Anschuldigungen gegen Triponnö veröffentlicht hat und so unvorsichtig gewesen ist, in seiner Wohnung Papiere aufzubewahren, die keinen Zweifel darüber lassen, daß er den fremden Mächten seine Erfindung selbst angcboten hat. Turpin ist jedoch überall abschlägig beschiedcn worden, da seine Erfindung nicht wichtig genug oder zu teuer erschienen war.
England.
London. Den Schiffszimmcrlcuten und Eisenarbeitern im Schiffsbau in Glasgow, Greenwick, am Clyde re. sind Lohnabzüge gemacht. 200 000 Arbeiter drohen daraufhin mit einem Generalstreik. Die Londoner Omnibus-Bediensteten haben am «Sonnabend Mitternacht den allgemeinen Ausstand begonnen.
Das sittenstrenge Altcngland hatte wieder einmal seinen Skandat. Ein langjähriger Busenfreund des Thronfolgers, des Prinzen von Wales, der Oberstlieulenant Baron Cumming hatte während eines Landaufenthaltes in größerer Gesellschaft, der auch der Prinz angehörtc, falsch gespielt und war dabei von aufmerksamen Beobachtern abgcfaßt. Man wollte die Geschichte nicht gern an die große Glocke bringen und der Baron mußte sich daher schriftlich verpflichten, niemals wieder zu spielen, und dafür ist ihm Schweigen zugesichert. Der Sünder nahm aber doch wieder Karten in die Hand und die frühere fatale Geschichte wurde ruchbar. Baron Cumming klagte nun auf Verläumdung, ist aber in dem Prozeß, m welchem auch der Prinz von Wales als Zeuge vvrgeladen wurde, gewaltig hincingcfallen.
Rußland.
Aus den russischen Ostseeprovinzen schreibt man der „Kreuzzeitung": „Wir sind im Augenblick in einiger Spannung wegen des Ausganges einer Angelegenheit. Vor einigen Wochen wurde ein Freu- deN'Manifest des Zaren über den Uebertritt der Großfürstin Elisabeth publicicrt. Wenngleich es in einer die Gefühle der lutherischen Unterthanen äußerst verletzenden Weise abgefaßt war, so konnte man ja Niemandem wehren, über diese traurige Conversion sich zu freuen. Vor einiger Zeit verlautete, daß die lutherischen Pastoren würden gezwungen werden diesen Freudenerguß vor ihren Gemeinden zu verlesen. Trotz aller Erfahrungen von brutaler Gewalt wollte es doch Niemand recht glauben. Da kam zuerst der Befehl an sämtliche lutherische Beamte oder irgend wie offizielle Persönlichkeiten (unser Stadthaupt, den Landesbevollmächtigten u. s. w.), der Freudcnfeier in der griechischen Kirche beizuwohnen. Als sie es unterließen, wurden sie im „Rie- aaer Boten", einer russischen Zeitschrift, verdächtigt. Jetzt ist der Befehl wirklich an die Konsistorien angelangt, die Veröffentlichung des Manifestes in den Kirchen den Pastoren vorzuschreiben. Unser General-Superintendent ist entschlossen, den Befehl nicht auszuführen. Unterbleibt es, so ist die Auflösäng der Consistorien das Wahrscheinliche. Wird er von den weltlichen Gliedern überstimmt, kommt der Befehl an die Pastoren, so werden die meisten ihn nicht erfüllen. Neulich wurde uns schon nach dem Tode der Großfürstin Olga befohlen, die Gemeinden zu ermahnen, für ihre Seelen zu beten. Der Druck und die Vergewaltigung der Gewissen wachsen beständig: Eden in diesen Tagen ist der Lehrer Krüger im Seminar zu Jrmlon, der viele Jahre treu und gewissenhaft in aller Stille gearbeitet hat, ein Mann mit zahlreicher Familie, ausgewiesen worden."
Der Petersburger Correspondet des Daily Telegraph berichtet, daß Elend und Mangel unter der russischen Landbevölkerung stetig im Zunehmen begriffen sind und daß keine Aussicht auf demnäch- stige Besserung der Verhältnisse vorhanden ist. In vielen Distrikten besitzen die Einwohner weder Geld noch Getreide und Hunderte, nein tausende von Per- sonen in den Gouvernements Kazan, Simbirsk, Samara u. s. f. erlagen während der jüngsten 5 Wochen dem Hunger. Der Minister des Innern hat ein vertrauliches Circular versandt, in dem jede Erwähnung der eben gemeldeten Vorgänge verboten wird. Der Finanzminister besteht trotz des Elends auf Abführung der fälligen Steuern und Steuerrückstände, weil er weiß, daß er dieselben später überhaupt nicht einzutreiben in der Lage sein wird, denn die Verhältnisse nehmen von Tag zu Tag einen traurigeren Charakter an.
