Aro. 151.
vl. Jahrgang.
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Amtliche WeUcmntrnachirngerr.
Die Herren GüterLmchsöeamten
werden erinnert, hieher anzuzeigen, wann das Aenderungsgeschäft pr. 1885/86 in den einzelnen Gemeinden abgeschlossen worden ist.
Calw, 2l. Dezember 1886. K. Amtsgericht.
Frommann.
politische Wachvichten.
Deutsches Reich.
— Die der deutsch-freisinnigen Partei sonst sehr nahestehenden Münchener Neuesten Nachrichten sagen zu den Beschlüssen der Militär« komMission des Reichstags: „Mit dem Bekenntnis wollen wir nicht zurückhalten, daß man in S ü d d e u t s ch l a n d, wo wir die Stimmung genau kennen, bis tief in die Reihen des linkesten Flügels der Liberalen mit banger Besorgnis den Beratungen und Beschlüssen der Kommission gefolgt ist. Wenn freisinnige und demokratische Blätter das Angebot des Zentrums und der Deutsch-Freisinnigen als ein großes Maß von Zugeständnissen hinstellen, so können wir dem gegenüber nur feststellen, daß man in Süddeutschland in Betreff der Heeresverstärkung den Worten des Kaisers, unseres Prinzregenten, Moltkes und des preüß. Kriegsministers unbedingten Glauben schenkt, daß man nach der finanziellen Seite hin rückhaltslos zu den geforderten Opfern bereit ist, daß man auch die Verfaffungsfragen den anderen Erfordernissen gegenüber weit in den Hintergrund stellt. Das sind Thatsachen,
unbestreitbare Thatsachen, von denen Jeder sich überzeugen könnte, der in den letzten Tagen mit erprobten Anhängern eines aufrichtigen und ehrlichen Liberalismus über diese Dinge sprach."
— Die Ostafrikanische Gesellschaft erhielt einen Bericht des inzwischen ermordeten Dr. Jühlke aus Kismayu vom 11. November mit näheren Details über den bereits gemeldeten Tod des Lieutenants Günther. Der Bericht meldet ferner: Dr. Jühlke mietete mit Erlaubnis des sansibarischen Valis ein Haus und schickte Zanke mit der „Isolde" zur Berichterstattung und zum Karawanenankauf nach Sansibar. Dr. Jühlke hebt hervor, daß die Somalis ihm besonders freundlich entgegenkamen, während der Vali des Sultans von Sansibar von vornherein gegen ihn in« triguiert und ihm -Schwierigkeiten bereitet habe. Die Erlaubnis, in Kismayu wohnen zu dürfen, erteilte der Vali erst, nachdem dies die Somalis in einer Volksversammlung verlangten.
— Der Frankfurter Sozialistenprozeß kommt, wie die „Eur. Korr." hört, voraussichtlich bereits Mitte Januar zur Verhandlung. Als die Frankfurter Kriminalpolizei am Abend des 10. November die sozialdemokratische Versammlung in der Prinz'schen Wirtschaft aufhob, geschah es, weil sie hoffte, dadurch die Fäden der ganzen Bewegung in die Hand bekommen zu haben. Daß diese Hoffnung keine unbegründete mar, hat der Gang der Untersuchung bestätigt, und die Fortdauer der Untersuchungshaft wurde des« halb auch in allen drei Instanzen gutgeheißen. Es hat sich gezeigt und wurde durch wichtige Geständnisse einzelner Angeklagter, deren es etwa 40 sind — bestätigt, daß die Verhafteten der Geschäftskommission bezw. dem Landagitationsausschuß der sozialdemokratischen Partei angehörten. Die Anklage wird daher erhoben werden wegen Teilnahme an einer Verbindung,
Aeuit' t' eton.
Verlorene Ehre.
