Gemüt und im deutschen Herzen soll der Name „Sedan" nachklingen, für uns eine Helle Freude, für jeden Mann von Ehre eine wahre Herzerquickung.
Wie sehr in den letzten Wochen wiederum gegen Deutschland getobt wird, ist nur zu sehr bekannt. Weder an der Seine noch an der Newa hat man sich die geringsten Beschränkungen in den Kundgebungen der Feindseligkeit gegen uns auferlegt, ein wahrer Rausch schien über weite Kreise des russischen und französischen Volkes gekommen, eine Bewegung voll haßerfüllter Leidenschaften, die den Regierungen sicher nicht lieb war, der aber von ihnen weder entgegengetreten wurde, noch entgegengetreten werden konnte, weil der erste Anstoß gerade „von oben herab" gekommen war. Deutschland hat all' diesem Treiben keine Demonstrationen des Zorns oder auch des gekränkten Ehrgefühls entgegengestellt, wir missen, was wir sind und was jene sind, wir wissen auch, wo wir unsere Freunde und wo wir unsere Feinde zu suchen haben. Ein bekanntes Wort sagt: „Viel' Feind', viel' Ehr'!"; aber eine Ehre ist es auch, gute und erprobte Freunde zu haben. Und hat Deutschland seine haßerfüllten Feinde, so hat es doch auch seine Freunde, die dem friedfertigen deutschen Reiche und seinen Bürgern das vollste Vertrauen entgegenbringen. Es ist ganz zutreffend, wenn gesagt wird, unsere Feinde seien unversöhnlich; es ist aber auch zutreffend, wenn wir sagen, die Treue unserer Freunde ist bewährt und erprobt. Deutschland will heute den Frieden mehr als je, andere Nationen wollen den Frieden weniger als je. Es ist nicht unmöglich, daß über lang oder kurz der Tag der Abrechnung schlagen, daß die Volksleidenschaften über die ruhigen Entschlüsse der Regierungen den Sieg davontragen wird, aber wir haben diesen Tag der Abrechnung nicht zu fürchten. Im Kriege ist es nicht immer das Recht, welches entscheidet, aber verbinden sich Recht und Kraft, dann wird auch mit ihnen der Sieg sein; Deutschland hat an einem Sedan und an einem Sedantage genug, es gebraucht keine Nahrung seiner kriegerischen Lorbeeren; aber muß es sein, nun, dann sind wir wahrlich noch Mann genug, Jedermann zu beweisen, daß das deutsche Volk seit dem 2. Septbr. 1870 nicht müßig aus seinen Lorbeeren geruht hat.
Sind wir aber auf die jetzige Höhe nur durch schöne Redensarten gelangt? Nein, Thaten haben uns soweit geführt. Deutschland hat den übrigen Staaten Europa's seine Kraft gezeigt, es hat ihre Achtung errungen. Und damit hatten wir die Grundlage zu unserer heutigen Stellung. Deutschland verdankt seine Größe sich selbst, nur Deutschland allein kann auch Deutschland ruinieren. Vergessen wir das nie!
Hages-Weuigkeiten.
Deutsches Weich.
Freudenstadt, 28. Aug. In Edelweiler ist der 11 Jahre alte Sohn des dortigen Bürgers Karl Seeger, der vor einigen Tagen von einem Holzstamm im Walde einen Abhang hinuntergefchleudert wurde und hiedurch einen Beinbruch und mehrfache innere Verletzungen erlitt, gestern an den Folgen dieser Verletzungen verschieden.
Stuttgart, 28. Aug. Die gerichtliche Untersuchung gegen die schon von mehreren Wochen wegen Kuppelei in Haft genommene Wirtin Frau Jlg „zum schwarzen Bären" nimmt, wie wir hören, ungeahnte Dimensionen an, indem eine größere Anzahl von Personen aus den verschiedensten Kreisen der Gesellschaft in die Angelegenheit verwickelt ist. Wir sehen also in nächster Zeit einem Monstre-Prozeß entgegen, dem zweiten dieser Art innerhalb der letzten Jahre. Gleichzeitig mit der genannten Wirtin sollte auch ein Professor aus der Gegend von Pforzheim verhaftet werden, welcher nachgewiesenermaßen in dem Gasthof zum Bären sich unzüchtiger Handlungen mit Knaben schuldig gemacht hat. Als die Polizei einen der Knaben ins Verhör nahm, machte sich der Professor aus dem Staube und konnte noch nicht wieder beigebracht werden.
Die Uebersendung von 1000 mittels eines eingeschriebenen Briefes von seiten eines Verwandten an ein Hochzeitspaar in Niederstetten hat sich als Erfindung herausgestellt.
