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62 . Jahrgang
Amts- unä IntekkigenMatt für äen Kezir^.
Erscheint Atenstag, Aonneratag L Samstag.
Die EinrückungSgebühr beträgt S ^ p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.
Donnerstag, äen 10. Februar 1887.
Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch
die Post bezogen im Bezirk 2 „4L 80 H, sonst in ganz Württemberg 2 „4L 70 H.
Amtliche Bekanntmachungen.
Calw.
An die Ortsvorsteher «. die Wahlvorsteher.
I. Den Ortsvorstehern geht mit heutiger Post ein Plakat zum Anschlag am Rathhaus gemäß des Schlußsatzes des Erlaßes vom 6. d. M. zu.
II. Die Wahlvorsteher erhalten gleichzeitig durch Vermittlung der Orts- Vorsteher neben einer amtlichen Zuschrift:
а) ein Formular eines Einladungsschreibens an die Beisitzer, das in Gemeinden ohne Parzellen für die Einladung sämmtlicher Beisitzer genügen wird.
d) ein Einladungsschreiben an den Protokollführer, (welcher Wähler, insbesondere 25 Jahre alt sein muß,)
o) ein Plakat zum Anschlag am Wahllokal,
б) zwei Formulare zum Wahlprotokoll, (wovon eines zur Reserve)
e) ein Formular zur Gegenliste.
Sie werden aufgesordert, sich sofort zu überzeugen, daß diese Formulare ihnen vollständig zugekommen sind, und verneinendenfalls alsbald dieß hierher anzuzeigen.
Den 9. Februar 1887. K. Oberamt.
' F l a x l a n d.
"Dokitifche Wcrchvichten.
Deutsches Reich.
Berlin, 7. Febr. Heule hat eine Sitzung des Staatsministeriums stattgesuriden. Der „Reichsanzeiger" publiziert Folgendes: Sr. Majestät dem Kaiser und König sind Anträge von Vereinen zugegangen, durch welche letztere die Absicht äußerten, Allerhöchstdemselben zur bevorstehenden Feier der Vollendung des 90. Lebensjahres ihre Gesinnungstreue und Verehrung durch persönliche Huldigungen zu be- thätigen. So wohlthuend diese Kundgebungen Seine Majestät berühren, so sehen Allerhöchstdieselben sich durch das Bedürfnis der Ruhe und Schonung zu Allerhöchstihrem lebhaften Bedauern genötigt, auf derartige Beweise zu. verzichten. Direkte und persönliche Kundgebungen dieser Art, welche zum 22. März geplant werden sollten, würden daher im Interesse der Schonung der Kräfte Sr. Majestät zurückzuhalten sein. Um solchen wohlgemeinten Absichten zeitig vorzubeugen, hoben Se. Majestät zu bestimmen geruht, daß Allerhöchstihre Willersmeinung durch die öffentlichen Blätter zur allgemeinen
Kenntnis gebracht werde. Berlin, den 6. Februar 1887. Der Reichskanzler und Präsident des Staatsministeriums: v. Bismarck.
— Die „Freist Ztg." konstatiert mit Genugthuung aus dem Schreiben des Kardinals Jacobini, daß die Zentrumspartei sich gründlich geweigert hat, den Gehorsam zu leisten bei Gesetzen, welche nicht kirchliche sind. „Das gereicht, so sagt das Blatt, der Zentrumspartei zur Ehre. Sie hat sich dadurch als eine deutsche Partei bewiesen, welche in nicht kirchlichen Fragen jede auswärtige Einmischung zurückweist." — Schlimmer kann man die Wahrheit nicht verdrehen. Was das Organ des Herrn Richter behauptet, würde wahr sein, wenn der Papst dem Zentrum etwas zugemutet hätte, was wider die deutschen Interessen gegangen wäre, wenn er das Zentrum aufgestiftet hätte, gegen den Willen des Kaisers und der verbündeten Regierungen Widerstand entgegenzusetzen. So aber hat der Papst das Zentrum gebeten, daß es seinen Widerstand aufgebe und dies damit begründet, daß den Interessen der Kirche, welche zu wahren dem Papst obliegt, der Widerstand schädlich, die Zustimmung nützlich sein werde. Wenn die Führer der Zentrums-- partei trotzdem den Rat des Papstes zu befolgen sich weigern und die Partei — was bis jetzt noch dahin steht — den Führern dahin folgt, so würde das nicht, wie die „Freist Ztg." meint, beweisen, daß das Zentrum eine deutsche Partei märe, sondern es würde vor aller Augen klar legen, daß das Zentrum eine Oppositionspartei sei, deren Vorbringen, daß ihr vor allem das Wohl der Kirche am Herzen liege, inskünftig nicht mehr zu glauben sein würde. W. Staats-Anz.
Berlin, 7. Febr. Die päpstliche Kundgebung rief eine Spaltung in der Zentrums-Partei hervor. In vier schlesischen Wahlkreisen wurden bereits den vier dem Septennat feindlichen Ultramontanen vier ultramontane Septennats-Freunde gegenübergestellt.
