Königs und der Königin als Festtage zu behan­deln. Es bleiben daher an genannten Tagen die Schulen geschlossen und sind die Kinder zum Gottes­dienst beizuziehen.

Stuttgart, 18. Febr. Der Programm-Entwurf, worüber die Landesversammlung der d. Partei am Sonn­tag beschließen wird, betont insbesondere folg. Aufgaben: Parteierhaltung, Festigung des Reichs, seines Rechts­und Wirtschaftslebens in nationalem und liberalem Sinne; Eintreten mit gleicher Entschiedenheit für die Erhaltung der Monarchie und für die verfassungs­mäßigen Rechte der Volksvertretung, sowie für das allgemeine direkte geheime Wahlrecht und Forderung von Diäten für die Reichstagsabgeordneten; er wünscht die Einführung der zweijährigen Dienstzeit, fordert die Reform der Militärjustiz mit Oeffentlichkeit, ebenso die gesetzliche Regelung, Entschädigung unschuldig Verurteilter, ferner den Grundsatz religiöser Duldung hochhaltend tritt die Partei andererseits für die Wahrung der staatlichen Aussichtsrechte gegenüber den Religionsgenossenschaften ein, ist gegen die Zu­lassung der Jesuiten im Reich, gegen die Zulassung der katholischen Männerorden in Württemberg, ist einverstanden mit der Fortsetzung einer besonnenen Kolonialpolitik, sowie mit den Handelsverträgen, wünscht die Festhaltung des bestehenden mäßigen Schutzzolles zu Gunsten der Landwirtschaft, hält die gesetzgeberische Thätigkcit auf dem Gebiet der Für­sorge für die Lohnarbeiter zunächst abgeschlossen, um die Versicherungsgesetze sich einleben zu lassen, wünscht baldmöglichst die Beseitigung der hervortretenden Mängel dieser Gesetze, unterstützt die Arbeiterforde­rungen betreffs völliger Koalitionsfreiheit und der Arbeiterkammern, des Arbeitsamtes, der Vermehrung der Fabrikinspektoren; der Lohnstatistik; mit Entschie­denheit verteidigt die Partei die Grundlagen des be­stehenden Rechtes und Gesellschaftsordnung. Bezüglich der württembergischen Verhältnisse verlangt sie die Verwirklichung der Verfaffungsrevision; die Beseiti­gung der Privilegierten aus der zweiten Kammer, welche eine reine Volkskammer werden soll; die Ver­stärkung der^Vertretung größerer Städte; die Reform der ersten Kammer; die weitere Entwicklung der Selbstverwaltung in Gemeinde, Amt und Kreis, ins­besondere die Aufhebung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher; tiefgehende Reformen des Steuerwe­sens; Anteilnahme des Volksschullehrerstandes an der Schulaufsicht; die Aushebung des Schulgelds für Volks- und Fortbildungsschulen.

Stuttgart, 19. Febr. Der neue Programm­entwurf der Deutschen Partei wird viel erörtert. In dem Entwurf ist der liberalen Strömung, demZug nach links" weitgehend Rechnung getragen. Es ist anzunehmen, daß, wenn die Partei dieses Programm endgiltig annimmt und die darin vorgezeichnete Rich­tung entschieden verfolgt, sich weite Kreise, die sich in den letzten Jahren der Deutschen Partei abkehr- ten, derselben wieder zuwenden, und daß die Partei dann künftig bei den Wahlen wieder kräftige Unter­stützung im Volke finden wird.

Heilbronn, 18. Febr. Nachdem das heute mittag verkündete freisprechende Urteil der hiesigen Strafkammer in der Strafsache gegen den Redakteur Dr. Lipp hier wegen Beleidigung hier bekannt ge­worden ist, hat sich der Sergeant Eisenhardt der 4. Kompagnie des hiesigen Bataillons, welcher nach dem Zeugnis eines in der Lipph'chen Hauptverhand­lung vernommenen Soldaten dem letzteren eine Ohr­feige versetzt hat, in der Kaserne erschossen.