In dem Dorf Klein-Süßen in Schwaben scheinen durstige Seelen ihr Dasein zu fristen. Der Ort Hot nämlich 32 Bürger und besitzt nicht wem-!
ger denn fünf Wirtschaften; trotzdem fanden die dortigen hochwohlwissenden Gemeinderäte, daß dem Bedürfnis an Wirtshäusern noch nicht voll und ganz Rechnung getragen sei, denn sie beschlossen, ein Gesuch des Bruders des Schultheißen um Gewährung der Konzession zur sechsten Wirtschaft zu befürworten! Ob wohl das Oberamt seinen Segen dazu geben wird?
Den neu uniformierten Verkehrsbeamten ist eine jährliche Entschädigungssumme von 75 für die Uniform und 20°/o (15 jährliche Jnstand- haltungskosten verwilligt.
Bei der letzten Parade bei Berlin ist nicht ein einziger Taschendieb ergriffen worden, bis jetzt auch nicht ein einziger Taschendiebstahl bei der Polizei zur Anzeige gelangt. Die Beamten führen diesen erfreulichen Umstand auf die Thatsache zurück, daß die meisten bekannten Taschendiebe sich augenblicklich hinter Schloß und Riegel befinden, oder in Trier.
Versuche mit Hafer-Roggenbrod werden jetzt angesichts der hohen Roggenpreise vielfach in großem Umfange gemacht. Ein Gemisch von halb Roggenmehl und halb Haferschrot soll ein sehr wohlschmeckendes Brod abgeben, das dem Brod aus einer Mischung von Waizenmehl und Roggenmehl selbst vorgezogen wird. Hafermehl ist bedeutend nahrhafter als Weizen, und Haferroggenbrod hält sich gut 10 Tage genießbar.
Gumbinnen, 31. Aug. Nach amtlicher Feststellung sind über Eydtkuhnen in der Woche vom 2l.—27. Aug. 14260000 Kilogramm — 142 000 Meterzentner Getreide aus Rußland importiert worden.
Schweiz.
Bern, 31. Aug. Nach dem von der Jura- Simplonb ahn ausgearbeiteten Projekt für den Simplon- Durchstich soll die Länge des Tunnels 19,731 Meter ictragen. Die Bauzeit ist auf 8°/^ Jahre festgesetzt, die Baukosten sind mit 67^4 Millionen veranschlagt, dazu 4 350 000 Franken für Zufahrten, Rhonekorrektion und Unvorhergesehenes, sowie 8400000 Franken Bauzinsen, im ganzen 80000000 Franken.
Frankreich.
Paris, 26. Aug. Nach Mitteilungen Hurards, des Deputierten für die Insel Martinique, ist die durch den Cyclon angerichtete Verwüstung ungeheuer. Die gesamte Bevölkerung sei an den Bettelstab gebracht, alle Anpflanzungen seien vernichtet; ohne die von der Nachbarinsel herbeigeschafften Lebensmittel wäre die Bevölkerung dem Hungerstod preisgegeben. Die großen Fabriken sind vollständig zer- tört, alle Straßen und Landungsbrücken vernichtet. Die Zahl der Todten beträgt mindestens 500; der materielle Schaden beträgt 50 Millionen Frs. ge- chätzt. Der Handel ist gänzlich lahmgelegt.
Paris, 27. Aug. Die Regierung erhielt die amtliche Nachricht von dem bevorstehenden Gegenbesuch der russischen Flotte in Cherbourg.
Paris, 1. Sept. In dem heute den Deputierten zugesendeten Bericht des Abgeordneten Pichon über das Budget des Auswärtigen heißt es: „Wir haben von niemanden etwas zu fürchten und durch unsere Klugheit Freundschaften erworben, welche uns unerschütterliches Vertrauen in die wieder gutmachende Gerechtigkeit verleihen. Freudig begrüßen wir dieses Morgenrot, welches sich über unsere nächsten Ge- chicke erhebt."
Freycinet und andere Minister sagten ihr Erscheinen zu der im September bevorstehenden Enthüllung des Garibaldi-Monumentes in Nizza ab, wegen Anmeldung irredentistischer Redner aus Italien.
Das Journal Echo de Paris bringt einen auffälligen Angriff gegen den russischen Botschafter von Mohrenheim. Es wird gesagt, Mohrenheim sei der ärgste Jntriguent unter den heutigen Diplomaten, den man sich nur denken könne. Er suche jedem, der ihm in den Weg komme, einen Streich zu spielen. Das kann schon stimmen.
Belgien.
Brüssel, 28. August. Aus Paris wird gemeldet: In Pont de Briques, 4 Kilometer von Boulogne, zerstörte der Sturm in vergangener Nacht über 30 Häuser. Die Dächer wurden vollständig fortgetragen, die Mauern teilweise in Schutthaufen verwandelt. Die Menschen flüchteten sich ins Freie.
