Amts- und Intelligenz-Blatt für den Overamts-Bezirk Nagold.

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Nagold. Rekrutierung 1882. An die Ortsvorstehcr, betreffend das An- und Abmelde« der Militärpflichtigen. Unter Hinweisung auf den Erlaß des K. Odcrrckruticrungsrats vom 27. August 1878, Ministerialamtsblatt S. 252, wird den Ortsvorstehern eingeschärst, bei jedem einzelnen Fall der An- und Abmeldung eines Militärpflichtigen genau daraus zu achten, ob der sich An- oder Abmeldende auch wirklich seinen dauernden Aufenthalt gewechselt hat und im Anstandsfall an das Oberamt Bericht zu erstatten. Nach K 12 des Reichsmilitärgesetzes ist jeder Militärpflichtige in demjenigen Aushebungsbezirk gestellungs­pflichtig und entsprechend zum Militärdienst heranzuziehen, in welchem er seinen dauernden Aufenthalt und in Ermanglung eines solchen seinen Wohnsitz hat.

Militärpflichtige Dienstboten, Arbeiter, Handwerksgesellen, Lehrlinge sind in demjenigen Aushebungsbezirk gestellungspflichtig, zu welchem der betreffende Arbeitsort gehört. Den 2. Febr. 1892. K. Oberamt. vr. Gugel.

Nagold. Oberamtssparkasse betreffend.

Die Ortsvorsteher werden darauf aufmerksam gemacht daß bei der Oberamtssparkasse fortwährend unter den statutenmäßigen Bedingungen Darlehen erhoben werden können. Bei dem günstigen Anlehens­und Nückzahlungsbedingungen, welche im einzelnen Falle gegeben werden, ist die Benützung der Ober­amtssparkasse im Interesse der Bczirksangehörigen gelegen. Die Ortsvorstehcr wollen gegebenen Falls auf die Oberamtssparkasse aufmerksam machen.

Den 2. Febr. 1892.

K. Oberamt. Or. Gugel.

Die erledigte evangelische zweite Stadtpfarrstelle in Herren berg wurde dem tllrsol. oanll. Wilhelm Weber in Schorndorf übertragen.

Hages-WenigkerLen.

Deutsches Weich.

? Nagold, l. Febr. Am gestrigen Sonntag durfte unsere Stadt ein Fest begehen, das nicht nur inmitten der hiesigen Bürgerschaft durch seinen har­monischen und erhebenden Verlauf allgemeine Be­friedigung hervorrief, uin dessen Zustandekommen und > Karakter uns auch, wie von einem der zahlreich er­schienenen auswärtigen Gäste ausdrücklich hervor­gehoben wurde, manche andere Stadt beneiden möchte. Die Räume des Gasthofs zumHirsch" waren mit Waldgrün und den die Bedeutung des Tages im Bilde verherrlichenden Dekorationen des Hrn. Kunst- malers Hespeler sinnig geschmückt. Bis auf den letzten Ptatz füllte sich der geräumige Saal. Galt ' es doch für die Bürgerschaft ohne Unterschied des Standes und der politischen Gesinnung, ihrem Mit­bürger, Herrn Fabrikant K. Sannwald, allseitig die freudige Teilnahme zu bezeugen an der Jubel­feier der 25jährigen Dauer seiner Vorstand- schast im Gewerbeverein. Nach einigen einlei­tenden Worten der Begrüßung von seiten des Stadt­vorstands brachte Oberamtmaun Dr. Gugel in kur­zen Worten den ersten Trinkspruch auf Se. Maje­stät den König aus. Sofort überreichte der Ver­treter der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, Herr Oberregierungsrat Gärttner (der Direktor war durch Krankheit verhindert), im Namen der K. Staatsregierung dem Jubilar das Dekret, wonach durch König!. Huld dem verdienten Vorstand des Vereins zu seinem Ehrentage der Titel eines Ko m- merzienrats verliehen wurde. Der Redner fügte in liebenswürdiger Weise Worte ehrender Anerken­nung und herzlichen Glückwunsches bei, sowohl für ! den Verein, wie namentlich für den Jubilar , die beide in so seltener Treue zusammengehalten und zu- sammengewirkt haben. Herr Stadtschultheiß Brod- beck, der Vereins-Sekretär, gab eine Uebersicht über die Thätigkeit des Vereins während der letzten 25 Jahre, um daran die Schilderung zu knüpfen, wie sich während dieser langen Reihe von Jahren der Vorstand verdient gemacht habe um das Leben und Gedeihen des Vereins, um den Fortschritt von Gewerbe, Handel und Verkehr, um das Wohl von Stadt und Bezirk. Namens des Ausschusses über­

