Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
M 67
Erscheint wöchentlich Smal: Dienstag, Donnerstag nnd Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 ^!, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 ^ 20 Monats-Abonnement nach Verhältnis.
Dienstag 9. Juni
Insertions-Gebühr für die Ispaltigc Zeile aus
gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmaliger je 6 4.
Die Inserate müssen svätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.
1891
«rr das inserie- ^ende -Dubttkurn!
Durch Aenderung des Postkurses Herrenberg— Oberjettingen sind wir genötigt, das Blatt bälder als bisher abzuschließen, um die Exemplare sür den Bezirk Herrenberg zeitig liefern zu können.
Wir bitten daher das verehrt, inserierende Publikum, die in einer bestimmten Nummer des Gesellschafters aufzunehmenden Inserate immer am Tage vor dem Druck des Blattes, also am Sonntag, Dienstag und Donnerstag, der Druckerei aufzugeben.
Redaktion des Gesellschafter. Amtliches.
Nagold. Bekanntmachung,
betr. die Neuwahl der Vertreter der Flößerschaft.
Nachdem die Wahlperiode der am 28. Okt. 1887 gewählten Vertreter der Flößerschast abgelaufen, ist eine Neuwahl herbcizuführen. Demgemäß sind die bei der Flößerei auf der Enz, Nagold und den Sei- tenbächcn in Betracht kommenden Flößer zu ermitteln. Die Ortsvorstehcr der in Betracht kommenden Gemeinden des Oberamtsbezirks Nagold erhalten nun die Weisung, Verzeichnisse sämtlicher Flößer ihres Gemeindebezirks aufzustellen, diese Verzeichnisse nach ihrer Aufstellung unter ortsüblicher Bekanntmachung während 8 Tagen auf dem Rathaus öffentlich aufzulegen und die Beteiligten aufzufordern, in dieser Frist Anträge auf Ergänzug oder Berichtigung dieser Verzeichnisse beim Schultheißenamt anzubrin- gen, worüber im Anstandsfall vom Oberamt zu entscheiden wäre. Nach dieser Auflegefrist, bezw. nach Erledigung etwaiger Anstände sind die Verzeichnisse von den Ortsvorstehern in der Richtung zu beurkunden, daß die in dieselben Aufgcnommenen zur Flößerschast i. S. der Floßordnung vom 20. April 1883 gehören. Diese Verzeichnisse sind bis längstens 25. ds. Mts. hieher einzusenden, event. wäre Fehlanzeige zu erstatten.
Bemerkt wird, daß als in das Verzeichnis aufzunehmende Flößer alle diejenigen anzusehen sind, welche auf der Enz, Nagold und ihren Seitenbächen auf eigene Rechnung Flößerei treiben, also diejenigen Holzhändler rc., welche Stammholz auf dem Wasser transportieren, sei es, daß solches in unverarbeitetem Zustand nach Mannheim und andern Holzabsatzplätzen verbracht und dort verkauft, oder nur bis zu den an Enz, Nagold und ihren Seitenbächen gelegenen Schneidewerkett auf dem Wasser geführt wird, um dort verarbeitet zu werden und daß diejenigen nicht zu den Flößern in diesem Sinn gehören und daher nicht aufzunehmen sind, welche nicht mit eigenem Holz, sondern im Dienst bezw. Auftrag Anderer gegen Belohnung flößen.
Den 4. Juni 1891.
K. Oberamt. vr. Gugel.
Tages-WerrigKerLen.
Deutsches Weich.
Tühingen, 3. Juni. Die Gewerbeausstellung endet, eine Seltenheit, ohne Defizit. Dir höchste Besucherzahl mit 3000 wurde am letzten Sonntag erreicht.
Stuttgart,^ Juni. Heute Mittag 12 Uhr kam aus München die einzige noch lebende Schwester unseres unvergeßlichen Kaisers Wilhelm I. die Groß- herzogin Mutter von Mecklenburg-Schwerin hier durch. Um der 89jährigen Greisin den Weg ins Schloß zu ersparen, begrüßte ihre Nichte, I. M. die Königin,
die hohe Frau in dem Salonwagen an der Bahn und verweilte hier bis zur Weiterfahrt des Zuges 12 Uhr 25 Min. Der Abschied der beiden hohen Frauen von einander war ein überaus rührender.
