Der Gesellschafter

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich Smal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 -1, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 20

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Samstag 18. April

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1891

Amtliches.

Nagold. An die Ortsbehörde» für die Alters­und Jnvaliditiitsversicherung und die Kassiere der Be­zirkskrankenpflegeversicherung, sowie der gem. Orts­krankenkassen Nagold und Altensteig.

Bis zum 25. April d. I. ist bezüglich des Ein­zugs der Beiträge zur Alters- und Jnvaliditätsver- sicherung für die 4. Beitragsperiode (22. März bis 28. April) Vollzugsbericht hieher zu erstatten.

Den 15. April l89i.

K. Oberamt. Pr. Gugel.

N a g o l d. Bekanntmachung

In Unterthalhcim ist die Maul- und Klauen­seuche wieder erloschen.

Den 15. April 1891.

K. Oberamt. A mtm. Marquart.

Nagold. Bekanntmachung.

In Uebcrbcrg ist die Maul- und Klauenseuche wieder erloschen.

Den 15. April l89l.

K. Oberamt. Amtm. Marquart.

Die Wahl in Geestemünde.

Die Reichstagswahl, auf welche nicht nur Deutschland, sondern auch das ganze politische Europa, ja die gebildeten Kreise der ganzen Welt mit Spannung blickten, ist am Mittwoch vollzogen worden. Zu einem endgiltigen Ergebnis hat sie nicht geführt, es muß vielmehr eine Stichwahl statt­finden. Die Wahl hat in verschiedener Hinsicht Ueberraschungen gebracht und die verschiedensten Parteien sind von denselben betroffen. Daß eine Stichwahl stattfinden würde, erschien allen, die keinen allzugroßen Optimismus besitzen, zweifellos Ange­sichts der Thatsache, daß vier Kandidaten den Wählern zur Auswahl präsentiert wurden. Ebenso überraschte es nicht, daß der ehemalige Reichskanzler, Fürst Bismarck, der Stimmenzahl nach an der Spitze der 4 Kandidaten marschiert. War er ja von der nat.-lib. Partei, die bisher das Mandat inne hatte, aufgestellt, wozu sich noch die Wirkung des Glanzes seines Namens gesellte, welche zum mindesten die Wirkung des weniger günstigen Umstandes wieder aufhob, daß der Kandidat nicht persönlich im Wahl­kreise erscheinen konnte, um um die Stimmen der Wähler zu werben. Ueberraschend aber muß bei der unerhört starken Agitation, die in dem Wahlkreis Geestemünde - Ofterndorf - Neuhaus - Jork getrieben wurde, es erscheinen, daß die Wahlbeteiligung nicht einmal an die des Jahres 1890 hinanreichte! Damals wurden im ersten Wahlgang rund 17000, im zweiten rund 21000 Stimmen abgegeben. Ueber­raschend sind auch die Ziffern, welche der sozialistische und der deutschfreisinnige Kandidat auf sich vereinig­ten. In den Reihen der Anhänger der beiden Kan­didaten wird man über den Ausfall der Wahl be­sonders bettoffen sein. Die Sozialisten von Ham­burg und Bremen überschwemmten den Wahlbezirk förmlich mit ihren Agitatoren und posaunten zuver­sichtlich aus, daß sie für denGenossen" Schmal­feld mindestens 6000 Stimmen erzielen würden. Denn das endgültige Resultat deren 4000 ergibt, dürfen die Herren zufrieden sein. Sie hätten dann ^uen Rückgang um etwa 1000 Stimmen gegen EO, statt des erhofften Gewinns in der gleichen stärke. Und der deutschsreisinnige Kandidat, Herr ^°losf, erhielt zwar einige hundert Stimmen als 18S0, ist aber trotz der intensiven Agita­