Ulm, 18. Febr. Heute vormittag hat sich der wegen Mißhandlung eines Untergebenen in Unter­suchung gezogene Sergeant Schuhmann des Dra- gonerregimemsKönig" (2. Württ.) Nr. 26 auf seinem Zimmer durch zwei Revolvcri'chüsse entleibt.

Königsberg, 20. Febr. Inder hiesigen Klinik wurde Ende Dezember von Professor Braun eine Operation von Kehlkopfkrebs mit vollständigem Ge­lingen ausgeführt. Der Patient spricht etwas heiser, ist aber sonst gesund und wird demnächst dem Ober- Präsidenten vorgcstellt werden. Der Fall liegt genau wie bei Kaiser Friedrich.

Die Ablehnung der nationalliberalen Anträge in der Volsschulgesetzkommission des preußischen Abge­ordnetenhauses deutet daraus hin, daß die Regierung sowohl als auch die dem Schulgesetz sympathisch ge- genübcrstehendcu Parteien gewillt find, keinerlei Kon­zessionen von grundlegender Bedeutung zu machen. Dadurch ist das Geschick des preußischen Voiksschul-

! gesetzes entschieden, d. h. es wird in der That Ge­setz werden, wenn es nicht in dem Herrenhause schei­tert, unter dessen Mitgliedern doch eine sehr große Anzahl sich befindet, welche den Bestimmungen des Entwurfes feindlich gegenüberstehen.

Der Handwerkertag ist gestern mittag ge­schlossen worden. Dr. Schulz-Berlin beantragte eine Resolution, daß derHandwerkertag die von demZentral- ausschuß vereinigter Jnnungsverbände eingeleitete Organisation zum praktischen Ausbau der Innungen durch Einrichtung gemeinschaftlicher Geschäftsbetriebe für Bankkredit, Rohstoffbezug, Magazin- und Bazar­wesenfreudig begrüße". Indessen fanden diese trefflichen Einrichtungen, trotzdem auch der Vertreter des Staatsministeriums Geh. Rat v. Broich sich für das Genossenschaftswesen verwendete und die Unter­stützung der Reichsbank in Aussicht stellte, in der Versammlung so wenig Beifall, daß die Ablehnung der Resolution erfolgte. Das lst sehr zu bedauern. Neben der Errichtung von Handwerkerkammern würde die Bildung von Genossenschaften, wie sie ähnlich bereits in der Landwirtschaft von großem Nutzen sind, zweifellos dem Gewerbe erhebliche Vorteile gebracht haben. Die vomOstdeutschen Bunde selbständiger Handwerker" zu Breslau gewünschte Schaffung einer besonderen Handwerkerpartei wurde ebenfalls für inopportun erachtet. Die Versammlung beschloß durch Resolution, bei Wahlen für die Kan­didaten der konservativen und Zentrumspartei ein­zutreten.

