Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für deu Oberamts-Bezirk Nagold.
W28.
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Dienstag 8. Mär)i
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1892.
A Ul!! j ch k s.
Nagold. An die Bertvaltungsaktuare des Bezirks, das Rechnupgsstellwesen pro 1891/92 betreffend. Die Rechnungsstellgeschäftspläne pro 189l/92 sind zuverlässig bis zum 2V. März S. I. hieher vorzulegen. Als äußerster Termin kommt der 1. Dezember 1892 in Betracht.
Den 4. März 1892. K. Oberamt. Or. Gugel.
Nagold. An die Gemeinderäte,
betreffend die Benützung der öffentlichen Gewässer im Bezirk.
Die Geniei-.edcrälc werden beauftragt, bis zum 29. d. M. zuverläisig anher zu berichten:
1) wie groß aus der einzelnen Gemeinoemarkuug der aunäberude Mächcngeyalt der Wiesen ist, welche einer künstlichen Bewässerung vermittelst bleibender Vorrichtungen (Fallen, Gräben und dergl.) unterworfen sind;
2) ist z» berichten, ob im Gemeindebezirk künstliche Entwässerungsanlage» einschließlich der Draini- rnngen durchgesüyn sind und weichen annähernden Flächcngchalt das künstlich entwässerte Gelände besitzt.
Gleichzeitig ist anher mitzutcilen, ob und in welchem Uuisüng die zukünftige Ausführung weiterer Entwässerungen als zweckmäßig und angezeigt erscheint.
llm sodann einen llsberbück über die bestehenden, gewerbliche» Zwecken dienenden Wasserbenütznngsan- lagen zu gewinnen, (Mühlen, Fabriken) weiche ganz oder tri weise mit Wasserkraft arbeiten, werde» den in Bclracht kommenden Ovtsvocslehcrn besondere Fragebogen zugehen; diese Fragebogen sind den Besitzern der genannten Anlagen zu bchändigen zum Zweck der Ausfüllung; die ausgcsülltcn Fragebogen sind von den Ortsvorstehern mit der Beurkundung bis 20. d. M. hichcr vorznlegen, daß in denselben die sämtlichen gewerblichen Anlagen des Gemeinde- bezirls, welche das Wasser als Triebkraft besitzen, ausgeführt sind.
Den 4. März 1892.
_ K. Oberamt, vr. Gugel.
Nagold. An die Gemeinveräte,
betreffend die Einsühruag der mitteleuropäischen Einheitszeit.
Im Hinblick ans die mit dem l. April 1892 erfolgende Einführung der nach, dem fünfzehnten Längengrad östlich von Greenwich sich richtenden mitteleuropäischen Einheitszeit in dem inneren und äußeren Dienste der württembergischen Staatseisenbahnen und im Dienst der Post- und Telegraphenverwaltung, welche der bisher in Württemberg maßgebenden Ortszeit, bezw. der mittleren Stuttgarter Zeit um 23 Minuten voraus ist, wird es sich zur Abwendung von Mißständen nicht vermeiden lassen, die für den Dienst der K. Vekehrsanstalten angenommene Zeit auch im übrigen bürgerlichen Leben zur Einführung zu bringen. Die Bedeutung dieser Maßregel erheischt als über l en Bezirk der einzelnen Gemeinden hinausgreifend eine einheitliche Regelung.
Es wird daher den Gemeindebehörden empfohlen, vom 1. April 1892 an die für das bürgerliche Leben in den Gemeinden maßgebenden Uhren nach der Uhr der nächstgelegenen Eisenbahnstation oder Post-, anstatt zu richten. Dies wird zur Folge haben, daß die Uhren, welche bisher nach der „mittleren Stntt-- gartrr Zeit" gerichtet waren, in der Nacht vom 31. März auf I. April 1692 um 23 Minuten vorzurücken sein werden.
Von der bevorstehenden Einführung der mitteleuropäischen Einheitszeit und der dadurch bedingten Lorrütttmg der Uhren ist die Einwohnerschaft der eiqzelnen Gemeinde durch öffentliche Bekanntmachung in geeigneter Weise zu verständigen.
Mit der Einführung der mitteleuropäischen Einheitszeit tritt die durch den Erlaß des Ministeriums an die K. Kreisregiernngen vom 3. Dezember 1828 Nr. 7730 erteilte Vorschrift, daß sowohl in der Residenzstadt als in den übrigen größeren Städten des Landes, durch welche Hauptstraßen führen, die Stadtuhren stets gehörig nach dem Sextanten gestellt und gerichtet werben sollen, außer Wirkung.
Bezüglich des nach vorstehendem Geschehenen ist bis znm H. April d. I. Bericht hieher zu erstatten.
Den 6. März !892.
K. Oberamt. vr. Gugel.
Die Amlsgerichtslchreiber Keller in Calw und Bauer in Ulm wurden deren Ansuchen entsprechend gegenseitig versetzt.
Der Befähigungsnachweis im Handweck.