Der russische Hof ist der einzige gewesen, der es nicht für angezeigt gefunden hat, den König
Karl von Rumänien zu seinem 25jährigcn Regierungs-Jubiläum zu beglückwünschen. Die Außerachtlassung einer so selbstverständlichen Höflichkeitsform ist wohl nicht bloß ein Ausdruck der wenig freundschaftlichen Gesinnung, welche man für den König Karl selbst in Petersburg hegt, sondern ganz insbesondere auch noch ein solcher der Verstimmung darüber, daß sogar das gegenwärtige konservative Kabinet die Erwartungen, welche man russischerseits von demselben gehegt hat, nicht rechtfertigt. Die Verletzung der zwischen den Höfen üblichen Höflichkeit von Seiten Rußlands hat somit in gewissem Sinn eine geradezu erfreuliche Bedeutung.
Wie vorauszusehen war, wird der vom Zaren in der französischen Ausstellung in Moskau abgestattete Besuch von der russischen und französischen Presse als eine förmliche Besiegelung des Freundschaftsbündnisses zwischen beiden Nationen ausgelegt. Es sind wahre Triumphgesänge, die im Osten und Westen erschallen und die besonders die verhaßten Germanen bis ins Mark erschüttern sollen. Die Wirkung ist allerdings eine drastische, aber weniger durch hervorgerufenes Angstgefühl, als durch die Geschmacklosigkeiten, die sich m die Herzensergüsse unserer Feinde mischen. So z. B. sagt ein russisches Blatt, daß der Zar über die Gebeine der im furchtbaren Brand von 18 l 2 umgekommenen Franzosen hinweg den französischen Gästen die Hand der Versöhnung, des Vergessen-?, der Verbrüderung gereicht hat. Angenehme Erinnerung!
Türkei.
Der Sultan empfing den in Konstantinopel cingctroffenen Leiter der deutschen Reichspost, Ex- cellenz v. Stephan. Einen Orden wird Herr von Stephan natürlich auch in Stambul erhalten.
Ein Bericht der „Politischen Korrespondenz" aus Konstantinopel gibt dem festen Entschlüsse der Pforte Ausdruck, den Zuständen, welche den Ueder fall des Zuges ermöglicht haben, ein Ende zu machen. Sofort nach Befreiung der Gefangenen sollen die Grenzen der Provinzen militärisch besetzt und ein Kesseltreiben gegen die Briganten veranstaltet werden. Eine exemplarische Bestrafung sei beabsichtigt; denn die Negierung habe die ernste Absicht, das Räuber- unwescu in der Provinz Adrianopel vollständig zu vernichten. Die Pforte soll sich bereit erklärt haben, die Vorschläge des deutschen Botschafters von Rado- witz in dieser Beziehung zu befolgen.
Belgrad, 6. Juni. Hier verlautet, die Gefangenen (vom Orient-Expreßzug) seien bereits freigelassen. Fünf Räuber, bei welchen man 23 000 Franken vorfand, seien verhaftet und nach Adrianopel abgeführt worden.
Kleinere Mitteilungr».
Wie man schreibt, befinden sich zur Zeit im Kloster Beuron nahezu hundert Ordensmänner, Priester, Novizen und Laienbrüder.
Aus Württemberg, 2. Juni. Einen bösen Streich haben sich selbst einige Bewohner in einem Grenzorte gespielt. Mit größter Bereitwilligkeit nahmen sie einen alten verwandten Ausgewanderten auf, der sich anmerken ließ, daß er „sehr reich" sei, aber auch an Taubheit litt. Dieses körperliche Gebrechen gab den zärtlichen Verwandten die Gelegenheit, sich in ihren kränkenden und ehrenrührigen Ausdrücken keinen Zwang aufzuerlegen. Eine Zeit lang ließ der so freundlichst Aufgenommene Alles über sich ergehen, doch auch seine Geduld hatte ein Ende; eines Tages zog er fort, und mit ihm waren auch so an die hunderttaufend Mark fort. Der gekränkte Mann hatte die Taubheit nur geheuchelt, um die Erben kennen zu lernen, die nun statt der reichen Erbschaft einen Monstreprozeß wegen Beleidigungen aller Art erhalten. Derselbe soll nächster Tage vor dem Gericht in M. verhandelt werden.
Im Park des Schlosses Ruhleben, so erzählt eine Berliner Lokalkorrespondenz , baute sich vor Jahren ein Storch mit feiner Gefährtin an und beide kehrten regelmäßig wieder. Um zu sehen, ob das Storchenpaar stets dasselbe sei, wurde dem Männchen auf Anordnung des Besitzers ein stählerner Ring um das linke Bein gelegt, auf welchem der Ort und die Jahreszahl 1890 eingraviert war. In diesem Frühjahr kehrte der also gezeichnete Storch wieder, hatte aber jetzt an jedem Bein einen Ring. An das rechte Bein war ihm in der Fremde ein silberner Ring gelegt worden, auf welchem nur die
Worte standen: „Indien sendet Deutschland seinen Gruß!
