Humpens an Se. Durchlaucht den Fürsten Bismarck vornehmen. Kommilitonen! An diesem Tage gilt es, auch äußerlich, weithin fühlbar, den Beweis zu erbringen, daß die junge Generation im 20. Gedenk­jahr der Wiederaufrichtung des Reiches des Mannes nicht vergessen kann, der unserm Volk die Bahn zu seiner Einheit und seiner jungen Größe bereitet hat. Laßt uns dem Fürsten selber noch einmal vor Augen stellen, daß wir gewillt sind, sein ehrendes Vermacht- nis an uns, den nationalen Gedanken leuchten zu lassen vor Europa, zu erfüllen. An Euch alle, Kommilitonen, ergeht deshalb die Aufforderung, Euch am 10. August mit den Vertretern Eurer Hochschu­len zu vereinigen. Aus der nahen Heimat, von den benachbarten Universitäten und von der Wander­schaft durchs deutsche Land eilt zahlreich an jenem Festtage nach Kissingen, damit Ihr Zeugen der Hul­digung seid, welche wir alle dem Fürsten Bismarck mit ganzer Seele darbringen."

Trier, 5. Aug. In Gegenwart der geladenen offiziellen Persönlichkeiten und der Stadtgeistlichkeit w»rd am 6. d. Mts. morgens 9 Uhr der heilige Rock erhoben und in die Schatzkammer gebracht.

Nach demTagebl." bestellte Fürst Ferdinand in Essen für 5 Millionen Franks Geschütze.

Hamburg, 2. Aug. In einem benachbarten Dorfe war vorgestern ein zwölfjähriges Mädchen, die Tochter eines Lehrers, mit einer Gespielin auf den Boden der Mühle gegangen, wo sich das Räder­werk befindet. Plötzlich wurde das prächtige, lose herunterhängende Haar des Kindes von einem Rad erfaßt. Ein in der Nähe sich befindlicher Geselle, der auf das Schreien des Mädchens herbeieilte, suchte vergeblich das Haar loszuschneiden. Im nächsten Augenblick saß das Haar nebst Kopfhaut und einem !Ohr des unglücklichen Kindes im Räder­werk fest, Augen und Nase wurden ebenfalls stark verletzt. Nachdem das Mädchen aus seiner entsetzlich qualvollen Lage befreit worden war, wurde es nach dem Eppendorfer Krankenhause gebracht.

Der am 12. Juli von Hamburg abgegangene DampferNeko" der deutschen Dampfschifffahrts- GesellschaftKosmos" ist auf der Reise nach Süd- Amerika, am 21. Juli abends in der Nähe von Brest bei der Insel Queffant gesunken. Während Passa­giere und Mannschaft gerettet worden sind, hat eine Bergung der an Bord gewesenen Post sich nicht er­möglichen lassen; die betreffenden Briefsendungen sind daher als verloren zu betrachten.

Berlin, 4. Aug. Die durch die Presse ge­gangene Nachricht, daß die Kronprinzessin von Grie­chenland sich vor dem Uebertritt zur griechischen Kirche noch einer Taufe unterziehen müsse, wird auch in Berlin von zuständiger Seite als der Begründung entbehrend bezeichnet.

DerNordd. Allg. Zta." zufolge hat der Stutt­garter Liederkranz als Reinertrag seiner hiesigen Konzerte dem Magistrat die Summe von 1500 ^ zur Verteilung an die Armen übermittelt.

Nach derNordd. Allg. Ztg." beträgt der Ueber- schuß der Einfuhr des Deutschen Reiches in 1890 834 Millionen gegen 848*/i« Mill. im Jahre 1889.

Die Kaiserin dürste mit den Prinzen über­morgen von Felixstowe wieder in Berlin bezw. im Neuen Palais zu Potsdam eintreffen. Das Befinden der Kaiserin und der Prinzen ist bisher das aller­beste gewesen.

Wie die M. Allg. Ztg. aus Berlin erfährt, ist der Wiederzusammentritt des Reichstags auf Dienstag den 10. November d. I. in Aussicht ge­nommen.

Nach dem Berl. Tagebl. soll der Reichskanzler dem amerikanischen Gesandten gegenüber es für nicht unmöglich erklärt haben, daß der Kaiser die Aus­stellung in Chicago besuchen werde. (?)

Mch Spandauer Meldungen sind die in der dortigen K. Pulverfabrik neuerdings erfolgten Kündigungen wieder zurückgenommen worden, da soeben eine größere Bestellung aufgegeben wurde. Eine Neueinstellung von Arbeitern scheine höchst wahrscheinlich.