Brüssel, 28. Aug. Nach einer Meldung aus New-Aork ist zwei Meilen von Statesville in Nord- Carolina ein Expreßzug der West-Compagnie von
Nord-Carolina von einem Viadukt 80 Fuß hoch in den Katanbafluß herab gestürzt; fast sämtliche Waggons und Maschinen wurden zertrümmert. Die Zahl der Toten und Verwundeten wird auf über 200 geschätzt. Bisher sind 46 Leichen aufgefunden worden.
Der Polizei in Antwerpen gelang es, in der Person eines Deutschen Namens Hermann Welker einen Schwindler zu verhaften, der in seinem Vaterlande und in Belgien Betrügereien in der Höhe von wenigstens 560 000 Frcs. verübt hat.
England.
London, 25. Aug. Ein Telegramm meldet, daß Emin Pascha die Mahdisten besiegt und die Provinz Wadelai wieder gewonnen habe mit 6000 Elefantenzähnen, welche dort lagern.
London, 3l. Aug. Der „Standard" erfährt aus Konstantinopcl: Die Türkei gab Rußland in der Dardanellenfrage nach und opferte einen Teil ihrer ehemaligen Vertragsrechte. Die Pforte sandte dem russischen Botschafter ein Entschuldigungsschreiben wegen der Festnahme des Schiffes der freiwilligen Flotte, mit der Versicherung, daß sich ein derartiger Vorgang nicht wiederholen werde. Die gesamte Entschädigungssumme werde sofort gezahlt werden. Der Oberbefehlshaber der Dardanellen ist bereits abberufen. Wie es heißt, würde die Straße der Dardanellen in Zukunft für russische Schiffe offen sein, für Schiffe anderer Nationen aber geschloffen bleiben.
Eine seltsame Nachricht wird der „Times" gemeldet. Balmaceda habe, so heißt es, eine Million Dollars Silber aus dem Staatsschatz in Santiago auf dem englischen Kriegsschiff Espiegle nach Montevideo schaffen lassen. Die „Times" ereifert sich über die Beihilfe eines englischen Staatsschiffes an diesem „Raube" und fordert Rechenschaft.
Dänemark.
Kopenhagen, 28. Aug. Der 81jährige preußische General von der Groeben, welcher mit seiner Familie in Bad Hornbaek weilt, wurde bei seiner gestrigen Ausfahrt infolge Scheuens der Pferde aus dem Wagen geworfen und verwundet in das Lazarelh gebracht, woselbst er verstarb.
Glänzend empfangen ist angeblich der Z a r aller Reußen, als er mit seiner Familie in Kopenhagen eintraf und sich sofort nach dem Sommerschlosse Fredensburg weiter begab. Der Hoftelegraph hat aber mit der Phrase „glänzend", glänzend geflunkert. Der Empfang des Zaren durch die dänische Bevölkerung war recht kühl und nur sehr wenige Zuschauer hatten sich eingefunden. So liegen die Dinge in Wahrheit.
Rußland.
Nun haben auch die Festtage von Portsmouth ihr Ende erreicht; das französische Geschwader ist am Mittwoch Vormittag unter dem Salut der Forts und der englischen Kriegsschiffe nach Cherbourg abgefahren. Das Festprogramm hat am letzten Tag seiner Anwesenheit wegen des stürmischen Wetters nur zum Teil ausgeführt werden können. Die englischen Gäste, darunter mehrere Damen, welche an dem Diner auf dem „Marceau" teilgenommen hatten, mußten die Nacht über an Bord bleiben, da der Sturm den Verkehr mit dem Ufer unmöglich machte. Auch viele beurlaubte französische Offiziere und Matrosen konnten nicht zu ihren Schiffen zurückkehren. Aus London wird gemeldet, daß der Admiral des englischen Kanalgeschwaders die Einladung des Admirals Gervais, mit seinem Geschwader Cherburg im Oktober zu besuchen, angenommen habe.
Serbien.
Belgrad, 25. Aug. Die Provinzialblätter melden, daß das diesjährige Erntejahr nach Menge und Güte besonders reich war. Namentlich Weizen und Mais seien gut gediehen.
Belgrad, 25. Aug. Dem serbischen Gewerbetag der Arbeitgeber in Pirot wurde der Antrag unterbreitet, im Gewerbebetrieb den achtstündigen Arbeitstag und das Verbot der gewerblichen Nachtarbeit für Frauen einzuführen.
Zwischen Serbien und Bulgarien bestehen seit einiger Zeit wieder Streitigkeiten, die durch den Umstand herbeigeführt sind, daß die serbischen Ma- növer hart an der bulgarischen Grenze abgehalten werden sollen. Die Türkei hat jetzt ebenfalls der Belgrader Regierung als Suzerainstaat Bulgariens ersucht, die Truppenübungen im Innern des Landes