Eine unter dem bevorstehenden Titel soeben erschienene eingehende, wissenschaftliche Untersuchung von Dr. Th. Hampke bespricht die ablehnende Haltung der Reichsregiernng gegen die seit 1878 von den deutschen Handwerkern immer nachdrücklicher erhobene und auch noch vor kurzem von dem Handwerkertage zu Berlin festgehaltcne Forderung, den Befähigungsnachweis einzuführen. Erkennt die Schrift auch an, daß eine solche Maßregel für die technische Ausbildung eine gewisse Bedeutung haben würde, so stellt sie dem doch entgegen, daß die Gesammtlage des Handwerks dadurch nicht gebessert werde. Die Meisterprüfung kann sich auf die heutzutage besonders wichtige geschäftliche Tüchtigkeit des Handwerks nicht beziehen; sie verbürgt dem Geprüften keine entsprechende Beschäftigung; sie verhindert weder den Wettbewerb des Pfuschertums, noch den des Großgewerbes, das von dem Befähigungsnachweis der Natur der Sache nach auszuschließen ist und deshalb dem Handwerk nur nock wirksamer entgegentreten kann. Bei der Vielgestaltigkeit des heutigen wirtschaftlichen Lebens würde die Meisterprüfung zahlreiche Belästigungen und Chicanen für die Beteiligten zur Folge haben und vielen tüchtigen Elementen es nur erschweren, sich emporzuarbeiten. Zudem ist die Grenzscheidung gegen Hausindustrie. Handel und Fabrikbetrieb, die Abgrenzung der Gewerbe gegeneinander, die Berücksichtigung der verschiedenen Verhältnisse des glatten Landes, der kleinen und der großen Städte und Aehnliches so schwierig, daß schon hieran die Durchführung des Befähigungsnachweises schei- tern muß. Diese Anschauung wird vollauf bestätigt durch die Erfahrungen in Oesterreich, wo 1883 der Befähigungsnachweis in Gestalt des Verwendungsnachweises (Lehrzeugnis und Bescheinigung einer mehrjährigen Thätigkeit als Gehilfe) eingeführt wurde. - Der Verfasser hat diese Erfahrungen auf Grund des amtlichen Materials in eingehendster Weise berücksichtigt, es zeigt sich dabei, daß trotz der zahllosen Streitigkeiten und Entscheidungen, die zum großen Teil dem Mittelalter besser entsprachen als der Neuzeit, doch die Gcsamtlage des Handwerks durchaus nicht besser geworden ist, wie zahlreiche Auslastungen von berufendster Seite beweisen. Die Schrift, die sich durch ruhiges und sachliches Urteil auszeichnet, hält die Frage für erwägenswert, ob nicht ein gesetzlicher Schutz des durch freiwillige Prüfung erworbe
nen Meistertitels einzuführen sei. Im Uebrigen glaubt sie, daß durch Hebung des Bildungsstandes der Handwerker, durch Bildung von Genossenschaften, durch Ausbreitung der Kleinkraftmaschinen die gewiß schwierige Lage des Handwerkerstandes gebessert werden kann. Sie verweist auch daraus, daß es noch immer manche Gebiete giebt, in denen das Handwerk — richtig betrieben — einen genügenden Ertrag abwirft. Namentlich auf dem Gebiete des Kunstgewerbes sind noch Erfolge zu erzielen. Die Darlegungen der tüchtigen Arbeit sind geeignet, zur Klärung der schwierigen Frage des Befähiqunasnach- weises viel beizutragen.
Hages-Weuigke iten.
AeirtfcHes Reich.
* Nagold, 7. März. Während wir am letzten Samstag früh 8 Grad Kälte hatten, steigerte sich solche am Sonntag und heme auf 14 Grad. Zum guten Glück bedecken die Felder eine leichte Schneedecke, so daß die Saaten wohl nicht Schaden leiden. Eine ähnliche Kälte im März soll im Jtkhr 1865 geherrscht Halen, wo es viel und guten Wein gab. Trotz dieser abnormen Witterung in vorgeschrittener Jahreszeit überbrachte uns ein Freund am Samstag einen munteren Schmetterling.
Wildberg, 6. März. (Corresp.) Nachdem der Leseverein unseres Städtchens Kaisers und Königs Geburtstag in würdiger Weise gefeiert, vereinigte auch der I. März die Mitglieder des Vereins zu einem geselligen musikalischen Abend. Dießmal waren die zum Vortrag gebrachten Stücke heiterer Art, doch ehlte auch die hier zu unserer Freuoe so häufig gehörte klassische Musik nicht, j— Was den Abend namentlich belebte, waren eine Anzahl Duette und Terzette, welche von Damen und Herrn des Bereins in Kostümen zu reizendem Bortrage gebracht wurden. Der Verein darf den Abend gewiß zu den schönsten zählen, die er seit langer Zeit erlebt hat.
K Vom Steinachthal, 6. März. Gestern vor 8 Tagen zog unter Böllersalven in dies mit Kränzen geschmückte und Triumphbögen verzierte Psarrdorf Gündringen der hochw. Franziskaner Pater Lam- bert Börger aus den hohenzollerischen Landen ein. Seither hielt er jeden Tag 3 erbauliche Vorträge, die außerordentlich zahlreich besucht wurden. Von den umliegenden Ortschaften strömten Gläubige und wohl auch Neugierige in Hellen Haufen herbei. Heute nachmittag wurde von dem H. Pater die auf Anregen des Ortsgeistlichen auf dem Kreuzberg erbaute Kapelle unter großem Zudrang des Publikums eingeweiht. Auf den Abend ist eine bengalische Beleuchtung der Kapelle und ihrer Zugänge in Aussicht genommen. Die Kapelle macht von einem vorüberfahrenden Bahnzug aus betrachtet, einen äußerst lieblichen Eindruck. Zur Erbauung derselben hat ein Gündringer Bürger den reichen Beitrag von 2000 ^ gestiftet.
Stuttgart, 29. Febr. Nachdem neulich die Volkspartei mit Rücksicht auf die württembergischen Verhältnisse Stellung zu dem Entwurf des preußischen Bolksschulgesetzrs genommen, hatten wir heute Gelegenheit, in einer außerordentlich zahlreich besuchten Versammlung im „Herzog Christoph" die Ansichten der Deutsch-Conservativen Württembergs überdenselben