Köln, 6. Febr. Die rheinische Zentrumspartei tagte heute im Gürzenich unter dem Vorsitz von Rackö-Mainz. Windthorst spricht über die päpstliche Note und führt aus, die Wünsche Leos XIII. basierten nur auf Zweckmäßigkeitsgründen, denen zu entsprechen unmöglich sei, ohne die Existenz des Zentrums zu gefährden; vielleicht ändere der Papst seine Ansicht, wenn ihm alles klargelegt werde. Vater und Sohn seien oft verschiedener Ansicht und einigten sich später dennoch. Der früher vom Papste ausgesprochene Wunsch sei ihm in streng diskreier Form zugegangen; seine Sache sei es nicht, die Diskretion zu brechen. Im zweiten Teil seiner Rede behandelt die Frage „bekommen wir den Krieg?" Diese Frage kann Bis» marck beantworten, ohne Bundesgenoffen wird uns Frankreich sicher nicht angreifen, mit Rußland aber steheü wir nach Bismarcks Erklärung im Ein»
AeuiUeton. ^
Die Brillante« des Stndenten.
Von I-ritz Mrentano.
(Fortsetzung.)
Diese waren nicht gerade sehr erbaut von seinem Erscheinen; ein Mahnbrief wäre ihnen jedenfalls lieber gewesen, aber Herr Nickelberger pflegte derlei Geschäftchen immer mündlich abzumachen — er kannte den Zauber seiner Persönlichkeit und wußte, daß ein Student lieber den letzten Flaus verkeilte, als daß er seine täglichen Tretbesuche empfing.
Guten Morgen, meine Herren! begann er mit einer Stimme, die so dünn wie ein Zwirnsfaden, aber so scharf wie ein Rasiermesser war, einen angenehmen guten Morgen. Wie geht's? So, so! La, la! Gut geruht? Natürlich! Junges Blut ruht immer gut!"
Herr Nickelberger hatte nämlich die liebenswürdige Gewohnheit, Fragen der Höflichkeit, die er an Jemanden richtete, meistens selbst zu beantworten.
Nun, fuhr er fort und rieb sich krampfhaft die Hände, wie steht es mit dem lieben Herrn Onkel?
Die Studenten schauten mit einem komischen Blick des Jammers einander an.
Noch immer keine Nachricht von dem lieben alten Herrn — noch gar keine — nicht einmal eine ganz kleine Nachricht?
Beide zuckten die Achseln.
Das Händereiben wurde stärker.
So, so! Hm! Sie wissen doch, meine Herren, daß Sie mir seü drei Monaten die Miete schuldig geblieben sind?
Wie sollten wir dies nicht wissen, antwortete Fuchs, da Sie die Freundlichkeit haben, es uns täglich zweimal zu erzählen.
Ferner den Betrag der aus meinem Geschäft entnommenen Maaren — Alles
zusammen über 55 Thaler. Wann gedenken Sie das Sümmchen zu bezahlen, meine Herren?
Das war des Pudels Kern. Mit dieser neugierigen Frage pflegte der biedere Nickelberger stets seinen Morgengruß zu schließen, ohne daß er von den Beiden bis. jetzt eine befriedigende Antwort darauf erhalten hatte.
So erging es ihm auch heute. Fuchs und Hahn konnten ihm nur wieder die Versicherung geben, daß das Geld von Hause täglich eintrefsen muffe, und ihn bitten, noch eine Weile Geduld zu haben.
O, meinte der Zimmerrinaldini, ich denke lange genug Geduld gehabt zu haben und hätte ich nicht aus Rücksicht für ihren werten Herrn Onkel gezögert, so hätte ich Sie längst schon exmittiert.
Aus Rücksicht für unfern Onkel, bemerkte Fuchs mit einem spöttischen Achselzucken, den kennen Sie ja gar nicht.
Allein ich weiß, daß er Geld hat, meinte Herr Nickelberger, und ich achte jeden Kapitalisten! Sie scheinen übrigens in seiner Gnade gesunken zu sein, fuhr er immer lächelnd und beharrlich die Hände reibend fort — fest drei Monaten keine Wechsel mehr — ei — ei!
Jedenfalls ein unbedeutender Zufall, sagte Hahn schüchtern — ein Mißverständnis. Sie haben wohl noch ein wenig Nachsicht.
Nachsicht — Nachsicht, entgegnete der Haustyrann, davon kann ich nicht leben. Uebrigens sind Sie ja in der Lage, meine Herren, sich helfen zu können und ich begreife nicht —
I, da wäre ich neugierig, sagte Fuchs.
Sie haben da eine Brillantnadel, lächelte Herr Nickelberger; habe sie erst gestern noch an Ihnen bemerkt, die unter Brüdern ihre zweihundert Thaler wen ist. Warum verkaufen — verpfänden Sie dieselbe nicht?
Fuchs hatte die Nadel wirklich. Es war das Erbstück, welches der alle Fürst dereinst seinem Leibchirurgus Kesselbach vermacht und welches dieser in einer zärtlichen Aufwallung dem geliebten Neffen übertragen hatte, freilich eine Vorsichtsmaßre. ,k dabei gebrauchend, auf welche ich später zu sprechen komme.