Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Amtliches.
Württ. Baugewerksberufsgenossenschaft betr.
Auf Ansuchen der Württ. Baugewerksberufsgenossenschaft in Stuttgart werden die Beteiligten daran erinnert, daß für Herrn Werkmeister Chr. Schuster Herr Werkmeister W. Benz hier zum Vertrauensmann genannter Berufsgenosfenschaft bestellt worden ist und daß daher die Lohnlisten, Unfallanzeigen u. s. w. an Herrn Werkmeister W. Benz hier einzureichen sind.
Nagold, den 29. Januar 1892.
K. Oberamt. Amtm. Binder.
Seine Königliche Majestät haben vermöge Allerhöchster Entschließung vom 19. Jan. dem Fabrikanten Karl San ritual d in Nagold den Titel eines Kommerzienrats allergnädigst zu verleihen geruht.
Der Arbeitsvertrag.
Das Ende des großen Buchdrucker-Ausstandes im deutschen Reiche und die schweren Einbuße, welche mit dem Verlauf des Streiks für die Gehilfen in dem genannten Gewerbe verbunden gewesen ist, hat noch mehr, als es bisher schon der Fall war, die Erkenntnis aufdämmern lassen, daß die Periode der Arbeitseinstellungen, welche Plötzlich wie eine Sturmflut über alle Industriestaaten Hereinbrechen, sich ihrem Ende nähert und nähern muß. Trotz aller pekuniärer Aufwendungen, trotz aller Ausdauer ist bei uns, wie in England, Frankreich, Belgien, den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika u. s. w. durch einen Streik so gut wie nichts erreicht worden. Unsummen, mit welchen gar manches Elend hätte aus der Welt geschafft werden können, sind in diesem fruchtlosen Kampfe verloren worden. Die Erklärung für diesen Ausgang liegt sehr nahe: sie ist nicht, wie auf Seiten der Unterliegenden behauptet wird, in der „Herrschaft des Kapitals" und sonstigem Krimskram zu suchen, sondern ganz allein darin, daß das geschäftliche Leben und Treiben im allgemeinen glücklich so weit heruntergekommen resp. heruntergebracht ist, daß sehr viele Arbeitgeber durchaus nichts dagegen haben, wenn einmal eine zeitweise Einschränkung des Betriebes durch Bruch des Arbeitsvertrages erfolgen muß. Man muß den Herren Bebel und Liebknecht nachsagen, daß sie wenigstens diese That- sache erkannt haben. Nachdem nun wohl so bald keine neuen Streiks in größerem Umfange zu befürchten sind, wendet sich die Aufmerksamkeit von dem „Bruch des Arbeitsvertrages" naturgemäß wieder dem „Festhalten am Arbeitsvertrage" zu. Es ist bekannt, wie auch im neuen Arbeiterschutzgesetz Bestimmungen hierüber getroffen worden sind, die schon am ersten April d. I. in Kraft treten und eine Buße im Falle des einseitigen Bruchs des Arbeitsvertrages in Aussicht stellen. Während der Beratung dieses Gesetzes
im Reichstage ist von sozialdemokratischer Seite bekanntlich beantragt worden, überhaupt keine gesetzliche Kündigungsfrist in Aussicht zu nehmen. Wenn hiervon gewiß auch mancher Arbeitgeber Nachteil gehabt hätte, der Arbeitnehmer wäre noch übler daran gewesen, besonders in der gegenwärtigen Zeitlage, wo an Beschäftigung^ und Brotlosen kein Mangel ist. Damit soll freilich nicht gesagt werden, daß nun jeder Arbeitslose sofort im Stande ist, einen vakant gewordenen Posten auszufüllen. Eine Kündigungsfrist ist aus moralischen und praktischen Gründen gleichmäßig empfehlenswert: So gewiß es nicht hübsch ist, wenn ein Arbeitgeber die Notlage eines Gehilfen oder Mitarbeiters benützt, um denselben Verdienstabzüge zu machen unter der Drohung, ihm sonst den Stuhl vor die Thür zu setzen, ebensowenig ist es angenehm, wenn Arbeiter ihrem Prinzipal, der soeben einen größeren Auftrag angenommen hat, sofort den Stuhl vor die Thür setzen. Was man nicht selbst erfahren will, soll man auch anderen nicht zufügen. Das sind die moralischen Gründe. Und nun die praktischen: Einem Arbeitgeber kann es unter Umständen durchaus erwünscht sein, Plötzlich seine Ausgaben für Lohn einzuschränken. Diese Thatsache kann weit häufiger eintreten, als die andere, daß eiu Arbeiter, der einen lohnenderen Posten gefunden, nun Plötzlich die Stellung zu wechseln wünscht. So liegt die Vorschrift und Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Mindesten gleichmäßig im beiderseitigen Interesse. Daß sie einem blinden Streik vorzuziehen ist, beweist eben der Ausgang der letzten Streiks.