Stuttgart, 4. Juni. (Auszeichnung.) In der heutigen Hauptprobe des Musikfestes hat I. M. die Königin vor Beginn der Königshymne den Prof. Dr. Faißt in ihre Loge befohlen und demselben mit huldvollen Worten der Anerkennung für seine verdienstvolle Thätigkeit, zugleich mit im Namen S. M. des Königs, einen Kapellmeisterstab überreicht. Der kostbare Stab ist von Elfenbein gefertigt und von goldenem Lorbeerzweige umschlungen; an seiner Spitze funkelt ein großer Diamant.
Stuttgart, 4. Juni. In der heutigen Gemeinderatssitzung wurde über den von den demokratischen Stadträten Lauser und Fischer gestellten Antrag betr. Suspension der Getreidezölle mit 12 gegen 7 Stimmen zur Tagesordnung übergegangen.
Stuttgart, 5. Juni. An Hofprediger Dr. Braun sind von Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin 600 ^ als huldvoller Beitrag zum Karl Gerok-Denkmal gelangt.
Stuttgart, 5. Juni. Der König, der Protektor des Musikfestes, lud heute die Mitwirkenden und viele andere Personen, die sich um das Gelingen des Festes verdient gemacht haben, auf die Wilhelms zum Gartenfest. Leider gestattete es der gegenwärtige Gesundheitszustand des Königs nicht, persönlich in der Wilhelm« zu erscheinen, dagegen erschien gegen 5 Uhr die Königin von der Villa Berg und ließ sich mit vielen der zahlreich erschienenen Damen in eine ihrem leutseligen Wesen entsprechende Unterhaltung ein.
Cannstatt, 3. Juni. Unsere Metzger haben mit dem Heutigen einen Fleischabschlag eintre- ten lassen, und zwar kostet nunmehr das Kalbfleisch statt 70 ^f, 65 das Schweinefleisch statt 66 60 Pfennig.
Fellbach, 4. Juni. Am letzten Samstag hielr der hiesige evangelische Arbeiterverein bei K. Sey- bold z. Rebstock seine Monatsversammlung, die von hiesigen Arbeitern, Handwerkern und Weingärtnern, sowie von sonstigen hiesigen und Cannstatter Freunden wohl besucht war. Auch einige Sozialdemokraten hatten sich eingestellt. Den Mittelpunkt bildete der überaus klare und warme Vortrag von Rektor Conz aus Cannstatt über das Thema: „Arbeiterhilfe, ein alter Weg zu neuen Zielen." Redner ging davon aus, daß die soziale Frage nicht bloß die Arbeiter, sondern da- ganze Volk bewege. Die soziale Frage ist in unserer Zeit allerdings wesentlich eine Arbeiterfrage: der Arbeiter verlangt nach Hilfe und er bedarf einer Hilfe. Wo aber fehlt es? Bloß am Geldbeutel? Ist die soziale Frage bloß eine Magensrage? Dann wäre die Abhilfe nicht so schwer. Viel drückender als die materielle Einschränkung wird vom Arbeiter der Mangel an Freiheit empfunden. Während er im politischen Leben vollberechtigter Bürger ist, ist er in seinen sozialen Verhältnissen mit seiner ganzen Ezistenz von der Person und dem Betrieb des Arbeitgebers abhängig ; er ist selbst wie ein Rad in den Betrieb der Fabrik eingespannt. Aber das Uebel sitzt noch tiefer: Der Arbeiter vermißt die persönliche Liebe. Er sieht sich bloß als eine Ware behandelt. An all diesen Beschwerden des Arbeiters setzt die Sozialdemokratie ihre Hebel ein und erklärt die Abhilfe für ihr Monopol. Zu- nächst faßt sie die Besserung der materiellen Lage des
Arbeiters nach allen ihren Seiten ins Auge. Aber Abhilfe in dieser Beziehung ist nicht ihr eigentliches letztes Ziel, sonst würde sie nicht die staatlichen Linderungsmittel und Bersicherungsgesetze teils mißtrauisch aufnehmen, teils ganz ablehnen. Die Sozialdemokratie geht vielmehr tiefer in die Lebensverhältnisse des Arbeiters hinein. Ihr Angriff richtet sich auf die Religion, die sie von ihrem materialistischen Standpunkt aus als „unwissenschaftliche Geistesvergiftung" verachtet, gegen die Ehe. deren rechtliche Bande im Interesse der Freiheit möglichst gelockert oder ganz gelöst werden sollen, gegen das Vaterland, das sie seit ihrem Bestehen in der empörendsten Weise beschimpft zu Gunsten einer internationalen Menscheuverbrüderung. Während also das Vermissen der Liebe der tiefste Grund der Arbeiterklage ist, reißt die Sozialdemokratie vollends alle Liebe zu Religion, Familie und Vaterland aus dem Herzen des Arbeiters. Wahre Liebe läßt sich für alle Zeiten und Verhältnisse nur schöpfen aus der alten Quelle, die Christus eröffnet hat. Die Kräfte der Liebe können nur aus dem Evangelium kommen und sie müssen aus demselben kommen. Das Evangelium muß darum eine kräftige, praktische Be« thätigung gewinnen in allen Ständen und Gliedern unseres Volkes. Dann werden auch mehr und mehr die Klagen verstummen und die wirklichen Notstände beseitigt; dann wird der Arbeiterstand ein Salz und Stolz unseres Volkes. An diesem Vortrag, der mit großem Beifall ausgenommen wurde, knüpfte sich noch eine lebhafte Erörterung nnt den anwesenden Sozialdemokraten, deren Ausführungen aber entschiedene und treffende Ablehnung von Seiten der Anwesenden erhielten.
Das schwere Unwetter in der Nacht vom 2./3. Juni bestand, wie dies bei stärkeren Gewittern gewöhnlich der Fall ist, aus mehreren Gewitterzügen, welche kurz hinter einander in der Richtung von Südwest gegen Nordost auf einander folgten. Die erste Wahrnehmung wurde auf dem Bruderhof bei Hohentwiel um 9?° abends gemacht, die letzte auf der Ulmer Alb um 3,°° früh, ja ein Nachzügler noch bis 4." stütz in Heidenheim und 5." morgens in .Herbrechtingen. Betroffen wurde vor allem Oberischwaben, insbesondere Äiberach, Ravensburg, Aulendorf, Buchau, Saulgau u. s. f., sodann das Allgäu, die Ulmer Alb, ein Teil der rauhen Alb und des Älbvorlands, namentlich das Reutlinger Gebiet, sodann der Schwarzwald nordwärts bis Calw, ostwärts bis zum oberen Nekar. Das Bodenseeufer ! blieb verschont, obwohl dort die Blitze gesehen wur- den, und ebenso das Unterland, mit Ausnahme des Steinlach- und Schutzgebiets (Dußlingen, Derendingen, Reutlingen, Sondelfingen.) Nordwärts wurde» nur in Bopfingen und in Pfahlbronn Donnerschläge eines im Süden befindlichen Gewitters vernommen. Die Blitze aber waren nicht nur in Böblingen, in Gaildorf, in Stuttgart u. a. O., sondern bis nach Möckmühl beobachtet.
München, 5. Juni. Das Sommergetreide in ganz Bayern hat sich im Laufe des Monats Mai durchgehend bestens entwickelt. Die Wintersaaten, soweit dieselben nicht umgepflügt wurden, sind unbefriedigend. Sollte das Wetter günstig bleiben, wird das Sommergetreide den Ausfall des Winters genügend decken.
Kürzlich ist aus Bonn der Tod des ttr. Gott- fried Kingel, Sohn des bekannten Dichters, gemel-