Roman von W. Koffer.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Er küßte den zuckenden Mund, aber vermied es, die Frage zu beantworten. Er kam auch auf den Gegenstand ihres Zerwürfnisses, Elisabeth's Eifersucht, mit keiner Silbe zurück.
„Du bist so sehr geneigt, Alles zu übertreiben, Lisa", versetzte er. „Man muß das Leben mit nüchternem Blick betrachten und sich nie selbst in eine künstliche Erregung hineinbringen. Ein Arzt lemt bei Zeiten der Romantik entsagen — das solltest du bedenken."
Und nun ging doch durch ihre Seele ein Mißton. Sie wagte nicht, ihn zum zweiten Mal zu fragen.
Aber ein anderer Gedanke, eine süße, beglückende Hoffnung, halb empfunden, halb nur geahnt, erfüllte ihr Herz. "Mochte langsani, Schritt um Schritt, die Wiederaussöhnung mit dem geliebten "Manne sich vollziehen, mochte erst allmählich ihre Liebe zum zweiten Mal seine. Seele gewinnen — sie wollte geduldig harren. Vielleicht schenkte in nicht allzu ferner Zukunst die Gnade der Vorsehung einen Trost, eine Freude, die Todes zum Leben erweckte — vielleicht gab es späterhin ein anderes, unschuldiges Lächeln, das wie Sonnenschein alles Dunkel erhellte und Licht brachte in die verborgensten Tiefen.
Elisabeth saß am Fenster, den Kopf in die Hand gestützt, das Herz voll stiller, beglückender Zuversicht. Sie wagte es nicht, heute den beobachtenden Blicken der Kranken zu begegnen. Mama würde mit geübtem Blick die Veränderung ihres Wesens
erkannt haben und doch wollte sie nicht gefragt sein. Diese Angelegenheiten gehörten nur ihr und dem Geliebten — sie konnte darüber mit Nieniand sprechen.
Der Abend brach herein. Das stille Gärtchen sandte aus den Kelchen seiner tausend Blühten lieblichen Duft hinauf in das halb dunkle Zimmer, in den asten Linden sang ein Vögelchor seine schmetternden Weisen.
Immer tiefer senkte' sich die Dämmerung; jetzt nur noch eine Stunde, dann kam Julius nach Hause.
Elisabeth pflückte da unten zwischen den Beeten ein Bouquet aus weißen Rosen und Pelargonien — Julius liebte ja die bescheidenen, mit einander verwandten Farben, er selbst hatte im Frühling alle diese bunten, duftigen Blumen gepflanzt, und noch jetzt ging er jeden Morgen von Beet zu Beet, von einem seiner Lieblinge zum andern.
Die junge Frau ordnete im scheidenden Tageslicht, am Fenster das Blumenkörbchen — da erklang draußen auf dem Flur die Glocke, und ein Männertritt näherte sich dem Zimmer.
Sollte er schon jetzt zurückkehren?
Elisabeth öffnete die Thür, auf deren Schwelle ein junger Mann ihr entgegentrat, und, als sie lautlos, wie vom Schreck erstarrt, stehen blieb, hinter sich den Eingang wieder verschloß.
„Guten Abend, Emilie!" sagte er etwas ironisch. „Es thut mir leid, Dich getäuscht zu haben. Du ermattetest einen Anderen, nicht wahr?"
Sein hübsches, aristokratisches Gesicht erschien einigermaßen verlebt; das ganze Aeußere des vielleicht dreißigjährigen, hochgewachsenen und offenbar feingebildeten Mannes verriet die ersten Anfänge des Verfalles. Die Toilette war nicht mehr ganz tadellos, aber das Auftreten vollkommen sicher, von verletzender Nonchalance sogar.
„Ist das Dein Willkommen, Emilie?" fuhr er, als immer noch die Antwort ausblieb, fort. „Es gab eine Zeit, wo Du mich anders als in dieser Weise begrüßtest."
Der Christfeiertage wegen fällt eine Nummer aus. Die nächste erscheint Dienstag abend.