und Berichte über meine Experimente entgegenge­nommen, und ich kann wenigstens für Deutschland einstehen, daß, obgleich die Jnjektionsflüssigkeit au­genblicklich noch etwas teuer ist, dieselbe für die ärmsten seiner Mitmenschen erreichbar sein wird. Nein, die Welt muß mir nicht danken, den Herstel­lern moderner Mikroskope sollte man danken. Vor zehn Jahren war mit den damaligen Instrumenten der Bazillus der Tuberkulose nicht zu sehen. Mö­gen sie ihr gutes Werk fortsetzen und es wird nicht ein einziges bösartiges Tierchen, welches am mensch­lichen Körper nagt, unsichtbar bleiben. Wenn die Aerzte nicht mehr im Dunkeln kämpfen müssen, werden sie mit Erfolge kämpfen."

Berlin, 18. Nov. Professor Gerhard stellte heute in seiner Klinik 3 Kranke vor, die mit Koch'- scher Lymphe behandelt werden. Der eine leidet an Rachentuberkulose und reagiert prompt mit den be­kannten Erscheinungen gegen das Mittel. Die beiden anderen sind als lungenschwindsüchtig behandelt worden. Da aber der eine nicht gegen das Mittel reagiert, erklärt Gerhardt ihn nicht mehr als tuber­kulös. In ärztlichen Kreisen macht sich jetzt die Tendenz geltend, vor übertriebenen Hoffnungen, na­mentlich bei Lungenschwindsüchtigen, zu warnen. Auch die Mitarbeiter Koch's versuchen den vielfachen Uebertreibungen entgcgenzutreten. Die Zahl der Aerzte und Patienten, die nach Berlin strömen, ist enorm und wächst immer noch.

Berlin, 19. Nov. Abscheu erregt in weiten Kreisen das Anerbieten hiesiger Kapitalisten an Dr. Koch, seine Erfindung an eine Gesellschaft zu über­tragen und von dieser monopolistisch ausbeuten zu lassen.

Die Zahl der Aerzte, welche zum Studium des neuen Koch'schen Heilmittels nach Berlin schon gekommen sind, dürfte wohl ziemlich 2000 er­reichen. Die provisorischen Kliniken, welche in ver­schiedenen Teilen der Stadt eingerichtet wurden, sind durch den plötzlichen gewaltigen Krankenandrang schnell überfüllt. Es wird aber alles aufgeboten werden, so schnell wie möglich für weitere Patienten Raum zu schaffen. Die städtischen Behörden von Berlin wollen Geheimrat Koch zum Ehrenbürger der Reichshauptstadt ernennen.

Nach derAllg. Ztg." ist man in medizinischen Kreisen, namentlich unter den auswärtigen Aerzten, sehh enttäuscht über den vollständigen Mangel an K o ch'scher Lymphe. Zur Zeit wird mit geringen Vorräten an einigen Privatklinikcn injiziert. Koch und seine Mitarbeiter sind unausgesetzt beschäftigt, neue Vorräte herzustellen, doch ist das Verfahren sehr kompliziert und macht nur sehr langsame Fort­schritte. Man hört jetzt sogar von Personen, die gefälschte Lymphe gegen hohes Geld verkaufen.

122 Professoren und Dozenten der Univer­sität Leipzig haben kürzlich zur Frage der Unter­richtsreform mit der Erklärung Stellung genommen, daß sie in jeder Reform, welche die Grundzüge des Lehrplans unserer humanistischen Gymnasien, insbe­sondere die Beschäftigung mit griechischer Sprache und Litteralur, beseitigen oder wesentlich beeinträch­tigen würde, nur eine schwere Gefährdung der Güter unserer nationalen Bildung erblicken könnten. Auch etwa zwei Drittel der Tübinger Professoren und Privatdozenten haben neuerdings eine ähnliche Er­klärung unterzeichnet.

Oesterreich-Ungarn.

