Amts- und Intelligenz-Blatt für den Overamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners­tag und SamStag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 in dem Bezirk 1 X, außerhalb des Bezirks 1 ^ 30 Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Donnerstag 19. Januar

JnsertionS-GebWr für die Ispaltige Zeile aus

gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmaliger je 6 -l.

Die Inserate müffen spätestens morgens 9 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei ausgegeben sein.

1893

Amtliche». r

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für! die Landwirtfchaft, betreffend die Abhal­tung eines Unterrichtskurfes über Obst­baumzucht.

Im kommenden Frühjahr wird wieder ein Un- terrichtsknrs über Obstbaumzucht an der K. Weinbauschuie in Weinsberg, sowie erforderlichen Falles noch an anderen geeigneten Orten abgehalten.

Hiebei erhallen die Teilnehmer nicht nur einen leicht faßlichen, dem Zweck und der Dauer des Kurses entsprechend bemessenen theoretischen Unter­richt, sondern auch eine geeignete praktische Unter­weisung für die Zucht und Pflege der Obstbäume. Zu diesem Zwecke sind dieselben verpflichtet, nach Anweisurg des Leiters des Kurses in der Baum­schule und in den Baumgütern der betreffenden Lehranstalt die entsprechenden Arbeiten zu verrichten, um die Erziehung junger Obstbäume, die Veredlung, den Baumschnitt und die Pflege älterer Bäume prak­tisch zu erlernen.

Die Dauer des Kurses ist auf zehn Wochen acht Wochen im Frühjahr und zwei Wochen im Sommer festgesetzt.

Der Unterricht ist unentgeltlich; für Kost und Wohnung aber haben d>e Teilnehmer selbst zu sor­gen. Außerdem haben dieselben das etwa bei dem Unterricht notwendige Lehrbuch, d e erforderlichen Hefte, sowie ein Vercdlungsmesser, ein Gartenmesser und eine Baumsäge anzuschaffen, was am Ort des Kurses selbst geschehen kann.

Die Gesamtkostcn für den Besuch des Kurses mögen nach Abzug der Arbeitsvergülung noch 110 bis 125 Mark betragen.

Unbemittelten Teilnehmern kann ein Staatsbeitrag bis zu 50 in Aussicht gestellt werden.

Für ihre Arbeit erhalten die Teilnehmer nach Ablauf der ersten 14 Tage eine tägliche Vergütung von 35 Pf.

Bedingungen der Zulassung sind: zurückgeleg­tes siebenzehntes Lebensjahr, ordentliche Schul­bildung, gutes Prädikat, Uebung im ländlichen Ar­beiten. Vorkenntnisse in der Obstbaumzucht begrün­den einen Vorzug.

Gesuche um Zulassung zu diesem Unterrichts­kursus sind bis längstens 20. Februar d. I. an dasSekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart" einzusenden. Den Aufnahme-Gesuchen sind beizulegen:

1) ein Geburtsschein,

2) ein Schulzeugnis,

3) ein Nachweis über die Uebung des Bewerbers in landwirtschaftlichen Arbeiten und etwaige Vorkenntnisse in der Obstbaumzucht,

4) wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Ein- willigungserklärung des Vaters oder Vor­mundes, in welcher zugleich die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten, insoweit solche nicht auf andere Weise gedeckt werden, übernommen wird,

5) ein von der Gemeindebehörde des Wonhnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Prädikatszeugnis, sowie eine Bescheinigung desselben darüber, daß dem Bewerber die erforderlichen Geld­mittel zur Bestreitung seines Unterhalts wäh­rend des Unterrichtskurses zur Verfügung stehen werden,

8) wenn ein Staatsbeitrag erbeten wird, was zu- treffendenfalls immer gleichzeitig mit

Vorlage des Aufnahme-Gesuches zu ge-, schehen hat, ein gemeinderätliches Zeugnis^ über die Vermögensverhältniffe des Bewerbers ^ und seiner Eltern, sowie ein Nachweis darüber, ob die Gemeinde, der landwirtschaftliche Be­zirksverein oder eine andere Korporation dessen Aufnahme befürworten und ob dieselben ihm zu diesem Zweck einen Beitrag und in welcher Höhe zugesagt oder in Aussicht gestellt haben.

