Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

13.

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 20 -t.

Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Dienstag 2. Februar

Jnsertions-Äebühr für die Ispaltige Zeile aus

gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens morgens 9 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

18S2.

Bestellungen

auf den

für die Monate

Jebrucrr und März

nimmt jede Postanstalt und die Postboten entgegen.

Neueintretenden Abonnenten wird der Wand- Rotiz-Kalender pro 1892 nachgeliefert.

Amtliches.

Württ. Baugewerksberufsgenossenschaft betr.

Auf Ansuchen der Württ. Baugewerksberufsge­nossenschaft in Stuttgart werden die Beteiligten daran erinnert, daß für Herrn Werkmeister Chr. Schuster Herr Werkmeister W. Benz hier zum Vertrauens­mann genannter Berufsgenosfenschaft bestellt worden ist und daß daher die Lohnlisten, Unfallanzeigen u. s. w. an Herrn Werkmeister W. Benz hier einzureichen sind.

Nagold, den 29. Januar 1892.

K. Oberamt. Amtm. Binder.

Seine Königliche Majestät haben vermöge Allerhöchster Entschließung vom 19. Jan. dem Fabrikanten Karl San ri­tual d in Nagold den Titel eines Kommerzienrats allergnä­digst zu verleihen geruht.

Der Arbeitsvertrag.

Das Ende des großen Buchdrucker-Ausstandes im deutschen Reiche und die schweren Einbuße, welche mit dem Verlauf des Streiks für die Gehilfen in dem genannten Gewerbe verbunden gewesen ist, hat noch mehr, als es bisher schon der Fall war, die Erkenntnis aufdämmern lassen, daß die Periode der Arbeitseinstellungen, welche Plötzlich wie eine Sturm­flut über alle Industriestaaten Hereinbrechen, sich ihrem Ende nähert und nähern muß. Trotz aller peku­niärer Aufwendungen, trotz aller Ausdauer ist bei uns, wie in England, Frankreich, Belgien, den Ver­einigten Staaten von Nord-Amerika u. s. w. durch einen Streik so gut wie nichts erreicht worden. Un­summen, mit welchen gar manches Elend hätte aus der Welt geschafft werden können, sind in diesem fruchtlosen Kampfe verloren worden. Die Erklärung für diesen Ausgang liegt sehr nahe: sie ist nicht, wie auf Seiten der Unterliegenden behauptet wird, in derHerrschaft des Kapitals" und sonstigem Krims­kram zu suchen, sondern ganz allein darin, daß das geschäftliche Leben und Treiben im allgemeinen glücklich so weit heruntergekommen resp. heruntergebracht ist, daß sehr viele Arbeitgeber durchaus nichts dagegen haben, wenn einmal eine zeitweise Einschränkung des Betriebes durch Bruch des Arbeitsvertrages erfolgen muß. Man muß den Herren Bebel und Liebknecht nachsagen, daß sie wenigstens diese That- sache erkannt haben. Nachdem nun wohl so bald keine neuen Streiks in größerem Umfange zu befürchten sind, wendet sich die Aufmerksamkeit von demBruch des Arbeitsvertrages" naturgemäß wieder demFest­halten am Arbeitsvertrage" zu. Es ist bekannt, wie auch im neuen Arbeiterschutzgesetz Bestimmungen hierüber getroffen worden sind, die schon am ersten April d. I. in Kraft treten und eine Buße im Falle des einseitigen Bruchs des Arbeitsvertrages in Aus­sicht stellen. Während der Beratung dieses Gesetzes