Die Mitteilungen mehrerer Wiener Zeitungen, man habe den Erzherzog Johann von Oesterreich (Johann Orth) aufgesunden, bestätigen sich leider nicht. Die Familie des Vermißten hat keinerlei Nachricht, und ein Gottesdienst, welchen die Mutter Johann Orts abhalten ließ, war kein Dankgottes­dienst, sondern ein Bittgottesdienst.

Wien. Der Wiener Professor Albert sagte in seiner Besprechung von Kochs Heilmethode: Bewahren Sie erstens Ruhe und kaltes Blut, die Menschheit befindet sich in einem Taumel, der gar gewaltig absticht von der nüchternen streng-wissen­schaftlichen Form der Aeußerungen Kochs. Koch selbst sagt, daß mit dem Mittel in inveterierten Fällen der Lungenschwindsucht die Heilung nicht zu erzielen sei. Die Tuberkulosen befinden sich in der größten Hoffnungsfreudigkcit; alle diese Leute werden nach Berlin zusammenströmen und daselbst Heilung suchen. Wenn die Resulate den Erwartungen nicht entsprechen, wird cs heißen, das neue Mittel sei

Schwindel. Dieser Taumel sei darnach angethan, der überaus wertvollen Entdeckung den Todesstoß zu versetzen".

Frankreich.

Paris, 19. Nov. Der russische General S e- liverskosf wurde gestern vormittag im Hotel Baden mit einer Schußwunde bewußtlos aufgefunden. Keine Waffe wurde im Zimmer gefunden.

Paris, 19. Nov. Der russische General Seli- verskoff ist vormittags seinen Verwundungen er­legen. Es bestätigt sich, daß der General das Opfer eines Mordes geworden ist.

Paris, 20. Nov. Die hiesige Polizei ist eifrig bemüht, Padlewski, den Mörder des Generals Seliverskoff, aufzufinden. Die in Paris sich aufhaltenden Nihilisten glauben, der Mörder habe sich rächen wollen wegen seiner Einkerkerung in Deutschland, nach welcher er von der russischen Re­gierung nochmals verhaftet wurde, um in Rußland interniert zu werden. Padlewski rettete sich nach Paris, um sich an Seliverskoff wegen seiner Ver­urteilung zu rächen.

Paris, 20. Nov. Es verlautet, in dem In­stitut von Pasteur seien in den letzten Monaten 5 Todesfälle an Hundswut kurz nach der Impfung vorgekommen.

Paris, 20. Nov. Der Kriegsministcr verbot den Unternehmern militärischer Arbeiten, ausländi­sche Arbeiter zu beschäftigen.

Aus Paris wird gemeldet: Es verlautet, die Regierung beabsichtige eine Massenausweisunq rus­sischer Unterthanen.

Paris. Die Deputiertenkammer genehmigte den Marineetat, bei welcher Gelegenheit von der Regie­rung die bevorstehende Vermehrung der Kriegsschiffe angekündigt wurde. Im Ganzen sollen 180 Millio­nen Frcs. gefordert werden, denen 16 Millionen für Hafenbauten, der Rest für neue Schiffe. Die Kam­mer erklärte ihr Einverständnis mit diesen hohen Neuforderungen. Die Friedensstärke der französi­schen Arme beträgt gegenwärtig 520 548 Mann. Die Kriegsstärke wird nach voller Durchführung des Wehrgesetzes auf 4 125 000 Mann berechnet.

England.

, Clonmel, 19. Nov. Der Gerichtshof ver­urteilte die abwesenden Angeklagten Dillon und O'Brien, sowie 10 Mitangeklagte zu je 6 Monaten Gefängnis.

Londoner Berichte behaupten, die Geldkrisis habe ihre Schärfe verloren, der Fortbestand des Hauses Gebrüder Bciring sei gesichert. Ganz ohne Sorge ist man aber trotz dieser Behauptungen nicht und erst die nächsten Tage können volle Klarheit dar­über, wie die Dinge wirklich liegen, bringen. Jeden­falls herrscht augenblicklich noch völlige Stockung im ganzen Geschäftsleben.