tion zahlreicher deutschfreis. Reichstagsabgeordneter wie 1890 an der letzten Stelle der 4 Kandidaten, womit die deutschfreisinnige und demokratische Presse, die als die beiden einzig ernst zu nehmenden Kandi­daten Bismarck und Adloff benannte, gleichfalls chwer enttäuscht, zugenommen hat lediglich der Welfe, Herr v. Plate, und wenn man, da dieser gleich­falls Schutzzöllner ist, dessen und Bismarcks Stim­men zusammenzählt, so erhält man das interessante Ergebnis, daß trotz verschiedener neuer Ereignisse die schutzzöllnerschen Stimmen gleich geblieben, die reihändlerschen aber zurückgegangen sind. In der Stichwahl erscheint Bismarcks Sieg sicher, da viele deutschfreisinnige, und die schutzzöllnerschen Welfen kei­nen Sozialisten wählen werden.

Gerges-WeuigkeiLen.

Deutsches HkeicH.

tz Nagold, 14. April. Gewerbeverein. Bei der gestrigen Pleuarversammlung, welche durch den Vereinsvorstand, Herrn Fabrikant Sannwald geleitet wurde, war als erster Punkt der Tagesord­nung der Jahresbericht an die Handels- und Ge­werbekammer vorgesehen und entnehmen wir diesem Bericht in Kürze folgendes: Die allgemeine wirt­schaftliche Lage hat sich, obwohl die Ernte von 1890 im allgemeinen weit besser als verschiedene vorher­gehende ausgefallen ist, nicht wesentlich gebessert und wirkt das Fehlen flüssiger Geldmittel lähmend auf die kleineren und mittleren Gewerbe ein. Bezüglich des Berichts über Absatz und Verdienst der einzel­nen Gewerbe wird von der in Nagold und Umge­gend lebhaft aufblühenden Möbelschreinerei gesagt, daß solche zwar hinlänglich Absatz ihrer Erzeugnisse finde, allein der Verdienst sei durch die hohen Holz­preise nur ein mäßiger. Einige Möbelschreiner be­klagten sich, daß ihre Betriebe durch den Fabcikin- spektor in die Fabrikbetriebe eingereiht worden seien, welcher Umstand mit verschiedenen Schwierigkeiten für den Betrieb verbunden sei. (Wurde indessen durch einen Erlaß der Königl. Zentralstelle aufgehoben.) Bei den meisten übrigen Gewerben ist eine Aender- ung weder zum Bessern noch zum Schlimmern zu verzeichnen. Nur die Bierbrauer sind es, welche über 'bedeutenden Rückgang des Geschäfts klagen, da'jdie Konkurrenz der Großbrauereien sich in den kleineren Städten und Landorten immer mehr gel­tend macht und die Axkundschaft in Beschlag nimmt. Auch die Metzger sind nicht recht zufrieden und kla­gen über hohe Viehpreise, was den Fleischkonsum wesentlich beeinträchtige. Die Holzgeschäfte bezeich­nen das verflossene Jahr als ein höchst ungünsflges, da die hohen Holzpreise im Frühjahr in keinem Ver­hältnis zu den Verkaufspreisen stehen und die Nach­frage nach fertiger Schnittware weit hinter der Er­wartung zurückblieb. Ueber die Thätigkeit des Ver­eins erfahren wir, daß 4 Plenarversammlungen und 10 Ausschußsitzungen im Laufe des Jahres stattge­funden haben. Vorträge wurden gehalten: Von Herrn Stadtschultheiß Brodbeck über Alters- und Jnvaliditätsversicherung, von Herrn vr. Fränkel über Mittel zur Erhaltung des mittleren Gewerbestandes, von Herrn Schullehrer Haug über Fortbildungsschul­wesen, von Herrn Fabrikant Sannwald über Alters­und Jnvaliditätsversicherung. Bon der zweckmäßi- gen Einrichtung der Lehrlingsprüfungen machten nur 7 Lehrlinge Gebrauch. Die Zahl der Mitglieder ist 97, ausgetreten 5, neu eingetreten 3. Vermit­

