Hinweis darauf, daß Geschäftsleute häufig ihren Betrieb ihren Frauen als Eigentum übertrügen, um Exekutionen rc. aus dem Wege zu gehen. Dadurch würden viele Gewerbetreibende geschädigt. Abg. Rintclen <Ctr.) fordert erhebliche Verschärfung der Konknrsordnung, da viele Geschäftsleute von vornherein es auf den Konkurs absehen, um dabei zn profitieren. Er verlangte u. A., daß nach Beendigung des Konkurses der Betreffende nicht eher wieder kaufmännische Rechte haben soll, als bis er alle Gläubiger befriedigle. Abg. Frhr. v. Stumm lfrkons.) ist gegen die Anträge, weil dieselben zu weitgehend seien. Abg v. Bar (frcis.) bezeichnet die Anträge als zu weitgehend und ersucht um Ablehnung. Abg. Schneider- Hamm (natlib.) wünscht, vorhandene Mißstünde auf diesem Gebiete zn beseitigen, erachtet aber einzelne Punkte der Abänderung für sehr bedürftig. Abg. Heine (Soz.) ersucht um Ablehnung der Anträge. Nachdem noch die Abgg Ackermann lkons.) und Gröber (Ctr.) die Anträge empfohlen, werden dieselben einer Kommission von 2 t Mitgliedern über- wielen. Der Antrag Ackermann, durch welchen den Konsum- Vereinen die Abgabe von Waren an Nichtmitgliedern verboten wird, wird mit 13l gegen 92 Stimmen angenommen. Der Antrag Ri ntelen bctr. Unterbrechung der Verjährung einer erkannten Freiheitsstrafe wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten alsdann angenommen. Am Donnerstag wurde der Etat beraten.
460 evangelische Männer aus allen Teilen Deutschlands laden ein. an einer Einspruchversammlung gegen die W i e d e r z u l a s s n n g der I e s u i t e n teilzunchmen, welche am. Montag 20. Februar in Barmen stattfinden soll. In dem Ausruf heißt es: „Nicht leichten Herzens, aber durchdrungen von dem Gefühle einer unabweisbaren Pflicht, nichts unversucht zu lassen, um eine gesteigerte Gefährdung des konfessionellen Friedens von unserem teuren Vaterlands abzuwenden, thun sie (die Unterzetchneten) diesen Schritt, überzeugt, damit im Sinne ihrer ev. Glaubensgenossen zu handeln. Noch einmal möchten sie. ehe cs zu spät ist, laut ihre Stimme erheben und cs aussprechen, daß die einzige Antwort, auf alle Bestrebungen zu Gunsten der Wiederzulassung der Jesuiten für jetzt und alle Zukunft nur ein Niemals sein kann und darf. Der Jesuiten-Ocden, dessen Morallehren und dessen Lehren vom Eide besonders jede Giundlage der Rechtspflege, sowie deutsche Treue und Redlichkeit untergraben müssen; der Jesuiten-Orden, dessen Lehren vom Staate Fürsten und Könige unter die Herrschaft eines Papstes stellt, der auch die Unterthanen ihres Treueides entbinden kann, so daß heimlich und leise zwar, aber mit unfehlbarer Sicherheit das monarchische Gefühl im Volke untergraben wird; der Jesuitenorden, ausgeschlossen schon im vorigen Jahrhundert aus zahlrei-
fschen katholischen Staaten und aufgehoben als Störer jdes konfessionellen Friedens von einem unfehlbaren Papste, gehört nicht in D. Reich mit seiner überwiegend protestantischen Bevölkerung." Ansprachen haben zugesagt Prof. Achelis, Marburg, Prof. Rietschel, Leipzig, Hofprediger Rogge, Potsdam. Der Zutritt ist nur evangelischen Männern gegen eine Eintrittskarte, die im Bereinshaus oder im Kontor des Hrn. D. B. Wiemann-Barmen in Empfang zu nehmen ist, gestattet. Letzterer sendet die Eintrittskarte vorher auf Bestellung franko gegen Einsendung einer 10 Pfennig-Marke jedem Evangelischen zu. Herren, die Fceiquartier oder ein Zimmer zu ermäßigten Preisen wünschen, wollen solches rechtzeitig ebenfalls Hrn. D. B. Wiemann melden.
Berlin, 9. Febr. General Boguslawski läßt eine Flugschrift erscheinen, betitelt: „Die Landwehr von 1813 bis 1893." Erbezeichnet am Schluß die Durchführung der Militärvorlage als erforderlich, um die Landwehr in den Stand zu setzen, aufs Neue wie früher ihren Ruf zu bewahren.
Berlin. 10. Febr. Die Germania kündigt an, der Jejuiten-Antrag werde in 14 Tagen oder 3 Wochen zur Beratung gelangen. Man werde die Jesuiten sicher wieder bekommen.
In Betreff der Sonntagsruhe hat die sechste Strafkammer am Landgericht zu Berlin eine interessante Entscheidung gefällt. Em Zigarrenfabrikant wollte Material zu einem Strafantrag sammeln. Er begab sich in ein Schanklokal, ließ sich em Glas Bier vorsetzen und verlangte 5 Zigarren. Die Wirtin trug kein Bedenken, ihm das Gewünschte zu verabfolgen. Der Zigarrrenhändlec aber nahm seine Zigarren und stellte gegen die Mmn den Strafantrag. Das Amtsgericht erkannte auf Freisprechung, woraus die Staatsanwa'tschaft Berufung einlegte. Der Verteidiger führte an, daß die Schankwirte nach einem ministeriellen Erlaß befugt seien, Gegenstände, die zu ihrem Betrieb gehörten, auch tt ,cr die Straße zu verkaufen, daß aber ganz besonders bei Zigarren dies der Fall sein müsse, da ja ein Schankwirt nicht wissen könne, ob der Gast sie nicht in seinem Lokal rauchen wolle. Der Gerichtshof schloß sich diesen Ausführungen an und erkannte auf Freisprechung.
Trinkt Einfachbier! Der Deutsche Verein gegen Mißbrauch geistiger Getränke hat bezüglich der geplanten Brausteuer den gewiß beachtenswerten Vorschlag gemacht, die leichten Biere geringer als die schweren zur Steuer heranzuziehen. Durst hat der Arme sowohl wie der Wohlhabende und Reiche und es ist sicher, daß jeder seinen Durst auf die eine Weise löschen muß. Es steht aber fest, daß in heißen Sommertagen dieser Zweck weit vollkommener und billiger und obendrein der Gesundheit zuträglicher erreicht werden kann durch einen Trunk einfachen Bieres, als durch Lagerbier oder Schnaps, welche beide den Kopf schwer und den Geldbeutel leicht machen. Freilich unterliegt es keinem Zweifel, daß die meisten Wirte dem einfachen Bier wenig Sorgfalt und Pflege zu Teil werden lassen, weil sie se.bsr daran weniger verdienen können. Wo dies aber geschieht, wo das einfache Bier zur rechten Zeit auf steinerne Flaschen gefüllt und kühl aufbewahrt wird, da ist es ein labender Trank, der nicht zu Kopfe steigt und wohlthätig und dauernd das Durstgefühl befriedigt. Möchten doch jene Zeiten wiederkehren, in denen Niemand zu vornehm war, das billige aber gesunde „Einfachbier" zu genießen und in denen das einfache Bier in jeder Schankwirtschaft in unverdorbenem Zustand den Gästen dargereicht wurde. Es würde dies gewiß nicht den einsichtsvollen Wirten zumSchaden gereichen, wohl aber den schweren Folgendes Trunkes verhüten manchen Menschen vor dem Untergang bewahren!
Berlin, 10. Febr. Für den Ankauf eines großen Uebungsplatzes m oec Rheinprovinz bewilligte die Budgetkommission des Reichstags 2350 000 Baracken u. s. w. sollen daselbst gebaut werden zur Unterbringung größerer Truppenmengen und zur Verminderung der Einquartierungslast.
Berlin, 11. Febr. N ich der „Boss. Ztg." brach in Baku in einer Badeanstalt Feuer aus, während sich 300 Frauen und Kinder darin befanden. Es herrschte eine furchtbare Panik, mehrere Frauen wurden erdrückt und totgetreten, viele wurden schwer verletzt-