Kleinere Mitteilungen.

Salzstetten, OA. Horb, 19. Novbr. Es laufen, wie demD. V." berichtet wird, immer noch Fragen nach dem Befinden des bekanntenschla­fenden Mädchens" ein. Allen hiefür Interes­sierten diene zur Nachricht, daß dieSchläferin" nach 8 Wochen etwa erwachte, aber bis jetzt bei sonstigem Wohlbefinden leider stumm blieb.

Waggershausen bei Friedrichshafen, 19. Nov. Während des Gottesdienstes tötete sich gestern der 12jährige Pflegesohn des Bauern R. hier durch einen Pistolenschuß. Die Mutter des jungen Selbst­mörders befindet sich zurzeit im Jrrenhause.

Ehingen, 17. Nov. Im Wohnzimmer des Metzgermeisters Locher gerieten gestern abend die zwei ältesten Söhne des Hauses, von denen der eine ein Metzger, der andere ein Küfer ist, in Strei­tigkeiten, als auf einmal der Metzger seinen 22jähr. Bruder mit dem Messer zu Tode stach. Er hatte gerade das Herz getroffen. Der Thäter wurde vom Gericht sogleich fcstgenommen; er gilt als ein flei­ßiger, geschickter Metzger, der aber stets starke An­lagen zum Jähzorn hatte.

Straßburg, 17. Nov. (Schreckliche That.) Am verflossenen Sonntag tötete die Frau eines Fabrikarbeiters in Odern, Kreis Thann, ihre im Alter von 29 Jahren stehenden 5 Kinder mit einem alten Rasiermesser und nahm sich dann selbst das Leben. Fürcht vor Strafe wegen eines kleinen Diebstahls, wohl mehr aber die Furcht vor dem Zorn ihres rechtlichen Mannes, der von ihrem Ver­

gehen noch nichts wußte, auch die Verzweiflung vor Hunger und Not scheinen die Unglückliche zu dieser grausigen That getrieben zu haben.

Am Donnerstag ist in Bartenstein (Ostpreu­ßen) der Fleischer Schuster, der Mörder des Rentiers Pullosch aus Bischossburg, durch den Scharfrichter Reindel hiugerichtet worden. Wie berichtet wird, hatte der Mörder aus der Hinrichtungsstelle sich die Erlaubnis erbeten, zugutcrletzt" noch ein lustiges Lied singen zu dürfen.

Den Tod seines Vaters verschuldete ein Ange­höriger des I. Garde-Ulanenregiments in Potsdam dadurch, daß er ihm in einem Brief die Mitteilung machte, er sei entschlossen, freiwillig aus dem Leben zu scheiden, und sei bei Ankunft seines Schreibens bereits zu den Toden zu rechnen. Beim Lesen dieser Hiobspost stürzte der jäh erschreckende Vater tot zu Boden, ein Schlagfluß hatte seinem Leben ein schnelles Ziel gesetzt. Inzwischen hatte sich der Sohn tatsächlich vom Regiment entfernt, sein Leben aber geschont, denn nach einigen Tagen wurde er im Nedlitzer Forst durch einen Unteroffizier anfgegriffen und arretiert.

In der Nähe von Cannes hat eine Bauersfrau Namens Bartollat einen Knaben ohne Augen ge­boren. Mutter und Kind befinden sich wohl.

In Monte-Carlo hat sich dieser Tage ein vornehmer junger Japaner namens Jjuin getötet. Er feuerte zuerst 3 Revolverschüsse gegen sich ab, worauf er, als die durch die Schüsse allarmierte Nachbarschaft ins Zimmer eilte, sich durch das Fen­ster auf die Straße hinabstürzte. Er hatte in Monte- Carlo in einer Woche 1 300 000 Frks. verloren.