gab der Sekretär dem Jubilar, nebst einem Pracht­werkDer Schwarzwald von Jensen", eine von Hrn. Ncgierungsbaumeistcr Gräsle mit stets bewunder­tem Geschmack und Geschick gefertigte Dankadresse. Dieses Kleinod zeichnender Kunst bringt, mit ent­sprechender Widmung, die Heimat des Jubilars um­rankt von der Flora des Schwarzwalds, sowie eine allegorische Huldigung von Gewerbe und Handel zur würdigen Darstellung. Jubelnd stimmte die Ver­sammlung ein in das Hoch auf den allseitig belieb­ten, durch die Huldigung freudig gerührten Mitbür­ger. Es folgten der Reihe nach die Beglückwün­schungen von seiten des Vorstandes der Handels­kammer in Calw, welcher Herr Sannwald seit 1881 angehört, vom landwirtschaftlichen Verein, dem Ge­werbeverein Altensteig, der hiesigen Handwerkerbank, von einem der ältesten Mitglieder des hiesigen Ge- werbevercins, Herr Stadtpfleger Kapp. Telegra­phisch sandte seinen Glückwunsch Herr Regierungs­präsident v. Luz. Eine Rede feierte den arbeiter- freundlichen Sinn des Fabrikanten. Herr Stadt­pfarrer Dieterle dankte dem Gefeierten für seine Thätigkeit im Gewerbeschulrat, dem er seit 1860 schon angehört. Freudig bewegt und beschämt, wie er sagte, durch so viel Anerkennung, Güte und Treue, die er von allen Seiten, vom Throne wie von sei­nen Mitbürgern an diesem festlichen Tage erfahren I dürfe, wies der Jubilar darauf hin, wie viel er der Beihilfe anderer im Verein verdanke und wie er selbst allwege nur seine Pflicht gethan habe zum Wohl und im Dienst seiner Mitbürger; die Ehrungen dieses Tages sollen ihm nur ein Sporn sein, auch ferner­hin sich redlich zu bemühen für das Wohl des Ver­eins wie der Stadt. Interessant waren verschiedene persönliche Erinnerungen, welche der Vorstand aus der Geschichte des Vereinslebens zum besten gab. Auf die treue und im stillen Wohlthun mit dem Ju­bilar wetteifernde Gattin brachte in seiner Weise Herr Oberregierungsrat Gärttner das Hoch aus. Pros. Wetze! toastierte im Aufträge des Aus­schusses aus die K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel. Er bemerkte in seiner zum Teil mit Humor gewürzten Rede, wie schwer es gerade in dieser Zeit des Uebergangs für die sonst so erfolg­reich und segensreich wirkende Zentralbehörde sei, auch das Kleingewerbe zur gewünschten Blüte und verdienten Höhe zu bringen. Einerseits ist es das sich immer vervollkommnende Kunstgewerbe, anderer­seits der immer mehr an sich reißende Fabrikbetrieb, welcher auf das Kleingewerbe in der Mitte drücke, es beenge, ja in gewissen Zweigen sogar verdränge. Gegen diese elementaren Mächte der Zeitentwicklung und des für die Einzelnen schmerzlichen Fortschritts anzukämpfen, ist auch dem besten Willen unmöglich. Schon zeigen sich neue Formen des industriellen Le­bens freilich noch in weiter, doch nicht unerreichba­rer Ferne. Früher oder später müssentrotz alle­dem" die bis jetzt der Nacht abgestohlenen Stunden des Unterrichts zur gewerblichen Fortbildung der Heranwachsenden Jugend auf den Tag verlegt wer­den. Dann wird wohl jeder junge Handwerker sich die nötige Vorbildung aneignen können, um, wenn

