Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk N a g o l d.

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Dienstag 3. November.

1891 .

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Tcrges-WeurgkerLen.

Deutsches Weich.

G Oberjettingen, 30. Okt. .Beim Schlachten einer Kuh verunglückte der 30jährige Jakob Renz dadurch, daß ihm durch Ausgleiten des Messers das linke Handgelenk derart verletzt wurde, daß trotz sofortiger ärztlicher Hilfe ihm eine steife Hand bleiben dürfte. In dem kurzen Zwischenraum von nur 8 Tagen wurden die beiden ältesten Männer hiesiger Gemeinde zu Grabe getragen. Es waren dies Joh. Georg Stockinger und Joh. Georg Köhler, je 77 Jahre alt. Nun sind die beiden AUersgeuossen, welche von den Beschwerden des Alters verhältnismäßig wenig zu leiden hatten, auch im Tode vereint.

Herrenberg, 30. Okt. Der zum Oberamts­baumeister, Oberscuerschauer, Oberamtswegmeister und Bezirksfeuerlöschinspektor gewählte und bestätigte Werk­meister Karl Riecker von Pfullingen ist gestern be­eidigt und in sein Amt eingewiesen worden.

Bei dem letzten Brande in Calw brannte auch das dem Löwen gegenüberliegende von 4 Familien bewohnte Gebäude ab. Die Abgebrannten sind ver­sichert.

Tübingen, 28. Okt. Der zur Reserve ent­lassene Musketier Jos. Köhler von Unterthalheim hat aus dem Kantinenleben der hiesigen Kaserne mittelst Einbrechens ungefähr 300 Mk. baares Geld entwendet. Da Köhler im Oktober v. I.. nach Unterthalheim beurlaubt, einen Besuch in Oberndorf gemacht hatte und gerade in der Nacht vom 18./19. Okt., in welcher der bei Bäcker Fix daselbst wohnhafte türkische Oberst- lieut. Mustapha Bey um etwa 500 Mk. bestohlen wurde, so wurde der Verdacht rege, daß Köhler, der früher bei Fix beschäftigt war, auch diesen Diebstahl verübt haben könnte, wegen dessen der Bäckergeselle Pius Entreß von Rottenburg durch Erkenntnis der k. Strafkammer in Rottweil im November v. I. zu 4 Jahren 6 Mon. Zuchthaus verurteilt worden ist. Wie man hört, sollen sich gegen Köhler so belastende Beweise ergeben haben, insbesondere daß das Säckchen, in welchem das gestohlene Geld war, bei ihm auf­gefunden wurde, daß die Freisprechung des Entreß im Wiederaufnahmeverfahren in sichere Aussicht zu nehmen sein dürfte. In Briefen an feine Eltern hat der Beurteilte fortwährend seine Unschuld beteuert.

Stuttgart, 29. Okt. (Landtag.) In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten wurde über einen Staatsvertrag zwischen Württemberg und Baden beraten, wobei es sich um einen Gebietsaustausch von 20 Ar 70 Qm. am Ufer der Dörnach in der württembergischen Gemarkung Untertheuringen. Oberamt Tettnang und der badischen Ge­markung Heppach, Bezirksamt Uebcrlingcn handelt. Man «ahm den Vertrag einstimmig an, ohne daß dazu das Wort «griffen wurde. Debattelos ward auch der Rechenschaftsbericht des städtischen Ausschusses über seine Amtsthätigkeit während der letzten Vertagung der Ständeversammlung genehmigt. Von den Abgeordneten ist im Juli d. I. der Abgeordnete Bleyer (Neuenbürg) gestorben, dessen Andenken im Hause in üblicher Weise geehrt wurde. Morgen wird über die Civilliste beraten und hat die Commission beantragt, der

Erhöhung derselben (»m 200 000 »«) zuzustimmcn. Auch mit der Adnßdcbatte wird morgen begonnen, wobei die Linke sich gegen die ihr zu zahmen Commissionsvorschläge wenden will.