Amtlich wird dringend vor der Deutschen Aus­wanderung nach Jndieir gewarnt, weil die deut­schen Arbeiter außer Stande sind, sich gegen die Konkurrenz der Eingeborenen zu behaupten, welche infolge ihrer Genügsamkeit mit sehr bescheidenem Lohn zufrieden sind. '

Rathenow, 4. August. Das hiesige Proviant­

magazin ist vollständig nicdergebrannt. Bei der schnellen Ausdehnung des Feuers mußten die Feuer­wehren ihre Thätigkeit ausschließlich auf Rettung des Verwaltungsgebäudes und der umliegenden Fab­riken beschränken. Gegen 30 000 Zentner Hafer, fast sämtliche Vorräte an Heu, Stroh und Konserven sind verbrannt. Der Schaden wird auf mindestens 1*/s Millionen Mark geschätzt.

Bellerreich-Ungarn.

Wien, 4. Aug. Der Stand der Handelsver­tragsverhandlungen mit der Schweiz ist ein ungün­stiger, da die Schweiz die verlangten Konzessionen verweigert. Die Vertagung der Verhandlungen und der Beginn jener mit Italien ist wahrscheinlich ge­worden.

Schon wieder sind in Prag drei Deutsche die Opfer tschechischer Brutalität geworden. Drei Mit­glieder des Deutschen Sommertheaters, Männel, Löff­ler und Nora, standen, sich in deutscher Sprache unterhaltend, vor der Wohnung eines Kollegen, als sie plötzlich von 4 Burschen insultiert wurden. Auf die Frage Nora's, was sie wünschten, fielen sie mit Stöcken und Messern über die Deutschen her. Da trotz des Lärms die Sicherheitswache sich nicht sehen ließ, so sind leider die Attentäter unbehelligt entkommen.

Schweiz.

Unglücksfall bei den schweizer Festlichkeiten. Wie jetzt erst bekannt wird, ereignete sich am Sonn­tag Abend anläßlich der auf dem Neuenburger See in Form einerVcnetianischen Nacht" stattgehabten Festlichkeit ein ernster llnglücksfall. Ein kleines Pri­vatdampfschiff stieß mit einem der zur öffentlichen Benutzung verkehrenden Dampfboote zusammen und wurde von diesem zertrümmert. Von den l! Per­sonen, die sich auf dem Privatdampfer befanden, sind drei Damen ertrunken.

Italien.

Rom, 5. Aug. Die italienische Regierung schloß bedeutende Pferdeankäufe in Ungarn und England ab. Ein erster Transport von 7000 leichten Kaval­leriepferden ist aus Ungarn bereits eingetroffen.

Frankreich.

Lyon, 30. Juli. (Erbschaft.) Vor kurzem starb hier eine reiche alte Dame und in ihrem Te­stament fand sich die Bestimmung, daß sie ihrem Arzt als Zeichen der Anerkennungfür die sorg­fältige und ergebene Pflege, die er ihr habe ange­deihen lassen und der sie es verdanke, ein so hohes Alter erreicht zu haben", einen kleinen, hübsch gear­beiteten Schrein nebst Inhalt vermache. Als der glückliche Erbe unter den gesetzlichen Förmlichkeiten voller Erwartung den Schrein öffnete, fand er darin in schönster Ordnung aneinander gereiht alle Arzneiflaschen und Pillenschachteln, die er ihr im Laufe der letzten zehn Jahre verschrieben hatte, wohlversiegelt und verschlossen, so wie die Verstorbene sie aus der Apotheke bezogen hatte. Der Herr Doktor soll sich geweigert haben, die Erbschaft an- zutrcten.

England.

London, 1. Aug. Augenblicklich spricht ganz Monte Carlo über nichts anderes als das Glück eines englischen Gastes, Herrn Wells. In kaum 3 Tagen ist es ihm gelungen, die hübsche Summe von 20 000 L. am Spieltisch zu gewinnen. Am Dienstag setzte sich Wells an den Roulettetisch und spielte mit glücklichem Erfolge während 11 Stunden bis zum Schluffe des Casinos, ohne Nahrung zu sich zu nehmen. Die beiden folgenden Tage wurde er von gleichem Glücke begünstigt und stand am Ende der drei Tage vom Spieltisch als ein reicher Mann auf. Die Bank hat keine Aussicht, ihr Geld von Wells zurück zu gewinnen, denn Wells sandte seinen Gewinn in sehr vorsichtiger Weise täglich nach Eng­land ab.

Das Programm für die Festlichkeiten, welche in England des französischen Geschwaders harren, ist bis auf einige wesentliche Einzelheiten festgestellt. Das französische Geschwader wird nicht direkt nach Portsmouth segeln, sondern erst bei Cowes anhalten, wo die Königin die französischen Schiffe besichtigen wird. Die Offiziere werden Gäste der Königin in Osborne sein. Von 'Cowes fährt das französische Geschwader nach Portsmouth, und hier werden die britischen Marinebehörden es will­kommen heißen. Admiral Lord Clanwilliam und dessen Offiziere werden den französischen Offizieren zu Ehren einen Ball veranstalten und die Stadt

Portsmouth wird ihnen ein Festmahl geben. Der französische Botschafter wird den Festlichkeiten in Portsmouth beiwohnen.

