Der Gesellschafter.

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Dienstag 21. April

1891.

Tccges-Weuigkeiten.

Deutsches Weich.

Stuttgart, 14. April. Bekanntlich ist die Sängerreise des Liederkranzes Stuttgart nach Berlin beschlossene Sache. Am Sonntag den 26. Juli wird die Reise der Sänger von etwa 150 Herrn angetreten, welche sämtlich im Centralhotel einquar­tiert werden. Es war keine Kleinigkeit, eine so große Zahl in ein und demselben Hanse unterzu­bringen, und ist es namentlich dem Eintreten unseres Gesandten, Staatsrat Moser in Berlin zu verdanken, daß dies gelungen ist. Die Berliner Sangesbrüder, welche sich auf den Besuch der Schwaben in Berlin herzlich freuen, unterstützten sie in jeder Weise mit Rat u. That, so daß sich der Aufenthalt unserer Lieder­kranzsängerin Berlin gewiß zu einem in jeder Beziehung zufriedenstellenden, ja glänzenden gestalten wird.

Stuttgart, 15. April. In der Kammer der Abgeordneten wurde jüngst die Frage einerAbrun­dung" der Abgeordneten-Taggelder angeregt; den Antrag auf eine wesentliche Erhöhung dieser Diäten wagte kein Abgeordneter zu stellen, weil aus nahe­liegenden Gründen jeder sich scheut, gewissermaßen für seine eigene Aufbesserung einzutreten. Die Mit­glieder des Landtags erhalten bekanntlich noch immer wie von allem Anfang an ein Taggeld von einem württembergischen Dukaten (5 Gulden 45 Kreuzer) oder auf Reichswährung umgerechnet 9,43 Für diejenigen Abgeordneten, welche wegen zu großer Entfernung von ihrer Heimat über die Dauer des Landtags in Stuttgart sich einmieten und in Gast­höfen speisen müssen, reichen 9,43 ^ entschieden nicht aus, da sie, um ein bezeichnendes Sprichwort zu gebrauchen,sich nicht lumpen lassen können." Zur Zeit der Einführung der Verfassung (1819) konnten die Abgeordneten mit einem Dukaten recht anständig auskommen; aber seit jener Zeit haben sich die Kosten eines Aufenthalts in Stuttgart min­destens verdreifacht. Wiederholt ist allen Staats­beamten und öffentlichen Dienern eine Gehaltsauf­besserung bewilligt worden und sicher hätte die Re­gierung auch schon längst einen Gesetzentwurf einge­bracht, um die Taggelder der Ständemitglieder in zeitgemäßer Weise zu erhöhen, wenn sie nicht die Scheu der letzteren, für ein solches Gesetz zu stimmen, gekannt hätte. Irgend einmal sollte aber doch hier Wandel geschafft werden; denn nirgends in der ganzen Welt sind die Abgeordneten-Diäten so niedrig, wie gerade bei uns; in Preußen erhalten sie z. B. täglich 15 in den meisten übrigen deutschen Staaten täglich 12 Bis auf letzteren Betrag sollte man auch in Württemberg gehen; und man könnte dies auch ohne jegliche Mehrausgabe für die Staatskasse thun, wenn man denjenigen Ständemit­gliedern, welche in Stuttgart selbst wohnen, gar keine Diäten und denjenigen, welche in nächster Nähe von Stuttgart wohnen, erheblich ermäßigte Diäten (etwa 3 ^ pro Tag) bezahlen würde. Nicht weniger als 22 Mitglieder der Kammer der Abge­ordneten haben ihren ständigen Wohnsitz in Stutt­gart, zwei wohnen in Cannstatt, drei in Ludwigsburg, einer in Eßlingen. Nach obigem Vorschlag würden täglich in der zweiten Kammer allein 258 Mark SO Pfg., oder da der gegenwärtige Kammerpräsident hier nicht in Betracht kommt (derselbe erhält ein festes Jahresgehalt), nahezu 250 ^ täglich erspart werden.