Nun ist es aber mit dem Arbeitsvertrag noch ein eigenes Ding, und alle gesetzlichen Vorschriften und Paragraphen werden nichts zu seiner Achtung beitragen, wenn er nicht von den beiden Interessenten geachtet und geehrt wird. Können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gut vertragen, so bedürfen sie keiner großen Gesetze; ist aber das Gegenteil der Fall, dann werden auch alle Gesetze der Welt keinen Zwist verhindern. Die gesetzlichen Grundlagen können dann immer nur zur Schlichtung des Zwistes dienen, und das ist ja immer von hohem Wert. Noch viel wertvoller ist es aber, wenn jeder erbitterte Streit vermieden wird, unter welchen immer das betreffende Gewerbe einen tüchtigen Knacks abbekommt und Arbeitgeber wie Arbeitnehmer geschädigt werden. Darum soll man den Arbeitsvertrag von beiden Seiten nur schließen, wenn man auch den ehrlichen Willen hat^ ihn zu halten. Es ist ja doch Thatsache, daß häufig genug eine solche Vereinbarung mit dem geheimen Hintergedanken getroffen wird, die Geschichte vorübergehend mit anzusehen, und dann auf und davon wieder zu gehen. Eine solche Gesinnung ist keine ehrenhafte und kann unter keinen Umständen gebilligt werden. Die, welche einen Arbeitsvertrag festsetzen, sollen gerade heraus aussprechen, was sie fordern, und was sie bieten, und dann kann nicht minder offen gesagt werden: Ja oder nein! Was dann ein- mal vereinbart ist, das soll und muß auch von beiden Seiten treu gehalten werden, der Arbeitgeber hat dieselbe Verpflichtung dies zu thun, wie der Arbeitnehmer; sehen beide ein, daß die Leistungen nicht derartig sind, wie vorausgesetzt war, dann steht es ihnen ja frei, auseinanderzugehen. Viel Streit und mancher Streik ist dadurch entstanden, daß die Arbeitsverträge nicht immer ehrlich und so, wie vereinbart, gehalten worden sind. Wer im Gewerbe Ruhe und Frieden wünscht, der soll daran denken: Wort ist Wort!
Hages-WerrigkeiLen.
Deutsches Weich.
fff Nagold, 31. Januar. Auf gestern Abend hatte der Verein unständiger Lehrer die ständigen Kollegen samt ihren Frauen zu einem Familienabend in den „Hirsch" eingeladen, welcher Einladung so zahlreich entsprochen wurde, daß es fast an Raum gebrach. Die Leistungen, die in Klavier, Gesang, Deklamationen und auf dem Gebiet der dramatischen Kunst vorgeführt wurden, ließen erkennen, welch' tüchtige Kräfte wir unter den Lehrern des Bezirks haben, und die dankbaren Zuhörer ließen sich den Familienabeud recht wohl gefallen. Für die jungen Lehrer aber mag der zahlreiche Besuch ein Sporn zu weiterem Streben sein. Wie wir hören, wird das Theaterstück „die Hochzeitsreise" , bei dem in dankenswerter Weise außer einer Lehrerstochter des Bezirks auch ein hiesiges nicht dem Lehrerstand angehöriges Fräulein mitgewirkt hat, von denselben Kräften in der Museumsgesellschaft wiederholt werden.
Nagold, 1. Febr. Ausführlicher Bericht über die gestrige schöne Feier des Jubiläums des Vorstands des Gewerbevereins, Hrn. Kommerzienrat Sannwald, folgt im nächsten Blatt.
Hochdorf, 28. Jan. (Korresp.) Am letzten Dienstag verließ uns Herr Pfarrer Rieber, um seinen neuen Posten in Weilheim u. T. anzutreten. Wie sehr der geistliche Herr hier beliebt war, das zeigte der ihm zu Ehren veranstaltete Abschied, bei welchem seiner großen und vielen Verdienste, die er sich um die hiesige Gemeinde in seiner 15jährigen, reichgesegneten Thätigkeit erworben hat, von seinen ihn ungern scheiden sehenden Lehrer der Muttergemeinde und des Filials in schlichter Form Ausdruck gegeben wurde. Gerne wäre ja der liebe Scheidende hier geblieben, wie er in seiner Abschiedsrede gerührt bemerkte, aber der zu strenge Dienst in der Gemeinde Hochdorf mit Filial Schietingen und in der Diaspora nötigten ihn zum Scheiden auf einen leichteren, seinem Alter entsprechenden Posten. Der Gesangverein und die Streichmusik thaten ihr möglichstes, um dem scheidenden Seelsorger seine letzten Stunden inmitten seiner lieben Freunde und Pfarrgenoffen zu versüßen u^d zu erleichtern.
-ü^H o chdorf, 31. Jan. (Korresp.) Heute nacht um 10'/, Uhr wurden wir durch die Sturmglocken, Alarmsignale und durch Feuerlärm aus der Ruhe geweckt. Eine große Feuersäule, welche den Himmel rötete, zeigte einen größeren Brand im oberen Dorfe an. Hinter dem Gasthof zum Hirsch brannten zwei mit Futtervorräten gefüllte Scheunen bis auf den Grund nieder. Die gutgeschulte Feuerwehr von hier, welche sehr rasch auf der Brandstätte ankam, konnte ihre angestrengte Thätigkeit nur noch zum Schutze und zur Rettung der so nahgelegenen Wohngebäude und Scheunen beschränken, was ihr auch mit rühmenswerter Energie und Ausdauer gelang. Bei dieser harten Rettungsarbeit hat das weibliche Geschlecht durch rasches Herbeischaffen von Wasser die Pflichtfeuerwehr in ihrer wirksamen Thätigkeit in einer Weise unterstützt, die hier und anderenorts volles Lob verdient. Die Abgebrannten sind, wie man hört, versichert. Ob Fahrlässigkeit oder böser Mutwille diesen Brand verursachte, der bei dieser Zeit und bei herrschendem starken Westwind für das ganze Dorf zu großem Unheil hätte werden können, weiß man bis jetzt nicht zu sagen. '