Die Zuteilung zu den verschiedenen Kursen be­hält sich die Zentralstelle vor und wird hiebei die Entfernung zwischen dem Wohnort des Bittstellers und dem einen oder andern Ort des Kurses, soweit möglich, in Betracht gezogen.

Die Bezirks- und Gemeindebehörden, sowie die landwirtschaftlichen Vereine werden auf diese Ge­legenheit zur Heranbildung von Bezirks- und Ge- meinde-Baumwärtern besonders aufmerksam gemacht, mit dem Ersuchen, geeignete Persönlichkeiten zur Betei­ligung an diesem Kursus zu veranlassen.

Stuttgart, den 4. Januar 1893.

v. O w.

Bekanntmachung.

Diejenigen Ortsvorsteher, welche mit Einsendung des Berichts, btr. den Rotlauf der Schweine, noch im Rückstand sind, werden beauftragt, dieselben um­gehend einzusenden. (Erl. des K. Ministeriums des Innern vom 29. August I89l Minist.-Amtsblatt S. 237).

Nagold, den 16. Jan. 1893.

K. Oberamt. Voll mar, Amtm.

An die Ortsbehördeu für die Arbeiterversicheruug.

Denjenigen Octsbcyörden für die Arbeilerver- sicherung, welche mindestens von einem Versicherten Beiträge einzuziehen haben, gehen in den nächsten Tagen, als Jahresbedarf für 1893 je 30 Exemplare von Urkunden über den Bezug von Beitragsmarken gegen Bezahlung mit der Weisung zu, gemäß § 17 der Geschäftsanweisung 6 für die Ortsbehörden für die Arbeiterversicherung sofort je nach Vollendung des Einzugsgeschäfts die auf den nächsten Einzugs­termin erforderlichen Beitragsmarken bei einer Post­betriebsstelle anzukaufen, hierüber die Bezugsurkun­den in zwei Exemplaren auszustellen und abstempeln zu lassen und hierauf das eine Exemplar dem Be­zirksvertreter einzusenden, das andere aber den Rech­nungsakten einzuverleiben. Im Bedarfsfälle können weitere Formulare vom Oberamt bezogen werden.

Nagold, den 17. Jan. 1893.

_ K. Oberamt. Bollmar, Amtm.

Die Schulstelle in BillenSbach, Bez. Marbach, wurde dem Schullehrer Schmid iu Gaugenwald, Bez. Calw, die erste Schulstelle in Ebhausen, Bez. Nagold, dem Schullehrer Steinlc in Ueberberg, desselben Bezirks und die neunte Schulstelle in Freudenstadt dem Untcrlchrer Künkcle in Biberach übertragen. _

Gestorben: in Stuttgart, Dr. v. Zech, Paul, Prof, a. D., vormals Hauptlchrer der Physik, Meteorologie und Astronomie an der Technischen Hochschule. Dr. der Natur­wissenschaften bouoris oaus», Ehrenritter des Ordens der Württ. Krone, Kommenthur II. Kl. des Friedrichsordcns.

Das EiuwauderungSverbot für Nordamerika.