Rußland.

Petersburg, 4. Aug. . Infolge Befehls des Zaren begleitet ein russisches Geschwader die fran­zösische Flotte auf ihrer Rückreise bis Dänemarck. Die Abreise erfolgt am 7. d.

Petersburg, 5. Aug. Der Admiral Gervais ist gestern abend 9 Uhr mit 40 Offizieren und 16 Unteroffizieren nach Moskau gereist. Am Bahnhofe hatte sich eine große Menschenmenge eingefunden, welche den Franzosen enthusiastische Kundgebungen bereitete.

Brody, 5. Aug. Aus Podolien werden neuer­dings große Judenexcesse gemeldet. In Jelissawet- grad erstürmten mehrere tausend Bauern, rufend: Nieder mit den Juden, schlagt sie todt", das Ju­denviertel und raubten Geschäftsläden und Wohnun­gen aus. Drei Juden wurden getötet, mehrere schwer verletzt. Die Behörden ließen dem Pöbel freie Hand.

Serbien.

König Alexander von Serbien ist am Sonn­tag nachmittag in Peterhof eingetroffen; es ist ihm daselbst vom Zaren ein überaus ehrenvoller Empfang bereitet worden, der leicht in dem jungen Mann die Illusion Hervorrufen konnte, daß er schon etwas sei. Auch die Presse schenkt dem Ereignis ihre Aufmerk­samkeit unter großem Aufwand von Sympathiebe­zeugungen, dessen man sie nach den erschöpfenden Kronstadter Festtagen gar nicht mehr für fähig halten sollte.

Kleinere Mitteilungen.

Ein Kuß vom Fürsten Bismarck. Das Alter scheint an dem Fürsten Bismarck spurlos vorüber­zugehen, er ist ein galanter Herr. Vor einiger Zeit war eine junge Dame aus Düsseldorf in Friedrichs­ruh. Als sie den Fürsten von Bismarck erblickte, ging sie auf ihn zu und wollte ihm die Hand küssen. Bismarck verhinderte sie daran mit den Worten: Nein, so sind wir denn doch nicht; von einem jungen, hübschen Mädchen läßt man sich nicht die Hand küssen!" Sprachs und küßte sie auf den rosigen Mund.

Vor 10 Jahren hatte die kleine Gemeinde Kos­kau im Reußischen für ihre Jagd nur 45 -M Pacht­geld erhalten; jetzt sind bei der Neuverpachtung 8lO Mark geboten worden.

M Ein Testament, für das sich wohl kein Erbe finden wird, hat eine in Pau (Pyrenäen) im Alter von 92 Jahren verstorbene Dame französischer Na­tionalität gemacht. Sie setzte ein Legat von 100000 Franks demjenigen aus, der welcher Nationalität er auch angehören würde innerhalb 10 Jahren ein Mittel fände, mit den Bewohnern irgend eines andern Gestirns, namentlich denen des Mars, in Kommunikation zu treten. Dieses Legat soll bei dem Institut de France niedergelegt werden und, falls dieses es nicht annimmt, bei dem Mailänder Institut, im Falle der Weigerung dieses bei dem von New- Dork. Ein zweites Legat von 50 000 Franks ist für denjenigen bestimmt, der das einfachste Mittel für Heilung der Herzkrankheiten erfinden wird.

Handel «nd Berkehr.

Vom Oberamt Rottenburg. 5. Aug. (Hopfen.) Die Frühhopfcn haben vollständig entwickelte Dolden und können in etwa 14 Tagen abgenommen werden. Die Spät­hopfen sind in voller Blüte. Die meisten Pflanzen fangen aber kaum bei 2 /z Höhe an, Blüten zu entwickeln; ein siche­rer Beweis für ein geringes Ernte-Quantum.

Nürnberg, 3. Aug. (Hopfen.) Die Notierungen am heutigen Markte lauten: 1891er neue Steiermärker Mark 159175, 1890er Siegelware 90109,1890er Prima Kund­schaftshopfen 7590, 1890er gutmittlere 6575, 1890er ge­ringe 5060, alte 810. Die Stimmung des Marktes ist flau und weichend.

Seidenstoffe (schwarze, weiße u. farbige v. So Pf. bis 18.65 p. Met. - glatt, gestreift u. gemustert (ca. 380 versch. Qual. u. 2500 versch. Farben) Vers, roben- und stückweise Porto- und zollfrei das Fabrik-DspSt 8. SsnnvdvrK (K. u. K. Hoflies.) 2üriek. Muster um­gehend. Doppeltes Briefporto nach der Schweiz.

Hiezu das Uuterhaltungsblatt 32. und eine Beilage, betr. Preisliste von Chr. Paul Rau, Maschinenwerkstätte in Stammheim b. Calw.

Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. Druck und Verlag der G- W. Zaiser'scheu Buchdruckerei

»