Petersburg, 18. Nov. Im Nchilistenpro- zeß gegen Marie Gnnzbnrg und Genossen erfolgte am 17. Nov. das Urletl. Die Günzburg und drei Angeklagte wurden zum Tod durch den Strang verurteilt. Das Gericht empfahl die Verurteilten der kaiserlichen Begnadigung zur Zwangsarbeit. Ein fünfter Angeklagter, ein ehemaliger Offizier, wurde freigesprochen.

Handel L Verkehr.

Bottdorf im Gäu, i4. Nov. Dieser Tage ist wieder mehr Lebett im Havfengeschäft zu verzeichnen. Nachdem seit­her nur noch r40 bis 160 -K. Pro Ztr. bezahlt wurden, sind heute bereits wieder 180 -dt für den Ztr. geboten worden. Dem zahlreichen Erscheinen der Käufer rcsp. Händler nach zu urteilen dürfte eine weitere Steigerung der Preise zu er­warten sein. Vorrat noch bedeutend. Aehnliches wird von Motz in gen gemeldet.

Stuttgart, 17. Nov. (Laudesproduktcnbörse.) Wir notieren per 100 Kilo: Weizen bayer. 21 .L 25, bis 21 SO frank. 21 .k SO rumän. alt 22 -kl 2S Kernen inländ. 21 -Kl 30 -4, Oberländer 21 ^Kl 60 ^k, Din'el 14 -kl -l, Gerste nordd. 20 .kl, württ. 18 ^tl, Tauber 19 ^ll 75 -4, Ungar. 20 .kl 50 -4, Haber 15 °k 80 4 bis 16 ^Kl.

Stuttgart, 17. Nov. (Mehlbörse.) Suppengrics ^l 33.50-34, Mehl Nro. 0 -Kl 34-34.50, Nro. 1 .Kl 32 bis 32.50, Nro. 2 .kl 30.50 -31, Nro. 3 ^ 28.50-29.25, Nro. 4 -kl 2525.50, Kleie mit Sack .kl 9 per 100 Kilo je nach Qualität.

Stuttgart, 17. Nov (Hopfeumarkt.) Auch heute war der Markt wieder sehr flau und ruhig; mir Exportware ist gefragt; andere Sorten wurden ganz vernachlässigt. la. 160-175 -kl, Mittelware 130-150 geringe 110-120 ^l

Ansbach-Gunzenhausener 7 Gulden-Lose. Bei der am 15. ds. vorgeuommenev Serienziehung wurden folgende Serien gezogen: 30, 80, 91, 126, 264, 390, 420, 655, 691, 749, 820, 854, 871, 1129, 1222, 1228, 1338, 1379, 1508, 1536, 1538,

1628, 1636, 1690, 2087, 2106, 2131, 2222, 2231,

2287. 2450, 2462, 2475,^2540, 2596, 2857, 2868, 2885, 2916, 326l, 3518, 3708, 3750, 3756,3802,

3810, 3821, 3902, 3917, 4144, 4196, 4205, 4234,

4247, 4304, 4421. 4520, 4542, 4555, 4581, 4585,

4761, 4802 4877.

NUttikllw Vlllstv schiffst An der Hand eines der berühm- nlvlttljjul l!v1 lu bull Ist. testen Professoren der Chemie ist es gelungen, den seitherigen Mineralsalzgehalt der Isssx's 8o<tvnsr kastillon ganz wesentlich zu erhöhen, ohne daß dadurch ein Zerschmelzen herbeigeführt wird. Fay's Sodencr Pastillen, die nunmehr annähernd 10 Przt. Sodener Salze enthalten, sind somit von allen bekannten Oucllenprodutten die gehaltreichsten, bei katarrhalischem Zustande und Verschleimung die wirkungs­vollsten und dem menschlichen Organismus am zuträglichsten. Der Preis ist der alte geblieben: 85 4 per Schachtel (in allen Apotheken und Drogucrien zu beziehen.)

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Hiezu das Unterhaltungsblatt 47.

Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nago.d. Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchdruckerei.