Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Dienslsß 7. Februar

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1893.

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ebensogut noch Toni, Verdun, Nancy, Bssanyon und vieles andere verlangen können, weil Frankreich an allen diesen Orten ebenfalls bedrohliche Lagerfestungen hätte anlcgen können. Die Verantwortlichkeit für d^n Fall, daß diese Extravaganzen zum Verlust er^ rungener Vorteile führen konnten, wäre ja schließlich nur auf den zioilistischen Leiter der auswärtigen Ge­schäfte gefallen."

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Belfort und Fürst Bismarck, j

Seitdem die Militärvorlage auf der Tagesord­nung steht, wird unter den Dingen, die zu Gunsten derselben ins Gewicht fallen sollen, immer wieder die Festung Belfort genannt und dabei der frivole Ver­such unternommen, es als die Schuld des Fürsten Bismarck hinzustellen, daß Belfort bei Frankreich ge­blieben. Das Stärkste, was in dieser Richtung geleistet worden ist, bildet ein in der ZeitschriftDer Neue Rurs" erschienener Artikel, in weichem das neuerdings so beliebte Kampfmittel, den verewigten Generaljetduiarschüll Molrke gegen den Altreichs­kanzler auszuspielcu. in der geyänigsten Weise zur Anwendung gelang-. Dre Aauvort aus Fnedrichs- ruhe yac nicht lange auf sich warren lassen und sie ist so ausgefallen, daß der Verfasser sie schwerlich Vor den Spiegel stecken wird. DieHamb. Nachr." erwähnen zunächst, daß König Withelin nn Feldzug von 1670aus Wnnich des Generalitabs, aut die Gepflogenheit des böhmischen Feldzugs, den Minister­präsidenten zu militärischen Besprechungen zuzuzichen, verzichtet hatte und jede Erörterung der mttiiauschen Absichten mit dem Grafen Bis,n uck gewissenhaft ver­mied." Der Artikel geht dann ans die Gefahren über, welche Gcaf Bismarck aus einer Wiederaufnahme der Feindseligkeiten im Fall des Scheiterns der Frie- densverhandlungen voraussah, und findet es abge­schmackt, daß diese Gefahr in einer Einmischung ber Neutralen bestanden haben sollte.Die Gefahr", so fährt der Artikel fort,war die in wohlwollender und friedliebender Form erfolgende Berufung eines europäischen Kongresses. Aus dem Wiener Kongreß 1814/15 erschien Frankreich nach Verlust seiner gan­zen Armee 1812 in Rußland, nach Vernichtung sei­ner sich tapfer schlagenden Rekruten von 1813, schloß dort das Bündnis mit unseren früheren Freunden England und Oesterreich und zerstörte alle Hoff­nungen , welche Preußen an den Friedensschluß ge­knüpft hatte. Man muß die Geschichte nicht kennen und nur Fähnrichspolitik treiben, um die Wieder­holung ähnlicher Dinge für unmöglich zu halten. Wir glauben nicht, daß Moltke diese Dinge mit dem­selben Leichtsinn, wie seine heutigen publizistischen Epigonen aufgefaßt hat. Wenn man keine Verant­wortlichkeit für die Folgen hat, so lassen sich Phan­tasiestücke in der Politik leicht komponieren. Wir glauben nicht, daß parallel mit europäischen Kongreß- Verhandlungen die Herstellung des deutschen Kaiser­tums sich ebenso günstig entwickelt haben würde. Mutige, aber phantastische politische Pläne, wie die Kriegführung der deutschen Armee von Versailles auS gegen neutrale Mächte, stehen einem militärischen Haudegen gut zu Gesicht, aber sie werden komisch, wenn sie mit dem Anspruch auf praktische Verwirk­lichung auftreten. Die militärischen Politiker hatten

Gctges-WeuigkeiLen.

Deutsches Weich.

-ff Lehrer Köbele in Klein-Popo hat seinen schwarzen Schülern eine ansprechende Weihnachts- Feier bereiter. Der aus Deutschland bezogene Weihnachtsbaum wurde inmitten einer mit Hilfe von Palmzweigen geschaffenen Nische im vorderen Teile des Schullokals aufgestellt und machte in seinem Glanze von 40 Kerzen und in seinem reichen Schmucke sowohl auf die eingeladenen Deutschen als auch insbesondere auf die Schüler und deren ebenfalls eingclavenen Väter einen tiefen Eindruck. Die Feier wurde eröffnet mit dem Choral:Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren"; sodann trug ein Schüler ein Gedicht vorDas Kind in der Krippe", worauf das LiedStille Nacht, heilige Nacht" von 2 Schülern als Duckt sehr hübsch gesungen wurde. Eme kurze Ansprache des Lehrers wurde von einem schwarzen Zollaufseher in der Landessprache wieder­holt. Darauf folgt das LiedO du fröhliche, o du selige", von den Schülern 2stimmig gesungen, und ein GedichtUnter dem Christbaum", von dem ersten Schüler vorgetraqen. Den Schluß bildete der zweistimmige GesangO Tannenbaum". Nun folgte die Verteilung der Gaben. Jeder Schüler erhielt ein Hemd, einen Federkasten mit Griffeln, Griffel- Halter. Federn, Bleistift und Tafelschwamm, l Heft und 3 SchiffSbiscuits. Nachdem die Gäste sich ent­fernt hatten, drängten auch die Schüler nach Hause, um dort ihre Schätze zu zeigen, und ließen ihren Lehrer allein mit seinen Gedanken bei dem deutschen Weihnachtsbaum.

Lehrer Köbele ist von seiner Konferenzreise nach Kamerun krank zurückgekehrt (Erkältung auf dem Dampfer), jetzt aber wieder hergestellt. Er hat von dort eine selbst gefangene Hornviper mitgebracht; die Krokodilsköpfe, die er versprochen, sind zu Grunde gegangen, so daß vorläufig keine Sendung zu er­warten ist. Dagegen sind die früher gesandten Ge­genstände: ein Haifischgebiß (nicht vom Menschenhai sondern von dem kleineren Blauhai), eine Leguan­haut (von einer großen Eidechsenart), Stacheln vom Stachelschwein und verschiedene Muscheln und Schnek- ' ken. sowie einige Seesterne zu allgemeiner Besichti­gung in dem Schaufenster der Zaiser'schen Buch­handlung ausgestellt.

> Ebershardt, 4. Febr. Heute mittag ging hier die Schultheißenwahl vor sich. Es handelte sich hiebei um 2 Kandidaten, um Gemeindepfleger R o t- fuß und Waldschütz Braun. Ersterer erhielt von 65 Stimmen 37, letzterer 24. Rotfuß ist somit ge­wählt.

> Egenhausen, 4. Febr. Heute nachmittag vergnügten sich Kinder mit Schlittenfahren im Ort, wie das ja auch anderwärts geschieht trotz aller Beo bote. Sie fuhren das Schulbergle herab auf die Straße und dann in einer Biegung weiter. Das

1871 keine Verantwortlichkeit für die richtige Füh-^ 6 Jahr alte Töchterchen des Lehrer Talmon-Gros rung der Friedensverhandlungen und sie hätten hatte dabei das Unglück, unter ein Fuhrwerk zu

fahren. Die Räder desselben gingen ihm über die Brust und nach wenigen Seufzern war der Liebling der Eltern eine Leiche.

^ Gültlingen, 3. Febr. Ein Hochwasser, wie seit Jahrzehnten nicht mehr, überflutete in den letzten Tagen den hiesigen Ort. Am Mittwoch früh mußten die in der Schule erschienenen Kinder wieder entlas­sen werden, weil ihnen sonst der Rückweg zu ihren Eltern abgeschnitten worden wäre. Gegen Mittag gl-ch die Straße von Deckenp'ronn her bis gegen das Rathaus hin einem wilden Strom. Die unteren Stock­werke wie auch die Keller füllten sich rasch mit Wasser. Das Vieh mußte zum Teil geflüchtet werden. Die 2 Brücken in der Mitte des Orts wurden durch eili­gen Abbruch dem Wegreißen entzogen. Der Fuhr­werksverkehr von Wildberg nach Deckenpfronn mußte vollständig eingestellt werden. Schlimmer hauste aber das nasse Element noch in der Nacht vom Donners­tag auf den Freitag. Gegen Mitternacht flutete eine solche Wassermasse durch den Ort, daß alles, was in deren Bereich kam. mitgeriffen wuroe. Die Wasser- werksbesttzer an dem Fisch und Agenbach hatten in­sofern weniger Schaden, als das Wasser in dem Thal nach Wildberg einen sehr raschen Abfluß hat. Die Straße nach Deckenpfronn dagegen befindet sich auf die Länge von etwa 2 lrm in einem Zustand, der jeder Beschreibung spottet. Wassergräben bis zu 1 m Tiefe wechseln mit mächtigen Geröllhausen ab. Die angrenzenden Grundstücke sind zum Teil dicht mit Kies überdeckt. Vielleicht bildet dieser bedeutende Wasserschaden mit einen Anstoß, daß die Inangriff­nahme der längst geplanten Straße von Wildberg nach Gärtringeu in ein rascheres Tempo gelangt. Dies wäre im Interesse des Verkehrs gewiß wün­schenswert. Ueble Arbeit richtete auch die Nagold von Wildberg an abwärts an. Die sogenannte Gut­leutdrücke unterhalb Wildberg wurde ein Opfer der Eisschemel. Die Becbindungsbrücke zwischen dem Brunnerschen Wohnhaus und dessen Sägewerk wurde ebenfalls ein Raub des Wassers. Das ganze Thal bis nach Calw ist von Eisschemeln und Schutthaufen übersät.

Vom Gäu. Wie uns mitgeteilt wird, -soll Bondorf zum Marktflecken erhoben worden sein und jährlich 2 Märkte dort abgehalten werden, was von der dortigen Einwohnerschaft sowie Umgebung mit Freude begrüßt wird.

Stuttgart, 31. Jan. Heute früh ist hier der Hosrat Karl Renz im Alter von 58 Jahren ge­storben. Er war als Taubstummenerzieher eine Autorität. Renz war geboren in Ergenzingen.

Stuttgart, 1. Febr. Die Oppositionspresse des Landes versucht unter Mitteilung verschiedener vertraulicher Aktenstücke, durch welche die Beamten einzelner Ressorts aufgefordert wurden, bei Parla­mentswahlen sich jeder regierungsfeindlichen Agita­tion zu enthalten und in ihren Kreisen belehrend zu Gunsten der regierungsfreundlichen Kandidaten einzutreten, eine Art Kesseltreiben gegen das gesamte Staatsministerium und namentlich gegen den Herr» Ministerpräsidenten. Daß der Herr Ministerpräsi­dent derartigen Angriffen zu begegnen weiß, werden die Angreifer bei Zeiten erfahren; es dürftr aber auch angezeigt erscheinen, daraus hinzuweffen, wie republikanische Regierungea mit ihren Beamten um­gehen, wenn sie bei den Wahlen zum Parlament u. s. w. nicht auf Seiten der Regierun g bleiben. Man denke nur an die Vorkommnisse in Fraiikreich, wo man nicht nur alle republikanischen Bcanuen.