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«2. Jahrgang
Amts- unä Intelligenzbkatt für äen Oezirü
Erscheint Zttenrtag, Z>o«»er«1as L Samstag.
Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Zeile im Bezirk, sonst 13 H.
8am8tag, äen Z. Februar 1887.
Abonnementspreis halbjährlich 1 -6 80 H, durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in
ganz Württemberg 2 70 H.
Arnttictze Bekanntmachungen.
HLekannLmachung
der K. Centralkeile für Gewerbe und Handel, betr. den Beginn von Unterrichtskurftn in den Webschulen ;n Reutlingen und Heidenheim.
Anfang April d. I. beginnen in den unter Oberaufsicht der K. Centralstelle stehenden Webschulen zu Reutlingen und Heidenheim wieder neue Lehrkurse.
Dieselben haben den Zweck, tüchtige Fabrikanten, Webmeister, Dessinateure rc. heranzubilden, sowie jungen Kaufleuten, welche sich mit dem Ein- und Verkauf von Erzeugnissen Der Textilindustrie zu befassen haben, Gelegenheit zur Erwerbung der hiefür erforderlichen technischen Kenntnisse zu geben.
Der Unterricht erstreckt sich auf Theorie und Praxis aller Zweige der Schaft- und Jacquardweberei mit Hand- und Dampfbetrieb, sowie auf Frei- ßMd-^ Muster- und Maschinen-Zeichnen.
'Rn der 'Webschule in Reutlingen besteht ferner eine eigene Abtheilung für den Unterricht in der Wirkerei auf Kettenstühlen, Culirstühlen, Rundstühlen rc.
Aus der Webschulstiftung daselbst können unbemittelten, besonders befähigten Zöglingen der Webschule Unterstützungen zu ihrer weiteren Ausbildung verwilligt werden.
Beide Anstalten sind mit Webstühlen und Hilfsmaschineu aller Systeme, sowie mit Zeichenwerken, Fachzeitschriften und dgl. aufs Beste ausgestaltet.
Anmeldungen sind zu richten:
für Reutlingen an Weberei-Inspektor Winkler daselbst, für Heidenheim an den technischen Vorstand der Anstalt, Zeichenlehrer Leopold, oder an den Vorsitzenden des Webschulvereins, Herrn Fabrikant Louis Neunhöffer in Heidenheim.
Ebendieselben sind zur Ertheilung weiterer Auskunft bereit.
Stuttgart, den 27. Januar 1887.
K. Centralstelle für Gewerbe und Handel.
G a u p p.
'AoMische Wachvichten.
Deutsches Reich.
— Die im Kriegsministerium stattgehabten Beratungen wegen Einführung der neuen Infanterie-Ausrüstung haben dazu geführt, daß
Ein goldener Herbstmorgen lag über Heidelberg.
Heidelberg! Welchem alten Musensohn schlägt das Herz nicht höher bei dieses Namens Klang — ivem, wenn er einst an den Brüsten der heiligen -ttma water gelegen und in Heller Jugendlust durch die Straßen der lachenden Bergstadt tobte, steigt nicht ein Bild vergangener Tage in leuchtendem Schimmer auf und klingen nicht fröhliche Töne aus jener Zeit herüber — das Rauschen des Neckars — das Klirren der Schläger — die alten, ewigen Studentenweisen?
Mir wenigstens feuchten sich immer wieder die Augen, wenn mich das Dampfroß durch das blühende Neckarthal trägt, wenn von oben mich auf's Neue die alte Burgruine grüßt, die so trutziglich ihre weiterharte Brust den, Sturme bietet, und leise tönt es wieder von meinen Lippen:
„Alt-Heidelberg, du feine,
Du Stadt an Ehren reich!"
Und während ich diese Zeilen niederschreibe, schauen alte, liebe Gesichter von den Wänden meines Arbeitszimmers auf mich herab, mich gemahnend an das freundliche Studierstübchen am Neckar — an die verräucherte Kneipe in der Hirschgasse, die am Tage so stille dalag, im magischen Halbdunkel, während am Abend es aus ihr wiederhallte, lachend, brausend, singend und klingend, daß die Schläger an den Wänden sich klirrend regten und die schwarzen Silhouetten lebendig zu werden schienen, wenn in blauenRingeln der Tabaksdampf aus den farbengeschmückten Pfeifen sie neckisch umspielte.
Und auch Du grüßest mich heute wieder von Deinem erhabenen Standpunkte da oben, Richprd Müller, und ich lächle, wenn, ich Dich mir jetzt vorstelle als ehrbaren Amtsrichter, arme Schuldner verdonnernd und Executionen anordnend mit ernster, wichtiger Miene.
die Commission sich einstimmig für diese Neuerung ausgesprochen hat. Die neue Ausrüstung bietet den Vorteil der vollständigen Befreiung der Brust von dem Druck des aufgerollten Mantels, sowie des Brotbeutels, des Schanzzeugs und der Feldflaschenricmen, und bewirkt die gleichmäßige Verteilung der Last auf Hüfte, Schulter und Kreuzteil, gestattet auch einen leichteren Anschlag des Gewehrs, also ein besseres Schießen, endlich die Mitsührung einer größeren Anzahl Patronen und von auf 3 Tage ausreichenden, aus Konserven bestehenden Verpflegungsportionen. Die Einführung soll alsbald erfolgen.
— Die „Kreuzztg." bemerkt zu dem Aussehen erregenden Artikel der „Post", daß derselbe wohl privater Natur sei, und fährt dann fort: „Es muß anerkannt werden, daß die „Post" der in Frankreich immer weiter um sich greifenden Stimmung Ausdruck giebt, wenn sie die Entwicklung der Dinge mit der Person des Generals Boulanger in engen Zusammenhang bringt. Während die „Post" den französischen Kriegsminister für die drohenden Gefahren verantwortlich macht, tritt die „Frage Boulanger" in der Pariser Presse mehr und mehr in den Vordergrund, einer Entscheidung zueilend. Nach allen hiesigen und Pariser Kundgebungen ist es kaum zweifelhaft, daß dem General nur noch 2 Wege offen stehen: entweder er sinkt in das Nichts zurück oder er bleibt Herr der Situation mit der gleichzeitigen Verpflichtung, die Hoffnung derer zu erfüllen, welche ihn als den Retter des Vaterlandes gefeiert haben und täglich feiern."
Frankreich.
Paris, 1. Febr. An der Pariser Börse ging es heute zu. als ob wir wirklich am Tage vor dem Kriege ständen. Die Aufregung nahm ganz bedenkliche Verhältnisse an, die Alarmgerüchte überstürzten sich und es hatte eine Zeit lang ganz den Anschein, als ob ein vollständiger Krach ein- treten würde. In Paris ist bekanntlich noch mehr wie in den anderen Hauptstädten Europas die Börse stets das genaue Spiegelbild der augenblicklichen Stimmung, die hier denn auch in der That seit einigen Tagen anfängt, sich stark beunruhigt zu zeigen. Daß die Pariser Bevölkerung und vor Allem die sogenannte Geschäftswelt dringend die Aufrechterhaltung des Friedens wünscht, ist natürlich, um nicht zu" sagen selbstverständlich, zumal man hier trotz des wiedererlangten Selbstbewußtseins keineswegs davon überzeugt ist, daß die gegenwärtige französische Armee schon im Stande sein werde, sich mit Erfolg gegen die deutsche Armee zu messen. Man gibt aber erst sehr spärlich davon Rechenschaft, daß die Kriegsbefürchtungen lediglich dadurch entstanden sind, daß man hier einen Mann, wie den General Boulanger, schalten und walten läßt und demselben gestattet, daß er Rüstungen macht
Gedenkst Du noch der Zeit, wo Du selbst es nicht der Mühe wett hieltest, aus dem Bette aufzustehen, wenn Papa Motte im hechtgrauen Amtsrock in Deine Bude trat, um eine kleine Execution vorzunehmen. Wozu auch aufstehen?" Du wußtest ja doch, daß bei Dir jede Execution fruchtlos war, und wenn Du auch heute so recht ehrbar thust, damals warst Du der Flotten — Flottester, Deine Bären heulten in jedem Winkel der Stadt und wärst Du eines Tages bei einer Deiner vielen Paukereien auf der Hirschgasse droben als „tote Leiche" geblieben — ich bin überzeugt, halb Heidelberg hätte weinend über seinem Hauptbuchs gesessen und Trauer um Dich angelegt.
Seliges Erinnern! Lvoo Heidelberg!
In einem ziemlich bescheidenen Zimmer der zweiten Etage eines größeren Hauses der Universitätsstadt saßen zwei junge Männer.
Doch, wenn ich sage, daß sie saßen, so ist dies doch nicht der richtige Ausdruck , denn während der Eine, in eine schriftliche Arbeit vertieft, wirklich am Tisch saß, lag der Andere auf zwei Stühle hingestreckt ain Fenster und las in einem Buche, wobei er sich zugleich der edlen Beschäftigung des Rauchens mit solcher Ausdauer hingab, daß das Zimmer trotz der frühen Morgenstunde bereits mit einem bläulichen Nebel angefüllt war.
Es waren zwei hübsche, frische Jungen und hätte auch nicht die ganze Ausstattung des Zimmers darauf hingedeutet, so hätte schon ihr Aeußeres sie unzweifelhaft als Musensöhne gekennzeichnet. Das etwas lange Haar, der wett umgeschlagene Hemdkragen, die alten Kneipröcke, die ehemals mochten Furore gemacht haben, jetzt aber als Hausjacken ihr Dasein vertrauerten — die farbigen Schnüre an den Pfeifen, all' dies sprach eine so beredte Sprache, daß inan keinen Augenblick daran zweifeln konnte, weß Geistes Kinder man vor sich habe.
Fuchs und Hahn hießen vie beiden vom Wissensdrang beseelten Jünglinge und wenn auch, in der Naturgeschichte diese Geschlechter als der Inbegriff aller Feindschaft florieren,— die Beiden vertrugen sich recht gut, wn so inehr, als sie sogar Blutsverwandt«, leibliche Vettern, waren und nicht nur gemeinschaftlich an der Brust der
JeuiUeton.
(Nachdruck verboten.)
Die Brillante« des Studenten.
Von Aritz Urcntano.