Stuttgart, 29. Okt. Der jetzt vorliegende vom Abgeordneten Dr. v. Göz redigierte Entwurf einer Adresse der 2. Kammer an Se. Majestät den König ist eine einfache Umschreibung der Tronrede. Weitergehende Punkte sind in dem Adreßentwurf nicht berührt. Der Abg. F. Haußmann gab der Ansicht Ausdruck, daß die Adresse auch possitive Forderungen enthalten müsse, und verlas einen von ihm verfaßten Entwurf, in welchem alle Wünsche der Volkspartei, vou der Verfassungsrevision und Auf­hebung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher, bis znr Unentgeltlichkeit des Bolksschulunterrichts unter­gebracht worden waren. Zur Generaldebatte sprach außer Haußmann Niemand. Zu Ziffer 3, die von dem Verhältnis Württembergs zum Reich handelt, wünschte Propst, daß hier die Rechte der Einzel­staaten auch zur Betonung kommen möchten, nicht nur die Pflichten. Das Haus war wenig geneigt, einen Passus in die Adresse hineinzunehmen, der gewissermaßen voraussetzt, daß etwas vorgefallen sein müsse, was eine solche Verwahrung rechtfertige. Auf seinen Antrag wurde der Ziff. 3 sogar eine Fassung gegeben, die der rückhaltlosen Freude an dem Entstehen des Reiches Ausdruck giebt und nicht erst mit Rücksicht auf die dadurch für Württemberg erzielte Rückwirkung. Diese nahm man mit allen gegen die Stimme des Abg. v. Wittich an. Ein Antrag des Abg. Probst, bei Ziff. 4, wonach auf die Gefahren aufmerksam gemacht wird, die dem Staat durch die Sozialdemokraten drohen, wird mit 59 gegen 20 Stimmen (lauter katholische Abgeord­nete) abgelehnt. Morgen kommt man wohl mit der Adreßdebatte zu Ende.

Stuttgart, 30. Okt. Heute wurde über die Erhöhung der Zivilliste verhandelt. Sachs empfahl als Berichterstatter der Kommission die Annahme der Erhöhung um 200 000 Konrad Haußmann sprach dagegen. Besonders bedenklich erscheint die Motivierung durch die allgemein gesteigerte Lebens­haltung. Wenn gering Bemittelte sich bestreben, ihre Lage zu verbessern, so sei das gerechtfertigt, nicht aber, wenn die auf der Höhe der Menschheit Stehenden ein gleiches Streben zeigen. Redner legte dann auch die finanziellen Bedenken dar. Die Ab­stimmung ergab 83 für und 3, nämlich die Stimmen von Stortz und der Brüder Haußmann, gegen die Erhöhung.

Stuttgart, 31. Okt. (Landtag.) Die Kam­mer der Abgeordneten kam heute mit der Adreßde- batte zu Ende. Bei Ziff. 5, die den Passus der Thronrede über die Einbringung eines neuen Ent­wurfs betr. die Verfassungsrevision umschreibt, brachte Ebner einen Zusatzantrag ein, wonach er und seine politischen Freunde als die geeignete Grundlage zur Zusammensetzung der zweiten Kammer die Aufhebung der Vorrechte von Geburt und Amt erachten, v. Schad nahm sich der Privilegierten an und nahm für dieselben in Anspruch, daß sie ihr Mandat stets mit Einsicht und Pflichtgefühl ausgeübt haben und daß auch nicht der Hauch eines Verdachtes auf ihnen ruhen bleiben könnte, sie hätten nicht ebensoviel Vaterlandsliebe als die gewählten Abgeordneten, v. Göz wendet gegen den Antrag Ebner ein, daß die Mehrheit sich nicht für eine Aufhebung der Vor- rechte der Privilegierten ausgesprochen habe, sondern nur für eine Einschränkung derselben. Ihnen den Stuhl vor die Thüre setzen wollte man nicht. Stalin