Deutscher Reichstag. Ja der Mittwochssitzuirg wurde die in der vorigen Woche abgebrochene zweite Be­ratung des Justizetats fortgesetzt. Bei der Abstimmung über die dazu gestellte Resolution des Abg. v. Bar (freis.) auf reichsgcsctzliche Regelung des Auslicferungswesens stellt sich sofort die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus. Der Prä­sident beraumt eine neue Sitzung für Nachmittags 2 Uhr an, in welcher daun die Beratung des Militäretats fortgesetzt wurde. Es handelt sich immer noch um die Anträge betr. die Bekämpfung von Soldatenmißhandlungen. Abg. von Kardorff (freikons.) meint, die Sozialdemokraten, welche aus dieser Sache Kapital zu schlagen suchten, möchten doch vor allem dafür sorgen, daß friedliche Arbeiter nicht von streik­lustigen Kameraden mißhandelt würden. An eine Annahme der Resolution Buhl-Richter sei nicht zu denken, weil ihre Durchführung die Zage der Soldaten nicht verbessern, son­dern nur verschlimmern würde. Abg. Margnardsen (natlib.) weist nachdrücklich darauf hin, daß der Antrag Buhl-Richter nur das wolle, was heute in Bayern schon Giltigkeit habe. Parteipolitik solle damit absolut nicht getrieben werden. Abg. v. Kosziclski (Pole) erklärt sich für die Resolution der Bnd- getkommission. Abg. v. Bar (freis.) tritt entschieden für die Oeffentlichkeit des Verfahrens ein, das selbst in großen Mi­litärstaaten, wie Frankreich und Rußland bereits eingeführt worden sei. Abg. Hahn (kons.) empfiehlt die von der Lud- getkommission beantragte Resolution. Nachdem noch Abg. Schädeler in der Hauptsache für dieselbe gesprochen, wird die Debatte geschlossen. Abgg. Bebel (Soz.) und Hausmann (Demokrat) beklagen sich, daß ihnen durch den Debartebcschluß das Wort entzogen sei, behalten sich Weiteres aber für später vor. Der Antrag von Gegnern wird in der Abstimmung durch Namensaufruf mit 14l) gegen 1V3 Stimmen adgelehnt. Das Richtersche Amendement zum Kommissionsantrage betr. das Duellunwesen wird gegen die Stimmen der Freisinnigen und Sozialdemokraten ebenfalls abgelehnt, desgleichen der erste Teil des Antrages Buhl-Richter betr. die Anzeigepflicht bei Soldatenmißhandlungen gegen die Stimmen von National- liberalen, Freisinnigen und Sozialdemokraten. (122 gegen 120 Stimmen.) Angenommen wird dagegen mit 143 gegen 100 Stimmen der übrige Teil der Resolution Richter, nach welcher um eine Reform der Militärstrafprozeßordnung nach dem Vorbilde der bayerischen ersucht wird. Dafür stimmen außer Nationalliberalen, Freisinnigen und Sozialdemokraten auch die bayerischen Centrumsmitglieder. Angenommen wird ferner Punkt 2 des Komissionsantrages (Erleichterung des Beschwerderechts), abgelehnt Punkt 3 (Pflege des religiösen Sinnes) das Kapitel Militär- und Justizwesen wird genehmigt.

Fürst Bismark König der Schweiz. Nachdem man in Japan den jetzigen Reichskanzler zum Herzog von Sansibar befördert hat, wird aus China eine Rangerhöhung für den ehemalig n Leiter der Geschicke des Deutschen Reiches gemeldet. Die Nord China Daily News" überraschen ihre Leser mit nachstehender Mitteilung, die geeignet sein dürfte, auch in Europa einiges Aufsehen zu machen;Wir hören aus deutscher Quelle, aber wir geben die Nachricht mit allem Vorbehalt, daß der deutsche Kaiser den Fürsten Bismark zum König der Schweiz er­nannt hat."

Frankreich.

Paris, 18. Febr. In der heutigen Kammer- sitzung verlangte Huöbard (Radikaler) die Dringlich­keit für den Gesetzentwurf über das Vereinswefeu. Die Kammer verwarf mit 301 gegen 202 Stimmen eine Tagesordnung, für welche Freycinet die Ver­trauensfrage gestellt Halle, und welche die Regierung einfach auisvrsern sollte, ihre republikanische Politik

fortzusetzen. Damit steht das Land wieder einmal in einer Ministerkrisis, bei der nur das verwunder­lich ist, daß das seitherige Kabinett so lange ausge­halten hat. Da de Freycinet guasi unentbehrlich ist als Kriegsminister, so wird ec vermutlich mir der Neubildung des Kabinetts beauftragt werden. Die Hauptfrage wird sein, ob Constans, der viel gehaßte und geschmähte Minister des Innern, dem nächsten Ministerium angehören wird. Auch er hat sich so meinen wenigstens seine Anhänger fast unent­behrlich gemacht. Was die Radikalen eigentlich beab­sichtigten, als sie mit den Konservativen gegen die von der Regierung gebilligte Tagesordnung stimmten, ist nicht klar.