im Reichstage ist von sozialdemokratischer Seite be­kanntlich beantragt worden, überhaupt keine gesetzliche Kündigungsfrist in Aussicht zu nehmen. Wenn hier­von gewiß auch mancher Arbeitgeber Nachteil gehabt hätte, der Arbeitnehmer wäre noch übler daran ge­wesen, besonders in der gegenwärtigen Zeitlage, wo an Beschäftigung^ und Brotlosen kein Mangel ist. Damit soll freilich nicht gesagt werden, daß nun jeder Arbeitslose sofort im Stande ist, einen vakant gewor­denen Posten auszufüllen. Eine Kündigungsfrist ist aus moralischen und praktischen Gründen gleichmä­ßig empfehlenswert: So gewiß es nicht hübsch ist, wenn ein Arbeitgeber die Notlage eines Gehilfen oder Mitarbeiters benützt, um denselben Verdienst­abzüge zu machen unter der Drohung, ihm sonst den Stuhl vor die Thür zu setzen, ebensowenig ist es angenehm, wenn Arbeiter ihrem Prinzipal, der soeben einen größeren Auftrag angenommen hat, sofort den Stuhl vor die Thür setzen. Was man nicht selbst erfahren will, soll man auch anderen nicht zufügen. Das sind die moralischen Gründe. Und nun die praktischen: Einem Arbeitgeber kann es unter Um­ständen durchaus erwünscht sein, Plötzlich seine Aus­gaben für Lohn einzuschränken. Diese Thatsache kann weit häufiger eintreten, als die andere, daß eiu Arbeiter, der einen lohnenderen Posten gefunden, nun Plötzlich die Stellung zu wechseln wünscht. So liegt die Vorschrift und Einhaltung einer Kündigungs­frist zum Mindesten gleichmäßig im beiderseitigen Interesse. Daß sie einem blinden Streik vorzuziehen ist, beweist eben der Ausgang der letzten Streiks.

Nun ist es aber mit dem Arbeitsvertrag noch ein eigenes Ding, und alle gesetzlichen Vorschriften und Paragraphen werden nichts zu seiner Achtung beitragen, wenn er nicht von den beiden Interessenten geachtet und geehrt wird. Können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gut vertragen, so bedürfen sie keiner großen Gesetze; ist aber das Gegenteil der Fall, dann werden auch alle Gesetze der Welt keinen Zwist verhindern. Die gesetzlichen Grundlagen können dann immer nur zur Schlichtung des Zwistes dienen, und das ist ja immer von hohem Wert. Noch viel wert­voller ist es aber, wenn jeder erbitterte Streit ver­mieden wird, unter welchen immer das betreffende Gewerbe einen tüchtigen Knacks abbekommt und Arbeit­geber wie Arbeitnehmer geschädigt werden. Darum soll man den Arbeitsvertrag von beiden Seiten nur schließen, wenn man auch den ehrlichen Willen hat^ ihn zu halten. Es ist ja doch Thatsache, daß häufig genug eine solche Vereinbarung mit dem geheimen Hintergedanken getroffen wird, die Geschichte vorüber­gehend mit anzusehen, und dann auf und davon wieder zu gehen. Eine solche Gesinnung ist keine ehrenhafte und kann unter keinen Umständen gebilligt werden. Die, welche einen Arbeitsvertrag festsetzen, sollen gerade heraus aussprechen, was sie fordern, und was sie bieten, und dann kann nicht minder offen gesagt werden: Ja oder nein! Was dann ein- mal vereinbart ist, das soll und muß auch von beiden Seiten treu gehalten werden, der Arbeitgeber hat dieselbe Verpflichtung dies zu thun, wie der Arbeit­nehmer; sehen beide ein, daß die Leistungen nicht derartig sind, wie vorausgesetzt war, dann steht es ihnen ja frei, auseinanderzugehen. Viel Streit und mancher Streik ist dadurch entstanden, daß die Ar­beitsverträge nicht immer ehrlich und so, wie ver­einbart, gehalten worden sind. Wer im Gewerbe Ruhe und Frieden wünscht, der soll daran denken: Wort ist Wort!

Hages-WerrigkeiLen.