Stuttgart, 15. April. (Landtag.) Bei der heutigen Beratung über die Bodensee-Dampfschifffahrt in der zweiten

Kammer gab der Abg. Bueble in recht partikularistischer Weise seiner Mißstimmung über die Anstellung von zwei norddeutschen Unteroffizieren der k. Marine auf unseren Bodenseedampfschiffen Ausdruck. Ministerpräsident Dr. Frhr. v. Mittnacht nahm Anlaß, dem Herrn Bueble unter dem Beifall des Hauses seine partikularistischen Neigungen zu verweisen. Man könne doch bei Heranziehung von Angehörigen der deutschen Marine, in der auch Württemberger nicht zurückgewiesen werden, nicht von fremden Elementen sprechen. Nebenbei gesagt, war die Anstellung dieser gelernten Seeleute auf den Bodensecdampf- schiffen, wo allerlei nautische Ungeheuerlichkeiten begangen wurden, aus sachlichen Gründen dringend geboten. Württem­berg beabsichtigt wieder den Bau eines neuen Saloufiootes und einer Dampfbarkasse zur Vervollständigung seiner Boden­seeflottille und wurden für diesen Zweck 265 000 ^ genehmigt, ferner 118 000 für eine elektrische Beleuchtungsanlage für Bahnhof und Hafen von Friedrichshafen. Der Reinertrag der staatlichen Hüttenwerke und Salinen ward mit 250 000 Mark resp. 400 000 ^ jährlich in den Etat eingestellt. Der neugewählte rittcrschaftliche Abgeordnete für den Do­naukreis, Frhr. v. Ulm-Erbach, ward heute eingeführt und beeidigt. In der heutigen Sitzung der ersten Kammer be­klagte sich Fürst Hohenlohe-Langenburg über die ungleiche Verteilung der Einquartierungslasten im Lande. Prinz Wilhelm, welcher den Sitzungen der Standesherren fleißig beiwohnt, sprach heute seine Befriedigung über das neu ein­gerichtete Institut der berittenen Landjäger aus, und Minister v. Schmid versprach, dem Laude baldigst Mitteilung zu machen über die Resultate der Impfung mit Kochin bei Rindvieh, die kürzlich in Karlsruhe vorgenommen worden ist, und wozu Württemberg einen Delegierten geschickt hatte. In der gemeinschaftlichen Sitzung beider Kammern ward heute zum ständischen Archivar Dc. Adam, welcher schon seit 11 Jahren als Hilfsarbeiter im ständigen Bureau thätig ist, gewählt.

Stuttgart, 16. April. (Landtag.) Die das Land nun schon so lange beschäftigende Verwaltungsreform-Vorlage ist durch den heutigen Beschluß der Kammer der Abgeordneten gerettet. Die zweite Kammer ist allerdings bei ihrem Beschluß, den Höchstbesteuerten nicht Sitz und Stimme im Gemcinderat in Etatssachen eiuzuräumen, geblieben, hat aber mit 56 gegen 23 Stimmen einen von der Kommission beantragten Kom- promißvorschlag angenommen, wonach den Höchstbestenerten das Beschwerderecht gegen ihren Interessen zuwiderlaufende Gemeinderatsbeschlüsse bis an das Ministerium des Innern ausdrücklich garantiert wird. Die Standesherren werden ihrerseits zweifellos mit dieser Lösung der Frage einverstanden sein, und so wird denn wohl mit dem 1. Dez. d. I. die neue Verwaltungsreform bei uns eingeführt werden. Aus der heutigen Debatte ist zu bemerken, daß es namentlich die Abgg. Ebner, Haußmann (Gerabronn) Scbnaidt und Maurer waren, die gegen den Kompromißvorschlag zu Felde zogen und denselben noch schlimmer bczeichneten, als den ursprüng­lichen Regiernngsentwurf, weil er viel größeren Eingriff in die Autonomie der Gemeinden bedeute, als dieser. Der Berichterstatter Dr. v. Göz verteidigte den Kommissions- Vorschlag, der weiter nichts als eine Sanktionierung des bestehenden Rechtszustandes sei, da schon jetzt jedem Steuer­pflichtigen das Beschwerderecht bis an das Ministerium zu­stehe. Auch Minister v. Schmid hatte gleich zu Anfang das Wort ergriffen, um zu erklären, daß die Regierung in dem Kommissionsantrag einen zureichenden Schutz der Höchstbe­steuerten erblickte, und später trat er nochmals zu Gunsten des Antrages ein, der, wie oben schon mitgeteilt ward, an­genommen wurde. Heute gab Kammerpräsident v. Hohl ein parlamentisches Diner.

Stuttgart, 17. Mai. Die Sozialisten planen eine Strikekaffe im Anschluß an den 1. Mai. Jeder Arbeiter soll einen Teil seines Verdienstes am 1. Mai zur Unterstützung von Strikes abgeben. Es soll hiezu für Württemberg in Stuttgart eine Haupt- Sammelstelle errichtet werden.