Paris, 19. Febr. Laut Mitteilungen aus den Regierungskreisen beschränkte sich de Freycinet gestern auf der Empfangssoiree bet Carnot letzterem die durch Ablehnung des Vertrauensvotums seitens der Kammer hervorgerufene Situation darzulegen. Frey­cinet werde am Freitag früh die Demission des gesamten Kabinets eiureichen.

Paris, 19. Febe. Der Deputierte Laur strengte als Civllpartei bei dem Zuchtpolizeigerichte eine Klage gegen den Minister Constans wegen körperlicher Miß­handlung an. Er verlangt, abgesehen vom Straf­antrage des Staatsanwalts, einen Franks Schmer­zensgeld. Laur hat die Autorisation des Senats zur Verfolgung des Ministers nicht nachgesucht.

Paris, 19. Febr. Das Ministerium Freycinet- Constans hat wegen Ablehnung des Antrags Trouillot, welches ein Vertrauensvotum für die Regierung in Sachen der Kirchenpolitik enthielt, seitens der Depu­tiertenkammer seine Entlassung eingereicht.

Paris, 20. Febr. Die päpstliche Encyklika an Katholiken Frankreichs stellt es als Pflicht hin, die bestehende Regierung anzuerkennen. Die guten Ka- tholiken sollten vereint mit allen verfassungsmäßigen Mitteln die Mißbräuche der Gesetzgebung bekämpfen. Die Encyklika spricht sich gegen die Trennung von Staat und Kirche für die Concordatspolitik aus.

Paris, 20. Februar. Der Papst erließ eine Encyklika an die Katholiken Frankreichs, worin er seinen L-chmerz darüber ausdrückt, daß sich Männer zur Vernichtung des Christentums in Frankreich ver­einigt haben. Er mahnt die Gläubigen, für die Be­ruhigung des Vaterlands einzutreten und stellt es als Pflicht hin, die bestehende Regierung anzuerkennen, nichts zum Sturz derselben zu unternehmen. (Indem die Klerikalen zum Sturz Freycinets beitrugen, haben sie demnach ganz und gar nicht im Sinn Leo XIII. gehandelt.) Man müsse aber zwischen der bestehenden Regierung und den gesetzgebenden Körperschaften unter­scheiden. Die guten Katholiken sollten vereint mit allen verfassungsmäßigen Mitteln die Mißbräuche der Gesetzgebung bekämpfen. Die Encyklika spricht sich gegen die Trennung von Staat und Kirche und für die Konkordatspolitik aus.

Aus Paris wird gemeldet: Ein Pariser Groß­haus mit Filialen in Odessa, Nicolajeff und Maria­pol ist eines großen Betruges angeklagt. Die Firma lieferte 250 Waggons Mehl für die Hungernden in Rußland; dasselbe war gemischt mit 60 bis 65 pCt. Sand. Kaum 18 Prozent Mehl waren in der Sen­dung enthalten. Die Vertreter der Firma sind ver­haftet.

Italien.

Rom, 18. Febr. In der Kammer teilt Nico- tera mit, es seien nur noch 2000 Arbeiter ohne Arbeit in Rom; auch für diese sei bis spätestens am 15. März Arbeit geschafft.

Rußland.

DemDaily Chronicle" wird aus Odessa ge­meldet, die deutschen Mennoniten-Kolonien in Tur- kestan beabsichtigten nach Amerika auszuwandern, weil sie zum Kriegsdienst herangezogen werden sollen.

Kleinere Mittrtlvnzen.

Rottenburg, 16. Februar. Ein lOjähriges Pferd, das schon längere Zeit kränkelte, wurde ge­schlachtet. Hiebei fand sich zwischen Herz und Leber ein glatter, runder Stein in der Größe eintzr Kegel­kugel, der ein Gewicht von 8 Pfd. hatte.

Bayreuth, 15. Febr. Das Schwurgericht ver­urteilte den Eisengießer Dotsch, her einem seine Liebeswecbung zurückivcisendeu Mädchen den Hals abschnitt und dgiin zum Tanze gieng, zum Tode.