Deutsches Weich.

fff Nagold, 31. Januar. Auf gestern Abend hatte der Verein unständiger Lehrer die ständigen Kollegen samt ihren Frauen zu einem Familienabend in denHirsch" eingeladen, welcher Einladung so zahlreich entsprochen wurde, daß es fast an Raum gebrach. Die Leistungen, die in Klavier, Gesang, Deklamationen und auf dem Gebiet der dramati­schen Kunst vorgeführt wurden, ließen erkennen, welch' tüchtige Kräfte wir unter den Lehrern des Bezirks haben, und die dankbaren Zuhörer ließen sich den Familienabeud recht wohl gefallen. Für die jungen Lehrer aber mag der zahlreiche Besuch ein Sporn zu weiterem Streben sein. Wie wir hören, wird das Theaterstückdie Hochzeitsreise" , bei dem in dan­kenswerter Weise außer einer Lehrerstochter des Be­zirks auch ein hiesiges nicht dem Lehrerstand ange­höriges Fräulein mitgewirkt hat, von denselben Kräf­ten in der Museumsgesellschaft wiederholt werden.

Nagold, 1. Febr. Ausführlicher Bericht über die gestrige schöne Feier des Jubiläums des Vor­stands des Gewerbevereins, Hrn. Kommerzienrat Sannwald, folgt im nächsten Blatt.

Hochdorf, 28. Jan. (Korresp.) Am letzten Dienstag verließ uns Herr Pfarrer Rieber, um sei­nen neuen Posten in Weilheim u. T. anzutreten. Wie sehr der geistliche Herr hier beliebt war, das zeigte der ihm zu Ehren veranstaltete Abschied, bei welchem seiner großen und vielen Verdienste, die er sich um die hiesige Gemeinde in seiner 15jährigen, reichgesegneten Thätigkeit erworben hat, von seinen ihn ungern scheiden sehenden Lehrer der Mutterge­meinde und des Filials in schlichter Form Ausdruck gegeben wurde. Gerne wäre ja der liebe Scheidende hier geblieben, wie er in seiner Abschiedsrede gerührt bemerkte, aber der zu strenge Dienst in der Gemeinde Hochdorf mit Filial Schietingen und in der Diaspora nötigten ihn zum Scheiden auf einen leichteren, sei­nem Alter entsprechenden Posten. Der Gesangverein und die Streichmusik thaten ihr möglichstes, um dem scheidenden Seelsorger seine letzten Stunden inmitten seiner lieben Freunde und Pfarrgenoffen zu versüßen u^d zu erleichtern.

-ü^H o chdorf, 31. Jan. (Korresp.) Heute nacht um 10'/, Uhr wurden wir durch die Sturmglocken, Alarmsignale und durch Feuerlärm aus der Ruhe geweckt. Eine große Feuersäule, welche den Himmel rötete, zeigte einen größeren Brand im oberen Dorfe an. Hinter dem Gasthof zum Hirsch brannten zwei mit Futtervorräten gefüllte Scheunen bis auf den Grund nieder. Die gutgeschulte Feuerwehr von hier, welche sehr rasch auf der Brandstätte ankam, konnte ihre angestrengte Thätigkeit nur noch zum Schutze und zur Rettung der so nahgelegenen Wohngebäude und Scheunen beschränken, was ihr auch mit rühmens­werter Energie und Ausdauer gelang. Bei dieser harten Rettungsarbeit hat das weibliche Geschlecht durch rasches Herbeischaffen von Wasser die Pflicht­feuerwehr in ihrer wirksamen Thätigkeit in einer Weise unterstützt, die hier und anderenorts volles Lob verdient. Die Abgebrannten sind, wie man hört, versichert. Ob Fahrlässigkeit oder böser Mutwille diesen Brand verursachte, der bei dieser Zeit und bei herrschendem starken Westwind für das ganze Dorf zu großem Unheil hätte werden können, weiß man bis jetzt nicht zu sagen. '