Stuttgart, 18. April. Wie derMerkur" hört, hat der evangelische Gesamtkirchengemeinderat für Stuttgart für das laufende Jahr die Umlage einer Kirchensteuer von 8 Proz. der Staatssteuern beschlossen. Der Umlage sind nach dem Statut un­terworfen sämtliche evangelische Kirchengenossen, so­weit sie nicht Berufshalber Mitglieder der Hof- oder Garnisonskirchengemeinde sind, oder dem Kirchspiel Berg angehören.

Die öffentlichen Denkmäler in Stuttgart sind in letzter Zeit wiederholt von bübischer Hand be­

schädigt worden. So das Hauff-Denkmal, dem Mörike-Denkmal fehlt jetzt die ganze Nase, ebenso ist das Haidlen-Denkmal arg beschädigt worden.

Ulm, 11. April. Hier ist nachgerade ein solcher Mangel an kleineren Wohnungen, namentlich für Arbeiterfamilien entstanden, daß zwei größere Eta­blissements, die Metallwarenfabrik Wieland u. Cie. und die Feuerwehrgerätschaftenfabrik von Magirus sich entschlossen haben, eine größere Anzahl Arbeiter­wohnungen zu bauen. Auch die Stadtverwaltung wird demnächst in dieser Richtung Vorgehen; es sollen durch unentgeltliche, oder wenigstens sehr bil­lige Abgabe von Baugrund außerhalb des Festungs­walles Bauunternehmer veranlaßt werden, Arbeiter­wohnhäuser zu errichten.

Gmünd, 12. April. Die Gewerbebankange­legenheit regt die Gemüter noch auf; 50 000 ^ sind verloren. Wer nun diesen Verlust tragen soll, darüber ist ein Streit zwischen Verwaltung und Mitgliedern entbrannt. Die Verwaltung möchte gerne den Betrag oder doch einen Teil des zu dek- kenden Verlustes dem Reservefonds entnehmen, wel­chem die Mitglieder entgegen sind; sie glauben, daß die Verwaltung für den von ihr verursachten Scha­den unter allen Umständen haftbar sei. Auf Montag den 20. April ist die Generalversammlung ausge­schrieben. Soviel verlautet, soll sich die Ver­waltung bezw. Vorstand und Kassier zur Bezahlung von zwei Dritteilen bereit erklärt haben.

Frankfurt a. M., 15. April. Ueber die Brief­markenfälschung, deren Entdeckung im Januar gro­ßes Aufsehen erregte, wurde heute vor der Straf­kammer verhandelt. Der Steindrucker Valentin Bauer (Höchst), welcher geständig ist, 16 000 Zehn­pfennigmarken angefertigt zu haben, wurde zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt, die übrigen 4 Ange­klagten erhielten wegen Verbreitung der Marken S Monate bis 2'/, Jahre Gefängnis.

Der Kaiser hat, wie schon gemeldet, bei seiner jüngsten Anwesenheit in Kiel im Kreise des Ma­rineoffizierkorps eine Rede gehalten, welche großes Aufsehen erregt, weil man in ihr das Programm un­serer Aktion zur See in einem etwaigen Krieg der Zukunft erblickt. Während im Krieg 1870 71 die Flotte thatenlos im Hafen zurückgehalten wurde, hat aus dem Geist, den die Rede des Kaisers in der Marineakademie atmete, das Offizierkorps der Ma­rine die Ueberzeugung gewonnen, daß Zeiten dieser Art so bald nicht wiederkehren werden. Im Gegen­teil, das altpreußische, zur energischen Offensive drängende Element soll in etwaigen zukünftigen Krie­gen auch bei unserer Kriegsmarine zur vollen Gel­tung kommen, trotzdem ihr der Gesamtlage nach die Situation der Defensive vorgeschrieben ist.Der Angriff ist die beste Verteidigung", dieser Grundsatz wird in Zukunft taktisch in allererster Linie stehen, wenn nicht ausschließlich maßgebend sein. Die Fran­zosen beschäftigen sich ber«ts eingehend mit der Rede des Kaisers, in welcher sie ebenfalls ein präzises Programm erblicken, das jedenfalls auf die Taktik der anderen Flotten, sowie auf deren numerische Stärke einwirken werde. Leider wird letztere Wir­kung mit der Zeit auch den deutschen Steuerzahlern fühlbar werden.

Berlin, 17. April. Wie wir hören, beabsichtigen mehrere Reichstagsabgeordnete man nennt die Herren Buhl, v. Cunh, Böttcher, Schneider sich in dieser Woche zur Unterstützung der Wahl des Fürsten Bismarck in den Wahlkreis zu begeben.