Von Gefühlspolitik und von der Begeisterung, für Aufgaben der Humanität und Nächstenliebe ist s der moderne Amerikaner ziemlich frei. Er versteht es ausgezeichnet, ein Vermögen von einer netten, runden Summe zusammenzubringen, und findet auch

die Wege,, welche diesem Ziele zuführen, mögen sie nun das Sonnenlicht scheuen oder nicht. Der Amerikaner legt das Gewicht nicht darauf, wie ein großes Vermögen errungen worden ist, sondern dar­auf, daß es errungen wurde, er huldigt dem Reich­tum, und vergißt darüber, daß die Straße zu diesem Reichtum oft genug so unsauber war, daß die Ehr­lichkeit ihn nicht ohne Schaden für ihr Helles, weißes Gewand betreten konnte. Vor kurzem starb der New-Dorker Millionär Pah Gould, der seine drei­hundert Millionen Mark, nach unserem Gelbe ge­rechnet. seinen Erben hinteriieß. In ihren Lebens­beschreibungen des Millionenmannes kamen sehr zahlreiche amerikanische Zeitungen zu der Frage, wen denn eigentlich Mr. Gould bei seinen Geldge­schäften nicht übers Ohr gehauen habe ? Man ließ es auch sonst nicht an scharfen Worten fehlen, und vergaß bei diesem Manne ganz und gar den Satz, daß man von einem Toten nichts als Gutes reden solle; aber alle diese scharfe Kritik kann doch die Thatsache nicht aus der Welt bringen, daß diese herben Tadler vor dem lebenden Gould ihre Hüte wer weiß wie tief zogen. Und darum war das nachträgliche Gezeter gerade nicht hübsch. Der Fall ist bezeichnend für amerikanische Verhältnisse, bezeich­nend ist auch das Verhalten der nordamerikanischen Union gegenüber den europäischen Auswanderern. Als es galt, die Urwälder und die weiten Steppen mit fleißigen Bewohnern zu besetzen, da waren alle Auswanderer aus Europa hochwillkommen. Nun ist aber dem ersten Bedarf genügt, und die ameri­kanischen Arbeiter dulden auch nicht, daß billigere Arbeitskräfte zum Ersatz für sie importiert werden. Mittellose Auswanderer, die aus Europa auf gut Glück nach New-Aork reisen, und dort oft genug Gefahr laufen, von schlauen Zjankee's um ihr ge­ringes Bargeld betrogen zu werden, fallen also oft genug den dortigen Behörden zur Last. Nun haben die Bereinigten Staaten allerdings Geld im Ueber- fluß, und wenn sie ein paar Millionen jährlich zur Unterstützung bedürftiger Personen ausgäben, würde dadurch keine Lücke im Staatsschätze entstehen. Aber solchen sentimentalen Gedanken ist man drüben eben nicht zugängig, wo für die Kleinen zu allen Zeiten das Wort galt: Seht selbst zu, wie ihr fertig wer­det! Für die Großen galt dieser Satz nicht, und die berüchtigte Mackinley-Bill, welche denn endlich doch die Geduld der Bevölkerung erschöpfte, hat manche Taschen ganz weidlich gefüllt. Schon lange besteht daher die Bestimmung, daß mittellosen Auswanderern, welche sich nicht über ein bestimmtes Unterkommen oder festes Engagement ausweisen können, der Zu­tritt zum amerikanischen Boden verwehrt wird. Die Leute werden einfach dem Kapitän, welcher sie über den Ozean geführt hat, überlassen. Die ganze Härte des amerikanischen Egoismus zeigte sich beim Aus- bruch der Cholera, in welcher Zeit man den Ham- burger Dampfern selbst das Anlegen an unbewohn­ten Stellen verweigerte, und wo erst mit Gewalt eine entsprechende, unseren Kulturverhältnissen Rech­nung tragende Regelung geschaffen werden konnte. In dieses Jahr fällt nun die große Weltausstellung in Chicago, für welches so unendlich viel Reklame gemacht worden ist. Europäische Besucher, die mit wohlgefüllten Taschen kommen, sind selbstverständlich den Amerikanern äußerst angenehm; aber von den Einwanderern, die drüben erst Verdienst suchen wol- ! ten, hat man wenig oder gar nichts zu erwarten. Diese haben meist selber nichts. Da ist man denn