Leipzig, 3. Juni. Am vergangenen Sonntag in der Mittagsstunde bestieg ein Mann in Neustadt bei Leipzig das Dach der Schule, zog seinen Rock aus und zählte laut, daß es über den Markt schallte: eins, zwei, drei! Bei drei stürzte er sich aus einer Höhe von vier Stockwerk hinab aufs Trottoir und war sofort eine Leiche. Der Selbstmörder war ein dem Trunk ergebener Stuckaturarbeiter.
Die Entdeckung eines fabelhaften Schatzes, der auch nicht eines hohen politischen und historischen Interesses entbehrt, ist, dem „Hann. Cour." zufolge, in Rio de Janeiro gemacht worden und hält, wie die letzte Post ron dort meldet, die Gemüter in ganz Brasilien in gewaltiger Aufregung. Der Ingenieur, unter dessen Leitung das Fort San Antonio in Rio de Janeiro geschleift wird, stieß in einem der unterirdischen Gänge des Kastells auf eine Menge von Behältnissen Säcken und Packeten, die schon beim ersten Blick verrieten, daß in ihnen Wertvolles verborgen sein müsse. Da die Regierung in dem mit dem Ingenieur abgeschlossenen Vertrage sich ausbedungen hatte, daß von Kostbarkeiten, welche bei dem Abbruche aufgefunden würden, die Hälfte ihr zu- fallcn solle, so erstattete er sofort von seiner Entdeckung Anzeige. Alsbald erschien eine Kommission an Ort und Stelle. Nach der von dieser der Regierung unterbreiteten Denkschrift hatte sich in dem unterirdischen Gange Folgendes vorgesunden: 112 Holzkasten, jeder eisenbeschlagen und mit drei Schlössern versehen und jeder 856 Kilo schwer. Ferner 4 je 615 Kilo schwere Kasten aus getriebenem Eisen, 16 zugenähte Ledersäcke, jeder Sack 59 Kilo wiegend, 806 Packete aus Pergamentpapier mit einem Gesamtgewicht von 1457 Kilo, endlich 3 Kasten mit Dokumenten und 26 etwas beschädigte andere Packete. Bei der Oeffnung fanden sich nun in den 112 Holz- kastcn 70 Millionen Franks Gold in alten portugiesische» Eruzados. lieber die ursprüngliche Bestimmung dieses Goldes gab teilweise Auskunft eine in den Dokumentcnkasten Vorgefundene Quittung in welcher der Bruder Desarte Anton, Oberer des Jesuitenordens, bescheinigt, 20 Millionen Goldcruzados empfangen zu haben mit der Ordre, die Summe nach Portugal an Johann V. als Ehrentribut für seine Reise nach Brasilien zu senden. Es ging aus der betreffenden Quittung weiter hervor, daß außer diesen 20 Millionen die 2460 Kilogramm Goldkörner, die in den 4 oben erwähnten Kasten sich vorfanden, und die 945 Kilo Goldplatten nebst den verschiedenen, aus Gold kunstvoll gearbeiteten Gegenständen, die man des weiteren aus den übrigen Kasten, Packeten u. s. w. ans Tageslicht gebracht hatte, an Bord der königlichen Galeonen geschafft werden sollten, welche unter dem Commando des Jnfanten Don Sebastian, auf der Rückfahrt nach Lissabon begriffen, Brasilien anlaufen sollten. Jetzt stellt sich heraus, daß dies jenes Gold war, welches im vorigen Jahrhundert Portugals berühmtester Staatsmann, der Marquis de Pombal, vergebens von dem Oberen der brasilianischen Jesuiten reklamiert hatte. Dieser leugnete seiner Zeit, daß der Schatz sich noch in seinen Händen befände, da er denselben bereits abgesandt hätte. Die Folge hiervon war das berühmte Dekret des sonst fromm gewesenen Marquis de Pombal, welches die Jesuiten aus Portugal und Brasilien vertrieb. Die 26 etwas beschädigten Packete enthielten eine große Anzahl kostbarer Steine, deren Wert man zunächst noch gar nicht abzuschätzen vermocht hatte. Zu bemerken aber ist noch, daß die Ausgrabungen an der betreffenden Fundstätte noch nicht beendet waren, so daß man bei Abgang der Post noch auf weitere Entdeckungen sich glaubte gefaßt machen zu dürfen. Gespannt ist in Brasilien alle Welt besonders darauf, ob nun die Jesuiten sowohl wie die portugiesische Regierung Anspruchsrechte geltend machen werden.
Ein furchtbarer Wirbelsturm suchte die nordamerikanischen Staaten Illinois und Dakate heim. Viele Ortschaften sind zerstört, Menschen verletzt und getötet. Aus Arabien wird ein stärkeres Umsichgreifen der Cholera berichtet. Die Quarantänemaßregeln sind verschärft.
Ganz Syrien ist von heftigem Hagelwetter heimgesucht. Der Schaden ist sehr groß.
Verantwortlicher Redakteur Stein wandet in Stagold. — Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schcn Buchdruckcrei.