will für den Antrag Ebner stimmen, der ja eine Forderung des Programms der deutschen Partei von 1888 sei. F. Haußmann (Gerabronn) erklärte klipp und klar, daß, wenn der Antrag Ebner nicht in die Adresse hineinkomme, er und seine engeren politischen Freunde an der Endabstimmung über die Adresse nicht teilnehmen würden. Mit 51 gegen 34 Stimmen wird sodann der Ebner'sche Antrag ab gelehnt. Für denselben stimmen außer der Linken noch einige Mitglieder der deutschen Partei. Die Ziff. 68 der Adresse werden debattelos angenommen. Bei der Endabstimmung wird sie mit 82, allen ab­gegebenen Simmen, genehmigt. Die Abgeordneten F. und K. Haußmann, Brodbeck und Storz hatten vor der Abstimmung den Saal verlassen. Am Dienstag soll die Adresse dem König überreicht werden. Die Vertagung der Stände wird am näch­sten Donnerstag erfolgen.

Stuttgart, 30. Okt. König Wilhelm hat das Protektorat über den württembergischen Krieger­bund übernommen.

Seit mehreren Wochen herrscht auf den Eisenbahnen ein riesiger Güterverkehr. In Stuttgart laufen täglich im Ganzen 246 Züge aus und ein.

Ulm, 30. Okt. Infolge der wiederholt sehr schwachen Beschickung der hiesigen Tuchmesse und des geringen Umsatzes auf derselben hat der hiesige Gemeinderat beschlossen, die Tuchmesse ganz aufzu­heben.

Die Untersuchung in Sachen der Unterschlagungen des verstorbenen Stadtpflegers in Tuttlingen ergab, daß dieselben sich auf 62,200 Mark belaufen, ungedeckt bleiben nahezu 45,000 Mark.

Tuttlingen, 25. Okt. In der gestrigen Sitzung ger bürgerlichen Kollegien wurde der Be­schluß gefaßt, den Stadtschultheißen und den Ober­amtmann zum Ersatz von 20 Proz. des ungedeckten Stadtpflegedefizits zu veranlassen.

Brandfall: Den 25. Oktbr. in Dunningen (Rottweil) das Wohnhaus und die Scheuer des Zimmermanns Haberstroh.

Bayreuth, 29. Okt. Das Schwurgericht ver­urteilte 34 Angeklagte wegen Vergehens und wegen Verbrechens des Landfriedensbruchs zu Strafen von 3 Monaten Gefängnis bis zu 21 Monaten Zuchthaus, 7 Angeklagte wurden sreigesprochen.

Hechingen, 28. Okt. Heute ist die Revision der von dem verstorbenen Stadtpfleger Haid ver­walteten Kassen abgeschlossen worden. Das Resultat übersteigt alle bisher gelegten Befürchtungen. In der Stadtkasse fehlen zwarnur" ca. 3690 ^ bar, während sich bei den Nebenverwaltungen (Lokalschul­fond, Armenfond, Lehrmädchen-Stiftung rc.) im Ganzen über 75 000 Fehlbeträge herausstellten. Das ganze Defizit beträgt demnach rund 79 000 Jetzt ist die Frage, wer hat dafür aufzukommen.

Leipzig, 28. Okt. Der Raubmörder Wetzel, der am 23. August den Kaufnymn Hirschfeld in Spandau ermordet und der sich seit vorigem Sonntag, von Chemnitz kommend, hier ausgehalten hat, ist gestern festgenommen worden. In dem Augenblick, als 2 Kriminalbeamte an ihn herantraten, wurde sein Gesicht aschfahl durch die Erregung, welche sich seiner bemächtigte. Sein Reisebegleiter von Chemnitz, ein Belozipedreisrnder, ist ebenfalls verhaftet worden. Wetzel leugnet seine Schuld keineswegs, doch behauptet er, daß er mehrere Komplizen gehabt habe. Der Mörder hat sich nach eigener Aussage in Stralsund, Hamburg, Hannover, Lübeck Magdeburg, Dresden, Halle, zuletzt in Ehemnitz aufgehalten. In seinem