telst Mappenzirkulation werden 20 verschiedene Zeit­schriften gelesen. Außer den Jahresbeiträgen der Mitglieder bestanden die Einnahmen aus Beiträgen der Amtskorporation und der Königl. Zentralstelle. Der Kassenbestand ist 74 ^ 30 Bei der nun vorgenommenen Wahl des Vorstands und Ausschus­ses wurde auf Vorschlag des Herrn Stadtschultheiß Brodbeck, Herrn Fabrikant Sannwald durch Accla- mation wiederholt zum Vorstand gewählt. (Im kom­menden Dezember sind es 25 Jahre, daß Hr. Sann­wald die Leitung des Vereins in Händen hat.) Durch schriftliche Abstimmung wurden in den Aus­schuß gewählt: Sägwerkbesitzer Klingler, Fabrikant Karl Reichert, Friedr. Lutz, Schreiner, Joh. Schuon, Gemeinderat, Friedr. Günther, Uhrmacher, L. Kapp, Stadtpfleger, H. Gauß, Konditor, R. Koch, Fabri­kant, (Rohrdorf), Hirschwirt Klein, G. Schmid, Kauf­mann, H. Schuster, O.-A.-Baumeister, Brodbeck, Stadtschultheiß.

* Nagold, 17. April. Große allgemeine Teil­nahme in weiten Kreisen und besonders in unserer Gegend erregt der unerwartete Tod des Domäne­pächters Oekonomierat Ruoffin Sindlingen. Der­selbe machte letzten Dienstag einen Spazierritt, das etwas feurige Pferd warf den sonst geübten kräftigen Reiter in der Nähe von Oeschelbronn ab, wodurch er einen Rippenbruch erhielt, der scheints die Lunge schädigte, welcher Verletzung er trotz schneller ärzt- stirer Hilfe leider am Donnerstag Abend erlag.

- ^ Simmersfeld, 16. April. (Korresp.) Zur Auerhahnjagd trafen auch Heuer wieder verschiedene hohe Herrschaften in unserer Umgebung ein. Gestern waren hier zu kurzem Aufenthalt angekommen die Herren Prinz Bentheim, Schwager Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen Wilhelm, Hofmarschall Freiherr v. Plato, Oberkriegsrat v. Horion und Hof­maler Reck. Von Oberkriegsrat v. Horion wurde heute früh in den Waldungen bei Simmersfeld ein kapitaler Auerhahn geschossen. Von hier begaben sich die Herrschaften nach der Rehmühle, Gemeinde Aichelberg, O.A. Calw, wo sie fast alljährlich zur Auerhahnjagd einkehren. Auf unserer Höhe schneit es gegenwärtig alle Morgen wie im strengen Winter. Möchte es doch endlich Frühling werden!

Stuttgart, 12. April. Die hiesigen katho­lischen Gesellschaften, das Kasino, der kaufmännische katholische Verein, Lätitia, sowie die Lesevereine be­absichtigen, ein eigenes Heim zu gründen. Es sind bereits 140000 gezeichnet.

Stuttgart, 13. April. Durch den Tod der Großfürstin Michael von Rußland, geborene Prin­zessin Cäcilie von Baden, Schwägerin Ihrer König­lichen Majestäten, der auf der Reise nach der Krim in Charkow erfolgte, sind der König und die Königin in tiefe Trauer versetzt worden. Die Großfürstin war durch hervorragende Geistes- und Charakter­eigenschaften ausgezeichnet und mit unserm Herrscher­paare innig befreundet. Es ist Hoftrauer auf zwei Wochen angeordnet worden.

Es hat sich herausgestellt, daß der Premier- Lieutenant a. D. Bauer, der in Stuttgart auf einen Militärposten geschossen hat, geistesgestört ist. Derselbe war erst kürzlich aus einer Heilanstalt entlassen worden.

Stuttgart, 13. April. (Landtag.) Die Kammer der Staridesherren, welche nach längerer Pause wieder zusammen» getreten ist, beschäftigte sich heute mit der Frage einer anderen Aufstellung des Etats, als sie bis jetzt in Württemberg be­steht. Schon mehrfach sind in beiden Kammern Klagen dar­über laut geworden, daß der württ. Etat denkbar unüber-