es die Zeit einmal fordert, auch im Kunstgewerbe etwas zu leisten. Und wenn einmal das Ideal der Techniker greifbare Gestalt angenommen hat, daß mittelst elektrischer Kleinmotoren auch die Werkstatt des Kleinhandwerkers einen der Vorteile des Fabrik- betriebs auf billige Weise sich zu nutze machen kann, dann könnte allerdings eine neue Zeit ungeahnten Fortschritts eintreten. Daß aber die Kleinhandwer­ker auch unter den jetzigen drückenden und schwieri­gen Verhältnissen dennoch den Mut nicht verlieren und arbeiten mit deutscher Treue und Zähigkeit, ja in gewissen Zweigen sogar schöne Erfolge und auch auswärts anerkannte Leistungen aufzuweisen haben das ist ganz wesentlich das Verdienst jener Behörde, die überall mit Rat und That ermuntert und Hilst, Hindernisse ebnet und neue Richtungen zeigt. Ein schönes Verhältnis gegenseitiger Freiwilligkeit und des Vertrauens, ein Verhältnis des Gebens und Neh­mens, des Ratens und Besolgens, des Anregens und Thuns ist der eigenartige und wohlthuende Karakter gerade dieser staatlichen Einrichtung. Die hiesige Stadtgemeinde speziell hat der Liberalität der Zentralstelle einen jährlichen Zuschuß von etwa 1000 Mark zu den Kosten des Fortbildungsschulwesens zu danken. Die Kosten der umgehenden Leseschriften des Vereins werden ebendorther bestritten. Rüh­mend und mit gebührender Dankesbezeugung wurde von dem Redner auch aufgeführt, was alles sonst noch an Unterstützung, Rat und Anregung dem Ver­ein als solchem und den einzelnen im Laufe der Jahre von der Zentralstelle zu teil geworden ist. Große Befriedigung erweckte die Zusicherung des anwesenden Vertreters der gefeierten Behörde, daß dieselbe auch fernerhin ihr Wohlwollen und ihre hilfreiche Hand darreichen werde dem hiesigen Verein und seinen Bestrebungen, zumal auch für den Fall, daß der Plan der Errichtung eines permanenten Möbelmagazins von seiten der hiesigen Kunst­schreiner mit der Zeit verwirklicht werden sollte. Allseitigen Beifall fanden die poetischen Gaben zweier Herren. Wir bringen die Gedichte unten im Wortlaut. Der Liederkranz that das Seinige in dankenswerter Weise zur Verschönerung des Tags, indem er zu aller Freude seine Gesänge voll und schön erklingen ließ.

Das ganze Fest hinterließ bei sämtlichen Teil­nehmern den Eindruck, daß der hiesige Gewerbever­ein, wie nicht überall sonst, ein schöner und glückli- cher Vereinigungspunkt ist für die verschiedenen Ele- mente der Bürgerschaft, daß es der langjährige Vor­stand namentlich verstand, dem Verein diesen Karak­ter zu wahren, wie er ihn erfolgreich in den Dienst gemeinnütziger Arbeit und fortschreitender Bildung zu stellen stets eifrig und mit viel Geduld und Opfersinn sich bemüht hat. Möge die volksfreund­liche Gestalt, die maßvolle und praktisch gerichtete, ebenso bescheidene wie gediegene Persönlichkeit de- errn Sannwald, durch dessen offizielle Ehrung der erein wie die Stadt sich selber geehrt fühlen: möge der Jubilar noch lange Jahre auch in der neuen Würde alsder Alte" wirken dürfen zum ferneren Heile von Gewerbe, Handel und Verkehr, zum Wohle der Stadt.